Sonntag, 29. März 2009
Die Bombe explodiert, doch ihr Rauch manifestiert sich nicht in einem gigantischen Pilz, sondern in einem riesigen Herzen. Ein Lied soll nur eine begeistern, aber selbst das gelingt nicht. Benjamin ist ein malender Dichter.
Glaubt man den Bildern und den Texten Benjamins, und es besteht keinerlei Veranlassung das nicht zu tun, ist er ein Künstler durch und durch. Schwankend zwischen Kunst und Kommerz, zwischen dem Drang frei arbeiten zu können und der Notwendigkeit Geld für den Lebensunterhalt zu haben, liegt hier ein Werk von dichter Beobachtungsgabe vor. Hinter dem scheinbar ziellosen und sorglosen Verhalten von Teenies und jungen Twens ist die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs ebenso hoch wie in jeder anderen Altersgruppe auch.
Benjamin seziert eine Alterstufe im Leben der Menschen, in der es andere Schwerpunkte gibt, in die Kindheitsträume zerbrechen und der Realität weichen. Die gerade entdeckte Liebe begeistert längst nicht nur, sondern schießt scharf. Selbstfindung gepaart mit Egoismus kämpft mit dem Wunsch nach Zweisamkeit. One Day begleitet in einer Szene einen Hanns-guck-in-die-Luft. In den Straßen der Großstadt ist am Himmel jedoch mehr los als in alter Zeit. Ein Geräusch ist ständig präsent. Allein die Gebäude verbreiten durch ihre Unregelmäßigkeit bereits Hektik. Allerdings endet für den Helden der Geschichte der Weg nicht im Wasser. Ein Mädchen auf einem Balkon reißt den jungen Mann aus seiner Lethargie: Sie zeigt ihm den Stinkefinger, jedoch mit einem Lächeln.
Zum Schluss erwartet ihn auch noch der Stinkefinger des Schicksals, den jeder einmal in dieser oder jener Form zu sehen bekommt. Es ist ein Ende, auf das laut Benjamins Handlungskonstruktion die Wiedergeburt folgt. Es bleibt nur die Frage offen, ob der Held der Geschichte nach all der Eintönigkeit überhaupt eine Wiedergeburt will.
Freude? Nein. Freude ist in Benjamins Welten selten. Hoffnung gibt es immer wieder. Eine Blume, die den Sommer nicht erlebt, eine Geschichte über die Liebe, kommt gänzlich ohne Text aus. Sie lässt Raum für Interpretationen und sie hat, auf ihre Art, ein gutes Ende. Benjamin lässt selbst in seinen Erläuterungen, Nachwörtern und Essays Platz für eigene Gedanken. Er ist weit davon entfernt, seinem Leser etwas vorschreiben zu wollen. Er schließt nicht von sich auf andere. In seinem Universum steht er im Zentrum. Er ist nur sich Rechenschaft schuldig. Das klingt so einsam wie die Ausstrahlung und Aussage mancher seiner hier vorliegenden Geschichten und Bilder. (Eigentlich ist es gerade in diesem Band so etwas wie eine heimliche Überschrift: Einsamkeit.)
Ist diese Einsamkeit in seinen Schwarzweißgeschichten bereits sehr stark ausgeprägt, knallt einem dieser Aspekt in seinen farbigen Grafiken geradezu ins Gesicht. Benjamin arbeitet mit einem gelungenen Pop-Realismus. Er setzt das Gesicht eines Menschen gerne ins Zentrum eines Bildes, gibt ihm die höchste Ausdruckskraft, während die Umgebung verwischt oder in Unschärfe verschwindet. Benjamin liebt die Blicke seiner Figuren, die er in Portraitbildern häufig den Betrachter ansehen lässt. Aber er lässt die Blicke auch gerne Richtungen vorgeben und Konfrontationen aufbauen. Ein Bild, das den Betrachter ansieht, macht es den Menschen vor der Leinwand schwieriger, sich dem Werk zu entziehen. Mitunter findet man Zweifel, Trauer, Schüchternheit, auch Unschuld in den Blicken.
Diese Augenblicke werden von einer Farbpalette unterstrichen, die äußerst grell ist. Pink kracht Meerestöne, Benjamin scheint die Neonbeleuchtung der Großstadt in seinen Bildern auffangen zu wollen. Im Buchformat sind die Grafiken eindrucksvoll, in Lebensgröße auf einer Leinwand würden sie den Besucher einer Galerie aus den Schuhen hauen.
