Die Spieler haben sich mit ihrer Situation abgefunden. Granit, die ehemalige Navigatorin des Sternenkreuzers Kometenstaub, hat sich im Laufe der Zeit den Respekt ihrer Gefährten erarbeitet. Narvath, der ehemalige Bordtechniker der Kometenstaub, eilt sogleich zur Hilfe, sobald einer seiner Freunde in Gefahr ist. Dies gilt sogar für Callista, eine ehemalige Passagierin der Kometenstaub, die ihre Nase lange Zeit sehr hoch trug. Doch nun, da sie in Lebensgefahr ist, hat sie nicht nur gelernt, sich selbst zu wehren, jeder ihrer Gefährten wäre auch bereit, sein eigenes Leben für sie zu riskieren.
Der jüngste Zwischenfall ist mit einer einfachen Lebensrettung nicht erledigt. Callista hat sich zwar mit aller Gewalt ihrer Haut erwehren müssen, aber sie war nie ernsthaft in Gefahr … Leider hat Callista diesen Vorgang nicht erkannt. So hat sie ausgerechnet die Wesen getötet, die sie vor einem tödlichen Sturz bewahren wollten. Nun befindet sich die gesamte Gruppe abermals in Gefahr und in Gefangenschaft. Callista soll eine Verantwortung übernehmen, mit der sie niemals in ihren Leben gerechnet hätte: Ersatzmutter.
Christophe Arleston schickt seine Helden in die 6. Episode, betraut mit einer scheinbar leichten und relativ normalen Aufgabe. Und dennoch: Im Hintergrund braut sich ein brodelnder Vulkan zusammen, bildlich gesprochen. Einige der Spielfiguren, der Gestrandeten oder der Schiffbrüchigen auf dem Planeten haben begriffen, dass sie nur Figuren sind, dass die Vielfalt der Wesen auf Ythag einen Sinn hat. Natürlich lässt sich dies nur von einer höheren Warte her feststellen (so aus der Warte des Lesers). Die Figuren, also die Helden, die der Leser besonders im Blick hat, selbst müssen sich mit hautnahen Problemen herumschlagen.
Sind es bei Callista nur ungewollte Verantwortlichkeiten, entführt Arleston den Leser kurz darauf in ein Traumland, wie es gefährlicher kaum sein könnte. Sieht man einmal von der Gefahr ab, sorgt dies auch für einen der herzerwärmenden Momente, die neben all der Action selten sind. Narvath, der inzwischen bei dem Leser große Sympathien wecken dürfte (vom Charakter her eine Art Xander, Buffy-Fans wissen Bescheid), ist nun an dem Punkt angelangt, an dem ein Verlust seiner Person eine ebenso große Lücke reißen kann. Arleston hat kein Mitleid, weder mit dem Leser, noch mit seinen Figuren. Aus diesem Grund kann der Leser sich nie in Sicherheit wiegen. Alles ist möglich, alles ist denkbar. Die Zeiten, in denen eine Hauptfigur unbeschadet aus einer Geschichte herauskommt, sind bei Autoren lange vorbei. (Teilweise ist es auch ein wenig zu schick geworden.)
Adrien Floch, als Stammzeichner der Reihe, kann eine Entwicklung bei der Umsetzung nicht verbergen. Es sind Kleinigkeiten, aber sie fallen im direkten Vergleich auf. Insgesamt sind die Abbildungen spielerisch, doch dieser Aspekt war zu Beginn viel deutlicher ausgeprägt. Im optischen Endergebnis konnte er zu Beginn eine Verwandtschaft zu den Arbeiten von Alberto Varanda nicht leugnen. Es war leicht, selbst in bedrohlichen Situationen noch ein wenig fröhlich. (Ein Hintergrundgefühl wie in Taran und der Zauberkessel: Es gibt lebende Skelette, aber was soll schon passieren? Das ist eben Disney.) Das ändert sich hier. Jetzt ist es nicht mehr Disney. Hier kann es zur Sache gehen. Das hat er in vergangenen Ausgaben zwar schon bewiesen, aber ein blutiger Zweikampf mit Händen und Zähnen hebt die Angelegenheit auf ein neues Niveau.
Davon abgesehen bleibt Floch seinen Fähigkeiten nicht nur treu, sondern intensiviert sie noch. Christophe Arleston gibt ihm auch reichlich Gelegenheit dazu. Wie das Titelbild schon verrät, spielt eine Insel nebst Tempel eine große Rolle in dieser Episode. Immer mehr Neuankömmlinge gelangen hierher, unwissend darüber, was sie hier sollen oder gar, wie sie hierher gekommen sind. Was klingt wie ein Auftakt zu einer Art Fantasy-Lost, wächst sich zu einem optischen Spektakel aus, in dessen Finale ein tolle und perfekt gestaltete Endsequenz wartet. Es lässt sich aus Lesersicht nicht sagen, für welche Spezialeffekte Sebastien Lamirand im grafischen Team verantwortlich ist, auf jeden Fall ergibt das Gesamtbild nicht zuletzt wegen der Farbgebung von Claude Guth ein über die Maßen perfektes Ergebnis.
Neue unerwartete Wendungen zeichnen die Reihe um die Schiffbrüchigen von Ythag aus. Christophe Arleston und Adrien Floch führen mit der 6. Folge eine Ausnahmereihe fort, die das Beste von Space Opera und Fantasy in sich vereinigt und immer noch nicht erahnen lässt, wo die Geschichte einmal enden wird. 🙂
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