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Comic Blog


Freitag, 29. Oktober 2010

Fetzer

Filed under: Comics im Roman — Michael um 15:53

FetzerIn der Zukunft: Längst weilen die Zombies unter den Menschen und sind eine Bedrohung, an die sich die Bevölkerung gewöhnt hat. Mehr noch: Mit der Verbreitung der Untoten haben sich auch neue Unterhaltungsformen gefunden. Zombie-Filme mit echten Untoten sind immer für einen Blockbuster gut! Eine kleine Spezialeinheit um Bot ist dazu abgestellt worden, sich um die Untoten zu kümmern und sie unschädlich zu machen. Modernstes Material, beste Waffen und andere Ausrüstung sorgen für die nötige Sicherheit. Das allein genügt nicht, denn schon der kleinste Fehler kann das eigene Ende bedeuten oder kann auch Grundlage der eigenen Wiederkehr sein. Eigentlich dachte Bot bis heute, die Sache im Griff zu haben. Wäre da nicht der Neuling. Und Neulinge machen zuweilen Fehler.

Mit dem sprunghaften Anstieg von Untoten in der Gesellschaft, auch ihrer Verwertung durch die Unterhaltungsindustrie, haben die Zombies einen kleinen evolutionären Satz erfahren. Kurzum: Sie sind intelligenter, als es den Menschen lieb sein kann. Für die Filmindustrie sind solche Kandidaten ein Segen. Ein Zombie, der bei guter Fütterung das macht, was der Regisseur ihm sagt, ist Gold wert. Nur leider machen Neulinge unter den Zombiejägern bisweilen Fehler. Und erwischen einen dieser teuren Intelligenzbolzen.

Markus Heitz schrieb einen Zombie-Kracher, der keine Vorkenntnisse des Genres benötigt. Neueinsteiger werden mit einer Welt konfrontiert, in der die Gesellschaft sich scheinbar mit der Existenz der Untoten abgefunden hat. Ein Virus ist verantwortlich für die Wiederkehr der Toten. Über die genaue, die wirkliche Ursache gibt es allerdings unterschiedliche Theorien, wissenschaftliche ebenso wie esoterische.

Den Männern und Frauen um Bot ist der Ursprung ziemlich egal, denn sie vernichten die Untoten, wo sie ihrer habhaft werden können bzw. dort, wo ein Notalarm sie hinschickt. Langsam kann sich der Hörer in diese Welt einfühlen, aber zuvor wird erst einmal ein Einstiegsknaller geboten, ein beliebtes Werkzeug, um den Hörer (oder Leser oder Zuschauer) gleich zu Beginn zu fesseln. Das bedeutet: Zombie, übernehmen Sie.

Bot, gesprochen von Jürgen Holdorf, erzählt und spielt äußerst kühl. Beherrschung ist das oberste Gebot seiner Figur. Einerseits wird der Hörer durch ihn mit Hintergrundinformationen versorgt (wie ist es um die Gesellschaft bestellt, Theorien über Zombies), andererseits nimmt er den Hörer mit in die Szenen. Sein Erzähleranteil überwiegt, das bedeutet aber nicht, dass die übrigen Spieler nicht genügend Gelegenheit haben, ihre Fertigkeiten zu zeigen. Katharina von Daake, Dorothea Hagena, Uwe Hügle, Wolfgang Berger, Günter Merlau (ebenfalls Regisseur und für die Musik zuständig), Gwenyth Dimonye und Ranja Bonalana füllen die Charaktere mit Leben.

Im Gespräch mit der Firma Fetzer (herrlich gemein: Dorothea Hagena als Frau Michelsbach) entwickelt sich der erste Höhepunkt. Und hier deutet sich bereits an, dass die Gruppe um Bot in argen Schwierigkeiten steckt. Anschließend geht es in ein langes und spannendes Finale. Markus Heitz, einer von Deutschlands bekanntesten Phantastik-Autoren, dreht immer mehr an der Spannungsschraube bis zum …

Zombie-Action für Einsteiger, keine Vorkenntnis erforderlich: Einlegen, anhören, gruseln, bis sich die Haare sträuben. Gute Sprecher, schöne Effekte (im Sinne von: das geht ab!). Und wer Zombies bereits kennt, wird sich hier schnell wohl fühlen. 🙂

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Dienstag, 26. Oktober 2010

Monsieur Mardi-Gras – Unter Knochen 4

Filed under: Mystery — Michael um 17:30

Monsieur Mardi-Gras - Unter Knochen 4 - Die Formel der WiederauferstehungHerr Ascherwittwoch, das Skelett mit der Kaffeemühle auf dem Kopf, der diese Existenz für einen schlechten Witz hält, der sich nichts sehnlicher wünscht, als wieder in sein altes Leben zurückkehren zu können, versucht den anderen Skeletten die Wahrheit zu sagen. Und Mut zu machen. Aber sie wollen keinen Mut. Sie wollen rein gar nichts von dem Leben auf der Erde mehr. Keinesfalls das allgegenwärtige Schlechte, die Krankheiten, die Bösartigkeiten, das Leiden. Auch nicht das Gute. Denn hier gibt es keine Fragen mehr nach dem Sinn des Lebens. Hier muss niemand mehr irgendetwas hinterher jagen. Hier ist endlich Frieden. Ohne Organe. Ohne Fleisch und Haut. Es gibt nur noch das Grau, die Nebelschwaden und den düsteren Himmel. Aber der Friede ist auf ewig.