Das Debut-Album von Benjamin zeigt bereits in dieser frühen Phase, wohin der Weg geht. Zu Beginn gibt es noch ein paar Schwächen, die sich nach Umstellung auf Farbe zu verlieren beginnen. Ein trauriger Blick auf die Jugend im Reich der Mitte, durchzogen von Hoffnung. Gut, aber nichts für einen düsteren Tag. 🙂
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Samstag, 28. März 2009
Bruenor Heldenhammer hat einen großen Wunsch: Er möchte endlich die Heimat seiner Väter wieder finden. Mithril-Halle aber ist verschollen. Lange hat niemand mehr etwas von dieser großartigen zwergischen Heimstatt gehört. Aber irgendwo muss sie doch sein! Bruenor lässt sich zu seinen tiefsten Erinnerungen zurückführen und siehe da: Es gibt einen Weg. Leider befinden sich noch andere auf den Spuren der kleinen verschworenen Gruppe. Als Bruenor Mithril-Halle endlich finden, sogar hinein gelangen können, erfasst sie das Grauen. Mithril-Halle ist zu einem Friedhof geworden. Bruenor, der sein Schicksal verfluchen möchte, führt seine Gefährten in die Tiefen der Höhle.
Zuerst verläuft es leise, heimlich, ernüchternd, doch dann schlägt der Feind wieder zu. Meuchelmörder, Zauberin und Golem sorgen dafür, dass die Gruppe in arge Bedrängnis gerät.
Tobias Meister, Synchronsprecher von Brad Pitt, Tim Robbins oder Forrest Whitaker, ist quer durch Film und Fernsehen stark mit seiner Stimme vertreten. Daneben gehören auch Hörbücher und Hörspiele zu seiner Domäne. Als Drizzt Do Urden erweckt er den im Fantasy-Genre bekannten Dunkelelfen von R.A. Salvatore zum Leben. Seine Stimme lässt sich als sanfter Bass charakterisieren, mit weichem, manchmal rauchigem Timbre gesprochen. Meister schafft einen Drizzt, der selbst in einer verzweifelten Lage bemüht ist, die Oberhand zu behalten. Mal klingt die Qual über das Schicksal durch, doch nicht lange. Drizzt ist ein Stehaufmännchen.
Ihm zur Seite steht, zwar kleiner, aber dennoch auf gleicher Augenhöhe, der Zwerg Bruenor Heldenhammer. Uwe Hügle spricht Bruenor nicht, er ist Bruenor! Wenn Hügle lospoltert, aus Wut, Hass, Verzweiflung oder weil er seinen Zorn auf den kleinen Egoisten Regis nicht mehr zurückhalten kann, dann hat man ungeachtet verschiedener Vorlagen aus Roman oder Comic eine ganz eigene Variante des heldenhaften Zwergs vor Augen. Hügle gibt dem Mann, der auf der Suche nach der Vergangenheit seines Volkes ist, eine ganz besondere Tiefe. Die vorliegende Episode mit dem Fund des lange verschollenen Mithril-Halle gibt der Figur einige sehr schöne emotionale Momente. (Sagen wir lieber, schön gespielt, denn für die Figur selbst sind sie alles andere als schön.)
Als dritter Charakter, der sich deutlich in den Vordergrund spielt, findet sich Artemis Entreri, Drizzts direkter Gegenspieler. Mit Entreri hat Drizzt den Widerpart gefunden, der genau das verkörpert, was einmal aus ihm hätte werden können: Ein eiskalter skrupelloser Mörder, der alle Techniken seines Handwerks mit wahrer Meisterschaft beherrscht und mit Leidenschaft ausübt. Achim Buch verkörpert den Meuchelmörder mit wissender Stimme, mit einem gemeinen Unterton. Wenn er und Drizzt sich endlich gegenüberstehen, erlebt der Hörer einen der Höhepunkte der Geschichte (die es wahrlich reichlich in sich hat).
Die Handlung bietet das, was ein HdR nicht aufbieten konnte. Hellen Wesen stehen ebenso dunkle Gestalten gegenüber. Die Elfen finden ihren Spiegel in Dunkelelfen, die Zwerge in Duergar, den Dunkelzwergen. Sie agieren mit dünnen verschlagenen Stimmen und geben so einen noch besseren Kontrast zum tiefen Brummen des Drachen Trübschimmer, gesprochen von Jürgen Holdorf. Ein Hauen und Stechen, treffliche Dialoge und Effekte sorgen für stetige Abwechslung und ein atemloses Zuhören.
