Was muss Cassie nicht alles aushalten! Die junge Frau wird geschlagen, geschnitten, auf das Schlimmste verprügelt, verstümmelt, als Jungfrau enttarnt, von Slashern gefangen, in andere Dimensionen verschleppt und dennoch: Cassie gibt nicht auf. Da ist zwar noch ihr Kollege Vlad, der ihr manchmal beisteht, aber bestimmt käme sie auch ohne ihn zurecht … Nein, bei genauer Betrachtung ist Vlad so etwas wie die Feuerwehr. Gäbe es ihn nicht, sähe es für Cassie manchmal ganz schön mies aus.
Cassie Hack ist wieder zurück! Und man könnte sagen: Mit einem Paukenschlag. Wider Erwarten kann es nach allerlei Imitaten nun ein echter Kino-Slasher nicht lassen und stattet der jungen Killer-Jägerin einen Besuch ab. Die beiden sind mehr oder weniger dazu gezwungen, sich zusammenzutun. Das unfreiwillige Duo, verstärkt durch einen Vlad, wie ihn kein Fan so kennt, arbeitet zwar effizient zusammen, aber ist auch beständig an der Grenze, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen (oder Schlimmeres).
Fans des Slasher-Horrors dürften Chucky, die Mörderpuppe kennen. Entstanden mittels des Geistes von Charles Lee Ray (gespielt von Profibösewichtschauspieler Brad Dourif), einem Mörder (wie kann es anders sein) und ein wenig Voodoo. Aus einer harmlosen Puppe mit Latzhose, roten Haaren und runden Babykopf wird ein mitleidloser Killer. Was sich nach einem sehr seltsamen Horrorfilmexperiment anhört, ist ein Gruselspaß, nicht immer innovativ, aber immerhin so erfolgreich, dass vier weitere Folgen produziert wurden. So kehrte Chucky nicht nur zurück, sondern erhielt standesgemäß eine Braut und sogar ein Baby.
Spaß macht die Kinderpuppe mit dem großen Mundwerk auf jeden Fall, vergleicht man sie mit den erwachsenen Slashern. Die Figur ist mittlerweile stark genäht worden, ist ramponiert, auch die Darstellung im vorliegenden Hack/Slash mit dem Untertitel Freitag, der 31. macht da keine Ausnahme. Zwischen Chucky und Cassie fliegen die verbalen wie auch die handgreiflichen Fetzen, so dass hier genau die richtigen zusammentreffen. Ein Slasher, der Cassie artikulierend das Wasser reichen kann, fehlte bisher. Die eigentliche Gegnerin, die den Körper von Cassies Begleiter Vlad übernommen hat, wird zu einer ziemlichen Nebenfigur degradiert.
Grafisch ist der dritte Band der Slasher-Jagd-Saga durchgehend sehr gut gezeichnet und schon vorbildhaft zu nennen. Die beiden Künstler, Emily Stone und Matt Merhoff zeichnen geradlinig perfekt realistisch. Hier ist Titelbildqualität gleich Seitenqualität. Die Bilder bedeuten Spaß für Horror-Fans, allerdings verulken sie das Genre nicht nur. Blut ist hier Blut und so gibt es auch Ansichten, die unter die Haut gehen. Nachdem Chucky eine echte Anleihe ist, findet sich mit Dr. Gross jemand, der aus Hollow Man entsprungen sein könnte (mit dem Unterschied, dass seine Haut nicht unsichtbar, sondern nicht mehr vorhanden ist). Neben anderen Zeichnern, die gerne abstrahieren und ihre Darstellungen so verharmlosen, hält sich hier niemand zurück. Jemand, der mit Horrorstreifen, Slasher-Filmen im Besonderen nichts anfangen kann, der wird auch hier keine Spannung empfinden können.
Dr. Gross ist nicht nur ein Hollow Man er ist außerdem eine Art Hannibal Lector. Die Geschichte um seine Person führt den Leser auch in Cassies Vergangenheit, zum Ursprung ihres besonderen Hasses auf Slasher. Sind die Bilder in der Episode um Chucky noch mit sehr feinen bis mäßig dicken Tuschestrichen aufgebaut, scheinen in den nicht weniger eleganten Grafiken um Dr. Gross die Bleistiftstriche noch durch. Das ist eine mittlerweile beliebte Technik. Das ist etwas organischer und erinnert zuweilen an die ultrafein entworfenen Bilder eines Frank Quitely (All Star Superman). Beschauliche Vorstadtatmosphäre im Stile einer Carrie-Geschichte löst sich mit blankem und blutigen Horror ab. Doch so gruselig manche Bilder auch sind, so liegen sie doch im steten Wechsel mit sehr komischen Momenten und natürlich der textlich spitzfindigen Schnute von Cassie.
Das ergibt eine sehr gelungene Mixtur. Die letzte Episode um die schlechte (allerdings teuflische) Rockband Acid Washed wird die vorangegangene Technik noch auf die Spitze getrieben. Wenn ein namentlich ungenannter und deutlich gealterter Rockstar auftaucht (der wie hier trotz seines amtlichen Todes am 16. August 1977 immer wieder gesichtet worden sein soll) und auch mitmischt, dann wird die Geschichte deutlich humorvoller und sogar noch eine Spur trashiger als sonst. Wie in einer Hommage an Hardrock Zombies und ähnliche Produktionen erleben Cassie und ihre neue Freundin ein Abenteuer in einer anderen Dimension, während ein Vlad versucht, seine Jungfräulichkeit zu verlieren, um ihr zur Hilfe eilen zu können. Das klingt vielleicht merkwürdig, macht aber letztlich einen Heidenspaß, da hier selbst an den Parodien von Horrorfilmen und Neuinterpretationen gerüttelt wird.
Bestes Beispiel ist die Gestaltung eines dämonischen Nackthundes, der geradewegs der Gedankenwelt eines Mike Mignola entsprungen sein könnte. Selbst das Finale ist eine Veralberung von so manchem Weltuntergangsszenario mit schlechter Ausstattung, kleinem Budget und miesem Drehbuch. In diesem Szenario sind Cassie und ihre Freunde die Normalos, die sich am Ende gegen eine kleinere Version der Großen Alten behaupten müssen. Nach drei sowieso exzellent gezeichneten Episoden rundet eine formvollendete Titelbildgalerie die Ausgabe ab.
Perfekte Fortsetzung: Der dritte Teil ist definitiv der beste der Reihe. Alle Künstler sind ein eingespieltes Team. Toll gezeichnet und mit dem notwendigen Humor erzählt, wird hier vorgemacht wie gelungene Slasher-Komödien auszusehen haben. 🙂
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