Eric Liberge lässt im Vorwort zum 4. Band, oder auch Nachwort zur gesamten Serie, je nachdem, durchblicken, dass das Zustandekommen allein des ersten Bands kein Zuckerschlecken war und nicht grundsätzlich auf Zuspruch gestoßen ist. Das verwundert nicht. Skelette sind als Hauptdarsteller gewöhnungsbedürftig, wenn sie nicht von Hollywood ausgebrütet werden und Piratenschiffe befahren. Und wer allein einen Blick auf das Titelbild des vierten und abschließenden Bandes wirft, erhält sehr schnell einen Eindruck von dem, was den Leser auch inhaltlich erwartet: Komplexität. Das gilt für die Erzählung einerseits, wie auch für die Grafiken andererseits. Jeder Band der vierteiligen Reihe darf ruhig mehrmals gelesen werden, jedes einzelne Bild darf und sollte mehrmals bestaunt werden.

Das ist ein Albtraum: Der Leser begegnet einer Welt im Umbruch. Hatten sich die Skelette an ihr Leben in dieser Existenzphase gewöhnt, hatten sie einen neuen Namen erhalten, bricht nun alles zusammen. Plötzlich erinnern sie sich an den Namen ihres früheren menschlichen Lebens. Dies ist eine der schockierenden Szenen der Handlung (wenn man sich auf sie einlässt). Mit dem alten Namen kommen die Erinnerungen an ein früheres Leben und die Erkenntnis, verstorben zu sein. Aus der Erkenntnis wird in gewissem Sinn ein zweiter Tod, eine Erfahrung, den alle auf einmal teilen: Chaos entsteht aus tiefster Verzweiflung.

Eric Liberge gelingt die große Kunst, die vielen kleinen und großen Emotionen in die Gesichter und Haltungen von Skeletten zu stecken. Auf den Leser wartet die große Kunst, sich in diese apokalyptische Welt zu versenken. Gelingt es ihm nicht, hat er etwas verpasst. Es ist ein Comic, der ein Stück abseits des Mainstreams läuft. Er ist unterhaltend, keine Frage, doch ganz selten nur entstehen Comics oder auch Graphic Novels derart komplex und aufwendig. Ob es tiefgründig und hintersinnig ist, muss jeder für sich selbst entdecken und entscheiden.

Grafisch mag der Leser vom Thema halten, was er will, der starke Arbeitsaufwand ist in jedem Fall unübersehbar. Das Fegefeuer, dieser Vorhof zur Hölle, irgendwo draußen zwischen den Sternen, die kathedralenähnlichen Bauten, die allgegenwärtige Weltuntergangsstimmung, auch eine Art unheimlicher Komödie, in schwarz, graublau, kaltes rot und braun getaucht, fein ziseliert. Es ist diese Kleinstarbeit, die eine ungeheuer dichte Atmosphäre erzeugt. Liberge gelingt es sogar, Mitleid im Leser zu wecken. Wenn Skelette, denen nichts mehr geblieben ist, die zur Instandhaltung ihrer Knochen auf Ersatzteile angewiesen sind, dennoch bis auf den oberen Schädelteil zusammenschrumpfen, in dieser Unbeweglichkeit gefangen sind und dem Alptraum um sie herum hilflos mitzusehen müssen, dann kippt die Komik ins Tragische.

Ein ausführlicher Abschluss. Jeder mag für sich entscheiden, ob es ein im hollywoodschen Sinne gutes Ende ist. Ein beeindruckendes Ende ist es allemal, textlich und bildlich. 🙂

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Sonntag, 24. Oktober 2010

Götterdämmerung 2 – Siegfried

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:05

Götterdämmerung 2 - SiegfriedDer Göttervater schaut über sein Reich. Er erinnert sich jener Tage, als die Welt urzeitlich war, zerklüftet und dunkel. Und doch wurden bereits in jenen Tagen die Samen für das Ende gesät. Aus einer Verbindung zwischen einem Gott und einem Riesen entstanden die Asen. Ein Kampf vernichtete Ymir, den Ur-Riesen. Aus seinem Körper entstand die Welt. Aus seinem Blut das Meer, aus seinem Fleisch die Erde, aus Knochen und Zähnen Berge und Geröll. Der Göttervater jedoch, in seiner allzu menschlichen Weisheit, weiß genau, dass aus einem solchen Beginn nichts Gutes erwachsen kann. Dieser Anfang birgt sogleich das Ende in sich. Und da dieser Anfang aus einem furchtbaren Gemetzel hervorging, kann das Ende nur grausam sein: Ragnarök.

In einer kurzen Einleitung wird die Herkunft des Lebens nach germanischen Mythen erzählt. Faszinierend immer noch, voller Fantasie und Einfallsreichtum, gipfelnd in einem Kampf der Asen, der Götterrasse, gegen die, die ihnen vorausgingen, die Eisriesen. Odin erinnert sich an die Zeit, als alles begann, als es noch hoffnungsvoller war, trotz des Blutes, das zur Grundlage dieses Seins wurde. Sieglinde, und hier setzt Autor Nicolas Jarry seine Erzählung fort, weiß von alldem nichts. Sie hat an diesem Punkt der Erzählung zwar ihren Bruder verloren, aber auch neue Freunde gefunden und eine zeitweise neue Heimat.

Zeitweise deshalb, da sich nun ein Wendepunkt nähert, der in den Lebensweg des kommenden Helden Siegrid mündet, der einmal zum großen Sieger über den Drachen Fafnir werden wird. Aber noch ist es nicht so weit. Die Hunnen aus dem ersten Teil sind nicht mehr das Problem. Jarry schickt einen weitaus gefährlicheren Feind ins Rennen: Die Horde.

