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Comic Blog


Samstag, 28. November 2009

Alim der Gerber 3 – Der weiße Prophet

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:59

Alim der Gerber 3 - Der weiße ProphetAlim erinnert sich: Der Tag der Geburt seiner Tochter sollte ein schöner Tag werden, ein heiterer Tag. Leider wurde er auch zum Todestag seiner Frau. Umso höher schätzte er das Kind, umso mehr vergötterte er das aufgeweckte Mädchen namens Bul. Brachte sie ihm mit ihrem Wissensdurst auch Schwierigkeiten, liebte er sie über alle Maßen. Die relativ unbeschwerten Tage sind Vergangenheit. Eine halsbrecherische Flucht trennte die beiden. Als Alim erwacht, halb verdurstet, von der Sonne versengt, ist er zwar nicht allein, aber Bul ist fort. Und niemand kann ihm sagen, wo sie geblieben ist. Die Zeit vergeht. Alim gerät in die Fänge eines zwielichtigen Hexers.

Erst nach einer Weile wendet sich das Blatt für Alim. In der Zwischenzeit hat er viel erdulden müssen. Ein Karawanenführer nimmt sich seiner an und erläutert ihm jüngsten politischen Veränderungen in seinem Land. Für Alim bricht eine weitere Welt zusammen: Die Truppen seines Landes haben auch diesen Flecken der Welt erreicht und ihn dem Gott Jesameth untertan gemacht.

Wilfrid Lupano zeigt dem Leser ein vollkommen neues Reich, mit neuen Menschen, Tieren, einer neuen Kultur und Architektur. Die dritte Runde beginnt in schierer Verzweiflung seiner namensgebenden Hauptfigur, um sich in eine Richtung zu begeben, die unvorhersehbar war. Lupano nutzt die Möglichkeiten einer Reihe, sich immer neu orientieren zu können. Seinem Helden Alim stellt er einen unversöhnlichen Feind gegenüber, einen Feind, der noch nicht einmal genau von Alim weiß. Torq Djihid, der skrupellose Heerführer der Krieger von Bramhalem, ist alt geworden, hat aber in seinem Willen, unbedingt siegen zu wollen, nicht nachgelassen.

Die Zeiten haben sich wahrhaftig geändert. Durch die Führung von Khelob und seiner Schwester Siara hat sich das Reich weit über jene Grenzen ausgedehnt, die einmal vollkommen tabu gewesen sind: Über das Meer hinaus. Eine Brücke verbindet nun zwei Kontinente miteinander. Der Expansion des Reiches Bramhalem, der Verbreitung des Glaubens von Jesameth steht die Welt offen.

Das ist auf den ersten Blick leicht. Von Virginie Augistin in Szene gesetzt, sieht der Leser zu Beginn, wie die Hauptstadt des Reiches von Birrmo jene symbolträchtigen Figuren verliert, die bisher über allem thronten: Schlangen. Dieses Bild, das den Genre-Freund sofort an die Welt von Conan erinnern mag, zeigt die enorme Größe und den Umfang dieser von Lupano erfundenen Welt, die nach und nach (auch durch neue Hinweise) immer größer zu werden scheint.

Fast schon nebenbei werden einige neue Figuren eingeführt, einige mehr am Rande, andere als neue Freunde der Hauptfigur. Mit der Gestaltung des Hexers UmGuz ist nicht nur eine rein äußerlich skurrile Figur gelungen, auch charakterlich weiß sie wie ein Scharlatan aufzutreten, die im Verlauf der Handlung sympathischer wird. (Bis zur absoluten Liebenswürdigkeit ist es aber noch ein weiter Weg.) Figürlich wird die Zerbrechlichkeit in der Gestaltung bei UmGuz besonders deutlich. Virginie Augustin zeichnet allgemein sehr fein. Sie kennt sich mit der Darstellung von Figürlichkeit sehr gut aus. Da sie die Zeichnungen wie auch die Kolorierung übernimmt, findet hier eine wunderbare Hand-Hand-Gestaltung statt.

Tuschestriche finden sich hier nur so viel, wie benötigt werden. Eine zarte Kolorierung erledigt den Rest. So erhalten die zerbrechlichen Formen eine beinahe überraschendes Volumen. Augustins Farbenspiel wird durch eine Reihe von Szenen während unterschiedlicher Tageszeiten noch deutlicher. Das gezeigte Land ist südlich, schon afrikanisch zu nennen. Am Tage strahlt es, in der Nacht sorgt entsprechend gesetztes Licht für magisches Leuchten.

Nach und nach verliert man sich als Leser in diesem Szenario und vergisst die Zeit. Die einzelnen Charaktere sind sehr individuell gestaltet, die Welt ist aufregend, weckt die Abenteuerlust und renoviert gleichzeitig das Fantasy-Abenteuergenre auf liebenswürdige Weise. 🙂

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Allein 4 – Die roten Hügel

Filed under: Cartoon — Michael um 10:46

Allein 4 - Die roten HügelParis. Ohne die vielen Menschen, die hier tagtäglich ihrem Leben und ihrer Arbeit nachgingen, ist vom viel beschworenen Zauber dieser Metropole nichts mehr zu spüren. Für die Kinder, die hierher zurückgekehrt sind, ist es ein Ort der Erinnerungen und der Trauer. Von einem Neuanfang kann noch keine Rede sein. Ihre Gemeinschaft ist klein, aber nicht alle sind so vernünftig geworden wie der harte Kern, der ursprünglich aus Paris geflohen ist. Nach all den bestandenen Abenteuern hat sich eine Kinderschar zusammengefunden. Nicht jedes Kind ist emotional in der Lage, mit der Situation umzugehen: Hedwig schlägt, sobald man ihr den Rücken zukehrt, alles kurz und klein. Und die beiden helläugigen und hellblonden Geschwister hinterlassen einen derart lethargischen und gefühllosen Eindruck, dass sich mancher in ihrer Nähe gruselt.

