Rosentall im Jahre 1280. Nichts in diesem idyllisch gelegenen Königreich deutet darauf hin, dass sehr bald schon der Krieg in dieses Land Einzug halten wird. Vorläufig schürt ein Besucher, Rob, ein Papyrenmeister und Prinz von Norfolken das Interesse der Prinzessin Silvia. Während drinnen in der Festung der Hofstaat feiert, die Gaukler mit ihren Darbietungen aufspielen, braut sich draußen in den vorgeschobenen Stellungen etwas zusammen. Nach und nach werden sämtliche Vorposten ausgeschaltet und ohne Vorwarnung marschiert ein fremdes Heer auf. Weitaus mehr Aufmerksamkeit erregt der nahe gelegene Vulkan, dessen Rumpeln Unruhe auslöst. Stunden später ist der Vulkan die geringste Sorge der Einwohner von Rosentall.
Altmeister Juan Gimenez ist zurück. Nach phantastischen Szenarien im Bereich Science Fiction und Space Opera ist er nun im Mittelalter angelangt. Detailverliebtheit, technisch perfekter Farbauftrag, realistisch wirkende Umgebung und bombastische Szenen, die der Leser nur aus Hollywood-Filmen her kennt, zeichnen diesen Handlungsauftakt aus, für den Juan Gimenez auch die Geschichte schrieb. Zwei Bedrohungen existieren am Rande: ein Vulkan und ein Drache. Weitaus gefährlicher jedoch ist eine rachsüchtige Frau, die an der Spitze eines großen Heeres und mit einer beeindruckenden mittelalterlichen Kriegsmaschinerie aufmarschiert.
Gimenez stellt dem Leser zuallererst den Hof von Rosentall und seine kleinen Geheimnisse vor. Der König wird respektiert, die Tochter ebenso, der Sohn, der eigentliche Thronfolger, ist ein Taugenichts, Frauenschänder und Säufer. An den Vulkan hat sich das Volk gewöhnt, Vorsichtsmaßnahmen sind getroffen, auch der Drache wird wegen seines seltenen Erscheinens nicht als schreckliche Bedrohung empfunden. Gimenez entwirft eine großartige Kreatur namens Madragon. Sicherlich kann er organische Strukturen über die Maßen gut konstruieren, aber dieser Drache wirkt, auch dank seiner feinen Oberfläche, sehr realistisch und im Vergleich zu anderen auch eigens erschaffen (ohne sich an anderer Stelle Anleihen genommen zu haben).
Verwandlungen werden von Gimenez gerne thematisiert. Auch hier macht er sich nicht davon frei und so werden aus einem Drachen bald zwei. In der Übergangsphase von Mensch zu Drache (der Titel ist ein Indiz in diese Richtung) quillt, stößt es heraus, entfaltet sich, überlagert menschliche Haut. Gimenez spielt auch gerne mit dem Ekelfaktor, das hat er bereits in anderen Szenarien bewiesen. Hier passt es sehr gut, denn die Verwandlung ist eine Art Verpuppung und das Endergebnis zweifellos sehr schön.
Nicht nur in der Verwandlung liegt Dramatik. In Haupthandlungsfäden wie auch Nebenschauplätzen webt Gimenez die Fäden sehr bedächtig mit allen nötigen Informationen, so dass der große Kampf zwar spannend, aber das Drama hinter den Kulissen nicht weniger aufregend ist. Durch Gimenez Bilder kommt der Leser sehr nahe an die Charaktere heran. Besonders in Momenten der Verzweiflung und der Trauer wird es schaurig, dient aber als Beweis für seine Zeichenkunst, die sich hier noch einmal vervollkommnet. Es gibt einige Ansichten, die sind großartig und man hätte sich gewünscht, Gimenez hätte sie noch größer ausgeführt. Nahaufnahmen der Gesichter bieten schöne Beispiele für den milden Farbauftrag, der den Realismus der Bilder so hervorhebt.
Ein ungeheuer dichtes Epos aus dem Mittelalter, mit einigen phantastischen Elementen, die sich aber nicht in den Vordergrund drängen. Juan Gimenez erschafft eine Sage, mit viel Drama, Drama, Drama und filmischen Bildern. Toll. 🙂
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