Spätestens an diesem Punkt findet der eingefleischte Fantasy-Fan alles, was er braucht. Zwar hält sich Jarry weiterhin im Bereich der germanischen Göttersage auf, doch die Horde, die sich über Midgard ergießt, beinhaltet jene Kreaturen, die bereits vor HdR das gewisse Etwas der Fantasy waren (eigentlich jeglicher phantastischer Literatur). Der erste Blick auf sie, weidlich von Zeichner und Kolorist Jean-Francois Bergeron (Djef) ausgekostet, bietet einen Vorgeschmack auf das spätere Geschehen. Obwohl der Leser weiß (oder ahnt), was geschehen wird, geschehen muss, erhält Jarry die Spannung aufrecht. Als Kino-Fan mag hier auch eine gewisse Parallele zu Willow entstehen (kein Wunder, da jener Film auch aus Puzzleteilchen verschiedenster Mythen entstanden ist).

Der Zeichenstil von Djef erinnert an die grafische Grundtendenz der Legende der Drachenritter. Wer diese länger laufende Reihe kennt, kann Ähnlichkeiten zu den Bildern von Fabrice Meddour ( Der Chor der Finsternis, Bd. 8 ) entdecken. Djef arbeitet sehr aufwendig, bis hinein in kleinste Grashalme. Oberflächenstrukturen, Stoffmuster, Haut, Haare und vieles mehr sorgen für eine sehr feine Darstellung. Die Gesichter, Körperlichkeiten und Haltungen sehen im ersten Ansatz schlichter aus, umrisshafter, werden aber, da Djef das Kolorieren eigenhändig übernimmt, durch die Farbgebung hervorragend in Szene gesetzt.

Neben der sehr guten Kolorierung in normalen Bereichen, einer Ausstattung, wie sie für mittelalterlich aussehende Szenarien grundlegend ist, arbeitet Djef auch schöne Stimmungen heraus. Dies äußert sich vor allem in göttlichen Szenen und jenen Handlungsabschnitten, in denen der Kampf im Vordergrund steht. Exemplarisch hierfür ist der Teil, in der sich Sieglinde allein der Horde stellt und die Welt immer röter wird.

Der Weg geht weiter: Nun ist die Figur Siegfried im Spiel, als Säugling zwar, doch da sie als Figur wichtig ist, wird sie sogleich zum Ziel. Nicolas Jarry und Djef spinnen ihr aufwendiges Epos weiter, mit spannenden Überraschungen und schöner Inszenierung. 🙂

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Samstag, 23. Oktober 2010

Thor 5

Filed under: Superhelden — Michael um 17:48

Thor 5Asgard, die Heimstatt der Asen, hat wieder eine stärkere Verbindung zu Midgard, der Welt der Menschen. Doch der Platz, den sie in dieser ihnen unbekannten Welt eingenommen haben, gefällt ihnen nicht sehr. Und man ehrlich: Wer lebt schon gerne in Oklahoma? Für Loki, nach der Rückkehr der Asen in Gestalt einer Frau zugegen, ist dieses mulmige Gefühl der Asen, ein willkommenes Geschenk, um Missgunst zu säen und Intrigen zu schmieden. Die Asen fühlen sich schlicht fehl am Platz. Oklahoma ist zu hei&szlig, zu karg. Ihnen fehlen die Berge, die Wälder, der Schnee und die Jagd. Wer hätte zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass sie früher als angenommen, in den Genuss einer neuen Heimat mit all diesen Vorzügen kommen. Aber zu welchem Preis?

Thor, nach Odins Verschwinden, der Herr über Asgard, wird durch einen unglücklichen Zwischenfall, von seinem Thron vertrieben. Und Balder, Thors Halbbruder, fällt auf die zischelnden Einflüsterungen Lokis herein. Die Asen finden eine neue Heimat, weit entfernt der Vereinigten Staaten, im königlich regierten Latveria.

Nach einem ruhigen und sorgfältigen Anlauf, geschrieben von J. Michael Straczynski, gipfeln die bisherigen Winkelzüge Lokis in dieser Ausgabe, in der alles wieder einmal anders wird. Straczynski, bekannt durch die Fernsehserie Babylon 5, im Comic-Genre längst etabliert durch sein Comic-Universum Rising Stars und seine Beiträge zu Spider-Man, hat sich des Donnergottes angenommen, bevor er ihn vor dem nächsten Marvel-Gro&szligereignis wieder verlie&szlig. Schwierig genug, bedenkt man, dass ein Ereignis das nächste jagt. Die Zwischenzeit hat Straczynski gut genutzt und dem Mythos Thor einen neuen Anfang beschert.

Deutlich rasanter und dramatischer präsentiert sich diese 5. Folge der neuen Thor-Reihe. Nach einigem Geplänkel muss Thor nun wieder den Hammer in die Hand nehmen und kämpfen. Zeichner Olivier Coipel, der mit seinen höchst realistischen Bildern einen enormen Eindruck hinterlassen hat, übergibt auf den letzten Metern den Staffelstab an Marko Djurdjevic, der ihm künstlerisch in nichts nachsteht, sondern noch aufwendigere Grafiken gestaltet.

Das Aussehen Thors in der von Straczynski erzählten Handlungslinie ist martialischer, soldatischer. Die Grundoptik wurde erhalten, doch der vor Jahrzehnten entstandene Comic-Charakter hat deutlich von seinem Glamour-Aussehen verloren. In einer kleinen, von Alt-Meister Stan Lee erzählten Episode kann der Leser einen direkten Vergleich anstellen. Thor trifft im Haupthandlungsstrang auf Bor, Odins Vater. Im folgenden Zweikampf zeigen die Künstler ihr Können durch einen cineastischen Blick auf das Geschehen. Das besitzt die Rasanz des Duells zwischen Hulk und Abomination in der jüngsten Verfilmung des grünen Riesen.

