Freitag, 29. April 2011
Das Experiment misslingt: Schon wieder! Der soeben Getötete erwacht zwar, doch die Kreatur ist nicht zu steuern. Mit höchster Mordlust greift sie ihre ehemaligen Peiniger an. Was geht da in den Katakomben vor sich? Für die Kreuzritter ist es nicht weniger ein Rätsel als für die islamischen Verteidiger. Die Mission zur Lösung des Rätsels will gut vorbereitet sein. Vor allem braucht es dazu die Männer (auch Frauen). Kämpfer mit außergewöhnlichen Fertigkeiten oder wenigstens mit außergewöhnlichem Wissen. Ein Garant für Erfolg oder gar das eigene Überleben ist es dennoch nicht.
Das Gespenst mit den Silberaugen: Obwohl der Titel der Reihe, Kreuzfahrer, die Thematik begrenzt, wird der Leser sehr schnell überrascht. Aus einer Kreuzfahrergeschichte wird eine Handlung mit Horrorelementen. Geschickt werden von den Autoren Izu und Nikolavitsch wahre Sachverhalte, Orte und Begebenheiten gemischt und phantastische Elemente eingestreut, die geradewegs aus einem Egoshooter wie Resident Evil stammen könnten. Mit dem einzigen Unterschied, dass unseren Akteuren hier keine Schusswaffen zur Verfügung stehen (na, fast nicht).
In der realen Historie war es nicht mit einem Kreuzzug getan, besondere Ordnung haben die jeweiligen Aktionen zuweilen auch vermissen lassen. Der vorliegende erste Band der Reihe setzt mit dem fünften Kreuzzug ein. Beide Seiten, Ungläubige aus der jeweiligen Sicht, haben Zeit gehabt, sich ausreichend kennenzulernen und ihren Hass zu vervollkommnen, allerdings sind auch Beziehungen geknüpft worden. Manchmal erreicht Diplomatie und Verhandlung das, was Schwerter und Säbel nicht vermögen. Izu und Nikolavitsch bringen eine dritte Partei, die Assassinen, ins Spiel. Diese versuchen ihre Macht auszubauen und den ultimativen Krieger zu schaffen. Da die Assassinen auch bereit waren für den Alten vom Berge in den Tod zu gehen, macht es hier auch keinen Unterschied, ob sie überhaupt noch zu einem vernünftigen Gedanken fähig sind.
Zombies? Vielleicht. So genau lässt es sich nicht bestimmen, was sich den Kriegsparteien in den Katakomben entgegenstellt. Fest steht allerdings, dass Izu und Nikolavitsch mit allen Regeln neuerer Erzählkunst spielen. Gerade in erwähnten Egoshootern, in denen eine gewisse Hintergrundhandlung immer wichtiger und so zum Garant einer gewissen Langlebigkeit des Genres geworden ist, finden sich derlei Erzählstrukturen nicht selten wieder. Eine Gruppe wird zusammengeschmiedet, sogar eine Frau ist dabei und darf gehörig austeilen. Anschließend, die Akteure sind vollzählig, geht es erst richtig los.
Zhang Xiaoyu, dem Zeichner und als Kolorist Beteiligtem, ist es zu verdanken, dass dieses Mittelalterszenario mit all seinen Horrorelementen außerordentlich gut funktioniert. Stilistisch ist Zhang Xiaoyu nur ein wenig im fernöstlichen Comic wiederzufinden. Viel mehr geht seine Art zu zeichnen in die Richtung eines italienischen Altmeisters wie Paolo Eleuteri Serpieri, der mit seinen Publikationen um Druuna viele Leser gefunden hat. Feine Außenlinien formen die Figuren. In leicht wiedererkennbarer Technik werden die Schattierungen schraffiert. Die Technik erinnert nicht nur an besagte Comic-Richtung und den genannten Künstler, vielmehr wirkt es wie eine vereinfachte Radierungsform, vielleicht etwas skizzierter.
Xiaoyu zeichnet möglichst realistisch. Sein Hauptaugenmerk liegt auf den Figuren, obwohl er auch sehr gut mit Umgebungen arbeiten kann, wie ein doppelseitiges Bild eines Angriffs von See her auf einer Stadt beweist. Die Kolorierung ist dicht, nicht zu viel und nicht zu wenig. Sie versucht den Eindruck von Räumlichkeit zu verstärken. Ebenso wird das Tuscheschwarz durch leichte Farbüberlagerung verstärkt in das Bild integriert.
Ein Bild ändert alles. Freilich soll hier nicht verraten werden, um welches Bild es sich handelt. Aber jeder Leser wird es leicht entdecken und bestimmt ebenso erstaunt sein, wie ich es bei der Lektüre war. Mittels eines Bildes versprechen die Macher eine Menge neuer Rätsel und die Auflösung dieser Geschichte muss zwangsläufig ungewöhnlicher als angenommen ausfallen.
