Huck Finn möchte seinen Bruder finden. Mehr ist ihm von seiner Familie nicht geblieben. Er und sein schwarzer Freund Charley Williams können sowieso nicht lange an einem Ort bleiben, denn Charley wird wegen Mordes an Huck gesucht. Doch das soll Charley nicht wissen. Um unterzutauchen, um sein altes Leben endgültig hinter sich zu lassen, hatte Huck eine einmalige Gelegenheit genutzt und seinen eigenen Tod inszeniert. Eine Leiche konnte nicht von der Polizei gefunden werden, aber die zahlreichen von der Polizei gefundenen Indizien sprechen für einen Mord. Da passt es sehr gut ins Konzept, dass ausgerechnet Hucks Verschwinden mit dem Verschwinden eines Schwarzen zusammenfällt, der ohnehin unbeliebt gewesen ist.
Huck und Charley leben das Leben der Hobos immer intensiver. Die Tramps, die auf der Eisenbahn reiten, teils aus der Notwendigkeit, einen Job finden zu wollen, teils als Flucht, teils, weil sie so sind und nichts anderes kennen wollen, werden zu Hucks und Charleys Begleitern. Die Reisen bergen Gefahren. Die Bremser, Bahnmitarbeiter, wollen sie verjagen, wenn nötig auch einfach vom Zug werfen. Andere Hobos können gefährlich sein. Aber in dieser Zeit, in der Jobs Mangelware sind und manche Menschen aberhunderte von Kilometern zurücklegen, nur um einem Gerücht über eine Anstellung hinterherzujagen, entsteht auch Enthusiasmus, eine Strömung, die Besseres verspricht.
Eines Tages glaubt Huck, eine Spur gefunden zu haben. Ein geheimnisvoller Snake könnte ein neuer Anführer sein, einer, der die Hobos zusammenführt, eine Einheit unter den Arbeitern herstellt. Und dieser Snake könnte sogar Hucks verschollener Bruder sein.
Zwei Katzen auf dem heißen Blechdach. Sie sind Katzen, Streuner. PhilippeThirault und sein Co-Autor Steve Cuzor, der hier auch als Zeichner arbeitet, schicken ihre Helden gleich zu Beginn, geradezu titelgebend auf eine alte herrschaftliche Plantage, die in ihrer Optik an das Anwesen aus dem berühmten Drama nach der Vorlage von Tennesse Williams erinnert. Allerdings gab es dort nur eine Katze namens Elisabeth Taylor. Thirault und Cuzor gönnen den beiden Freunden lediglich einen kurzen Ausflug. Der Schwerpunkt neben der Suche nach Hucks Bruder liegt auf den Wahnvorstellungen von Charley.
Seit dieser eine Gitarre eines Fremden übernahm, dieser ihn in Drogenrausch versetzte, erkennt Charley häufig und meist vollkommen unerwartet jene dämonische Gestalt namens Lucius wieder. Zu Hucks Leidwesen wird Charley dadurch unberechenbar. Thirault und Cuzor haben sich einiges einfallen lassen, um selbst den Leser im Unklaren zu lassen, ob Charleys Visionen und Fähigkeiten nun echt sind oder nicht.
Die beiden Erzähler berichten von einem harten Los. Steve Cuzor setzt dies in mitleidlosen Bildern um. Es gibt keine Unterschichtromantik, dafür aber Andeutungen. Der Schrecken darf im Kopf entstehen. Cuzor zeigt den Weg zum Drama. Größere Katastrophen werden mitunter gezeigt. Wenn ein Lokführer seine Maschine nicht wegen eines auf den Schienen liegenden Autowracks nicht drosselt, da er es den Hobos zeigen will und der gesamte Zug in einer regelrechten Weltuntergangsstimmung entgleist, ist die Szene sinnbildlich für die gesamte Handlung. Hier bremst niemand (na, kaum jemand) für den anderen.
Optisch darf sich der Leser auf eine glatte 1 freuen. Steve Cuzor zeichnet Bilder, die an einen Entwicklungsweg des jungen Jean Giraud (Blueberry) hin zum alten Moebius erinnern. Vergleichsweise kann auch ein Colin Wilson (ebenfalls Blueberry) genannt werden. Cuzor hat einen sicheren Strich, pinselartig aufgetragen, immer nur so dick wie nötig. Die Farben, per Computer aufgetragen von ihm und Meephe Versaevel, beschränken sich auf Grundstimmungen. Allzu viele Feinheiten finden sich hier nicht, so dass es eine Konzentration auf die feinen Zeichnungen von Cuzor gibt. Der Gesamteindruck ist optimal.
Tolle Fortsetzung: Das Leben auf der Wanderschaft wird eindrucksvoll von Philippe Thirault und Steve Cuzor forterzählt. Beide Figuren wachsen einem ans Herz. Eine stimmige und technisch feine Grafik machen dieses Abenteuer zu einem Erlebnis. 🙂
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