Die phantastische Geschichte präsentiert sich als Fantasy-Kino für die Ohren. Jedes einzelne Detail geht perfekt ineinander über und auf. Mithril-Halle weckt zwar Erinnerungen an Moria, doch diesen Schuh muss sich R.A. Salvatore anziehen. Ein spannendes Hörspiel mit einem glänzenden Tobias Meister. 🙂
Die Saga vom Dunkelelf 10, Tal der Dunkelheit: Bei Amazon bestellen
Viele Helden begleiten den Comic-Fan seit Jahrzehnten. Das ist keine Neuigkeit. Auch Hörspiele über die ganz alten Recken sind keine Neuigkeit. 1994 setzte die BBC Batman: Knightfall als Hörstück um und schuf so eine tolle Umsetzung des Stoffes. Aber noch viel früher hatte das Radio einen viel größeren Einfluss, es war experimentierfreudig. So ist es kein Wunder, dass plötzlich ein Bruce Wayne zu den Hörern sprach oder Flash Gordon seine Abenteuer über den Äther erlebte. Unter radiolovers.com kann der Comic-Fan einige Schätzchen aus längst vergangenen Tagen finden und etwas Nostalgie schnuppern.
Link: SciFi/Superheroes auf radiolovers.com 🙂
Mittwoch, 25. März 2009
Gwenc’hlan folgt im strömenden Regen auf dem schrägen Dach dem Fremden. Der geheimnisvolle Unbekannte, den der Druide gestellt hat, kann sich nicht mehr einem Kampf entziehen. Ein Schwert blitzt auf. Doch der Druide lässt sich davon nicht beeindrucken und greift an. Gwenc’hlan will endlich Antworten. Zu viele Menschen sind bisher aus unersichtlichen Gründen gestorben. Ist es nur Hass auf die alte Religion, der sich dahinter verbirgt? Oder steckt noch mehr dahinter? Gwenc’hlan gibt sich die allergrößte Mühe, aber vorerst erhält er keine Antworten. Der Fremde kann fliehen.
An der Seite von Prinzessin Dahud kann Gwenc’hlan eine kleine Spur lüften. Tatsächlich scheint es um keltische Artefakte von großer Macht zu gehen: Der Kessel von Dagda und die Lanze des Lug. Ein Trunk aus dem Kessel zu sich genommen, verleiht Wissen und sättigt. Außerdem kann er auf dem Schlachtfeld getötete Krieger zum Leben erwecken. Die Lanze des Lug hingegen ist eine gefährliche Waffe. Kein Stoß oder Wurf mit ihr geht fehl. Mit jedem Stoß oder Wurf tötet sie gleich neun Männer. Die Waffe erstrahlt in gelblich grünem Licht. Ihr Zorn kann nur betäubt werden, wenn die Klinge in den Kessel des Dagda getaucht wird. Und sollten die Texte, die Dahud und Gwenc’hlan finden, die Wahrheit sprechen, ist die Lanze ganz in der Nähe versteckt.
Ein Geheimnis wird gelüftet. Langsam, mit großer Ruhe erzählt, kribbelt die Spannung während des Lesens geradezu. Die beiden Autoren Jean-Luc Istin und Thierry Jigourel schildern diese Begebenheiten aus der keltischen Geschichte und Mythologie mit Hingabe und sie erklären damit gleichzeitig den Stolz eines Volkes, das seine Identität immer mehr durch den Einfluss der christlichen Religion untergehen sieht.
Nach den bisherigen beiden Bänden ist der Leser davon überzeugt, dass Magie, wie die Kelten sie kannten, hier auch tatsächlich stattfindet. Die weiteren Geschehnisse hier, Spurensuche, Schatzsuche, Intrigen, Kämpfe und Erzählungen, münden in eine apokalyptische Stimmung mit faszinierenden Bildern. Die Geschichte lebt durch die Qualität ihrer Charaktere. Gwenc’hlan, der zuerst an eine Figur wie William Baskerville angelehnt schien (aus Der Name der Rose), hat sich deutlich weiterentwickelt und besticht nun durch völlige Eigenständigkeit. Prinzessin Dahud ist eine Bilderbuchsagenfrau. Sie erinnert, auch durch die Verflechtung in die Handlung, an Brunhild, jene sagenhafte Kriegerin aus der Nibelungen-Sage, die nur den ehelichen wollte, der sie im Zweikampf besiegte.