Sehr spannend, zuweilen recht brutal, ein Mix aus Historienabenteuer und Horrorthriller. Toll aufgebaut und mit einigen Action-Sequenzen, die es in sich haben. Man darf auf den zweiten Teil gespannt sein. 🙂
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Donnerstag, 28. April 2011
Er möchte gerne schön spielen, leider sind seine Mitschlümpfe anderer Ansicht. Der Misston aus seiner Posaune ruiniert das gesamte Stück. Traurig zieht der Schlumpf in den Wald, trötet und wird dabei beobachtet. Ein Zauberer, Gargamel, den Schlümpfen nicht unbekannt, sieht eine Gelegenheit, um den Schlümpfen eins auszuwischen. Flugs hat er sich verkleidet, sehr schlecht zwar, aber dem Schlumpft fällt es nicht auf. Und so kommt es, wie es nicht kommen soll und die Schlümpfe sind wieder einmal in großen Schwierigkeiten.
Revolution! Ein Schlumpf an der Macht! Nun, wollte man auf kindgerechte Weise erklären, wie es jemandem gelingen kann, die Macht zu ergreifen und ein Tyrann zu werden, müsste nur die vorliegende zweite Folge der Schlümpfe mit dem Titel Schlumpfissimus, König der Schlümpfe gelesen werden. Peyo schickt Papa Schlumpf auf eine Expedition. Lange bevor Schlumpfinchen das Zepter ergriff und den Bürgermeister der Schlumpfe vertrat, versuchte ein anderer die Gelegenheit zu nutzen und griff nach der Macht. Ohne Wenn und Aber. Es beginnt harmlos mit einer der üblichen Auseinandersetzungen, wenn die Schlümpfe sich nicht einig sind, wer denn nach Papa Schlumpf das Sagen hat. Der Auseinandersetzung folgt ein Wahlkampf.
Bereits an dieser Stelle zeigt Peyo wie Versprechungen und Bestechungen einen Kandidaten sehr weit nach vorne bringen können. Sehr bald ist auch klar, dass all die Versprechungen niemals eingehalten werden können. All das, was in den Nachrichten tagtäglich zu lesen und zu hören ist, was für Kinder höchstwahrscheinlich böhmische Dörfer sind, könnte kaum eingängiger geschildert werden. Aus Schlumpfhausen wird nach und nach eine Bananenrepublik.
Keine Lehrstunde: Natürlich ist diese Schlumpfgeschichte nichts, was mit erhobenem Zeigefinger und voller Belehrung daher kommt. Peyo hätte nicht dieses überragende Händchen besessen, wenn er nicht mit großem Humor an das Thema herangegangen wäre. So dürfen all die bekannten Schlümpfe mit ihren besonderen Fertigkeiten für allerhand Trubel sorgen, bevor sich das Blatt wendet und sich eine gegnerische und aufrührerische Fraktion entwickelt. Bis dahin muss ein Schlaubi längere Zeit im Gefängnis verbringen und sich wundern, warum ihn niemand befreit.
Peyo mag nicht der Erfinder der Knuffigkeit in Cartoons gewesen sein, aber er beherrschte es perfekt. Ein Schlumpf, viele Schlümpfe, zuweilen schlumpft es so sehr, dass man als Leser keinen mehr auseinanderhalten kann. Aber das macht nichts. Chaos und Masse ist hier Methode, die sehr viel Spaß in sich birgt. Damit das Szenario nicht ganz so lehrreich bleibt, findet sich mit dem Abenteuer Schlupfonie in C eine Geschichte, die sich weniger am Realismus anlehnt. Jeder hat so seine Ansichten von Musik. Zuerst hat es den Anschein, als würden sich die Schlümpfe zu einer großen Gemeinschaft bzw. Orchester zusammenfinden und das ideale Stück spielen.
Falsch. Ein kleiner Schlumpf kommt dem Ganzen mit seiner Tröte in die Quere. Doch daraus entwirft Peyo geschickt eine Handlung zum Thema Einer für alle. Nach einer sehr wuseligen Episode ist die Konzentration auf eine Figur gar nicht einmal die schlechteste Abwechslung. Mit einer kleinen Übersicht über verschiedene Schlümpfe schließt der vorliegende Band ab.
Sehr schön, schlumpfige Unterhaltung nicht nur für die Kleinen. Slapstick, Situationskomik in der zweiten Episode, durchdachte Komödie in der ersten Episode. 🙂
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Mittwoch, 27. April 2011
Rivalität hat es in der Route de Maisons Rouges immer schon gegeben, doch nun wird diese Rivalität auf die Spitze getrieben. Das am wenigsten profitable Etablissement soll geschlossen werden. Die jungen Frauen sind empört, aber ihnen bleibt keine Wahl, als sich auf diesen Wettkampf einzulassen. Der Kundschaft mag es gleichgültig sein. Die Männer kommen nur hierher, um sich zu amüsieren. Hinter den Kulissen allerdings, die, wie es sich herausstellt, tatsächlich existieren, brodelt es. Die Liebe, die wahre Liebe, zwingt manchmal zu Entscheidungen, die schmerzen und als Verrat gedeutet werden. So wird aus Liebe manchmal Geschäft oder auch Politik. Ohne es zu ahnen, sind die jungen Frauen der Route de Maisons Rouges längst zum Spielball einer machthungrigen Politik geworden, die schließlich sogar einen Mord zur Folge haben wird.
