General Solon erhält einen Brief. Einer der vielen Gefangenen steckt ihm ein gefaltetes Stück Papier zu. Solon liest die wenigen Zeilen der Nachricht und erstarrt. Solon sieht keinen Ausweg. Der Mann, der zu einem Verräter an seinem Volk, den Azuriern, wurde und sich auf die Seite Storms und der Aufständischen stellte, muss nun neuerlich zum Verräter werden. Solon muss Storm dem Feind ausliefern. Als Storm Verstärkung zur Verteidigung der Mondstation holen will, überwältigt der azurische Freund den Helden aus der Vergangenheit der Erde. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf.
Als der Entsatz endlich eintrifft, machen die irdischen Soldaten eine Entdeckung. In einem Höhlenlabyrinth haben sich azurische Zivilisten versteckt. Unter ihnen ist auch die kleine Bitak. Ihr macht die Strahlung, der sie ohne Schutzanzug ausgesetzt ist, nichts aus. Wenig später wird sie auf der Erde aufgezogen. Mordegai wird auf einige bemerkenswerte Fähigkeiten des azurischen Mädchens aufmerksam. Einzig per Gedankenkraft kann sie Gegenstände bewegen. Aber solche Kräfte sind bei einem Mädchen, das nicht zu kontrollieren und außerordentlich stur ist, fast schon eine Katastrophe.
Das Kapitel um den Freiheitskampf gegen die Azurier geht in seine letzte Runde. Mit der Geschichte um Das Geheimnis der Neutronenstrahlen schließt Autor Dick Matena diese Handlungslinie ab, nicht ohne den oder anderen Paukenschlag einzubauen und kräftig an der Spannungsschraube zu drehen.
Matena beschreibt die Nachwehen eines Krieges zwischen zwei fremden Kulturen. Während noch Scharmützel, aber auch erbitterte Gefechte toben, wird eine neue Ordnung eingeführt, Kriegsgefangenenlager entstehen, aber es werden auch Kinder unterrichtet und Piraten machen den Weltraum um die Erde unsicher. Matena zeigt dem Leser einen Storm, der auch machtlos zuschauen muss. Der Astronaut aus der irdischen Vergangenheit ist bei weitem nicht so Herr der Lage, wie es häufig der Fall ist. Gegen Tragödien und telekinetisch begabte Kinder hilft sein Einfallsreichtum nicht.
Schnell konzentriert sich die Handlung auf Bitak. Sie ist ein Kind, doch ihr Machtpotential wird alsbald für einen einfachen Zweck entdeckt: Als Waffe. Zu Beginn der 80er Jahre erschien diese 6. Geschichte um Storm. Telekinese und Besessenheit bei Kindern war kurz vorher bereits Thema von SciFi-Romanen, Horror-Romanen, Thrillern und Filmen gewesen. Stephen King hatte mit Carrie und Feuerkind gleich zwei solcher Mädchen ins Feld der Belletristik geschickt. Beide Romane wurden verfilmt. Der Kinothriller Teufelskreis Alpha (1978) beschrieb gleich eine Institution, die sich die Kräfte von übersinnlich begabten Kindern zunutze machen wollte. Demzufolge war Matena mit seiner Figur des azurischen Mädchens Bitak genau im Trend der damaligen Zeit.
Seiner Zeit voraus war Don Lawrence und ist es durch seine mit den Jahren verfeinerte Arbeitstechnik immer noch. Man kann schwerlich behaupten, dass Lawrence hier weniger zu tun hat, doch ein ganz klein wenig weniger ist es schon. Wer sich das Dschungelabenteuer betrachtet (Band 5, Die grüne Hölle) oder spätere Veröffentlichungen (z.B. Band 10, Piratenplanet Pandarve), sieht im Vergleich, dass Lawrence hier mit Felsen, Eis und Schnee, Raumschiffen und Weltallhintergründen nicht ganz so herausgefordert wird.
Und, so könnte man es angesichts der Akribie, mit der Lawrence zu Werke geht, vermuten, es scheint, dass Lawrence immer dann am besten ist, wenn ihn die Handlung gestalterisch herausfordert. So zeigt es sich hier, dass zügige Ortswechsel nebeneinander gestellt, Don Lawrence mit Bravour und viel Kleinarbeit meistert. Diese ist besonders gefragt, als Storm zusammen mit Rothaar einen kleinen Unterwasserabstecher macht, bei dem Dick Matena ganz offensichtlich an das Pilotprojekt Commander Grek erinnert. Beschuppte Fischmenschen und Wellenbewegungen erfordern viel Geduld. Die Sprünge mit einem Dimensionsschiff von Kolonie zu Kolonie bieten viel Abwechslung, auch für das Auge des Lesers. Die Pinseltechnik von Don Lawrence, den Bildaufbau durch eine Unmenge von (klitze)kleinen Pinselstrichen aufzubauen, ist bewundernswert.
Hier gibt es echte Handarbeit aus einem Guss zu bestaunen. Don Lawrence ist ein richtiger Künstler, der, hätte es keine Comics gegeben, sie vermutlich selber erfunden hätte, um sein Talent auszuleben. Gut, zu sehen, dass seine Werke nach beinahe drei Jahrzehnten immer noch zur absoluten Spitzenklasse zählen. 🙂
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