Die Atmosphäre erinnert an die grandiose Neuerzählung der Artus-Sage von Marion Zimmer-Bradley, die unter dem Titel Die Nebel von Avalon bekannt ist. Wer auch nur hin und wieder einmal in die eine oder andere Sage, einem darauf beruhenden Roman geschnuppert hat, wird einiges wiederentdecken. Und sogleich auch in die Falle tappen. Denn es scheint, als würden die beiden Autoren Jean-Luc Istin und Thierry Jigourel genau damit rechnen. Anschließend verlassen sie den bekannten Pfad und nehmen einen neuen, manchmal auch zwei parallel verlaufende. Unerwartete Wendungen sind in jedem Fall, ob Teile der Geschichte bekannt oder unbekannt erscheinen mögen, vorprogrammiert.
Die Geschichte selbst, so gut und so spannend sie im dritten Teil auch gerät, ist nur eine Seite der Medaille. Die enorme Dichte und die Ausstrahlung wäre nicht ohne die grafische Gestaltung des ausführenden Künstlers Jacques Lamontagne möglich. Ich würde gerne wissen, wie hoch sich der zeitliche Aufwand in Arbeitsstunden beziffert. Tatsache ist, dass bei genauer Betrachtung der einzelnen ein wahnsinnige Leistung ersichtlich wird. Lamontagne ist hier als Zeichner und Kolorist tätig. Es lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass die einzelnen Seiten mit ihrer aufwendigen Maltechnik durch die Bank Cover-Qualitäten aufweisen. Sie bieten einen faszinierenden Blick auf alte Landschaften, in die keinerlei Zivilisation eingedrungen ist. Sie zeigen sehr schöne Rekonstruktionen alter Baukunst, innen wie außen. Viele Szenen sind optisch so angelegt, dass sie ohne Probleme als Storyboard für einen Film herhalten könnten. (Was in diesem Fall auf einer großen Leinwand ein Erlebnis sein könnte.)
Eine tolle grafische Leistung, über die es sich vortrefflich in die mystische Vergangenheit eintauchen lässt. Eine Geschichte, atmosphärisch angesiedelt zwischen Der Name der Rose und Die Nebel von Avalon, fesselt im vorliegenden dritten Teil zunehmend (und hat den bisher gemeinsten Cliffhanger der Reihe). 🙂
Die Druiden 3, Die Lanze des Lug: Bei Amazon bestellen
KHODA: Jedes Bild eines Films ist ein Gemälde. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. In jedem Fall ungeheuer zeitaufwendig in der Produktion. Regisseur und Designer Reza Dolatabadi hat sich davon nicht abschrecken lassen. 6000 (!) Gemälde für 5 Minuten Film. Zwei Jahre hat die Produktion dieses psychologischen Thrillers gedauert, der sich online unter rezaart.com anschauen lässt. Ein düsterer Elektrosound verstärkt die schnell einsetzende dunkle Atmosphäre.
Link zum Film: KHODA
Anschauen, es lohnt sich. 🙂
Dienstag, 24. März 2009
Tief im All setzt Nova seine Reise fort. Ständig auf der Suche nach Notrufen und Problemen, bei denen er helfen kann, erhält er eine furchtbare Nachricht: Galactus will an einer bewohnten Welt seinen Hunger stillen. Richard Rider alias Nova besitzt große Macht, doch gegen einen Galactus ist er hilflos. Selbst gegen dessen Herold, den Silver Surfer, kann er nicht bestehen. So bleibt für Nova nur noch eine einzige Möglichkeit übrig. Er muss bei der Evakuierung des Planeten helfen. Es bleiben nur wenig Zeit. In einigen Stunden wird der Planet zerstört und ausgebrannt sein. Doch sehr bald muss Nova feststellen, dass es mit einer Hilfsaktion nicht getan ist. Ein irrer Mörder nutzt die letzten Stunden des Planeten, um ungestraft töten zu können.