Die Autoren der hier zusammengefassten Serie begeben sich thematisch für eine Comic-Serie auf ungewohntes Terrain. Das Route de Maisons Rouges, eine Straße mit verschiedenen Bordellen, entführt in die Scheinwelt von Lust und Spaß. Wer eine schärfere Geschichte mit entsprechenden Bildern erwartet, wird ziemlich überrascht werden. Die Route de Maisons Rouges wartet mit wunderbaren Pin-Ups auf, verzichtet aber auf die derbe Zurschaustellung sexueller Ausschweifungen. Das wird der Fantasie des Lesers überlassen. In der Optik eines Zeichentrickfilms, italienisch disneyesk mit ein wenig Terry Dodson (Träume, Spider-Man) und Frank Cho, entspinnt sich die vierteilige Geschichte, die mit weiblicher Homoerotik ebenso spielt wie mit Cartoon-Slapstick der 40er und 50er Jahre.
Die Mischung macht’s. Sobald man sich an die recht freizügig bekleideten Pin-Ups gewöhnt hat (geht schnell), lässt es sich sehr gut und unterhaltsam der Handlung folgen, an der gleich zwei Zeichner beteiligt sind. Den Löwenanteil, die ersten drei Akte übernimmt Vincenzo Cucca den Zeichenstift und setzt dabei einen Maßstab in der Ausarbeitung. Diesem folgt in der vierten Episode Livia Pastore. Im Anhang wird sehr schön auf die Ausarbeitung der Seiten eingegangen, ein weiterer, besonders für den Leser interessanter Blick hinter die Kulissen.
Nachdem die Einleitung und die Vorstellung der Figuren erfolgt ist, die, betrachtet man die weibliche Mehrheit, eher durch ihre Kleidung und Haarfarbe auseinandergehalten werden kann, weniger durch ihre Gesichter, folgen nach den ersten Ränkeschmieden handfeste Mordermittlungen. Sind die Männer bis zu diesem Zeitpunkt entweder besonders putzig geraten (der Bürgermeister wie auch eine Figur, die an einen Einstein im Miniaturformat erinnert) oder besonders gemein wirkend (wie ein typischer Schurke bei Disney oder Bluth), so schlägt der ermittelnde Polizist Detective Giliani aus der Art.
Hier, in dieser Mischung, muss er einem Vergleich zu Brad Pitt standhalten, wie er in Cool World als Polizist zu sehen war. Die Sexbomben, wie sie in der vorliegenden Geschichte reihenweise auftreten, sind allemal solche Granaten, wie sie Kim Basinger in vergleichbarer Rolle in Cool World war. Eine Inspiration durch Jessica Rabbit ist ebenfalls nicht ausgeschlossen.
Kurzweilig, sehr, sehr schön inszeniert und top gezeichnet, lustvoll komisch, komödienhaft, charmant, vor allem einmal ganz anders. 🙂
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Montag, 25. April 2011
Die Arktis im Jahre 1820. Die Männer sind fasziniert. Was sie im Eis gefunden haben, wirkt fürchterlich und interessant zugleich. Für immer eingefroren glänzt in einem Eisblock der Körper eines eleganten Sauriers. Doch im Taumel der Entdeckungen sind die Wissenschaftler nachlässig geworden. Als die Meldung kommt, dass einige aufgetaute Exemplare in die Freiheit entkommen sind, glaubt man zunächst, diese wieder einfangen zu können. Eine völlig falsche Annahme, wie es sich sehr bald zeigt.
Packeis, Eiswüste, klirrende Kälte, knackendes Gebälk der Schiffsplanken. Man sollte meinen, die Männer und Frauen an Bord hätten bereits genügend Schwierigkeiten. Irrtum! Wie Autor Denis-Pierre Filippi und Zeichner (und Kolorist) Eric Liberge zeigen, ist immer noch genug Zeit, um sich mit anderen Schiffsbesatzungen zu streiten, vorzugsweise mit Kanonen, Torpedos und anderen Geschossen. In der dritten Episode führt die Schatzjagd ins ewige Eis, die Arktis. Im Jahre 1826 haben bereits einige Geschehnisse stattgefunden, von denen unsere Akteure in dieser Folge noch keine Ahnung haben, die aber (wie es so schön heißt) einen nachhaltigen Einfluss auf die weiteren Ereignisse haben werden.
Doch bevor es eiskalt wird, geraten unsere Helden, der Nachwuchs der Korsaren der Alkibiades, in die Hitze eines venezianischen Maskenballs. Begierde liegt in der Luft. Das schlägt sich auf die männlichen Korsaren nieder und bringt die weiblichen, knapp bekleideten Angehörigen in Schwulitäten. Dieser kleine einleitende Akt ist intensiv, traumhaft arrangiert und fängt das Fest hervorragend ein. Vordergründig könnte es für eine altmodische Swingerclubfeier gehalten werden, hintergründig geht es um Macht und Geld. Und sehr bald befinden sich die Akteure selbst hier in Lebensgefahr.
Eric Liberges Figuren, die etwas statuenhaft oder auch puppenartig wirken, passen in die Gesamtkonzeption der Geschichte, die das Flair eines Romans von Jules Verne besitzt. Diese Welt wirkt künstlich, unwirklich, bewusst auch, da die Technik hier den tatsächlichen Möglichkeiten in der Realität voraus war. Denis-Pierre Filippi spielt mit den Ideen, wie es auch ein Verne tat, allerdings streut Filippi auch Fragmente neuerer Erzählungen ein und alsbald mag man Bezüge zu Themen wie Das Ding aus einer anderen Welt oder Insel am Ende der Welt entdecken.