Marko Djurdjevic darf sich in der zweiten Hälfte auf die ruhigeren Momente konzentrieren. Hierbei ist der Fokus nicht nur auf das Schicksal des Donnergottes gerichtet. Grafisch ebenso beeindruckend sind die Szenen in Latveria. Die Asen speisen am Tisch von Dr. Doom. Aber, und hier zeigt sich auch der Humor (eine Szene, die an alte Kostümfilme erinnert), schöner noch ist die Szenerie, in der Volstagg eine Idee hat. Allein nach diesem Einschub würde man sich als Fan ein kleines Spin-off mit Volstagg und seinen beiden Freunden wünschen (plus Ziegen), natürlich von Djurdjevic gestaltet.

Hier stimmt wirklich alles: Eine ausgewogene Handlung mit Dramatik und Aktion, Bilder von Top-Zeichnern, die aus diesem Handlungsabschnitt eine Premium-Ausgabe machen. 🙂

Red Sonja 4

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:45

Red Sonja 4 - Die Teufelin mit dem SchwertAls Mensch macht man sich mit seinen Ansichten gegenüber Tieren nicht unbedingt beliebt. Ganz besonders dann nicht, wenn es in der menschlichen Zivilisation üblich ist, seinen Göttern ein Tieropfer darzubringen. Bisher mussten sich Menschen deshalb noch rechtfertigen. Doch nun treffen Sonja und ihre Gefährten auf ein Volk von vernunftbegabten und sprechenden Tieren und sogleich stehen sie unter Anklage. Die Praxis der Tieropferung und der leichtfertige Umgang damit lässt die Verachtung der Tierwesen nur noch größer werden. Bald erhält Sonja Hilfe von unerwarteter Seite, denn nicht alle Tierwesen konnten sich mit einer Gemeinschaft arrangieren. So findet sich eine Lösung, wenn auch eine sehr waghalsige, aber so ist Red Sonja eben.

Nicht weniger schwierig als die Begegnung mit Tierwesen, die kein Verständnis für die Menschen haben, ist das Aufeinandertreffen von Sonja und untoten Piraten. Wer sich nichts sehnlicher wünscht, als die Existenz zu beenden, geht mitunter Wege, die auch andere in Gefahr bringen. Die Seeleute machten einst den Fehler einen Gott herauszufordern, ihn gar harpunieren zu wollen. Die Strafe war schrecklich und unbarmherzig. Red Sonja soll diejenige sein, die den Gott erweckt und ihn zu den Piraten führt, damit das Dasein in einem verrotteten Körper endlich ein Ende hat.

Michael Avon Oeming, als Zeichner wie auch hier als Autor arbeitend, betreut Red Sonja mit Fingerspitzengefühl für schnell erzählte Fantasy und Charakteren, die für den Leser gut fassbar sind. Über allem steht natürlich Red Sonja, Die Teufelin mit dem Schwert, halb nackend, wild, gnadenlos, kämpferisch und eigentlich auf Hilfe nicht angewiesen. Sonja, thematisch einst an der Seite von Arnold Schwarzenegger verwurstet worden, stammt, wie einige andere Charaktere aus der Ideenwelt von Robert E. Howard. Allerdings wurde die Figur weiterentwickelt von Roy Thomas und Barry Windsor-Smith.

Inzwischen hat sich Sonja aus dem Korsett aus alter Zeit befreit und ist eine moderne Heldin geworden, die sogar frieren kann (fragt man doch mal, ob das nicht möglich ist angesichts der spärlichen Bekleidung). Michael Avon Oeming wagt keine Experimente. Hier sollen Abenteuer erzählt werden, schnell, mit einigen Charakterentwicklungen und vielen spannenden Einfällen. Letztlich reiht sich Sonja in vorbildhafte TV-Serien im Sinne von Herkules, aber mehr noch natürlich Xena ein. Und sie reiht sich in die Klasse sich vorbildlich schlagender Frauen ein, die sich nicht nur im Fantasy-Bereich finden.

Das ist solide mit seitenweisen Einfällen erzählt, so dass keine Langeweile aufkommt. Sehr gelungen sind die Grafiken von Homs und des Koloristen Vinicious Andrade. Homs lässt seinem Kollegen Raum, um sich farblich zu entfalten. Mehr noch: Homs kann seinen gestalterischen Fähigkeiten freien Lauf lassen. Die Tiermenschen in ihrer ganzen Vielfalt geben ihm massig Gelegenheiten dazu. Die Besonderheit sind natürlich die fliegenden Löwen, sehr imponierend und von der Gestalt, wie sie nur in einer Fantasy-Geschichte wirken können. Daneben fallen Biester auf, die einfach nur zum Fressen konzipiert wurden und schön gefährlich aussehen.

Von besonderer Finesse ist Sonjas Unterwasserabenteuer, vergleichsweise gegenüber den anderen Erzählabschnitten kurz, dafür sehr dicht und sehr effektvoll geraten.

Die Teufelin mit dem Schwert bietet in der 4. Folge solide Fantasy-Kost mit schöner Gestaltung, ein Rundumsorglospaket für Fantasy-Fans, die Conan und Kull mögen. 🙂

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Link: michaeloeming.com

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Götterdämmerung 1

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:29

Götterdämmerung 1 - Der Fluch der NibelungenAsgard: Sitz der Götter. Götter, von denen der Mensch nur glauben kann, sie seien mächtig und allwissend. Doch je öfter die Götter sich bemühen, keine Fehler zu machen, umso mehr verlieren sie sich durch Ränke und Missgunst, auch Selbstüberschätzung in ihrem eigenen Untergang, steuern sie geradewegs auf die Götterdämmerung, das Ende aller Tage zu. Wotan, einäugiger Wanderer zwischen den Welten, stets begleitet von seinen getreuen Raben, hat großen Anteil am Niedergang der Strukturen, die lange Bestand hatten und nun von seinem Eingreifen erst recht ins Wanken geraten. Einst wollte Wotan die Zukunft kennen und opferte den Nornen für das Wissen ein Auge. Was er sah, musste selbst einen Gott erschüttern, denn das Ende, die Götterdämmerung, war furchtbarer als alles, was jemals zum Bestehen von Asgard beigetragen hatte.