Die Wächter der Galaxie haben ganz andere Probleme. Eine Religionsgemeinschaft, die sich selbst Kirche der Wahrheit nennt, verbreitet ihre Lehre mit Feuer und Schwert. Leider beziehen die Kardinäle der Kirche der Wahrheit ihre Macht aus den zahllosen Gläubigen, so dass sie für das kleine Team nur mit Mühe zu schlagen sind. Viel früher als gedacht, müssen die Mitglieder der kleinen Gemeinschaft in einer Dyson Sphäre um das nackte Überleben kämpfen und dabei zu sämtlichen Tricks greifen, derer sie fähig sind.
Ms. Marvel hat die Probleme gleich vor der Haustür. Die Skrulls haben die Gesellschaft unterwandert. Mehr noch: Ein Skrull kopiert sie! Hat sie nicht schon genug damit zu tun, ihre Leute anzuleiten, ja, auch zu beschützen, muss sie außerdem beweisen, dass sie echt ist und nicht die andere.
Und Hercules? Auch die verschiedenen Götter haben bereits von der Invasion der Skrulls erfahren. Aber was sollen sie machen? Direkt eingreifen in den Kampf der Menschen gegen die außerirdischen Invasoren? Oder das Übel an der Wurzel packen? Irdische Götter aus unterschiedlichen mythologischen Hintergründen bilden eine schlagkräftige Gruppe und brechen auf in das Götterreich der Skrulls. Die Lösung ist einfach: Schlagt der Schlange den Kopf ab.
An allen Fronten finden innerhalb des Marvel-Universums Umwälzungen statt. Die Skrulls lassen ihre Masken fallen. Ein Satz wird geradezu zum Zündfunken: Er liebt dich … In den ersten Geschichten wird der Leser den Einfluss der Skrulls auf das Geschehen vermissen, denn weder Nova noch die Wächter der Galaxie sehen sich dieser Gefahr ausgesetzt. Im Gegenteil: Diese Gefahren scheinen noch größer zu sein. Andererseits sind diese Handlungen recht ausgeklügelt. Die Idee um einen Mörder, der sich im Chaos und am Chaos des Untergangs schadlos hält, ist sehr gut ausgedacht und umgesetzt. Dass sich dieser Mörder auch noch unter der Nase von Galactus versteckt hält, gibt der Geschichte die besondere Würze.
Wer als SciFi-Fan den Handlungsauftakt zu den Wächtern der Galaxie liest, wird sich sofort heimisch fühlen. Eine Spur Perry Rhodan und eine Prise Warhammer 40.000 mit Superhelden als Beilage bringt richtigen (ungewohnten) Schwung in das Marvel-Universum und man (also ich) fragt sich unwillkürlich: Warum hat Marvel diesen Schritt nicht schon früher in dieser Form gewagt? Denn ausgerechnet diese unerwartete Geschichte, die auch einen Hauch Fantasy mitbringt und aus dem so häufig starren Marvel-Korsett ausbricht, ist eine in jeder Hinsicht absolut positive Überraschung.
Überraschungen setzt es auch bei Ms. Marvel. Skrull-Mischungen kennt der Leser des Marvel-Universums schon aus alten Tagen. Ein Beispiel ist der Super-Skrull. Eine Mixtur aus Colossus und Nightcrawler ist da schon außergewöhnlicher, auch sehenswert. Überhaupt muss sich keine einzige Episode in diesem band hinter einer anderen verstecken. Sicherlich gibt es Zeichner oder Grafiken, die ein jeder Fan besonders bevorzugt, aber hier sind ausnahmslos Künstler versammelt (auch Inker und Koloristen), die ihr Handwerk über die Maßen verstehen.
Wellington Alves zeichnet das Nova-Abenteuer. Dank einer glasklaren und leuchtenden Farbgebung ist daraus ein richtiger Augenschmaus geworden. Galactus sah selten so gut aus. Tolle Weltraumszenen, wunderbare Aliens und eine Menge optischer Action runden das Abenteuer ab. Dan Abnett war außerdem als Co-Autor der Geschichte tätig. (SciFi-Fans wird Abnett von Warhammer her ein Begriff sein.)
Paul Pelletier verleiht den Wächtern der Galaxie ihre Gesichter und schickt sie auf eine grafische Reise, die so aussieht, als sei Pelletier bei Alan Davis in die Lehre gegangen. Pelletier zeichnete sich bereits quer durch das Marvel-Universum und konnte mit der Crossgen-Serie Negation eine tolle Arbeit im Genre Space Opera abliefern. Obwohl seine Arbeiten grundsätzlich einen guten Eindruck hinterlassen, scheint sich hier ein Gebiet herauszukristallisieren, das ihm besonders gut zu liegen scheint.
