Kaleb Swany und Mezoke Izzua sind auf der Erde eingetroffen. Die Vorbereitungen für die Feierlichkeiten der Versöhnung zwischen Menschen und Sandjaren sind im vollen Gange. Da ereignet sich ein Zwischenfall auf dem Meer. Schon sind Kaleb und Mezoke wieder im Einsatz. Mag sich das Verhältnis zwischen den ehemaligen Kriegsparteien, Mensch und Sandjar, auch gebessert haben, in einem mit mannigfaltigen Völkern besiedelten Universum wartet der ärger, und sei es durch Missverständnisse, schon an der nächsten Ecke. Oder wie hier an den Küsten Malaysias.
Längst sind die Verwicklungen nicht mehr international, sondern interstellar. Autor Sylvain Runberg hat das All für diese Geschichte dennoch verlassen. Die Fremden sind bereits auf der Erde angekommen. Neben den Feierlichkeiten einer interplanetaren Versöhnung hat sich ein neues Volk auf dem Planeten eingefunden. Und schon fangen die Schwierigkeiten an. Runberg hantiert mit Größe. Auf der Erde ist nichts mehr klein, alles ist irgendwie bombastisch und unüberschaubar geworden. Für die einfachen Menschen, hier die Fischer vor der Küste von Malaysia, ist es schwer genug, ihr Leben auf die wirklich wichtigen Punkte zu reduzieren. Technik hat es ermöglicht, ein besseres Leben zu führen, aber sie sind nach langem Darben noch sehr weit davon entfernt, diesen Zustand ohne Misstrauen zu genießen.
So beginnt alles mit einer vermeintlichen Idylle. Alles läuft wie geplant für die Fischer, doch der Fischfang gerät zu einem Desaster. Aus einer gewöhnlichen Situation (sieht man einmal von den schwebenden Schiffen ab) wird eine sehr phantasievolle Begebenheit, die in den Kontakt mit einer außerirdischen Spezies mündet, die mehr als nur außergewöhnlich ist.
Das Schöne an Comics ist unter anderem die Tatsache, dass sie in Sachen Ausstattung und Umsetzung, Kulisse und Maskenbildnerei keine Kosten scheuen müssen. So erhält Serge Pelle die Gelegenheit einige der außergewöhnlichsten Außerirdischen seit langem gestalten zu dürfen. Die Rapakhuns sind ein nomadisch lebendes Volk, wandernd von Planet zu Planet und in gewissem Sinne darauf bedacht mit der Natur zu leben. Einen Umzug bezahlt einer der ihren mit dem Leben, gewissermaßen als Opfergabe, was den Rapakhuns einen Ruf als Kannibalen eingebracht hat.
Zuerst wirken diese Außerirdischen relativ einfach gestaltet. Anatomisch mögen sie das auch sein, doch Pelle arbeitet viel mit Oberflächengestaltung: Färbungen der Haut, Strukturen von Kleidung, Ketten und Anhängsel. So wird aus einem im Ursprung einfachen Objekt eine sehr individuelle Kreatur. Diese Art der Vorgehensweise setzt sich auch im Design von Gebäuden und Fahrzeugen fort. Es ist, so wie sich zeigt, eine Welt, die unter der Oberaufsicht eines Luc Besson und eines Jean-Paul Gaultier entstanden sein könnte. Andererseits sind die Bilder aber auch im besten Sinne verwandt mit einem Klassiker wie Valerian und Veronique von Jean-Claude Mezieres.
Die Grafiken sind kräftig, stark zu nennen. Die Farben sind aus einer sehr breiten Palette gewählt, aber weit davon entfernt poppig zu sein. Mitunter sind die Farbtöne sehr zart, pastellartig gewählt, häufiger wirken sie fett aufgetragen wie bei einem modernen ölgemälde. Pelle spielt mit abstrakten Formen. So sind seine Menschen auch nicht in höchsten Maße realistisch, sondern eher im Stile des erwähnten Mezieres oder eines Humberto Ramos (Crimson, Spider-Man, Die Offenbarung) zu betrachten.
Vor diesem optischen Hintergrund erzählt Sylvain Runberg seine Geschichte, die immer mysteriöser wird. Den Delegierten des Volkes von Mezoke Izzua soll eine heile Welt präsentiert werden. Man ist um Freundlichkeit bemüht, doch ausgerechnet Mezoke, die es hier mit den eigenen Leuten zu tun hat, lässt den notwendigen Respekt vermissen. Zwischenzeitlich handeln die Fischer. In einer halsbrecherischen und selbst ausgedachten Mission versuchen sie das Schicksal um das Fischsterben aufzuklären.
Geschickt vermischt Runberg durchaus realistisches Verhalten mit utopischen Ideen und bewegt sich so im SciFi-Genre, wie es sich seit längerem eingespielt hat und gewünscht ist. Wer sich mit Serien wie Babylon 5 anfreunden, vielleicht sogar begeistern konnte, wird auch hier fündig.
Ernsthaft erzählte Science Fiction mit immer noch aktuellen und neuen terrestrischen Problemen: Runberg und Pelle machen perfekt und auf hohem Niveau dort weiter, wo sie mit Band 1 aufgehört haben. Eine Vorkenntnis für die vorliegende Lektüre nicht notwendig (aber man würde etwas verpassen). 🙂
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