Midgard: Die Welt der Menschen hat andere Sorgen, als sich um den Untergang der Götter zu fürchten. Während Wotan die Welt durchwandert, verfolgt vom Fluch der Nibelungen (siehe: Götterdämmerung 0), stellt sich der König von Xanten mit seinen Mannen gegen den Ansturm der Hunnen. Die Lage ist aussichtslos, denn wenig später nähert sich der Feind der Festung. Ein Geschwisterpaar, Siegmund und Sieglinde, tritt dem gegnerischen Heer entgegen. Da der Hunnenfürst Sieglinde zur Frau zu nehmen gedenkt, überleben die beiden Königskinder. Zunächst jedenfalls.

Ein Ring: Selbst wer nie eine Nase in irgendeinen Fantasy-Roman gesteckt, niemals ein Sagenbuch aufgeschlagen hat, wird von dem Ring gehört haben. Vielleicht ohne zu wissen, was es damit auf sich hat. Dank J.R.R. Tolkien ist der Herr der Ringe stärker in aller Munde und Erinnerungen, als es die Grundlage aus dem Reich nordischer Mythen und Sagen ist. Jene Sagen waren und sind seit langem ein beliebtes Jugendthema, in entsprechenden Sagensammlungen, im Trickfilm (z.B. Walhalla) oder auch im Hörspiel. Die Geschichten um jene Götter verlieren nie ihren Reiz, sind sie doch Fantasy pur, wie Nicolas Jarry (Autor) und Jean-Francois Bergeron alias Djef hier auf sehr schöne Art beweisen.

Der Einstieg fällt schwer, da die Informationen der 0-Nummer der Reihe in diesem Fall wichtig und sinnvoll sind. Zwar wird die Ursache für Wotans Wanderung erläutert und zusammengefasst, die Dramatik der Ereignisse kann aber so nicht wirklich erfasst werden.

Weitaus dramatischer, mit einer Atmosphäre wie sie auch in der Verfilmung Der 13. Krieger vorhanden war, verhält es sich mit den Ereignissen in Midgard. Hier findet sich alles, was eine von Mythen durchdrungene Geschichte nur haben kann. Das Heldenpaar, obwohl es sich um Bruder und Schwester handelt, entsprechend den Inzest, mehr aus Furcht und Verzweiflung als nur aus Liebe. Der fürchterliche und brutale Kriegerführer des Feindes, die Vorhersagen, Flucht und Verfolgung und ganz besonders: Das Eingreifen der Götter. Denn Wotan ist nur eine Figur, die sich einbildet, sie könne durch ihre Macht etwas bewirken, das die Richtung des Geschehens beeinflusst. Nicht weniger wichtig sind die Ränkeschmiede eines Loge, gemeinhin auch als Loki bekannt.

Es gibt einige wenige Momente, in denen eine Zeichnung etwas unsicher wirkt. Aber nur im ersten Viertel, denn, als habe Djef (Jean-Francois Bergeron) hier seinen Stil gefunden, wirken die fein gezeichneten Figuren überaus lebendig. Szenisch entsteht das Gefühl, als liege manchem Bild ein Storyboard zugrunde. Rasanz und Bewegung sitzen, die Bilder nehmen einen mit. Es ist eine sehr konsequent entworfene Welt, wie auch der Anhang beweist, in dem die Akteure vorgestellt werden und sich prächtig präsentieren.

Ebenso nadelfein wie sich Strichführung zeigt, ist die Kolorierung angelegt. Mit fortschreitender Seitenzahl steigt der Aufwand. Strukturen wie im Wald, auf Fell oder Wänden werden immer aufwendiger gestaltet. Besonders beeindruckend hierbei ist eine ganzseitige Darstellung des Ragnarök, in deren Zentrum Fenris, der Götterwolf, unter den Kämpfenden wütet.

Ein schöner Auftakt, mit leichten Schwächen zu Beginn, die aber durch eine immer rasantere und schöne Neuerzählung der nordischen Mythen im weiteren Verlauf mehr als wett gemacht werden. Technisch versiert und liebvoll gezeichnet. 🙂

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Ritter des verlorenen Landes 2 – Der Guinea Lord

Filed under: Mystery — Michael um 18:05

Ritter des verlorenen Landes 2 - Der Guinea LordDie Hexe will frei sein. Aber auch Hexen haben ihre Grenzen. In ihrem geschwächten Zustand ist ein Entkommen aus dem Felsenschacht unmöglich. Leider erliegt jemand ihren Verlockungen und Einflüsterungen. Für einen guten Preis erlangt sie die Freiheit, wenn ihre Zitat auch nur noch knapp bemessen ist. Sollte es sein, dass eine Hexe, eine Morrigan, die Seiten gewechselt hat? Dass eine Hexe nun zu den Guten gehört? Mit dem Wissen um die Stärken, schlimmer noch um die Schwächen der Morrigans? Einen ärgeren Feind können sich die Hexen nicht vorstellen und so schicken sie ihren gefürchteten Krieger, den Guinea Lord. Derweil sind die Menschen nicht untätig, allerdings geraten auch sie an ihre Grenzen. Ohne magische Hilfe werden sie den Kampf verlieren, aller aufgebotenen Tapferkeit zum Trotz.