Abschließend sei noch Rafa Sandoval erwähnt, der Zeichner von Hercules. Sandoval arbeitet deutlich feiner als seine Kollegen, beinahe wie unter der Lupe gezeichnet, doch der Eindruck ist außerordentlich kraftvoll und realistisch. Ein mythologischer Augenschmaus, bei dem in Sachen Tusche und Farben nichts dem Zufall überlassen wird. Die in feinen Brauntönen gehaltenen Rückblicke und die imposante Gestalt von Hercules machen Lust auf ein komplettes Sagenabenteuer.
Hammerunterhaltung vom Feinsten. Hier dürfte für jeden etwas dabei sein. Mythologie- und SciFi-Fans werden diesmal besonders verwöhnt. Grafisch außergewöhnlich gut. Dichte Erzählungen garantieren einen längeren (und wiederholbaren) Lesespaß. 🙂
Freitag, 20. März 2009
Ein normaler Abend in Gotham City. Nightwing und Robin haben ihren ersten Verbecher dieser Nacht verprügelt. Bruce Wayne vergnügt sich bei einem Rendezvous. Allerdings währt der Spaß nicht lange. Jezebel, die Erwählte des Abends, möchte ihre Beziehung zu Bruce gerne auf eine andere Stufe stellen. Jezebel weiß nicht, was sie sich da wünscht. Schon andere Frauen vor ihr haben diese Erfahrung gemacht und keine hat besonders viel davon gehabt. Lange kann sich Bruce nicht mit dem Thema befassen.
Ein feines Restaurant war schon häufig Anziehungspunkt für dubiose Gestalten, die sich einen ungesetzlichen Heller nebenher verdienen wollten. Plötzlich steckt der unmaskierte Mitternachtsdetektiv mitten in einem Überfall. Ein Pech für die Gangster: Denn Bruce scheint seine Geduld verloren zu haben. Dabei fing alles vergleichsweise harmlos an. Ein Mann, der sich selber den Namen Green Vulture gab (diesen jedoch nicht sonderlich mag), wollte nur geschlagen werden.
Da ist er also, der Anfang vom Ende. Batman sollte bereits mehrmals zu Grabe getragen werden, aber er lebt immer noch. Batman R.I.P. wurde jenseits des großen Teiches mit einem Trommelwirbel angekündigt. Autor Grant Morrison springt in die Geschichte, mitten hinein, wie man so schön sagt. So steht am Beginn direkt die … Es wäre zuviel gesagt, dies jetzt zu verraten, eine Überraschung ist es allemal. Auch die Inszenierung ist gelungen. Jezebel, der Freundin von Bruce Wayne, kommt hier eine wichtige Rolle zu. Interessant ist, dass sie zwar erschrickt, aber doch sehr gefasst bleibt.
Am wirklichen Beginn steht Black Glove, nach der Schwarzen Hand, einem gerne genommenen Namen für eine Verbrecherorganisation nun also der Schwarze Handschuh. An der Spitze einer illustren Truppe steht Doktor Hurt, als Figur noch der normalste dieser Gesellschaft. Morrison installiert diese merkwürdige Gruppe beinahe hinter vorgehaltener Hand (man verzeihe mir dieses Wortspiel), wie etwas, das bald zuschlagen wird. Nur vermag der Leser zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht zu sagen, wann, wie oder warum.
Das Verhältnis innerhalb der Gruppe um Batsie ist gespannt. Batmans leiblicher Sohn wird älter und er beginnt ähnliche Qualitäten zu entwickeln wie seine Mutter: Talia, Tochter von Ra’s al Ghul. Der aktuelle Robin, ein Adoptivsohn von Bruce Wayne, ist nicht begeistert über diese Verwandtschaft. Nacht für Nacht bekämpft er solche Menschen. Jetzt muss er feststellen, dass man sich seine Verwandtschaft tatsächlich nicht aussuchen kann. Als Leser möchte man behaupten, dass Morrison diese Situation geradezu süffisant schildert.