Die Stimmung im ewigen Eis ist etwas surreal, auch gespenstisch. Die Schlacht zwischen zwei alten Segelschiffen in dieser Umgebung ist faszinierend. Wer alte Piratenfilme kennt (insbesondere diese) und versucht einmal einen karibischen Schiffskampf in Gedanken ins Packeis zu übertragen, hat schon einen sehr guten Eindruck von der Atmosphäre, die hier sehr stark zur Geschichte beiträgt. Eric Liberge setzt diese Szenerie hervorragend um, mit einer Brillanz, die fast schon zur filmischen Vorlage taugt. Der Action auf See folgt eine Schatzsuche im Schnee und ein Überlebenskampf gegen etwas, das ein wenig an Morlocks erinnert, obwohl die fremden Lebewesen aus verschiedenen Zeitperioden zu stammen scheinen und unterschiedliche Erscheinungsformen haben.
Nach einer genau eingegrenzten Ruhephase schickt Denis-Pierre Filippi die Helden in einen letzten Kampf, der es in sich hat und nicht gewonnen werden kann und sich so auf seine Art dem Realismus verpflichtet. Filippi findet einen spannenden Übergang, denn die Reise der Korsaren der Alkibiades ist noch nicht vorüber, obwohl sich die Reihen lichten. Hauptdarsteller zu sein, bedeutet hier nicht automatisch, auch das Ende der Reise zu erleben.
Deutlich straffer und zielgerichteter erzählt als die ersten beiden Teile. Filippi hat hier einen sehr guten Lauf, dennoch ist die Kenntnis der ersten beiden Teile Pflicht. Liberge hat das Abenteuer in der Eiswelt hervorragend inszeniert. 🙂
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Samstag, 23. April 2011
Die Bestie im Turm: Travis Morgan, besser gesagt, dem Warlord bleibt auch nichts erspart. In Skartaris, jener abgelegenen und verborgenen Welt innerhalb der Erde, ist er auf so manche Bestie gestoßen. Ein Werwolf war noch nicht dabei. Und die Mythen scheinen zu stimmen, denn eine normale Waffe hilft gegen das Ungeheuer nicht. Aber Skartaris hält noch weitere Überraschungen für den Warlord bereit. Inzwischen wandert er allein durch diese Welt, nicht immer allein auf sich gestellt, aber letztlich ist er der einzige, auf den er sich verlassen kann. Allerdings sieht es auch so aus, als würde Skartaris noch einmal die Liebe für ihn bereithalten.
Die Frau sieht tief in seine Seele. Sie entdeckt all die Mühsal, die Travis ertragen hat, sieht, wie er gezwungen war, seinen eigenen Sohn zu töten. Ligia, die Unbekannte, lädt in ihr Reich ein, sie wird seine Geliebte. Kurz darf er den Frieden genießen, eine kurze Zeit ohne Kampf. Doch auch für dieses friedliche Reich macht die Gewalt keine Ausnahme. Als die Unterwasserwelt überfallen wird, Ligia in Lebensgefahr gerät, tritt der Warlord wieder zum Kampf an.
In der dritten Zusammenfassung findet sich völlig zutreffend betitelt eine Odysee des Helden Warlord, erschaffen und gezeichnet von Mike Grell. Grell, der mit seinem Helden auch eine komplette Welt erfand, die mit jedem neuen Abenteuer neue Facetten erhält, verzichtete bewusst auf eine Übersicht jener geheimnisvollen Welt Skartaris. Grell erzählt in kurzen, knackigen Abenteuern, die zwar die Vergangenheit des Warlords berücksichtigen, sich aber nicht durch eine besondere Geografie behindern lassen. So konnte Grell sich stets einfach nur auf seine Fantasie verlassen, ohne bestimmte Wege des Warlords beachten zu müssen. Wollte er in einer Woche ein Abenteuer in der Wüste, in der nächsten Woche ein Abenteuer in einer Wasserlandschaft, dann war das eben so und musste nicht extra hergeleitet werden.
So folgt Grell der inneren Landkarte des Warlords, den Erinnerungen und der Vergangenheit. Man muss diese Vergangenheit nicht kennen, auch darauf achtet Grell. Jedes Abenteuer ist selbsterklärend. Jede Figur ist schnell vorgestellt, ihre Motivation niemals besonders tiefsinnig. Hier soll es krachen und Grell lässt es krachen. Werwölfe, Tiefseemonster, Riesen oder feingeistige Diebe gilt es ebenso zu bezwingen oder wenigstens beizukommen wie alten Feinden.
Reisender der Zeit: Mike Grell hat sich eine schöne Episode einfallen lassen, in der die Stärke und der Charakterzug seines Helden Travis Morgan sehr gut erklärt werden. Der Warlord ist nur die letzte Inkarnation eines Mannes, einer Seele, der seit ewigen Zeiten kämpft und dessen Schicksal stets in Auseinandersetzungen zu suchen ist. So schickt Grell seinen Helden in schönen, starken Schwarzweißbildern durch die Epochen. Atlantis ist eine der Stationen, die meisten Inkarnationen werden nur angedeutet. Die Möglichkeiten, die sich bieten, hätten noch stärker ausgeschöpft werden können. So gerät diese Episode leider etwas kurz, aber nicht minder spannend als die übrigen Abenteuer.
