Gefangen: Selbstverständlich versuchen die Männer an Bord des U-Boots immer noch der Falle zu entkommen. Ebenso sind die Überlebenden in dem riesigen Gewölbe auf der Suche nach einem Ausweg. Das stellt sich als sehr schwierig heraus. Denn die Suche nach einem Ausweg ist längst nicht mehr die einzige Sorge für die Männer: Sie werden verfolgt! Vielleicht sogar gejagt. Keiner spricht es aus, aber das Gefühl ist da. Nicht nur das: Die Männer vertrauen sich untereinander nicht mehr. Ihre Ängste plagen sie, verwirren sie. Da ist es zum Misstrauen nur ein kurzer Schritt. Dem Misstrauen folgt die Verteidigung, die Attacke, bevor der andere angreifen kann.
Gut aufgepasst: Christophe Bec hat wieder jemanden versteckt. Diesmal ist es Ron Ely in seiner Pose als Doc Savage, Der Mann aus Bronze. Der Archäologe Kämper, im Auftrag des Deutschen Reichs unterwegs, hat einen Auftritt in einem interessanten Rückblick, der ein wenig auf den Pfaden eines Indiana Jones wandelt. Christophe Bec kann aber noch mehr, als Schauspieler für seinen Comic zu verpflichten. Wir befinden uns im abschließenden dritten Teil der Mixtur aus Abyss, Indiana Jones und vielleicht Das Relikt. Das Stichwort lautet: Groß. Und groß ist hier alles. Das Unterwasserszenario vermittelt Weite und Tiefe, gleichzeitig ein Gefühl der Verlorenheit. Im Gewölbe, dem Heiligtum selbst, lauert eine endlose Dunkelheit unter wahnsinnig hohen Decken und eingemeißeltem Irrsinn.
Die letzten U-Boot-Leute, die noch überlebt haben (dem Aussehen nach Bruce Willis, Scott Glenn und Liev Schreiber), stolpern durch dieses Heiligtum, das einen Eindruck von Enge und Weite vermittelt, klaustrophobische und agoraphobische Ängste gleichermaßen auslösend. Aber mehr noch: Die drei Männer sind nicht allein. Die Geschichte, geschrieben von Xavier Dorison, spielt mit Techniken, die auch schon von Michael Chrichton in Sphere verwendet wurden. Cineasten werden dergleichen aber auch früh in Wenn das Blut gefriert entdeckt haben. Das Böse ist da. Wirklich? Existiert es? Oder ist es nur Einbildung.
Der Leser weiß an dieser Stelle längst mehr. Es ist keine Einbildung, die die Männer meuchelt. Und es ist auch keine Einbildung, dass sie sich an deren Ängsten labt und diese nutzt, um sie vorher ein wenig in den Wahnsinn zu treiben. Das Böse selbst bleibt schemenhaft, eine Fratze in der Dunkelheit. Wie groß die Angst war, die zur Schöpfung dieses Heiligtums führte, wird durch die Auflösung der Geschichte auf zwei Arten gezeigt. Das soll hier aber nicht verraten werden.
Kinobilder inszenieren den Untergang. Das macht Spaß, einfach gesagt. Einzeln betrachtet sind die Bände manchmal etwas schwierig, in ihrer Gesamtheit (und den Fragen, die nach und nach aufgeklärt werden) passt es hervorragend. Heiligtum ist keine Geschichte, die Wartezeiten zwischen den einzelnen Abschnitten verträgt. Diese Geschichte verlangt es nicht nur, in einem Durchgang gelesen zu werden, sie verlangt auch Aufmerksamkeit. Durch die Inszenierung, anfänglich sehr kühl empfunden, erhält sie diese auch. Die Düsternis hält auf Abstand, der für den nötigen Blickwinkel sorgt. Bec zeichnet fast schon klinisch. Demgegenüber stehen die zeitweilig (wenn auch nicht häufigen) warmen Farben. Feuer blitzt gegenüber kaltem Stein und Tiefsee auf.
Atmosphärisch dicht, nicht einfach, nicht für jedermann, aber für jene, die eine Verbindung zwischen Science Fiction und Horror mögen. Etwas für Fans, die den ersten Alien-Film hochhalten. Keine Massenware, in seiner Gesamtheit verdammt spannend. 🙂
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