Neben den Problemen innerhalb der Gruppe entsteht plötzlich eine neue Bedrohung. Eines Abends, als die Kinder sich versammelt haben, ein Lagerfeuer prasselt und die Finsternis erhellt, taumelt eine Gestalt aus der Dunkelheit auf sie zu: Der Herr der Messer. Sofort fühlen sich die Freunde um Dodji an den Kampf gegen diesen Maskierten erinnert. Aber der Herr der Messer will sie nicht angreifen. Schwer verletzt bittet er um Hilfe.

Zurück in Paris vertiefen Bruno Gazzotti und Fabien Vehlmann die Suche nach des Rätsels Lösung: Warum verschwanden alle Erwachsenen und ein großer Teil der Kinder gleich mit? Warum sind nur sie, die wenigen, die sich unter der Führung von Dodji zusammengefunden, übrig geblieben? Gazzotti und Vehlmann werden dieses Geheimnis zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht lüften. Aber sie werden die bestehenden Rätsel geschickt mit neuen Ideen verweben und die Bedrohung für die Kinder noch stärker verdichten.

Allein 4 trägt den geheimnisvollen Untertitel Die roten Hügel. Der Leser wird erfahren, wo diese roten Hügel zu finden sind, er wird erfahren, wer der Erbauer dieser roten Hügel ist, doch der Zweck dieser roten Hügel erschließt sich dem Leser (noch) nicht. Mit der Fassungslosigkeit der Hauptfiguren bleibt der Leser vor diesen Bauwerken zurück, die (so lässt es sich durchaus nennen) eine Art Rätsel der Natur sind.

Den normalen Problemen der Kinder neben Organisation und Nahrungsbeschaffung (sogar dem Gedankenspiel über neuerlichen Gang zur Schule) stellt Autor Fabien Vehlmann ein viel konkreteres Problem voran: Ein Säugling ist verschwunden. Inmitten einer nur scheinbar ausgestorbenen Stadt machen sich die Kinder an ihre Rettungsaktion. An dieser Stelle wird die Spannung greifbar und der rote Faden einmal hinten angestellt.

Geschichten wie Der Herr der Fliegen wurden als Vergleich zu Allein herangezogen. Hier erweist sich allerdings einmal mehr, dass Vehlmann eher mit den erzählerischen Elementen eines Jules Verne spielt. Seien es Zwei Jahre Ferien oder Die geheimnisvolle Insel, auf der sich eine kleine Gruppe von Flüchtlinge notgedrungen in Sicherheit bringt. Hier wie dort tauchen Bedrohungen auf (dort sind es Piraten, hier die Erbauer der roten Hügel). Und ein Akteur, dessen Identität noch nicht ans Licht gekommen ist, setzt einen wichtigen Akzent für die weitere Handlung.

Fabien Vehlmann gibt Zeichner Bruno Gazzotti alles Nötige an die Hand, um eine aktionsgeladene Handlung zu Papier zu bringen. Schon das Titelbild deutet es an: Ein Junge mit einem Säugling im Arm schwingt an einem Kranhaken hängend am Betrachter vorüber. Gazzotti erhält noch andere Aufgaben. Da gibt es ein wenig Last Action Hero, Verfolgungsjagden und Kämpfe in der Oper können eine Verbeugung vor der berühmten Fechtszene aus Scaramouche sein. Gazzotti täuscht den Leser zuerst mit seinen leicht cartoony aussehenden Figuren über die Echtheit des Szenarios. Denn in Wahrheit können hier Charaktere in Gefahr geraten, sogar tödliche Gefahr. Manche Szene ist schwindelerregend (in wahrsten Sinne des Wortes), einiges ist rasant, gar kaltblütig und auch traurig.

Eine hervorragende Episode, sehr stramm erzählt, durchgehend mitreißend geschildert und mit einem derart gemeinen Ende versehen, wie es bisher so noch nicht vorkam. Die Vorkenntnis der ersten drei Bände ist ein Muss, aber es lohnt sich sehr. 🙂

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Mittwoch, 25. November 2009

Thorinth 1 – Der Narr ohne Namen

Filed under: SciFi — Michael um 11:59

Thorinth 1 - Der Narr ohne NamenGleich zwei Wachen wollen den Eindringling auf seinem Fluggerät aufhalten. Fast könnte es ihnen gelingen, doch sie nehmen den Gegner zu sehr auf die leichte Schulter. Dieser lässt einen von ihnen gehen und eine Nachricht übermitteln. Nicht viel mehr will er, als seine Frau befreien, die in dem gewaltigen Turmkonstrukt Thorinth gefangen gehalten wird. Und, da er gerade schon einmal dabei ist: Sollte die Befreiung und die anschließende Flucht gelingen, wird der Fremde zurückkehren und jene bestrafen, die seine Frau überhaupt erst dorthin gebracht haben.

Nach der Lektüre des ersten Bandes von Thorinth weiß ich vor allem eines: Ich will einen Schuffel! Mit dieser Kreatur (sicher, es sind mehrere, aber ich meine hier den persönlichen Begleiter der Hauptfigur) ist Nicolas Fructus eine Figur gelungen, die einen neuen Hype auslösen könnte, würde sie wie Nemo und Konsorten tatsächlich existieren.

Es existiert eine leichte optische Verwandtschaft der Schnuffels zu einem viel größeren und seit langem ausgestorbenen Triceratops. Der Körper ähnelt dem eines Elefanten, die Beine sind im Verhältnis stummeliger, der Schwanz voluminöser. Ein Schnuffel ist haarlos, dafür hat er wie der Triceratops einen Nackenschild und Hörner, allerdings besitzt er nicht dessen papageienartigen Schnabel, sondern ein Schnütchen. Und seine Größe dürfte der eines Mopps-Hundes entsprechen, sogar mit dessen Moppeligkeit. Als wäre das noch nicht genug, hat der Schnuffel außerdem noch große Kulleraugen: Perfekt gemacht.