Ryan Benjamin gehört als Zeichner zur Jim-Lee-Fraktion. Er arbeitet mit einem leichten Strich und überhöhtem Realismus. In einigen Szenen ist deutlich erkennbar, wie sehr er sich in gruselige Szenen hineinzuarbeiten versteht. Wenn Bruce Wayne die Kontrolle verliert oder der Joker sich in seinem Gefängnis in furchtbaren Tagträumen ergeht, ist die Wirkung fesselnd. Wie nah sich Benjamin und Lee stilistisch stehen, wird durch eine Szene mit dem Batmobil klar. Das neue Fahrzeug, genauer sein erster Auftritt hier, kann als Hommage an All Star Batman verstanden werden, einer Geschichte, illustriert von Jim Lee, in der mit ähnlichen Szenen des Batmobils nicht gegeizt wird.
Bruce Wayne am Rande des Nervenzusammenbruchs: Nicht zum ersten Mal, wahrscheinlich auch nicht zum letzten Mal. Ein gutes Team startet eine neue Handlungslinie zur Vernichtung des dunklen Ritters. Gut (und unvorhersehbar) erzählt, sehr gut gezeichnet, solide Batsie-Kost! 🙂
Donnerstag, 19. März 2009
Elektra war ein Skrull. Wie lange schon? Tony Stark, Reed Richards und Henry Pym, die ungewöhnliche Erfahrungen gewöhnt sind, können ihr Erstaunen nicht verbergen. Das ist erst der Anfang. Diese Erkenntnis hängt wie ein Damokles-Schwert über den Helden. Und richtig: Genau zu diesem Zeitpunkt bricht ein Raumschiff in die Atmosphäre der Erde ein. Es stürzt unkontrolliert ab. Sein Ziel: Das wilde Land. Die Rächer machen sich sogleich auf den Weg. Und auch jene, die den neuen Regeln für Superhelden entsagt haben, machen sich auf den Weg.
Die beiden Spitzen des Teams für Secret Invasion sind im Marvel-Universum allseits bekannt. Der Autor, Brian Michael Bendis, konnte durch diverse Veröffentlichungen im Ultimativen Marvel-Universum auf sich aufmerksam machen. Besonders ragen hier Spider-Man und X-Men heraus. Im normalen Marvel-Universum bestachen besonders Moon Knight und das House of M. Leinil Francis Yu hingegen hat sich als Zeichner für Events in den letzten Jahren etablieren können. Superman: Birthright wie auch einige gewichtige Ausgaben der X-Men hat der Comic-Fan Yu zu verdanken.
Yu arbeitet sehr exakt. Seine Kompositionen sind stets sehr eckig, kantig, aber in ihrem Gesamteindruck auch zerbrechlich. Er zeichnet gerne komplexe Strukturen mit einer Kombination aus vielen kleinen Strichen. So wirken seine Zeichnungen stets sehr konstruiert, wenig spontan. Aber Yu ist auch immer auf Übersichtlichkeit bedacht. Er begeht nicht den Fehler, sich in Details zu verirren. So entsteht für den Leser eine äußerst leicht zu lesende, fast filmisch zu absolvierende Seitenaufteilung.
Bendis beschert seinem Zeichner entsprechend filmreife Ideen. Die Secret Invasion bezeichnet die schleichende Machtübernahme durch das Volk der Skrulls. Dieses Volk mit seinen gestaltwandlerischen Fähigkeiten hat sich viele Positionen und Identitäten erobert, die der Leser nicht vorhersehen konnte. Für Marvel bietet sich so die Gelegenheit, eine ganze Reihe von Ereignissen zu erklären, nicht zuletzt den vermeintlichen Tod von Captain America. (Verbunden mit der Gelegenheit, den Captain wieder ins Leben zurückzurufen.) Doch vorher stehen die Überraschungen. Alleine in dieser Ausgabe werden einige Skrulls ihre Undercover-Tätigkeit auf- und sich zu erkennen geben.
Es stellt sich natürlich die Frage, wie es den Skrulls gelingen konnte in einige Schlüsselpositionen zu gelangen, ohne dass es von ihrem Umfeld bemerkt werden konnte. Diese Frage stellen sich alsbald auch die Helden. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist hierbei, dass sie nicht mehr auf herkömmliche Weise enttarnt werden können. Ein Thema, das in dieser Ausgabe noch für ziemlichen Schrecken sorgt. Und nicht nur das. Eine Begegnung sorgt für derart viel Verwirrung, so dass nicht nur den Helden sehr bald der Durchblick fehlt.
