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Comic Blog


Dienstag, 04. August 2009

Die Legende von Malemort 1

Filed under: Mystery — Michael um 17:10

Die Legende von Malemort 1 - Unter dem MondlichtLügner! Lieber sterbe ich! Anthea riskiert alles. Ihr Pferd reitet auf die marode Brücke zu. Es ist ein waghalsiger Sprung nötig, um die sichere andere Seite der Schlucht zu erreichen. Aber was wäre die Alternative? Hinter ihr hetzen die Häscher der Inquisition heran. Die junge Frau ist nicht bereit, den Versprechungen dieser Halsabschneider zu glauben. Ihr Pferd nimmt Anlauf, dann setzt es an zum Sprung, der entweder in Sicherheit oder ins Verderben führen wird.

Im 13. Jahrhundert lauert die Gefahr an jeder Ecke. Tagelöhner können schnell zu Vergewaltigern, Dieben und Mördern werden, Söldner arbeiten für die Inquisition, die sehr willkürlich vorgeht. In diese Zeit entsendet Eric Stalner seine Leser und rüttelt gleich auf der zweiten Seite das optisch vermeintlich romantische Idyll durch. Eine junge Frau, die Heldin dieser Geschichte, wird bei ihrer Arbeit das Opfer eines Übergriffs von zwei Taugenichtsen. Sie kann sich aber erfolgreich gegen diese Bauernlümmel zur Wehr setzen. Ein Spaß ist dieser Überfall trotz allem nicht. Gleich darauf kann Anthea die Folgen eines erfolgreichen Überfalls sehen. Der Fund eines verletzten Ritters wird sie in Teufels Küche bringen, eine Redewendung, die angesichts der Schergen der Heiligen Römischen Inquisition nicht aus der Luft gegriffen ist.

Eric Stalner beschäftigt sich zunächst mit den natürlichen Gegebenheiten dieser Epoche, in der Gewalt an der Tagesordnung war. Ausgerechnet Hilfe wird hier zum Verhängnis, denn die Schergen der Inquisition sind dem Ritter bereits auf der Spur. Bereits wenig später wird das Freudenhaus von Antheas Mutter zu einem Schlachtfeld. Stalner lüftet die Grundsätze dieser Zeit Schritt für Schritt. Ebenso verfährt er mit der Geschichte selbst. Dies ist weder eine klassische Gruselgeschichte, noch wandelt sich die Handlung in puren Horror. Zu diesem Zeitpunkt ist es eine Erzählung über Flucht, den falschen Weg und neue Bekannte, von denen Anthea nicht geglaubt hätte, dass diese überhaupt existieren.

In Geschichten machen sich häufig Gruppen oder auch Duos, bestehend aus sehr unterschiedlichen Charakteren sehr gut. Anthea wird hier zwar ein tapferer Mann zur Seite gestellt, allerdings auch ein sehr kleiner. Das kann bei einer Bedrohung von Nachteil sein, im Sinne des Überraschungseffektes ist es jedoch von Vorteil. Der Leser weiß mehr als Anthea, aber er erfährt auch nicht so viel, um gleich die ganze Spannung vorweg zu nehmen. Im Gegenteil:

Es ist nur sehr wenig, dass den Leser darauf hinweist, dass er es hier auch mit einer Geschichte über Vampire (genauer einen Vampir) zu tun hat. Natürlich ist das Titelbild verräterisch und die eine oder andere Stell im Verlauf der Handlung, doch Stalner überzieht den Bogen nicht. Vampirismus ist hier nicht an der Tagesordnung wie in manch anderen, vor allem moderneren Geschichten. Eric Stalner flechtet das Thema sehr sachte und dezent ein. Der Vampir mag durch sein Auftreten einem Dracula ähneln, ist aber weitaus vorsichtiger und bei weitem nicht von jener Triebhaftigkeit, die den Wesen der Nacht in mancher neueren Romanversion angedichtet werden. Stalner ist mit seiner Version dem Original eines Bram Stoker viel näher als vielleicht einer Weitererzählung von Kim Newman (Die Vampire).

Optisch erinnert der ganze Strich, die Aufarbeitung von Landschaft, Architektur und Figuren an die Arbeiten eines Francois Bourgeon, insbesondere an die Arbeiten zu Die Gefährten der Dämmerung. Der grafische Stil ist sehr aufgeräumt, sauber, inszeniert. Hier existiert kein Zufall, der Strich sitzt, die Perspektive wirkt getestet. Die Striche selbst sind meist sehr schmal, zuweilen auch sehr zahlreich, wie Stalner an Mauerwerken zeigt. Er liebt das Detail wie Holzmaserungen oder die Zusammensetzung von Bauwerken.

In Frauengesichtern hält er sich zurück, damit überflüssige Linien nicht die Jugendlichkeit der Figuren zerstören. Bei männlichen Figuren ist er schon mutiger. Hier fällt die Vielfalt der Gesichter auch deutlich größer aus. Der kleine Begleiter, den er für Anthea geschaffen hat, Anrnulf, wirkt wie eine Mischung aus Asterix und Obelix. Flink und schlau wie ein kleiner Gallier, aber mit einem überbordenden Appetit eines weitaus größeren Galliers gesegnet. Obwohl Arnulf eine Art Sidekick ist, lässt Stalner den kleinen Helden hier nie zur Witzfigur verkommen, auch optisch nicht. Seine Leistung ist durch den Kleinwuchs eher noch größer einzuschätzen und macht ihn mitsamt seines Verhaltens noch sympathischer für den Leser.

Eine feine und sehr schön gestaltete Gruselmähr aus dem 13. Jahrhundert. Eric Stalner, in schaurigen Geschichten durchaus bewandert (Das geheime Dreieck), lässt sich mit seiner Erzählung richtig viel Zeit. Im Zeitalter von Hauruckgeschichten, in denen die Handlung rennt, kann sich der Leser hier schön gemütlich zurücklehnen, in Ruhe lesen und genießen. Für Freunde des romantischen Grusels ist die Legende von Malemort genau richtig. 🙂

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