Mit der Welt, die Nicolas Fructus hier erschaffen hat, verhält es sich ähnlich. Allerdings ist sie ungleich komplizierter und sehr viel weniger zugänglich (sogar im wahrsten Sinne des Wortes). Und hier dürften sich die Geister scheiden. Wer die Eingangsbeschreibung im Album liest (und sieht, selbstverständlich), dürfte sich ein wenig wie in einem Adventure fühlen. Die Ausgangssituation wie auch sämtliche Merkmale dieser Welt wehren sich gegen einen Vergleich. Thorinth, das Labyrinth innerhalb eines riesigen Turmes, will etwas ganz Neues sein, ein phantastischer Käfig voller Narren. Vielleicht auch ein Kuckucksnest, in das jemand hineinfliegt. Hier sorgt nur keine verhasste Krankenschwester für Ordnung, vielmehr hat ein brutaler Golem für Missetäter seine ganz eigene Strafaktion parat.

Thorinth sollte ein Experiment sein. Es sollte zur wissenschaftlichen Erforschung des menschlichen Geistes dienen. Nun ist es hermetisch abgeschlossen. Ein Eindringen in diese Konstruktion, die schon von außen ein merkwürdiges, aber auch ehrfurchtgebietendes Bild abgibt, ist nur mit Gewalt möglich. Nicolas Fructus nimmt den Leser an der Seite eines Mannes mit, der seine Frau aus Thorinth befreien möchte. Grafisch lässt sich das Ergebnis mit Techniken vergleichen, die sich auch bei einem Simon Bisley (Judge Dredd), einem Richard Corben (Den) oder den Hildebrandt-Brüdern (Star Wars, HdR) finden lassen.

Ein milchiger, deckender Farbauftrag wird mit einem Sinn für Details zu feinen und hochwertigen Bildern. Fructus bildet eine Welt ab, die den Wahnsinn eines Incal teilt. Da Wahnsinn auch Methode braucht, ist die Ausstattung hier Trumpf. Der anfänglich beschriebene Schnuffel ist nur die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs. Gewänder, ausgefallene Architektur, die Gestaltung des Narrenwächters (Golems), die Reise durch die verschlungenen Gewölbe des Turmes haben etwas von einer Welt, in der Alice auch ihr Wunderland gefunden haben könnte. Jederzeit könnte eine Königin um die Ecke kommen und schreien: Runter mit dem Kopf!

Wer sich auf Thorinth einlässt, muss Geduld haben. Es ist keine schwere Kost, aber auch nicht leicht zugänglich. Die Hauptfigur ist zwar leidenschaftlich, doch auch kühl, beinahe zu cool. Es ist eine Geschichte, deren Einstieg sperrig erscheinen mag. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich noch nicht sagen, ob sich das Bild durch die Fortsetzungen klären wird. Hier mag ein Vergleich zum Incal oder auch zu Die Sternenwanderer wirken, denn diese beiden Comic-Epen benötigen ebenfalls ihre Zeit, um geschmacklich zu wirken und sich zu entfalten.

Ungewöhnlich, fast schon ein Experiment, auf ungewisse Weise anziehend und neugierig machend. Thorinth gibt sich als Rätsel aus, ist bewusst rätselhaft. Geduldige Entdecker, die eine langsame Annäherungsweise mögen, sollten einen Blick in dieses grafisch aufwendige Projekt werfen. 🙂

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Montag, 23. November 2009

Kirihito 1

Filed under: Thriller — Michael um 20:21

Kirihito 1Eine schreckliche Krankheit deformiert den Patienten. Am Ende, wenn der Körper mehr einem Hund als einem Menschen ähnelt, erlahmen sämtliche Widerstandskräfte. Der Patient stirbt. Kirihito Osanai ist ein ehrgeiziger Arzt, der sich mit dieser unheimlichen Krankheit befasst. Der Patient von Zimmer 66 ist ein Rätsel. Was die Krankheit ausgelöst hat, kann nicht bestimmt werden. Noch weniger ist über ihre Übertragbarkeit bekannt. Kurz: Die Ärzte tappen im Dunkeln. Eine Heilungsmöglichkeit ist nicht in Sicht. Auf Wunsch seines Vorgesetzten reist Kirihito in das Heimatdorf von Patient 66, um die Ursache für die Krankheit zu finden.

Die Reise verläuft jedoch alles andere als erwartet. Bei seiner Ankunft schlägt ihm pure Feindseligkeit entgegen. Tazu, eine junge Frau des Dorfes, bietet sich ihm als Frau an, weil nur so, durch eine Heirat in die Dorfgemeinschaft aufgenommen, gewährleistet ist, dass Kirihito kein Leid geschieht und er seine Forschungen fortsetzen kann. Leider bleibt das pures Wunschdenken. Denn binnen kurzer Zeit ist Kirihito selbst von der Krankheit befallen.

Der 1989 verstorbene Osamu Tezuka hat mit dieser Geschichte um den Arzt Kirihito Osanai eine Tragödie und Drama zugleich verfasst. Verschwörungen und Thrillerelemente, eine unterschwellige Weltuntergangsstimmung verstärken die düstere Atmosphäre der Geschichte, die sich nicht mit einem kleinen Dorf als Handlungsort zufrieden gibt, sondern immer größere (globale) Kreise zieht. Tezuka, der Mann, der einst mit einer Serie wie Kimba, der weiße Löwe die Kinder in Spannung versetzte, erstaunt hier mit einer Geschichte über Intrigen, Misstrauen, Missbrauch und Rassismus. Aus einer Recherche über eine Krankheit wird eine Jagd um den Erdball und das nicht nur für den Helden Kirihito.