Grell in seinem Element: Er zeichnete schon die Legion der Superhelden. Ähnlichkeiten zwischen den Figuren des Warlords und der Superheldensaga sind unübersehbar. Auch fühlt man sich an klassische Sagen wie auch den Archetyp des Barbaren, Conan, erinnert. Die Episode über die Begegnung mit einem Werwolf erinnert an die von Neal Adams gestaltete Saga über Dracula, Frankenstein und den Wolfsmenschen. Grell kennt sein Metier und erzählt mit einer pulsierenden Geschwindigkeit, bei der Fantasy-Fans auf ihre Kosten kommen.
Auch der dritte Sammelband der Warlord-Abenteuer ist kurzweilig geraten. Darüber hinaus wartet Mike Grell, Erzähler und Zeichner, mit einigen thematischen Überraschungen auf. Nostalgisches Flair, aber immer noch rasant und jung geblieben. Abenteurer werden eben nicht alt. 🙂
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Samstag, 16. April 2011
Renaud kann fliegen, mit einem Flugzeug, immerhin. Aber mit einem Piloten ist es nicht getan. Nachwuchs muss her. Der stellt sich leider alles andere als sehr talentiert an. Renaud ist zutiefst verärgert über soviel Stümperhaftigkeit. Außerdem nehmen die neuen Piloten ihre Aufgabe viel zu leicht. So kann das nichts werden. Zu ihrem Glück haben die Minimenschen schon sehr bald viel schwerwiegendere Probleme. Denn selbst in einer sehr geordneten, behüteten Gesellschaft wie in Eslapion 2 kann es Verbrechen geben. Die beiden einzigen Gangster befinden sich zwar hinter Gittern, aber sie halten von ihrem derzeitigen Zustand sehr wenig. Plötzlich reißt den beiden der Geduldsfaden und gefährliches Abenteuer nimmt seinen Lauf.
Wer nun vermutet, die Minimenschen würden es mit einer ganz normalen Verbrecherjagd zu tun bekommen, der täuscht sich gewaltig. Autor und Zeichner Seron gibt sich mit derlei einfacher Geschichte nicht zufrieden. Und so wird aus einer simplen Flucht alsbald ein Abenteuer quer durch Raum und Zeit. Die knuffigen kleinen Menschen, die auch jederzeit wieder zu normaler Größe heranwachsen könnten, sich aber dagegen entschieden haben, haben durchaus auch normale Interessen und ein normales Leben. Sogar Schönheitswettbewerbe gehören dazu. Und damit beginnt auch schon der nächste Schlamassel.
Zuvor allerdings gibt es Krieg. Die Minis haben sich bereits in so mancher Schlacht bewähren müssen und hatten schon die seltsamsten Gegner. Diese jedoch, die in K + K = Krieg ihr Unwesen treiben, sind die Favoriten für den schrägsten Einfall von Seron. Äußerlich mehr Waschmaschine als Roboter können hier gleichzeitig Vergleiche zu einem ähnlichen Freund von Cubitus hergestellt werden. Wie es auch von anderer Seite her bereits praktiziert wurde (so in Lautlos im Weltraum oder Das schwarze Loch), können Roboter in einer besonders einfachen Form trotzdem Komik befördern und das nicht zu knapp. Exzentrische Verhaltensweisen, flotte Sprüche und Situationskomik machen aus den Blecheimern ganz hervorragende Komödianten. Hier funktioniert das, was auch schon George Lucas wusste.
Aber hier funktioniert auch das, was erst etwas später den Fernsehschirm bevölkerte. Die vermissten Missen, die Teilnehmerinnen einer Misswahl, sorgen für allerlei Trubel, da sie in ihrem jugendlich weiblichen Leichtmut die Gemeinschaft der Minimenschen für einen kleinen Urlaub aufs Spiel setzen. Seron schickt seinen Leser erneut ins Rennen, jene kleine Figur, die für den tatsächlichen Leser spricht, Wünsche ausdrückt oder auch Ungereimtheiten aufdeckt. Letztere übergeht Seron gerne. Das ist ein Cartoon, da darf es auch einmal Ungereimtheiten geben. Es soll Spaß machen und nicht in letzter Konsequenz logisch sein. Ersteres klappt auf jeden Fall und nennenswerte erzählerische Defizite gibt es nicht.
Ein Komödienfeuerwerk, thematisch abwechslungsreich mit einem Renaud am Rande des Nervenzusammenbruchs. Für den Leser ist es ein pralles Lesevergnügen mit alten Bekannten und vielen neuen Ideen. 🙂
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Die Antichristen haben das Gebäude umzingelt. Jeder für sich ist eine gewaltige Macht, ein unüberwindliches Hindernis. Yiu, von der Liebe zu ihrem Bruder angetrieben, wagt es dennoch. Durch die Hilfe ihres ehemaligen Freundes und jetzigen Konstruktes Daka kann sie die Reihen des Feindes durchbrechen. Im Gebäude wird es alles andere als einfacher. Wo das Inferno wütet, tun sich die Leichenfledderer an den Resten gütlich. Letzte Verteidigungslinien wollen Yiu aufhalten. Sie haben keine Chance.
