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Comic Blog


Freitag, 04. September 2009

Die Legende der Drachenritter 7

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:24

Die Legende der Drachenritter 7 - Die Sonne wiedersehenEben noch hat Ritter Vaune ein Machtwort gesprochen. Eben noch war sie von der Nichteinmischungspolitik in die inneren Angelegenheiten der Herrscherhäuser überzeugt: All das ändert sich mit dem Anblick eines Platzes, auf dem sich in langen Reihen, dicht an dicht, minderjährige Sklaven beiderlei Geschlechts aufgestellt haben. Dort warten sie wie Vieh, bis man sich ihrer bemächtigt, ihnen eine Aufgabe zuteilt, die nichts anderes beinhaltet, als in irgendeinem Harem Dienst zu tun. Solange, bis man ihrer überdrüssig geworden ist, weil sie zu alt sind. Die Drachenritter dürfen nichts tun. Aber die Saat des Aufstands kann ohne Taten gesät werden, nur mit Worten.

Die Drachenritter sollen sich nicht in die Belange von Königen oder Fürsten einmischen. Ihr Kampf ist der gegen Drachen und sonst nichts. So lautet die Anweisung, so ist die Theorie. In der Praxis sieht die Umsetzung manchmal ganz anders aus. So mancher Fürst denkt, er könne sich der Drachenritter bedienen, um seine eigenen Interessen zu schützen. Oder die Drachenritter sieht von den Gegebenheiten vor Ort so schockiert, dass sie es kaum vermögen, sich nicht einzumischen. Drachenritter sind ausnahmslos Frauen und als solche müssen sie außerdem Jungfrauen sein, wollen sie nicht von dem großen Übel befallen werden, das um sich greift, wenn ein Drache ein Gebiet in seinen Besitz nimmt. Obwohl sie so wichtig sind und ihren Wert im Kampf gegen die Bestien bewiesen haben, ist doch jedes Mal eine neue Zurschaustellung ihrer Qualitäten nötig. Andernfalls werden sie von männlichen Kriegern kaum ernst genommen. Eine eigentliche unerträgliche Situation, die nur Drachenritter mit großer Selbstdisziplin meistern können. Nicht umsonst ist der Bund als Orden organisiert und streng strukturiert.

Vor Ort allerdings, im Einsatz sind die Drachenritter allenfalls in der Stärke kleiner Gruppen auf sich selbst gestellt. Und da fangen die Schwierigkeiten an: So wie in der vorliegenden 7. Folge der Saga. Da die Geschichten generell für sich alleine stehen und keine Fortsetzungen darstellen, ist ein Quereinstieg jederzeit möglich. In der Stadt, die das Autorenduo AnGE als Handlungsort ausgesucht hat, ist das Übel allgegenwärtig.

Dieses Übel kann verschiedene Ausprägungen haben. Es verändert die Gestalt von Tieren und Menschen, treibt in den Wahnsinn, kann aber auch nur psychische Auswirkungen haben, die nicht sofort als Zeichen der Anwesenheit eines Drachen erkennbar sind. Was die Herrschenden nicht sehen, wollen sie nicht begreifen. So fallen die warnenden Worten der Drachenritter, die für eine Evakuierung der Menschen sind, auf unfruchtbaren Boden. AnGe spielen mit einer typischen Situation: Der Leser weiß es hier besser und möchte den verneinenden Verantwortlichen am liebsten in den … treten, weil sich diese so stur zeigen. Das Konzept ist nicht neu, aber es funktioniert, vor allem, da es erst den Auftakt zu einer dramatischen Reihe von Vorfällen bildet, die geradewegs in die Katastrophe führen.

Thierry Demarez zeichnet skizzenhaft, aber auch sehr zart und spart keine Details aus. Er bildet eine starke, fassbare und urige Welt ab, in der gelebt werden kann. Es ist eine Welt, in der geraucht wird. (Zigaretten! Ungewöhnlich, aber es wirkt nicht aufgesetzt.) Weitere Ansichten dieser Zivilisation werden zum Zankapfel unter den Drachenrittern. Ein junges Leben ist hier nicht viel wert. Kinder, Mädchen und Jungen, nicht älter als dreizehn, werden zur Paarung geführt, ein Aufmarsch, der wahrlich, wie sich ein Drachenritter ausdrückt, an eine Viehschau erinnert und die Unmenschlichkeit dieser Kultur auf den Punkt bringt. Der Drache, riesenhaft gezeichnet von Demarez, ist hier ein Übel, aber er ist bei weitem nicht das größte Übel.

Die Zeichnungen von Thierry Demarez sind um Realismus bemüht, doch auch immer etwas reduziert. Der Eindruck, den die Grafiken hinterlassen, auch durch die Farbgebung von Stephane Paitreau, ist nachhaltig, nicht zuletzt durch die ungeschminkte Darstellung der Gewalt, von der nicht ersichtlich ist, ob sie ein Ausdruck des Übels ist oder ein verzweifelter Aufstand gegen das Schicksal (höchstwahrscheinlich ist es letzteres). Und tatsächlich sind es nicht die Sklaven, gegen die gekämpft werden muss. In einem Akt, der an eine Szene aus Van Helsing erinnert, stellen sich die Drachenritter zwangsläufig gegen die herrschende Klasse der Stadt. Hier ist der optische Horror viel größer als jener des eher abstrakten Grauens eines Kampfes gegen einen Drachen.

Eine Folge wie ein Inferno: Der Kampf gegen den Drachen ist ein Thema, aber zweifellos eher Symptom als Kern des Ganzen. AnGe beweist wieder, auf welch elegante Weise sie ihre Welt bereichern können und wie leicht sie ernste Themen einbringen, ohne aufdringlich zu sein. 🙂

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