Auch der Arzt Dr. Urabe, der später selber in die Wirrspiele um die Krankheit verwickelt wird, findet sich bald in einer Welt voller Mord und Totschlag wieder. Urabe, der selbst zum Täter wird, als er Kirihitos Verlobte vergewaltigt, landet in Südafrika zur Blütezeit des Apartheid-Regimes. Für die einen ist der Japaner ein Fastweißer, für die anderen ist er ein zu hell geratener Schwarzer. Hier, an einem völlig anderen Flecken der Welt, hat sich die Krankheit ebenfalls in einem kleinen Dorf gezeigt. Mehr noch: Eine weiße Ordensschwester wurde ebenfalls infiziert. Für Urabe, der die Kranke untersuchte, geht es fortan um Leben und Tod. Für die rassistischen Buren ist es undenkbar, dass eine schwarze Krankheit auch Weiße befällt.

Osamu Tezuko malt hier ein furchtbar dunkles Bild der Welt, in der Rassismus gerade einmal die Spitze des Eisbergs menschlicher Perversionen ist. Die Zeichnungen sind teilweise für kindliche Gemüter erstellt, so scheint es. Realistische Landschaften, Fahrzeuge und sonstige Umgebungsbilder rahmen Figuren ein, die allesamt sehr unterschiedlich sind. Die intelligenteren Akteure (wie die Ärzte) wirken allesamt wie Gauner, die Einwohner des Dorf erscheinen wie geistig umnachtet und die Schwarzen in der afrikanischen Szenerie erinnern an wenig schmeichelhafte Darstellungen aus frühen Zeichentrickfilmen oder auch an jene Abbildungen wie sie sich zuweilen in Tim und Struppi gefunden haben.

Tezuko arbeitet mit Klischees, allerdings zeigt er auch, dass es hinter dem Klischee noch viel schlimmer ausschaut. Seine Zeichnungen sind Täuschungen. Das Auge lässt sich auf ein harmloses Szenario ein, während das Drama dahinter immer bitterer wird. Das Schwarzweiß ist in gewisser Weise gnädig zum Betrachter, der sich seinen Teil ebenso in Farbe denkt, wie er auch Szenen ergänzt, die ein Tezuko taktisch klug abbricht, um sie nach vollbrachter Schreckenstat an anderer Stelle fortzuführen. Er bricht aus der Schiene aus, die er zu Beginn einschlägt. Durch die Verlagerung des Handlungsortes (eigentlich mehrerer Orte) entsteht Unvorhersehbarkeit.

Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr verlässt sie den ursprünglichen Faden und fächert sich immer weiter auf. Auch hier wird die Erwartung gesprengt, bis sich alles auf einer breiten Ebene abspielt, die den Ideen eines der aktuell hoch gelobten Thrillerautoren entsprungen sein könnte. 1970 erstmals erschienen nimmt das Abenteuer um Kirihito einiges vorweg, das sich auch noch nach Jahrzehnten immer noch als Stammelemente und Stilmittel in ähnlich gelagerten Geschichten findet. Tezuko kann mit dieser Erzählung durchaus als Vorreiter betitelt werden.

Eine wachsende Spannung packt den Leser immer fester von Kapitel zu Kapitel. Seltsamerweise sind es gerade die Nebenfiguren in dieser Geschichte, die das Mitleid verdienen. Die beiden Doktoren, die immer tiefer in den Strudel der Geschehnisse gezogen werden, werden eher beobachtet als begleitet. Überraschend, voller Wendungen, fesselnd. Sehr gut. 🙂

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Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:17

Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels1957. Der Zweite Weltkrieg ist lange vorüber. Frieden kennt die Welt trotzdem noch nicht. Und wieder einmal steckt ein Archäologe namens Indiana Jones bis zum Hals in lebensgefährlichen Schwierigkeiten. In der Zeit des kalten Krieges, der die Welt in Atem hält, sind es nun die Russen, die den Amerikanern, insbesondere Indiana Jones das eine oder andere Kleinod abjagen wollen. Oberst Doktor Irina Spalko hält sich nicht mit langen Reden oder falschen Überzeugungsversuchen auf. Sie weiß, dass der gealterte Archäologe etwas finden kann, das in einem Militärlager versteckt worden ist. Und tatsächlich …

… fangen damit die wahren Schwierigkeiten überhaupt erst so richtig an. Aus einem Kampf wird eine halsbrecherische Flucht. Aber damit nicht genug. Kaum denkt Indy, er wäre in Sicherheit, belehrt ihn ein Countdown eines Besseren. Eine Atomexplosion ist das Letzte, was er im Augenblick brauchen kann. Und so wählt er das günstigste Versteck, das sich finden lässt: Einen mit Blei ausgekleideten Kühlschrank.

Die Rückkehr des Indiana Jones im Kino war triumphal. Ein solches Projekt braucht natürlich auch einen begleitenden Comic. Comics über Indiana Jones sind nicht neu, in dieser Qualität finden sie sich jedoch nicht so oft. John Jackson Miller, der die Comic-Adaption nach einem Drehbuch von Davd Koepp schrieb, zieht den roten Faden aus dem Film, da ihm natürlich nicht so viel Zeit und Bilder zur Verfügung stehen, um hier alles zu erzählen. Luke Ross und Cliff Richards (kein Witz) arbeiten auf den ersten Blick streng nach Vorschrift. Ob Indy kämpft, sich zankt oder seiner alten Flamme verfällt: Die Linie sitzt.

Das wirkt manchmal etwas starr, orientiert sich aber sehr streng an den Originalschauspielern. Diese sind nicht immer perfekt getroffen (das ist auch in mancherlei Perspektive nicht zu erwarten angesichts eines eher reduzierten Strichs). Trotzdem sind sie meistens erkennbar. In einigen Szenen kann diese Erkennbarkeit kaum besser sein. Im Comic wie im Film wird aus dem Alter Indys kein Geheimnis gemacht und Nutzen daraus gezogen. Ein älteres Gesicht gibt mehr Anhaltspunkte. Junge Gesichter wie das eines Shia LaBeouf sind schwieriger. Hier muss mit Kopfform und auch Frisur gearbeitet werden. Aus den generellen Merkmalen des Gesichts ließe sich auch schließen, dass James Dean im Film mitgespielt hat.

