Am Ziel. Oder auch nicht? Der Weg wird noch beschwerlicher. Tagelang kämpfen sich Franka und ihre Freundin gegen schnell fließenden Strom ab, ohne nennenswert voranzukommen. Eines Nachts, ihre Stimmung ist am Boden, es stürmt und regnet, haben sie ihre ganz eigene Offenbarung. Der Wasserpegel ist stark gestiegen. Und der Fluss hat seine Laufrichtung geändert. Der Abfluss wird der Wassermassen nicht mehr Herr, staut sich, fließt zurück. Lange wird dieses Phänomen nicht anhalten und so geben die beiden Abenteurerinnen noch einmal alles.
Nach den Strapazen des ersten Teils dieses Abenteuers (siehe: Die Zähne des Drachen) sind Franka und ihre Freundin auf der Zielinsel angelangt. Sie sind nun viele, viele Schritte weiter vorangekommen, aber die letzten Erkenntnisse, die sich um den geheimnisvollen Kiefer eines urzeitlichen Wesens drehen, konnten sie noch nicht gewinnen. Hat sich Henk Kuijpers im ersten Teil noch recht bodenständig gegeben und dem klassischen Thriller wie auch dem historischen Abenteuer den Vorzug gegeben, wandelt er nun auf den Pfaden eines Arthur Conan Doyle, der mit seiner Vergessenen Welt eine Steilvorlage für entsprechende Dino-Geschichten, die durch Jurassic Park eine Wiedergeburt erlebten.
Kuijpers geht den natürlicheren Weg. Hier gibt es keine Gentechnik, sondern ein abgeschlossenes Areal, in dem die Dinos ein isoliertes Leben bis zum heutigen Tag führen konnten. Und genau an diesem Punkt hakt die Geschichte ein. Denn wer einmal drin ist in diesem Areal, kommt auch nicht mehr heraus. Egal ob Dino oder Mensch. Und so wird aus einer Verfolgungsjagd, einem simplen Abenteuer, einem waschechten Thriller plötzlich eine Überlebensgeschichte in einem vergessenen Land, das lebensfeindlicher nicht könnte.
Wer die Abenteuer von Franka nur ein wenig verfolgt hat, der weiß, dass Kuijpers als Autor um keine Idee verlegen ist und geradezu sprüht, um seiner Figur einen spannenden Hintergrund zu liefern. Wenn er wie hier aus den bekannten Bahnen ausbrechen kann, die in irgendeiner Form mit Zivilisation zu tun haben, gibt es kein Halten mehr. Aus einem kleinen Ausflug wird nicht nur ein Kampf auf Leben und Tod. Der Überlebenskampf und die Suche nach einem Ausweg dauern lange, sehr lange.
Gerade diese Art und Weise, nichts beschönigen zu wollen, überraschen einigermaßen, da die grafische Umsetzung eher freundlich, cartoony ist. Sogar die Lebensformen, von denen sich nicht unbedingt sagen lässt, ob es immer die klassischen Saurier sind, sind überzogen, etwas seltsam im Design, aber das bedeutet zu keiner Zeit, dass es sich um Schmusetierchen handelt. Wenn Franka zu ertrinken droht oder im Maul eines angreifenden Untiers sterben könnte, dann glaubt man Kuijpers sofort, dass dieser Umstand auch eintreten kann.
Kuijpers zeichnet weiterhin in feinen und präzisen Strichen. Seine Figuren, insbesondere die Frauen sind von schmaler Gestalt, etwas freizügiger gekleidet (etwas anderes würde in Anbetracht der Umstände auch wenig Sinn machen). Er kennt seine Perspektiven und Anatomie und vereinfacht nur wenig. Kuijpers liebt Seiten und Bilder, auf und in denen etwas los ist. Er ist ein Meister der Bewegungsablaufe und der szenischen Inszenierung. Das kann er gerade während der Handlungszeit innerhalb der vergessenen Welt mehrmals unter Beweis stellen.
Einerseits eine Fortsetzung, die es in sich hat, enorme Rasanz und Action bietet und Paradebeispiel ist, was Henk Kuijpers alles mit Franka auf die Beine stellen kann. Wer sich bislang nicht entscheiden konnte, einen Blick zu riskieren, sollte dies mit Band 7 und 8 machen. Es könnte sich lohnen. 🙂
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