Im Herbst des Jahres 1865 in Baxter Spring geht alles seinen gewohnten Gang. Deshalb fällt ein junger Mann, der ein Pferd in einer Scheune zurücklässt auch sofort auf. Drustan ist dies vollkommen gleich. Für ihn zählt nur noch, mit diesem Abschnitt seines Lebens abzuschließen. Das gilt auch für Kathleen, die in ihrer Kammer auf das Unvermeidliche wartet. Den Besuch, der sie als Frau in die Gemeinschaft einführen wird. Unter feiern die Männer diesen besonderen Tag. Kathleen wartet in einer Mischung aus Angst und Enttäuschung. Obwohl so aufgewachsen, lässt auch sie dieses Leben bald hinter sich.
In der dritten Folge der vorliegenden Comic-Reihe übernimmt ein neuer Szenarist den Handlungsfaden: Philippe Bonifay. Mit ihm wird sogleich eine weitere Figur in den Reigen der Hauptcharaktere eingeführt: Kathleen. Die junge Frau steht als Hoffnungsträger für den nun flüchtigen Drustan, der versucht, sich fernab des Planwagens des Thespis eine eigene, vollkommen neue Zukunft aufzubauen.
Zu Beginn macht die junge Frau auf Drustan einen recht unbeschwerten Eindruck, ein Umstand, der für den Leser schwer zu bewerten ist, bis sich schließlich doch Narben auf der Seele von Kathleen wieder öffnen und ihr Leid offenbaren. Drustan, der um Normalität in seinem Leben kämpft, oder wenigstens in diese zu fliehen versucht, wird von Philippe Bonifay nur wenig Zeit gegönnt, um einen Vorgeschmack eines Lebens in einer Kleinstadt im Westen zu bekommen.
Denn aus dem einstigen, wenn auch wahnsinnigen Helfer Hermes, ist ein nicht minder wahnsinniger Rachedämon geworden. Bereits in den ersten beiden Episoden war erkennbar, dass Hermes jenseits einer wirklichen Welt lebt und stets eine Flucht auf die Bühne antreten will. Sein Theaterplan, der mehr ein Theaterwahn ist, entbehrt jeder vernünftigen Argumentation. Er kommt mit diesem Wahnsinn nur solange durch, wie auch der Wahnsinn des Krieges das Land regiert. Doch danach steigt die Sehnsucht nach Frieden wieder. Und Normalität. Ein Wunsch, der Drustan fliehen lässt. Den jungen Mann, den Hermes als Schützling, als Sohnersatz auserkoren hatte.
Gefährlich: Der Leser weiß mehr, als die Charaktere nur ahnen können. So sieht der Leser die Gefahr kommen, muss miterleben, wie sich der Kreis immer enger zieht, bis es zum Aufprall kommt. Ganz nebenbei lässt Bonifay eine Liebe sich entwickeln und weitere Bedrohungen wachsen.
Christian Rossi, der sich nun ganz auf das Zeichnen konzentriert, macht wieder einen Schritt hin zu seinen ganz eigenen Zeichenstil. Kein Vergleich mehr zum ersten Band und selbst gegen den direkten Vorgänger wirken die Bilder noch einmal reduziert. Weniger Striche, mehr Ausdruck. Das ist das Geheimrezept, das später auch in den Ausgaben der Reihe W.E.S.T. zum Markenzeichen werden wird. Das Titelbild steht für den grafischen Stil des gesamten Bandes. Mit erstaunlich wenig, dafür sehr sicher gesetzten Strichen entstehen Figuren und Räume. Der Gesamteindruck einer Seite wird so viel größer, weiter und auch ruhiger.
Diese Ruhe, die sich selbst in Aktionsszenen niederschlägt, wird auch durch die stille Farbgebung begünstigt. Eine Mixtur aus blassen und leuchtenden Farben kontrastiert miteinander, hilft den Blick auf das Wesentliche lenken. Neben einem guten Blick auf das Geschehen kann der Leser auch den Gastauftritt einer bekannten Persönlichkeit des Wilden Westen in kurzer Aktion sehen.
Wie der Beginn eines neuen Aktes: Die Tragödie weitet sich immer mehr aus. Während Joe Adam etwas in den Hintergrund tritt, gewinnt die Figur des Hermes ein starkes Volumen, wird wuchtig, theatralisch überbordend. Der dritte Teil der Reihe präsentiert sich eher als Thriller denn als Western. Klasse. 🙂
Der Planwagen des Thespis 3, Kathleen: Bei Amazon bestellen