Farblich beschränkt es sich meistens auf einen Grundton, einen Lichtton und eine Schattierung. Mehr ist nicht notwendig. Bei der Vegetation oder bei Gebäudeoberflächen wird versucht eine gewisse Tiefe zu erreichen, die aber fast übersehen werden kann. Durch die Handlung entsteht ein Lesefluss, der farblich nichts vermissen lässt. Die Verweildauer auf der einzelnen Seite ist einfach nicht groß genug. Hier merkt man dem Comic die Adaption an.

Indy ist Indy. Das ist fast schon Rezept und findet sich in allen Indy-Publikationen wie der ersten Trilogie, den frühen Romanen und Comics sowie natürlich auch den Computerspielen und Adventures rund um den Abenteuerarchäologen. Selbst in ruhigeren Momenten schwelt die Gefahr. Ruhig bedeutet nicht, dass nichts passiert, allenfalls werden mal keine Peitschen geschwungen oder Abgründe überquert. Ruhig bedeutet hier telepathischen Kontakt mit einer außerirdischen Macht oder auch die Erkenntnis, dass die ehemalige Geliebte nun Mutter ist und ihr Sohn möglicherweise …

Ein knackiges Abenteuer mit Indiana Jones. Für Fans sicherlich ein Muss, wer einen Eindruck des Films erhalten will, wird hier bestens bedient. Es ist handwerklich vollkommen in Ordnung, spannend und kurzweilig. Und natürlich fehlen auch die typischen Indy-Überraschungen nicht. 🙂

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Donnerstag, 19. November 2009

Cubitus 1 – Ein Fass voll Humor

Filed under: Cartoon — Michael um 17:10

Cubitus 1 - Ein Fass voll HumorEs soll ein Standbild eines stolzen Hundes werden. Die Haltung ist vornehm, der Blick in die Ferne gerichtet. Marcel, der Junge, hat nicht nur eine Künstlermütze auf dem Kopf, er hat auch sein Bestes gegeben. Als der Regen einsetzt, wird das Werk verändert. Seltsamerweise spiegelt es immer noch die Wirklichkeit wider. Es zeigt sich, dass Cubitus ein Hund für junge Menschen ist. Er benötigt ein Herrchen, das mit seinem Temperament (doch das hat er!) mithalten kann. Marcel beherrscht diese Übung, sein Onkel hingegen, der Herr Bojenberg, ist hin und wieder einfach überfordert.

Wie alles begann: Cubitus war einmal ein Hund, dessen Augen nicht zu sehen waren. Knubbelig war er von Anfang an. Gefräßig sowieso und faul natürlich auch. Aber auch tiefsinnig, manchmal sogar feingeistig. Obwohl er eine zuweilen große Klappe hat, ist er auch Opfer. Marcel, sein Herrchen (ein Junge, der später nicht mehr vorkommt) nimmt hier Bojes Rolle vorweg. Da kann es schon einmal passieren, dass Cubitus mit Hilfe eines Ballons in die Stratosphäre (also sehr hoch) geschickt werden soll.

Die Vergangenheit einer Figur ist häufig interessant. Die von Cubitus ist es nicht minder, denn keine Figur ist zu Beginn an so, wie sie sich später immer noch den Lesern präsentiert. Und die wenigsten haben ein solche lange Lebensdauer wie Cubitus, um Änderungen überhaupt zu erfahren. Ein Pony verdeckt die Augen des Knubbelhundes (oder einfach wild wachsendes Haar, denn ein Pony würde eine modische Note bei Cubitus andeuten, aber diese These kann nicht untermauert werden). Sieht der Leser einmal die Augen von Cubitus, kann er sicher sein, dass irgendetwas nicht stimmt.

Erstaunen, Ärger, Neugier (auch ein wenig Irrsinn): Ein Blick auf die Augen von Cubitus sagt mehr als tausend Worte. Luc Dupanloup, oder auch Dupa mit Künstlernamen, schenkt dem Leser mit dieser Figur einen Knubbelhund, wie ihn sich wohl viele Kinder wünschen. Liebevoll gefüttert hat er einiges an Pfunden zuviel, aber es geht ihm nicht schlecht dabei. Er steckt, so weit es ihn interessiert, überall seine Nase hinein. Er ist vorlaut, manchmal auch garstig. Er ist mitunter ein Pechvogel, er ist (um es mit dem Namen eines anderen Hundes zu nennen) auch ein wenig Wum, denn mit seinen Herrchen reden, kann er auch.

Zeitweilig wagt sich Dupa hier schon aus dem Korsett der familiären Umgebung heraus. Da wird aus Cubitus ein Superhund, eine kleine Anspielung vielleicht auf Krypto, den Begleiter von Superman. Leider wird der Superausflug von Cubitus keiner, obwohl der flauschige Komödiant (auch das ist Cubitus) mit den besten Absichten handelt. Oder man beachte auch Situationen, in denen Cubitus eigentlich gar nicht handelt. Indem er einfach neben einer Kuh sitzt. In diesen Momenten sind (bis auf das Ende) keine Worte nötig. Der Witz, bei dem es nicht auf die Pointe ankommt, sondern nur auf den Weg zum Ende der Episode, wirkt sprachübergreifend und wirkt dank der Zeichenkunst von Dupa jedes Mal.

Eine der besten Episoden dürfte der Besuch vom Mars sein. Hier verstehen weder Leser noch Cubitus ein Wort und trotzdem … Es ist ein Lacher. Es wird ein Lacher vorgespielt, es entwickelt sich zu einem Lacher. Auch hier wirkt es. Die Pointe zündet, sie wäre allerdings auch zu vernachlässigen. Das ist fast ein wenig britischer Humor, nicht schwarz, aber immerhin albern.