Ji-A hat die Operation gut überstanden, doch nun steht er dem absolut Bösen gegenüber, angetreten, die Menschheit auszulöschen. Ein Kind, so rein und unschuldig wie dieses, ist das perfekte Ziel. In der siebten und letzten Folge dieses Zyklus über die Attentäterin Yiu naht das Ende für alle Beteiligten. Und für die Menschheit sowieso. Der Aktionsanteil, die Action, ist immer noch hoch, aber es menschelt auch sehr stark. Ein eindrucksvoller Abschied braucht auch starke Gefühle. Neben diesem Abschied von Yiu und ihrem kleinen Bruder Ji-A darf der Leser sich auch gleichzeitig von der ganzen Menschheit verabschieden, die bis zur letzten Sekunde noch glaubt, der Kelch würde an ihr vorübergehen. Aber wie das Dreiergespann der Comic-Macher im Titel verrät: Das ist die Apokalypse. Ohne Wenn und Aber.
Tehy und J.M. Vee zelebrieren eine Geschichte und ein Finale der Gegensätze. Die ehemalige religiöse Führungsschicht versucht einerseits einen letzten Rettungsversuch, während andere, die längst vom Untergang überzeugt sind, sich der Wollust hingeben. Auch hier: Ohne Wenn und Aber. Das Tier macht vor niemandem Halt. Das besitzt einen gewissen komischen Anteil mit einem herben Nachgeschmack. Auch hier steht ein Kind im Zentrum, dazu erzogen und verführt, der letzte Kirchenfürst zu sein, wie ein kindlicher Pharao, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht.
Die Kämpfe in der siebten Episode schreien einmal mehr: TECHNO. Die beiden Zeichner Tehy und Guenet choreografieren wieder eine Action, die sich hinter den großen Szenen dieser Art aus der Kinoecke nicht zu verstecken braucht. Hier wird mit Feuer, Licht und Geschwindigkeit gearbeitet. Wenn das Tier seine Macht und Größe präsentiert kehrt kurz unbestimmbare Ruhe ein, ausgefüllt durch ein ganzseitiges Bild mit einer Kreatur, die Erinnerungen an Dr. Manhattan hervorruft. Es ist ein wenig ironisch aus dem gottgleichen Vorgänger einen Antichristen zu gestalten. Denn die Form hätte durchaus ganz anders ausfallen können.
Die letzten Stunden der bekannte Welt … Und was für welche! Bisher, in den ersten sechs Bänden wie auch in der ersten Hälfte des vorliegenden Bandes, schien es immer fraglich, wie die drei Comic-Macher den Vorgängerband toppen wollten. Es ist ihnen stets aufs Neue gelungen. So explodiert der Untergang hier geradezu vor den Augen, seitenfüllend, düster, eine wahre apokalyptische Darstellung, vergleichbar mit 2012. Und dann: Es findet ein Wechsel statt. Von der Oberfläche weit hinunter, von der Weite in die dunkle Enge, hin zu einem Zufluchtsort, der so nicht mehr zu erwarten gewesen ist. Der Funken Hoffnung fällt hier unwesentlich minimaler aus als in Virus, Das letzte Ufer oder vergleichbaren Endzeitfilmen.
In einer Zeit, in der die Untergangsvisionen in Roman und Film an Deutlichkeit und Drastigkeit wieder zugenommen haben, ist diese siebenteilige Reihe ein Mosaiksteinchen, aber eines mit ungeheurem Eigenpotential, wuchtig, bildgewaltig, ein optisches Zusammenspiel aus Techno und Heavy Metal. Sicherlich nicht jedermanns Sache, aber in seiner thematischen Nische eine der besten Veröffentlichungen der letzten Jahre. 🙂
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Donnerstag, 14. April 2011
Da oben ist der Mensch nicht willkommen. In mehreren tausend Metern Höhe ist es unwirtlich, nichts wächst, die Kälte macht dem Menschen das Überleben auf Dauer unmöglich. Doch um Krieg zu führen, reicht es noch. Mitten im Hochgebirge zieht sich eine Frontlinie entlang. Die Männer, die hier oben ihren Dienst verrichten, sind nicht immer von ihrer Tätigkeit überzeugt. Nicht alle sind überzeugte Nationalisten, nicht jeder liegt dem Imperator zu Füßen, aber für einige ist es die einzige Chance auf ein sinnvolles Leben in dieser Gesellschaft. Doch in den Bergen existiert eine Macht, die sich nicht um die Sorgen, Wünsche und Nöte der Soldaten schert. Für sie ist jeder Mensch ein Feind.
Christophe Bec erzählt zusammen mit Stephane Betbeder eine weitere kühle Science Fiction Geschichte mit phantastischen Elementen. Natürlich dürfen auch Kinoanleihen nicht fehlen. Die beiden Autoren positionieren ihre Geschichte nicht auf der bekannten Welt (obwohl sie es durchaus sein könnte), sondern wählen eine Landschaft und eine Regime abseits der Realität, lehnen dieses aber an den Himalaya und das vergangene Sowjetreich an. Weit oben im Gebirge gibt es eine Grenze zu einem gefürchteten Feind, den der normale Soldat schon lange nicht mehr in Persona gesehen hat.