Der Guinea Lord: Ein unaufhaltsamer Kämpfer des Bösen, unkenntlich, schwer gepanzert, unbarmherzig sowieso. Aber auch unaufhaltsam? Nein, es gibt ein Mittel, nur hilft es nicht auf die Dauer. Dieser Krieger, die Parallele ist in Zeiten der Popkultur unübersehbar, erinnert an Darth Vader, nur skrupelloser vielleicht und scheinbar niemandem verpflichtet. Andererseits ist der Schwarze Ritter ein beliebtes Thema in mittelalterlichen Abenteuern (siehe: Prinz Eisenherz) und eine sehr einprägsame und ausdrucksstarke Figur. Äußerlich hat die Rüstung die Anmutung einer verkohlten Oberfläche, durch die an manch aufgerissener Stelle rohes Fleisch durchschimmert. Mehr erfährt der Leser nicht von dem Charakter hinter der Rüstung.

Aber Jean Dufaux beschreibt ihn mit vielen Details als Höllenwesen, auch mit Rottweilern, einer Hunderasse, die durch die erste Verfilmung von Das Omen ein recht negatives Image erhielt und schnell mit Teufelshund assoziiert wurde. Dufaux zitiert auch auf anderem Wege. Als ein Handlanger, Lord Galway, mit seiner Entlohnung nicht einverstanden ist und mehr verlangt, übergibt er sich mit einem Schwall von Goldstücken. Unwillkürlich erinnert diese teuflische Attacke an eine Szene aus Die Hexen von Eastwick. Aus Kirschkernen wurde hier Gold.

Die Bösewichte, die Jean Dufaux entwirft, die Entwicklung, die sie durchlaufen, wäre für sich allein genommen, schon eine Geschichte Wert. Im Kern geht es jedoch um eine Hexe, die zur Abtrünnigen wurde, da sie von der Gnade berührt und eine Fee wurde. Gefährlich wird sie damit für die Hexen, denn ihre Wandlung hat sie nichts von den dunklen Mächten vergessen lassen. Die Hexen blasen zum Halali. Die Jagd ist effektvoll, das Szenario voller Zeichen und Symbole (ein See voll Blut, eine sich wehrende Natur, schwarze und weiß Schwäne), kurzum auf jeder Seite dich erzählt.

Philippe Delaby brilliert mit jeder von ihm angefertigten Zeichnung. Allerdings muss der sehr große Anteil des Koloristen Jeremy Petiqueux auch angeführt werden. Aus sehr natürlichen, extrem realistischen Zeichnungen werden atmosphärische Bilder, die durch eine sehr feine Strukturierung eine hohe Plastizität erreicht. Der Farbauftrag wirkt darüber hinaus sehr natürlich, wie mit echtenMitteln aufgetragen. (Das muss nicht sein, aber immerhin sieht es so aus.)

Delaby ist nicht nur ein guter Charakterzeichner, seine Monster sind neben dem titelgebenden Guinea Lord sehr liebevoll angefertigt. Der Kryptos, ein Dämon, der beschworen Rede und Antwort steht, ist unübertrieben, dafür umso realistischer wie auch die dunkle Version des ehemaligen Mönchs Eirell. Weniger ist mehr, könnte hier überschrieben werden. Delaby und Petiqueux geben ein hervorragendes Grafikteam ab und zeigen hier, dass sie insbesondere ein mittelalterliches Szenario perfekt einzufangen verstehen.

Gruselig, mit Sinn für dichte Erzählung präsentiert: Mittelalterliche Horrormär und Hexenjagd von einem absolut harmonierenden Team aus Autor, Zeichner und Koloristen. Selten so gut in dieser Kombination! Sehr schön. 🙂

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Sonntag, 17. Oktober 2010

Die Korsaren der Alkibiades 1

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:15

Die Korsaren der Alkibiades 1 - Geheime ElitenEine Nacht in London im Jahre 1825. Der junge Mann hat sich widerrechtlich Zugang zu einem Haus verschafft, kurz gesagt: Er bricht ein. Prinzipiell würde dieser Einbruch zufriedenstellend verläufen, gebe es da nicht Problem: Noch mehr Einbrecher. Der, genauer gesagt, die Einbrüche bleiben nicht unbemerkt. Und getreu dem Motto Mitgefangen, mitgehangen will von jenen, die ihren Besitz verteidigen, natürlich niemand glauben, dass der junge unmaskierte Mann mit den Maskierten nichts zu tun hat. Besonders deshalb nicht, da sie ihm auch noch bei seiner Flucht helfen.

Ein weiterer junger Mann wird bei einer Frau erwischt. Eine junge Frau, ebenfalls auf der Flucht, wird bewusstlos geschlagen und verschleppt. Ein Pärchen findet nicht nur des Rätsels Lösung, sondern auch einen geheimen Gang in die Tiefe. Schließlich treffen die fünf jungen Leute aufeinander, unwissend, dass sie einer komplexen Planung folgen. Das ist zwar nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, dafür jedoch die Zusammenkunft einer Gruppe, die zukünftig allerhand Aufregung und Abenteuer erleben werden.

Die Korsaren der Alkibiades ist kein Titel der schnell von der Zunge geht. Wer aber, neugierig geworden, einen Blick in die Geschichte und auf die Grafiken riskiert, wird schnell feststellen, dass er auf ein Abenteuer gestoßen ist, das sich im besten Sinne im Stile eines Romanes von Jules Verne entwickelt.

