Das Leben auf der Ranch geht seinen Gang. Der Neuaufbau gestaltet sich langwierig, aber man kommt voran. Eigentlich ist es eine Idylle, die zwangsläufig gestört wird, als sechs Pistoleros auftauchen. Es dauert, bis das Misstrauen gegen die Neuankömmlinge einer größer werdenden Abneigung weicht. Diese Männer, so edel ihre Motive auch sein mögen, bringen das beschauliche wieder Durcheinander und die Hoffnungslosigkeit zurück. Die Sheriffs hingegen können nicht anders. Stolz, ein ganz eigenes Ehrgefühl zwingt sie dazu einen scheinbar aussichtslosen Kampfe gegen eine viel zahlreichere Gaunerbande aufzunehmen. Und Red Dust muss sich entscheiden, ob er der siebte Mann wird oder nicht.
Sieben Sheriffs, nicht glorreich, aber mit einer Mission unterwegs: Recht und Ordnung, Vergeltung, auch Rache, aber in jedem Fall zu allem entschlossen. Der Leser findet hier einen sehr dichten Western vor mit verschiedenen Charakteren, die zunächst so gar nichts mit Ordnungshütern gemein zu haben scheinen. Zuerst sind sie zu sechst, denn einer fehlt noch: Red Dust. Autor Michel Regnier, kurz Greg, hat seinen Helden nicht nur die Heimat genommen (die Ranch von Comanche), auch scheint der Wille, das Recht mit dem Revolver durchzusetzen, hinter ihm zu liegen.
Greg präsentiert keine strahlenden Recken, die zur Attacke blasen. Es nimmt, vergleicht man es mit neueren Western, insbesondere mit solchen wie Erbarmungslos oder Open Range, die düstere Realität voraus, entfernt die Romantik aus dem Wilden Westen. Hier regeln Männer ihre Auseinandersetzungen mit Fäusten, wie frühe Schläger im Ring, draußen vor der Tür und helfen sich anschließend mit knirschenden Zähnen, aber gekühltem Mütchen auf die Beine. Aber es ist auch ein Bild von Jähzorn, falschem Stolz und Rassenhass, hier auch gegen die indianischen Ureinwohner, die für manchen, obwohl selbst abgehalftert, noch weiter unten auf der Leiter stehen.
Greg lässt die Frauen in der Geschichte, die Lage richtig einschätzen: Ich habe genug von diesen Geschichten über Männerfreundschaften, Waffen und alten Kämpfen. Es ist eine sich verändernde Zeitspanne, wie auch andere Western dies relativ früh thematisierten (z.B. Mit stahlharter Faust). Der Weg dieser Männer ist vorgezeichnet, daran lässt Greg keinen Zweifel und doch kann man nicht die Augen von diesem Drama nehmen, an dessen Ende ein Fingerzeig voll Hoffnung steht.
Hermann Huppen legt mit dem Auftakt der Handlung und der Vorstellung der Sheriffs ein Bravourstück hin (einmal mehr, aber wer kann, der kann). Durch seine Gestaltung wird die Handlung griffig, fühlbar. Mit diesen Sheriffs, die heruntergekommen wie sie sind, auch als Gauner durchgehen können, zeigt Huppen, wie schnell und gut Charaktere in einer Comic-Geschichte etabliert werden können. Mit feinen kleinen Strichen entwirft er seine Bilder, mit feineren Gesichtern als zu Beginn der Serie. Diesen Stil, der unter dem Gesichtspunkt im Vergleich mit anderen Zeichnern höchst modern ist (wieder ein Vorgriff), weiß Hermann dann zum Schluss in einem westerntypischen Finale einzusetzen.
Der Schluss ist Drama pur, ganz gleich welche Ebene betrachtet wird, Bild oder Handlung. Der Start einer interessanten Hermann-Biografie rundet dieses vorzügliche Western-Album ab.
Obwohl 30 Jahre alt, ist die Handlung zeitlos und modern gleichermaßen. Greg und Hermann auf einem Höhepunkt ihres Schaffens. So gut können Western sein! 🙂
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