Neben der hoch technisierten Armee und ihrer eher mangelhaft ausgerüsteten Soldaten hat sich eine fast schon steinzeitliche Zivilisation im Gebirge gehalten. Diese beten ein Mysterium an, dessen Geheimnis sich (wie bei Christophe Bec nicht unüblich) noch nicht erschließt. Doch es gibt bekannte Gesichter zu entdecken (bei Christophe Bec durchaus üblich). Der Leser, in der deutschen Schauspielerriege versiert, mag vielleicht auf den ersten Blick einen Jürgen Prochnow erkennen, hier als eingefleischter Oficir (kein Schreibfehler) in einer wichtigen Nebenrolle dabei. Ferner hat auch Robert Duvall einen Auftritt, als noch höherer Oficir mit Augenklappe.
Die Form der Armee, die Art des Krieges (gegen einen unsichtbaren Feind), das totalitäre Regime (man fühlt sich an einen Großen Bruder erinnert) ist zu einer Mixtur verschmolzen, deren einzelne Bestandteile bekannt scheinen, die aber nicht nur wegen des Schauplatzes noch einmal viel kälter als in der Realität wirken. Das erschwert den Zugang, denn letztlich kann auch nur eine Figur eine gewisse Sympathie wecken: der einzige Mann, dem das ganze Kommissgehabe am Allerwertesten vorbeigeht und der nur da ist, wo er ist, weil er gut schießen kann. Ein Fehler mag es sein, dass Christophe Bec scheinbar eine kleine Hommage an Heiligtum abliefert. Im besagten Dreiteiler von Xavier Dorison war er der Zeichner.
CREATURE: Kein Tod aus der Tiefe, sondern aus den Bergen. Bec zitiert grafisch eine Verfilmung eines Romans von Peter Benchley (der die Romanvorlage zu Der weiße Hai schrieb). Dieser Film hieß Creature und beschäftigte sich mit einer Kreatur, organisch gemischt aus Hai und Mensch. In einer Meeresumgebung passte das, im Gebirge wirkt es eher befremdlich. In Anbetracht des relativ kurzen Auftritts hätte Bec auf eine Eigenkreation zurückgreifen können. Die grafische Umsetzung selbst, kühl, wie gemeißelt, sehr exakt wie auch cineastisch, zieht das Auge mit.
Insgesamt werden wieder viele Fährten ausgelegt, viele Rätsel angestoßen. Das zerhackt manchmal den Lesefluss ein wenig, macht jedoch neugierig, vor allem, da im letzten Drittel, die Geschichte dichter wird und den Charakter von unheimlichen Geschichten aus der guten alten Zeit erhält. Spannend ist es allemal, eigentlich wie immer bei Christophe Bec. 🙂
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Die beiden Gauner benötigten nicht viel Überzeugungskraft, um Aleksei das Experiment schmackhaft zu machen. Zu ihrem Glück: Denn hätte Aleksei gewusst, wie schmerzhaft die Verwandlung in Rhino ist, hätte er es sich vielleicht noch einmal anders überlegt. Aber die Fähigkeit zum Überlegen ist nicht seine große Stärke. Aleksei ist ein Rammbock, mehr nicht, aber darin ist er spitze.
Neue Schurken braucht das Land. Es ist nicht selten, dass ein Schurke in Vergessenheit gerät, vielleicht sogar stirbt und ein anderer meint, diesen frei gewordenen Platz einnehmen zu müssen. Die im vorliegenden Heft versammelten vier Geschichten beschäftigen sich mit RHINO, einem in der letzten Zeit eher spärlichen auftretenden Schurken. Aleksei Sytsevich, hat sich einstmals in einem Experiment zu einem Superschurken pimpen lassen, wie man auf Neusprech sagen würde. Aleksei wurde durch diese Prozedur superstark und mit einer nahezu undurchdringbaren Haut versehen, konnte ihm eigentlich nichts und niemand etwas anhaben. Sein größter Mangel: Aleksei ist so schlau wie nasses Toastbrot (was er weiß). Allerdings ist er nicht vollkommen herzlos.
Nachdem Autor Fred van Lente und Zeichner Nick Dragotta einen Blick auf die Ursprünge des RHINO geworfen haben, findet ein Wechsel statt. Aleksei geht den für Schurken ungewöhnlichen Weg und lässt sich fangen und einsperren. Aleksei will tatsächlich büßen und einen Neuanfang machen. Die erste Geschichte schildert noch einen wahren Idioten, der für Geld alles macht und das nicht einmal immer richtig. In der nächsten Phase ist Aleksei im Menschsein angekommen.
Grafisch ist die Geschichte Immer weiter vergleichsweise einfach und würde weniger in einer Superhelden-Geschichte, eher in einem europäischen Autoren-Album vermutet werden. Hier dienen die Bilder von Javier Pulido dazu, die Handlung voranzubringen, nichts weiter. Andererseits ist es aber auch eine Rückbesinnung auf einfachere Strichführungen, wie es in den goldenen Comic-Zeiten der Fall war.