Blick zurück im Spaß: Der war schon immer so komisch, der Cubitus. Dupa hatte bereits von Anfang den richtigen Riecher, als er diesen Comic-Hund schuf. Der Humor gibt jegliche Varianten her: Albern, heiter, trocken, intelligent, ulkig … Da ist einfach für jeden etwas dabei. 🙂

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Das Erbe Disneys – Küss den Frosch

Filed under: Comics im Film — Michael um 16:11

Küss den FroschEndlich wieder ein richtiger Animationsfilm! Von Disney! Es ist gut, diese Nachricht zu hören. Als ich den Trailer zum ersten Mal im Kino sah, wollte ich es kaum glauben. Pünktlich zum Film melden sich auch einige Zeichner zu Wort, allen voran Andreas Deja. Richtig bekannt wurde Andreas Deja hier bei uns durch den Mega-Erfolg von Der König der Löwen. Deja entwarf den düsteren Scar, war aber bereits zuvor schon für Figuren wie Dschafar (Aladdin) oder König Triton (Arielle, die Meerjungfrau) verantwortlich. Doch schon Jahre vorher (1985) arbeitete er an (für einen Disney-Film außergewöhnlich gruseligem) Taran und der Zauberkessel mit.

In einem kurzen Film mit dem Titel Das Erbe Disneys kommen die Zeichner auf Youtube zu Wort. Nachdem sich einige Animatoren schon zum alten Eisen zählten, da die Computeranimation den ursprünglichen Trickfilm von der Kinoleinwand endgültig zu verdrängen drohte, können die gestandenen Künstler noch einmal allen zeigen, was den Zeichentrickfilm so groß gemacht hat. (Ich hoffe, dass es auch eine Rückkehr des klassischen Trickfilms einläutet.)

Link zum Youtube-Film Das Erbe Disneys: www.youtube.com/watch?v=CAxEm_W0GIk

Die ersten Eindrücke sind vielversprechend. Man darf gespannt sein. 🙂

Links:
Interview mit Andreas Deja zu Lilo und Stitch auf faz.net
Interview mit Andreas Deja auf medienhandbuch.de

Mittwoch, 18. November 2009

Belladonna 3 – Ludwig

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:01

Belladonna 3 - LudwigDie Nonnen sind in heller Aufregung. Eben noch haben sie eine alte Frau nicht daran hindern können, ihr Konvent zu betreten, nun stürmen Musketiere die klösterlichen Hallen. Das Ziel der königlichen Soldaten ist eine junge Frau, die sich soeben zum Aufbruch bereit gemacht hat. Als die ersten Männer sie erreichen, schaut sie in bekannte Gesichter. Obwohl die Musketiere den Auftrag haben, sie festzunehmen, kann sie sich nicht dazu durchringen, tödliche Gewalt anzuwenden. Wenig später bringt sie sich durch eine halsbrecherische Flucht in Sicherheit.

Marie, Codename Belladonna, wird von allen Seiten in die Enge getrieben. Die junge Frau, eine Meisterin des Kampfes allgemein, eine Künstlerin mit der Klinge im Besonderen, sieht nur einen Ausweg: Die Ermordung des Königs. Zwar lässt das Autorenduo AnGe (Anne und Gerard Guero) vor der Attentäterin alle nur erdenklichen Sicherheitsmaßnahmen durchführen, doch für eine Frau, die ihre Kampftechniken im fernen Indien gelernt hat, gibt es immer eine Lücke im System.

Getrieben: Viele Charaktere in dieser Geschichte handeln nicht aus eigenem Antrieb. Sie reagieren nur. AnGe hat eine Geschichte kreiert, in der ein Stein umgestoßen wird und so eine unaufhaltsame Kettenreaktion in Gang setzt. Belladonna ist bereit für ihr (erpresstes) Ziel alles zu geben. Und nicht nur sie. Maxims Mutter führt ihren eigenen kleinen Feldzug mit einer Energie, die vermutlich niemand der alten Frau zugetraut hätte. In einem Rückblick lassen AnGe eine Szene entstehen, die verblüffend bekannt vorkommt und doch anders endet, als es die Erinnerung hergibt.

Mylady (oder auch Anne de Breuil), die von den drei Musketieren dem Henker von Lille überantwortet wurde, stirbt unter der Richtschwert des Henkers. Hier ist dies allerdings nicht geschehen. Mylady kann sich dank ihrer Assassinen-Künste retten. Der tödliche Streich, den die Musketiere am anderen Ufer vernehmen, fällt den Henker selbst, nicht die Verurteilte. Anne de Breuil hat sich seit ihrem Auftritt im wohl bekanntesten Roman von Alexandre Dumas sehr gewandelt. Aus der selbstsüchtigen Frau ist eine sorgende Frau geworden, aber keine, die ihre tödlichen Fähigkeiten und ihre Skrupellosigkeit eingebüßt hätte.

Humor, das zeigt sich während der Vorbereitungen auf das Finale (und natürlich im Finale selbst) bleibt ziemlich auf der Strecke. Trotz des cartoonartigen Zeichenstils von Pierre Alary könnte dieses Abenteuer sofort auf die Kinoleinwand und für spannende Unterhaltung bei einem erwachsenen Publikum sorgen. Nur eine lustige Stelle erlauben sich AnGe: Marie will dem König von Frankreich den Tod (oder auch den Abschied vom Leben) etwas versüßen … Nun, sagen wir: Ein nackter König mit einer Taube in der Hand könnte in der nächsten Zeit bei Hofe für Gesprächsstoff sorgen.

Grafisch behält Alary den einmal eingeschlagenen Kurs bei. Damit ist er weiterhin innovativ, fast schon ein wenig rebellisch mit seiner Strichführung. Der Ausdruck ist stark, er fesselt das Auge, er schmeichelt nicht, wie es eine Virginie Augustine (Alim der Gerber) kann. Alary packt das Auge des Leser mit seinen kantigen Figuren. Er gibt ihnen äußerlich sehr viel Charakter mit, ohne selbigen gleich zu verraten, bevor die Figur überhaupt gehandelt hat. Alary stützt die Überraschungen der Geschichte durch seine Art, einer Figur Gesicht und Haltung zu geben. Das gilt für die weicheren (den König) wie auch für die härteren (den Anführer der Assassinen).

