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Comic Blog


Freitag, 06. März 2009

Sleeper 2

Filed under: Thriller — Michael um 11:33

Das Zeichen sollte nicht da sein. Es sollte aus einem ganz einfachen Grunde nicht da sein: Derjenige, der es verwenden könnte, befindet sich nicht in der besten Verfassung. So kann Holden Carver nicht glauben, dass hinter der Kontaktaufnahme, auf die dieses Zeichen hinweisen soll, etwas Gutes steckt. Doch ein Merkmal eines Agenten ist seine Neugier. Holden bleibt nichts anderes übrig, als nachzuforschen. Er folgt den Spuren und versucht herauszufinden, wer der Mann ist, den er durch das Nachtsichtgerät beobachtet hat. Genau das bringt ihn beinahe in arge Schwierigkeiten.

Irgendwann kommt der Tag, an dem ein Unvercover-Agent aussteigen will. Doch dann ist guter Rat teuer, denn je nach Dauer des Untergrundaufenthaltes kann die Rückkehr nicht nur schwierig, sondern lebensgefährlich werden. Ed Brubaker beschreibt das Leben von Holden Carver in einer der effizientesten Verbrecherorganisationen der Welt. Ihr Kopf ist der intelligenteste Mensch, der jemals gelebt hat und derart gefährlich, dass seiner Schöpfer ihn für den Rest des Lebens eingesperrt lassen wollten. Superhelden können jederzeit eingreifen und Schwierigkeiten machen. Darüber hinaus hat Carver einen Freund gewonnen, der ein wahrer Schlächter ist. Und seine Freundin hat durchaus auch ihren Spaß an der Gewalt. Wie kann ein Mann dieser Umgebung entkommen, in der er, es ist für Carver sehr unheimlich, sich dies eingestehen zu müssen, sich auf gewisse Art heimisch fühlt.

Dieses Dilemma wird von Brubaker sehr strukturiert erzählt. Als Leser erwartet man von diesem versierten Autor Überraschungen und bekommt sie. Brubaker lässt sich Zeit. Ein Charakter wie Holden Carver ist vorsichtig, misstrauisch und tappt nicht gleich in die nächstbeste Falle hinein. Er macht sich vorher ein Bild, sondiert, schätzt Risiken ab. Holden ist ein sehr tief angelegter Charakter, bei dem der Leser aufpassen muss. Holden bewegt sich in zwei Welten, körperlich wie geistig. Er ist als Figur konzipiert, die ständig neben sich zu stehen scheint und das nächste Verhalten abwägt. Mit der Zeit entsteht Mitleid, Sympathie, nur um bald wieder umgeschmissen zu werden, wenn Holden auf professionelle und kaltblütige Weise seinem Job nachgeht.

In dem Augenblick, in dem der Leser glaubt, er habe es doch eher mit einer normalen Agentengeschichte zu tun, kommen die außergewöhnlichen Fähigkeiten wie auch die Superhelden ins Spiel. Auf einem Schrottplatz kommt es zu einem gnadenlosen Kampf.
Okay, wer bitte ist denn der Trottel?
Superhelden: Es gibt sie. Sie mögen Namen haben, aber sie haben für Carver keinerlei Stellenwert. Ein kostümierter Trottel ist so gut oder schlecht wie jeder andere. Der Umgang mit dem Thema Superheld ist nicht die neueste Art, aber selten genug, um immer noch frisch zu sein. Ein Superheld macht den Normalo misstrauisch. Er kann etwas, das andere nicht können. Marvel kreierte daraus den Civil War. Hier ist es nicht ganz so dramatisch, denn hier sind Helden überwiegend lästig.

Grafisch wirft sich wieder Sean Phillips in die Schranken. Sein schnörkelloser, harter, aber auch zu jeder Zeit treffender Strich macht aus Sleeper ein schnelles, filmisches Leseerlebnis – wäre da nicht der Text, der diese Geschwindigkeit ein wenig ausbremst. Durch Phillips erhält Carver ein echtes Gesicht, denn der Zeichner gehört nicht zu den Künstlern, die zwar gut zeichnen, aber irgendwie immer den gleichen Kopf und die gleiche Statur auf das Papier bringen. Die Bilder werden so authentischer. Aber er kann auch anders, wie er mit den Rückblicken aus den Vergangenheiten von Tao und Genocide beweist.

Hier bricht er aus dem harten skizzierten Strich aus, zeichnet feiner, beinahe wie es ein Guy Davis oder ein Gabriel Ba tun würde. Plötzlich ist auch weitaus mehr Farbe im Spiel, die Vergangenheit ist heller, bunter, lebendiger als die Gegenwart, die sehr bald schon eine völlig andere Richtung nimmt, als es der Leser nach der Hälfte der Handlung hätte erwarten können.

So können Agententhriller sein: Übermenschliche Fähigkeiten bringen ein unerwartetes und unvorhersehbares Element in die Geschichte ein. Der Held, Holden Carver, wächst nur schwer ans Herz des Lesers, aber schließlich reißt er mit und man wünscht ihm alles Gute, doch Ed Brubaker hat Schlimmeres mit ihm vor. Richtig spannend! Was will man mehr? 🙂

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