He, Neuer! Der neue Rhino zerschlägt nicht weniger und begeht einen folgenschweren Fehler. Keinen sehr neuen Fehler, aber immerhin ist sofort klar, wohin das nur führen kann. Gefährdete Spezies zelebriert den Untergang mit Wucht, im wahrsten Sinne des Wortes. Nur ein Hulk hätte eine Chance diesem Erdbeben zu entkommen. Die Zeichnungen sind nur etwas überzogen (ein wenig Vincent, ein wenig Humberto Ramos), aber sie könnten, da sie in diese Richtung gehen, noch eine Spur eleganter sein.
Eine konsequente Neugeburt mit einer charakterlichen Achterbahnfahrt in kleinen knappen Geschichten. Ein interessanter Übergang für einen Schurken. Spidey tritt hier etwas in den Hintergrund. Muss auch mal sein. 🙂
Dienstag, 12. April 2011
Red Dust hat so eine Ahnung und wenn er die hat, dann muss er sich beeilen. Die Spur in der Nacht zu finden, ist keine leichte Aufgabe. Plötzlich fällt ein Schuss. Dust beeilt sich und betritt alsbald eine unwirkliche Szene, die allerdings keinen Zweifel daran lässt, dass er es mit einem Mörder zu tun hat. Einem Mörder, dem es nicht darauf ankommt, wie viele Tote auf seiner Reise zurückbleiben.
Ein echter Kriminalfall: Greg geht noch ein Stück weiter weg vom klassischen Western, auch vom Beginn der ersten Comanche-Abenteuer, hin zu einer neuen Art Western, zivilisierter, mit mehr Rätseln versehen. Im vorliegenden 10. Band der Reihe Comanche verabschiedet sich Zeichner Hermann. Es heißt, seine grafische Umstellung von Feder oder Pinsel auf dünnen Tuschestift (ein eher technisches Zeichengerät), habe alte Fans seines Zeichenstils etwas erzürnt. Beide Stile besitzen jedoch ihre Eigenständigkeit, sie könnten sogar von zweierlei Künstlern stammen. In jedem Fall dürfen sie gleichberechtigt nebeneinander stehen. Hermann entwickelte sich mit der neuen Art zu zeichnen weiter, und war hiermit durchaus eine Art Vorreiter. Niemand sollte einem Zeichner vorwerfen, sich auszuprobieren.
Weg von der Prärie: Laramie. Bevor es allerdings in die Zivilisation geht, muss Red Dust zuallererst die Arbeit eines Revolvermannes tun, von der er sich eigentlich losgesagt zu haben glaubte. Die Menschen um den Helden herum scheren sich nicht um Schwüre und Ängste, des Mannes, der Selbstjustiz übte und entsprechend dafür bezahlt hat. Greg lässt seinen Westmann denn auch mit einem zwiespältigen Gefühl in die Stadt reiten. Zwar ist hier alles wohl geordnet, aber hinter den feinen Kulissen (denen sich auch ein Red Dust unterwirft) gärt es.
Auch hier findet eine Abkehr der anfänglichen Geschichten statt. Die Triple-Six-Ranch hatte noch Probleme und keine Leute. Ein Revolverheld sollte Comanche umlegen. Jetzt steht ein kleines Herrenhaus auf der Ranch. An Arbeitern mangelt es nicht. Die Welt hat sich um die Farm herum weitergedreht, der Westen ist noch mehr erobert worden. Und Greg geht noch einen Schritt weiter. Er bringt hier bereits den modernen Western zu Papier, wie in den letzten Tagen eines John Wayne so kaum zu finden war. In neuerer Zeit gehen Western wie Appaloosa, Der Mann, der Liberty Valance erschoss oder The Missing eher in diese Richtung.
Zivilisationsprobleme: Ein verwirrter Geist findet sich selten als Motiv eines Westerns oder auch als Handlungsantrieb. Derlei Verdrängung, aus welchen Gründen auch immer, ist gerne in Thrillern gesehen. Im Western hat er Seltenheitswert. So könnte man die 10. Folge von Comanche auch als Westernthriller bezeichnen, mit einem Handlungsaufbau versehen, der sich heutzutage sogar schon in Fernsehserien findet. Aus einem Rätsel wird zunächst eine klassische Ermittlung, später dann ein Wettlauf gegen die Zeit. Das Ende erinnert ein wenig an eine Sequenz in Reisende im Wind.
Hermann datierte die Zeichnungen auf 1982. Zwei bis sieben Bilder teilen eine Seite streng auf, ohne Experimente. Das Auge kann dem Geschehen in aller Ruhe folgen. Die einzelnen Bilder wolle alle ungeteilte Aufmerksamkeit. Hektik entsteht nicht, der Lesefluss wirkt wie durch viel Erfahrung optimiert. Die Kolorierung übernimmt Fraymond, ebenfalls ohne Experimente. Weniger ist mehr, lautet die Devise auch in diesem Bereich. Zwar werden weniger farbliche Stimmungen bedient, als man es von anderen Folgen her gewohnt ist, Western-Feeling entsteht trotzdem.
Ein Abschied, aber ein gelungener: Hermann verlässt Comanche, (verließ, muss man sagen), aber er geht mit Bravour und einer schönen abschließenden Arbeit. Für Western-Fans ohnehin ein Muss. Neulinge sollten diesen Band aber nicht als Einstiegsband wählen, da eine gewisse Kenntnis der Charaktere in jedem Fall vorausgesetzt wird. 🙂
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