Jean-Paul Fernandez koloriert so weit das erforderlich ist. Seine Arbeit ist sorgsam, fein, schafft Volumen, aber sie stiehlt den Zeichnungen nicht die Show. Fernandez arbeitet hauptsächlich vordergründig sehr stark. Hintergründe erfahren keine so große Tiefe. Das liegt aber auch an der Vorgabe von Alary, der sich eher mit einem Fernsehformat als mit Cinemascope begnügt.

Ein rasant erzählter Trilogie-Abschluss, der durch sein Ende enorme Möglichkeiten einer Fortsetzung in Aussicht stellt. AnGe und Pierre Alary haben sich als sehr gute Arbeitsmannschaft bewährt. Angesichts dieser tollen Zusammenarbeit kann der Fan dieser Reihe nur auf weitere Projekte hoffen. 🙂

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Montag, 16. November 2009

Storm 9 – Der schleichende Tod

Filed under: SciFi — Michael um 19:35

Storm 9 - Der schleichende TodStorm hat nur eine kurze Begegnung mit dieser ihm unbekannten Zivilisation. Allerdings verläuft das Zusammentreffen alles andere friedlich. Der Rest von Storms Aufenthalt verläuft immerhin gewaltlos, aber wenig herzlich. Rothaar ist vergiftet worden. Wieder einmal muss sich Storm einer Erpressung beugen, um an das Gegengift zu kommen, das seine Gefährtin heilen kann. Die Aufgabe, nämlich die Befreiung eines Herrschersohnes aus der Hand eines feindlichen Volkes, ist schwierig. Die Chancen für eine Rückkehr stehen schlecht. Storm bittet jüngsten Sohn des Herrschers, auf Rothaar aufzupassen. Und macht damit den Bock zum Gärtner.

Der schleichende Tod ist mehrdeutig. Sicherlich beschreibt er die von den Raketen ausgehende Strahlung äußerst treffend. Aber auch die riesige Spinne, fast schon eine Hommage an Kankra aus dem Herrn der Ringe (vor der Verfilmung selbstverständlich), ist ein schleichender, lautloser Tod. Don Lawrence, hier als Texter und Zeichner in Personalunion, inszeniert eine packende Szene mit einem solchen Untier. Rückblickend heißt es, Don Lawrence sei mit seinem Ausflug in die Texterriege für Storm nicht ganz glücklich gewesen. Allerdings ist ein Lawrence, der sich selbst nicht so gut einschätzt, immer noch weitaus besser als andere aus dem Comic-Geschäft.

Mit dieser Ausgabe, die Fans der Reihe auch unter dem früheren deutschen Titel Die falschen Götter kennen, wird das Ende von Storms Aufenthalt auf der Erde eingeleitet. Nach all den Kämpfen, den Reisen, den Odysseen, die Storm zusammen mit seiner Freundin Rothaar durchgestanden hat, ist ein wenig Stillstand eingetreten. Der Befreiungskampf gegen die außerirdischen Invasoren, der ein gutes und spannendes Thema gewesen war, ragte über die kürzeren Abenteuer hinaus, die sich sehr stark mit Vergangenem beschäftigten, das sich auf die eine oder andere Art einen Einfluss auf die Zukunft bewahrt hat.

Hier sind es gigantische Raketenprojektile, die von einem einfachen Volk als Götter verehrt werden. Das erinnert an eine ähnliche Konstellation aus Die Rückkehr zum Planet der Affen, der rund 10 Jahre vor der Erstveröffentlichung des Albums erschien. Es mag Lawrence verziehen sein, dass er sich möglicherweise hat inspirieren lassen. Selbst Comic-Größen wie ein Jean-Michel Charlier waren davor nicht gefeit. Weitere Inspiration erfolgt durch die südamerikanische Kultur alter Völker. Welche Lawrence sich genau zum Vorbild nahm, lässt sich durch pures Lesen nicht bestimmen. Lawrence spielt mit den knallbunten Farben. Kleidung, Dschungel, verfallene Tempelbauten, das Fremde der Raketen, die wie ein vollkommener Gegensatz zu all der Folklore mit ihrer kalten Technik das Bild durchbrechen.

An diesem grundsätzlichen Punkt der Geschichte findet sich die gute alte Weltuntergangsstimmung der 60er und 70er Jahre wieder. Passend zu diesem postapokalyptischen Szenario gibt es die Bösewichte, deren Gesichtsschnitt Lawrence sehr gerne und mit großer Bravour gemalt hat. Es ist ein indianisches Äußeres, mit breiten Wangen, leicht geschlitzten Augenpartien, breiter Nase und einem volllippigen Mund. Passend dazu legen sich zumeist schwarze, glatt hängende Haare um das Gesicht. Lawrence konnte hervorragend gemeine Gesichter malen. Hier ragen als Beispiel Yucan und sein Sohn Kai hervor. Vor der aktionsgeladenen Handlung entspinnt sich ein zusätzliches Drama, wie es bekanntere Autoren schon verwendeten: Vater gegen Sohn im Kampf um die Macht.

Als Schmankerl fielen Lawrence einige Szenen ein, die sofort ein Kinogefühl entstehen lassen. Storm, der an einem selbstgebastelten Drachenflieger hängend von einem riesigen Kondor attackiert wird. Storm, der gegen einen vierarmigen Gegner im Schwertkampf antreten muss. Nicht zu vergessen: Storm, der sich gegen eine wild gewordene Rothaar wehren muss. Die künstlerischen Fähigkeiten von Don Lawrence sind an diesem Punkt seiner Karriere schon sehr weit fortgeschritten. Die Entwürfe der Tiere, der Technik, der Einsatz von Farben und auch der eigentliche Zeichenstil selbst heben ihn von anderen Künstlern ab und machen ihn erkennbar.

