Der Akt des Tätowierens wirkt wie ein Vorwand, um hinter dem Rücken des Herrschers über die Ereignisse zu diskutieren, die das Leben der Drekkars aus dem Ruder laufen lassen. Das Gespräch währt nicht lange. Die beiden Anwesenden hören Schritte auf dem Holzdach. Jemand kommt und macht sich nicht die Mühe, sich zu verbergen. Zum Glück für die beiden Menschen ist der Attentäter schnell. Der Mann stirbt zuerst. Ehe er zu Boden gefallen ist, stirbt bereits die Frau. Dabei geht es nur um ein kleines Fläschchen mit einem merkwürdigen Inhalt.
Der zweite Band der fünfteiligen Saga beleuchtet die andere Seite der kriegerischen Parteien. Waren es in der ersten Ausgabe die Menschen und ihre Kultur, die im Mittelpunkt stand, sind es nun die Drekkars, die sich vom Rest der Welt vollkommen abgeschirmt haben.
Es ist eine merkwürdige Zivilisation, die Fabrice David hier schildert. Nur auf den ersten Blick hat sie japanische Aspekte, was an den Rüstungen liegen, der Kleidung allgemein, vielleicht auch am Gebaren untereinander. Alles beginnt mit der Geburt eines Drachenweibs, einem Rückblick auf längst vergangene Ereignisse, die allerdings bis in die Gegenwart nachwirken. Die Geburt dieses Drachenweibs ist verhaltene Fantasy, wenn man es so nennen kann. Diese Art Fantasy kommt nicht opulent oder besonders drastisch daher. Sie wird vielmehr mit einer großen Selbstverständlichkeit erzählt. Als Leser mag man das Gefühl gewinnen, in eine Dokumentation einer fremden (und vergangenen) Zivilisation zu schauen. Es entsteht der Eindruck einer eher ägyptischen oder auch südamerikanischen Zivilisation (obwohl es keinerlei Pyramiden zu bestaunen gibt).
Aber David lässt für den Leser binnen kurzem auch keinen Zweifel daran, dass dieses altehrwürdige System nicht nur von Intrigen zerfressen ist, sondern auch in hohem Maße korrupt und fremdgesteuert. Das Reich der Drekkars, aufgebaut auf der fremdarbeit von Sklaven, balanciert im Laufe der Handlung zunehmend auf dem Rand eines Pulverfasses. Die höhlenähnliche Welt ist karg. Die Krieger sind von ihrer Lebensart überzeugt, der Herrscher jedoch ist längst nur noch eine Farce. Weder sein Gebaren noch seine äußere Erscheinung sind dazu angetan den Schein von Göttlichkeit zu vermitteln, den sie eigentlich zeigen sollten. Es herrscht eine postapokalyptische Stimmung, die umso deutlicher wird, liest man sich die Hintergrundinformationen im Anhang durch (was aber zum Verständnis der Geschichte nicht erforderlich ist).
Die intensive Studie eines Zivilisationsniedergangs, die David hier entwirft, ist in dieser Form sehr außergewöhnlich für ein Fantasy-Epos. Allerdings passen die zwischen kalten und warmen Brauntönen pendelnden Bilder von Eric Bourgier sehr gut zur Geschichte. Die Menschen, die hier gezeigt werden, sind optisch schwer einzuordnen. Obwohl es kulturelle Anleihen gibt, lässt sich vom Erscheinungsbild schwer auf einen bestimmten Menschenschlag schließen, der hier Pate gestanden haben könnte. Dass es sich bei den Sklaven um Afrikaner handelt, ist unschwer zu erkennen, doch bei den Drekkars selbst schwingen von asiatischen bis hin zu indianischen Zügen viele Merkmale mit. So entsteht etwas sehr eigenes, fast schon etwas neues.
Es ist keine überschwängliche Fantasy-Umgebung. Die Kargheit bildet einen vollkommenen Gegensatz zu sonstigen Szenarien. Dennoch sollte man nicht voreingenommen sein. Bourgier orientiert sich ein wenig an alten architektonischen Leistungen von Völkern, denen es gelungen ist, ihre Tempel direkt in die Felsen zu schlagen. Bedingt durch den feinen Farbauftrag wie auch die sehr gelungene Anwendung von Licht und Schatten entstehen nicht nur sehr authentisch anmutende Bilder, sondern auch Grafiken, die durch ihre wunderbar leichte Plastizität bestechen.
Sehr dunkel, sehr mysteriös: Fabrice David beschreitet seinen eigenen phantastischen Wege. Hier ist er stärker an realistischen Vorlagen der irdischen Vergangenheit (was im ersten Teil noch durchaus phantastischer war), doch die Handlung kündigt einen Umschwung an. Grafisch ist der Band toll von Eric Bourgier umgesetzt. Er spielt mit dem Realismus und reizt ihn aus. Betrachtet man den kurzen Epilog, wartet in den drei Fortsetzungen bestimmt noch großartiges auf den Leser. 🙂
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