Denis-Pierre Filippi, Comic-Fans werden ihn von Produktionen wie Das Buch von Jack oder Coraline her kennen, lässt sich für seine Erzählung viel Zeit. Fünf Hauptcharaktere wollen vernünftig und sorgsam vorgestellt werden. Mehr noch: Die sehr komplexe und hoch geheime Universität mit ihren noch geheimeren Missionen will dem Leser auch nahegebracht werden. Allerdings ist das ein Leichtes, denn spätestens seit ein gewisser Zauberlehrling seines Siegeszug antrat, sind geheime Schulungsstätten eine gute Methode, um Faszination zu schüren. Das Besondere: So manche Forschung innerhalb der Universität, mancher Versuchsaufbau, mancher Raum wird nicht erklärt, bleibt für den Leser rätselhaft und wird ebenfalls, dank des peniblen Zeichenstils von Eric Liberge (Unter Knochen), auch zu einem Hingucker.

Denn Liberge versieht Gerätschaften im Kleinen, Szenarien im Großen mit derart viel Details, dass es leicht fällt, sich in ihnen zu verlieren und die Geschwindigkeit der Handlung auszuhebeln. Sehr gelungen sind Ansichten, in denen er den Raum hat und großformatige, wenigstens halbseitig füllende Bilder erstellen kann. Hier zeigt sich viel Atmosphäre und Geschick, von dem es gerne, auch im Sinne des Lesers, mehr hätte sein dürfen.

Wo Liberge mit tollen Ansichten von Technik und Architektur überzeugt, sind seine Bilder der Figuren auf Individualität bedacht. Erkennbarkeit ist wichtig, lässt aber hier und dort die Figuren etwas maskenhaft erscheinen. Ihre Ausstattung indes, Kleidung, Accessoires und Liberges Fähigkeit besonders kleine Figuren mit hoher Genauigkeit zu zeichnen, macht die kleine Schwäche mehr als wett.

Der erste Teil ist eine umfangreiche, spannende Einleitung, eine Grundlage für unvorhersehbare Abenteuer: Zwei ins Detail verliebte Künstler, Denis-Pierre Filippi (Autor) und Eric Liberge (Zeichner), haben sich hier getroffen und entwerfen eine phantastische Abenteuerwelt, im wahrsten Sinne des Wortes. Sehr schön. 🙂

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Samstag, 16. Oktober 2010

Die Bruderschaft der Krabbe 1

Filed under: Mystery — Michael um 18:54

Die Bruderschaft der Krabbe 1Den Jungen fehlt etwas: Genauer gesagt, befindet sich etwas in ihrem Körper, das dort nicht hineingehört. Jeder der Jungen hat etwas davon in einer anderen Region seines Körpers: Eine Krabbe. Vier Jungen gehören bereits zur Bruderschaft der Krabbe, als ein fünfter Junge zu ihnen stößt. Zwangsweise, denn eine Krabbe hat sich in seinem Kopf eingenistet. Die vier anderen weisen ihn in das Prozedere ein. In diesem Kinderheim seien die besten Entkrabber weltweit am Werk. Diese würden die Fremdkörper entfernen. Einen Nachteil gebe es dennoch: Die Ärzte sammelten die Krabbenteile, um daraus etwas zu erschaffen. Es. Ein Monstrum.

Die Jungen können sich nicht gegen die Operation wehren. Alles geht seinen Lauf. Sie werden in einen Operationsraum gebracht, ihnen wird sogar der Grund der Operation gesagt, kurz bevor sie narkotisiert werden. Als sie wieder erwachen, ist alles anders. Der Operationsraum ist fort, das gesamte Kinderheim sogar. Stattdessen finden sie sich in einem großen, uralten Haus wieder. Mehr noch: Einer von ihnen, der eine Beinprothese trug, muss nun voller Erstaunen feststellen, dass er ein neues, vollkommen normales Bein hat. Und das ist erst der Anfang eines grauenhaften Alptraums.

Alptraum: Stets realistisch anmutend. Manchmal merkwürdig, mitunter sogar höchst gefährlich. Auf dieser Grundlage erzählen Mathieu Gallie (Autor) und Jean-Baptiste Andreae (Zeichner) ihre Geschichte um fünf Jungen, die aus einer recht seltsamen Situation in ein lebensgefährliches Abenteuer schlittern. Krabben gehören gemeinhin nicht zu den Lebewesen, die sich in einem menschlichen Körper einnisten. Luftballons mögen tröstlich sein, tragen aber keineswegs dazu bei, ein Leben zu erhalten oder ein rettender Anker zu sein. Mit diesen und anderen Umständen muss sich der Leser erst einmal anfreunden, so surreal es auf den ersten Blick auch wirken mag.

Wer den Einstieg schafft, erhält eine Gruselgeschichte der besonderen Art. Ein wenig erinnert die Grundidee an Eine seltsame Reise von John Bolton und Ann Nocenti. Kinder werden in eine phantastische Umgebung verschlagen und müssen sehen, wie sie wieder entkommen können. War es dort in höchstem Maße surreal, orientiert sich Gallie mit seinem Ansatz an weitaus bekannteren Horrorszenarien und entsprechenden Figuren. So dürfen Freunde von Vampiren sich auf spektakuläre und interessante Auftritte freuen (und mehr). Jean-Baptiste Andreae, der bereits mit der Geschichte um Die mechanische Welt bewies, dass er mit seiner von ihm angewendeten Aquarelltechnik ein Meister seines Faches ist, untermauert sein Können hier einmal mehr.