Die fein gestrichelten Linien, aus denen sich Flächen, Schattierungen und Verläufe ergeben, sind, so scheint es manchmal, fast unter der Lupe entstanden. Urwälder, Wasserflächen und Wasserläufe wirken stets organisch. Das geschmolzene Gestein ist nur ein Vorgeschmack auf das spätere Abenteuer, in dem sich Lawrence vollends auf einen Lavasee begibt.

Der Abschluss einer Welt, man könnte sagen der Epilog. Don Lawrence schreibt und malt die letzte Episode Storms auf der Erde, bevor es in Richtung Pandarve auf die Reise geht. Die Zutaten Spannung und Überraschung sind gegeben, das künstlerische Talent von Lawrence macht den vorliegenden Band zu einem Augenschmaus. 🙂

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Freitag, 13. November 2009

The Surrogates

Filed under: SciFi — Michael um 18:53

The SurrogatesEin wenig Spaß unter Erwachsenen, irgendwo in einer kleinen Gasse, draußen. Man könnte erwischt werden, doch das gehört zum Spaß. Ansonsten, was soll passieren? Die beiden, Mann und Frau, sind Surrogaten. Diejenigen, die sie lenken, sind weit weg in ihren Wohnungen. Sie erleben die Eindrücke der Umgebung, sie fühlen, was der Surrogat fühlt, doch krank oder verletzt werden, können sie nicht … Das Schäferstündchen geht in die nächste Runde, als ein unheimlicher Fremder auftaucht und der ganzen Sache eine Ende bereitet. Kurz darauf liegen die beiden synthetischen Wesen im Dreck der Straße. Als die Polizei anrückt, ist der Angreifer bereits über alle Berge.

Was wäre wenn … Viele Geschichten gehen auf eine Frage zurück, die genauso beginnt. Hier stellt sich Autor Robert Venditti die Frage: Was wäre wenn, die Menschen einen alterslosen und unangreifbaren Ersatzkörper hätten?

Die Menschen, die einen solchen Surrogaten besitzen, müssen nicht mehr aus dem Haus. Sie müssen nicht mehr trainieren, um fit zu bleiben. Sie werden zwar alt, aber keiner sieht es. Sie bleiben bis zum Ende ihres Lebens leistungsfähig und nach außen nicht älter als 30 (wenn überhaupt). Schöne neue Welt, sollte man meinen. Venditti beschreibt zu Beginn eine Gesellschaft, die sich auf das Prinzip der Surrogaten eingestellt hat. Das Leben durch einen Ersatzkörper ist zur Normalität geworden. Und an dieser Stelle, dramaturgisch passend, wird diese Normalität wieder durchbrochen.

Scheinbar hat es sich jemand zur Aufgabe gemacht, die echte Normalität wieder herzustellen. Dazu geht er über tote Surrogaten. Das Wesen (von einem Mörder zu sprechen, fällt schwer) jagt die Synthetischen. Seine Kräfte sind außergewöhnlich. Es überwindet Häuserschluchten und greift mit Stromschlägen an. In diesem Augenblick geht Venditti noch einen Schritt weiter und lässt einen Polizisten schwach werden, indem er ihm den eigenen Surrogaten nimmt. Und plötzlich ist da ein alter Mann mit mehr als nur einem Bauchansatz, der es mit einem trickreichen Verbrecher aufnehmen muss, der immer einen Schritt voraus zu sein scheint.

Der Leser erhält hier mehr als einen Comic. Hier ist die Bezeichnung Comic-Roman treffend, denn eine ganze Reihe von Zusatzinformationen runden die Geschichte ab, geben ihr mehr Fülle, Atmosphäre, mehr Fleisch. Werbekampagnen (wie sie auch aus der Verfilmung zum Comic schon bekannt sind), zusätzliche Artikel aus unterschiedlichsten Quellen lassen die Welt von Central Georgia Metropolis noch lebendiger werden. Venditti beschreibt eine kalte Welt, deren Kälte sich bis in die engsten zwischenmenschlichen Beziehungen hineinfrostet. Die Hauptfigur, der Polizist Harvey Greer hat seine eigene Frau seit langem nicht mehr gesehen. In Form ihres Surrogaten weigert sie sich beharrlich, sich auszuklinken.

Brett Weldele pflegt einen künstlerischen Ausdruck, mit dem sich der Leser, der etwas mehr gewöhnt ist, vielleicht erst einmal anfreunden muss. Stilistisch erinnert es an die Ausdrucksform eines Ben Templesmith (30 days of night) erinnert. Weldele hält sich mit seiner Illustration noch mehr zurück. Er beschränkt sich auf wenige Striche, fette, leichte, oftmals schnell hinskizziert wirkend, auch unfertig und entwirft so eine unwirkliche Welt, unmenschlich sowieso. Es finden sich nicht viele Details. Hintergründe sind ebenso flink angelegt. Könnte man glauben.

Ich mag Artwork mit Schmutz und Struktur. Ich glaube, dass es viel Charakter hat. Etwas, das glatte Comic-Kunst manchmal vermissen lässt. (Brett Weldele)

Wer sich den Entstehungsweg am Beispiel einer Seite im umfangreichen und sehr interessanten Anhang der Geschichte ansieht, entdeckt, wie umfangreich die Arbeit daran immer noch ist und wie viel Methode in dieser Form der Gestaltung steckt. Weldele, der auch die Kolorierung übernimmt, arbeitet gerne Ton in Ton. Die Figuren sind eins mit dem Hintergrund, meist abgehoben durch aufgesetzte Lichter und eingefügte Schatten. Mit der Gestaltung des Verbrechers, hier mit einem besonderen Eintrag im Anhang versehen, rückt Weldele in die Nähe von Künstlern wie Mike Mignola oder Guy Davis.

Eine interessante Idee, die sehr gut weiter geführt worden ist. Jugendwahn, Entfremdung haben zu einer Art Web 10.0 geführt. Das Leben ist zu einem einzigen Versteckspiel geworden. Eindrucksvoll, spannend, behutsam erzählt, allerdings werden sich Comic-Freunde an den grafischen Stil von Brett Weldele gewöhnen müssen. 🙂

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