Die Geschichte lebt sehr stark von Atmosphäre. Dies ist wichtig, da der Hintergrund der Handlung erst einmal schwer zugänglich scheint, da sie nicht so weichgespült und mainstream-artig daher kommt, wie andere Abenteuer, in denen Kinder die Hauptrolle spielen. Alles ist sehr düster, häufig auch Ton in Ton gemalt. Nur ein einziges Mal existiert eine bunte Welt, in der Beschreibung des Kinderheims, wie es vermutlich sein könnte und vermutlich auch nur in der Vorstellung der Kinder ist. Andreae arbeitet mit Beleuchtungseffekten. Wenn in einer Welt, in der Dunkelheit bestimmend ist, das Licht die Bedrohung ankündigt, lässt dies für den Gruselfan einiges erahnen. Insbesondere, da in Sachen Vampir-Design ohne Zweifel Murnaus Nosferatu Pate stand.

Eine ungewöhnliche Gruselgeschichte und deshalb unvorsehbar: Mathieu Gallie spielt mit den Erwartungen des Lesers. Durch die von Baptiste Andreae gemalten Bilder wird diese Welt in phantastischen Grafiken zugänglich. 🙂

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Dienstag, 12. Oktober 2010

Sillage 11 – Die schwebende Welt

Filed under: SciFi — Michael um 19:43

Sillage 11 - Die schwebende WeltEigentlich hatte Nävis nicht mehr mit einem Auftrag gerechnet. Die Regierenden von Sillage, ihre einstigen Chefs, haben sie abgeschrieben. Ein Urteil untersagt ihr jede berufliche Tätigkeit, die mit ihrer Ausbildung für Spezialoperationen in Einklang zu bringen ist. Nävis, vormals noch eine Spitzenagentin, ist am Ende. Da sie so am Boden ist, ist sie auch allzu schnell bereit, einen Auftrag anzunehmen, der sie nicht weit weg von Sillage, dem riesigen Weltraumkonvoi, führt, sondern auch geradewegs auf eine Mission zur Rettung ihres besten Freundes Weweh. Gleichwohl reist sie nicht als Agentin, sondern unter dem Deckmantel einer Reporterin. Aber es geht um noch viel mehr.

Auf dem Planeten Ribehn herrscht eine globale Gesellschaftsform, einer ehemals irdischen nicht unähnlich, doch eigentlich gänzlich ungeeignet, um fremde Einflüsse zuzulassen. Mehr noch, die Feudalherrschaft ist jung, Revolten gären, da das normale Volk die Barbaren von außerhalb ablehnt. Allerdings ist ein Kontakt mit diesen Barbaren notwendig, da Ribehn mit Sillage Kontakt aufgenommen hat. Nävis, die sich nicht verraten darf, muss sich den örtlichen Gepflogenheiten unterordnen und das schmeckt ihr ganz und gar nicht.

Längst hat sich die Reihe um Sillage ihre ganz eigene Nische im Comic-Universum erobert und darf mit Fug und Recht von sich behaupten bereits ein moderner Klassiker zu sein. Zusätzlich zur Hauptreihe Sillage gibt es noch die Chroniken von Sillage und Nävis, mit Jugendabenteuern der hier erwachsenen Heldin. Vielfalt ist in vielen Science Fiction Serien Trumpf und Sillage macht hier keine Ausnahme. Die 11. Episode, Die schwebende Welt, entführt den Leser in eine Welt, die der japanischen Epoche der Kriegerfürsten, der Schogune, sehr ähnlich ist. Die Außerirdischen, die dort leben, sind in vieler Hinsicht menschlich, sieht man einmal von ihren flachen Nasen mit vier Nasenlöchern und zwei Fühlern auf der Stirn ab.

Jean David Morvan, der Autor, orientiert sich in vielen Beispielen an der japanischen Kultur, macht auch vor der Fremdenfeindlichkeit nicht Halt, wie sie vergleichsweise auch James Clavell mit seinem verfilmten Roman Shogun zeigte. Die Abschottung vor den Fremden, die Zurückweisung fremder Einflüsse, ist hier nicht nur ein wichtiges Thema, sie ist überhaupt erst der Auslöser für den Einsatz von Nävis. Wer diverse Geschichten, möglicherweise sogar echte Historie aus dem Bereich gelesen hat, wird im Verhalten dieses Volkes keine Überraschung finden.

Überraschend jedoch wird diese Welt für Nävis, die zur Tarnung in die untergeordnete Rolle der Frau in dieser Gesellschaft gezwungen wird. Überraschend wird auch die Erkenntnis, die ihr die anderen Frauen zuteil werden lassen. Das bietet amüsante Momente, während in der gewalttätigen Domäne der dortigen Männerwelt Kämpfe und Spannung die Handlung vorantreiben.

Philippe Buchet pflegt einen wunderbar klaren und akkuraten Zeichenstil. Die Linien sind in einem einzigen Duktus ausgeführt. Schwankungen gibt es nicht. Volumen erreicht Buchet durch eine sehr einfache, aber effektvolle Kolorierung mit butterweichen Schattierungen. Die Bilder beeindrucken durch ihre Zartheit, ihre nadelfein zu nennende Gestaltung. Buchet beherrscht die Breitwandoptik ebenso wie die rasante Bewegung. Ein Beispiel hierfür ist die toll ausgeführte erste Begegnung des Meisters mit Nävis. Dieser Kampf, den der Meister nur mit den Beinen und Füßen bestreitet ist ein echtes Kabinettstückchen.

Eine gelungene Episode der Reihe: Jean David Morvan gelingt es, ein Abenteuer mit Nävis schreiben, das, obwohl es die elfte Episode ist, keinerlei Vorkenntnisse benötigt und eine gute Mischung zwischen Science Fiction und Historienabenteuer darstellt. Philippe Buchets Bilder haben längst Vorbildcharakter erlangt. Die sehr sauberen und schönen Zeichnungen sind eine Augenweide. 🙂

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