Bendis erzählt mit Genuss. Man kann sich förmlich vorstellen, wie er am Schreibtisch saß und mit Spaß und Grimm die Einzelteile der Handlung verschachtelte und jeden einzelnen Wende- und Höhepunkt sorgfältig einsetzte. Yu seinerseits erhält dadurch einzigartige Szenen, die es vorher nicht zu bestaunen gab.
Ein geheimer Kampf gegen Außerirdische geht in seine finale Runde. Die Skrulls machen den Helden wieder einmal das Leben schwer, aber anscheinend war es bisher nicht schwer genug. Denn Brian Michael Bendis hat sich viele fiese Szenen einfallen lassen, die selbst den belesenen Marvel-Veteranen das Staunen lehren. Ein spannender Auftakt, der nach mehr verlangt. 🙂
Links:
www.jinxworld.com (Brian Michael Bendis)
kwanchang.com (Leinil Francis Yu)
Es hat schon viele Zombie-Jäger gegeben. Der Goon ist einer davon. Und er ist kein schlechter. Doch es gibt immer welche, die den Job besser machen. Vielleicht machen sie es, weil sie mehr Leidenschaft für ihre Arbeit an den tag legen. Vielleicht haben sie ganz einfach Hunger: So wie der Bussard. Während eines Gefechtes mit einer Horde Untoter ist er plötzlich da. Seine Waffen vernichten die monsterhaften Quälgeister gleich reihenweise. Lazlo, einer der Untoten, erkennt den Angreifer wieder. Für ihn bedeutet das nur noch eines: Flucht.
Die ersten Geschichten um den Goon waren anders, sie waren gut, sie strahlten erzählerische Anarchie aus. Der zweite Band ist besser. Wer den ersten Band kennt, dem wird sofort auffallen, dass Autor und Zeichner Eric Powell immer noch unangepasst ist, aber seine zeichnerischen Qualitäten gesteigert hat.
Stirb, Fisch, stirb!
Fishy Pete hat dem Goon eine Falle gestellt. Das mag für den Leser, der keine Ahnung hat, was für Geschichten über den Goon existieren, sich vielleicht wie ein Einleitungssatz eines kleinen Gangsterdramas anhören. Fishy Pete, vielleicht ein Typ, der am Hafen sein Revier hat. Vielleicht ist es auch jemand, der Triefaugen und Hängebacken hat. Und der Goon? Das kann alles mögliche sein. Vielleicht ist er besonders stark? Das Problem ist (gut, es gibt keine Probleme, nur Lösungen), also, das Problem ist, dass niemand, der keine Ahnung von dem Goon hat, auch nur ansatzweise etwas von der Welt des Goon erraten könnte. Selbst wenn ihm gesagt würde, dass Zombies und ein Zombiepriester vorkommen, ja, selbst dann würden Mutmaßungen nicht an das herankommen, was Eric Powell sich hier ausgedacht hat.
Und das ist das Gute! Wer würde, ohne es zu wissen, hinter Fishy Pete einen überdimensionalen humanoiden Fisch vermuten, dessen Arme in Haken und Oberschenkel in Holzbeinen enden? Wohl niemand. Die Hand, die in der Tat aufs Stichwort aus dem Nichts erscheint und Fishy Pete eine … Nun, ihn unsanft an etwas erinnert, ist nur eine weitere Überraschung, die sich den gewöhnlichen Erzählregeln entzieht.
Sei es eine handfeste Geistergeschichte oder eine sehr überdrehte Rächergeschichte, Powell, Powell besticht durch ungewöhnliche Einfälle. Mitten in der Handlung wird dem Leser ein Werbespot serviert, nicht irgendeiner natürlich. Man könnte es als eine Humor im Stile eines Kentucky Fried Movie bezeichnen, sehr albern, absolut nicht massentauglich und politisch dermaßen unkorrekt, dass es nur so kracht. Da Powell schon einmal am Werk ist, darf auch der Weihnachtsmann nicht fehlen. Wurde der in Rot gekleidete Polbewohner seinerzeit von Judge Dredd noch als unerwünschter Eindringling vom Himmel geholt, entpuppt sich der Weihnachtsmann hier als echter Retter in der Not.
Seien wir ehrlich: Die Figur des Goon ist toll, aber … sein Sidekick Franky ist besser.
Nun, vielleicht nicht besser … Franky ist der kleine schmächtige Typ. Er ist drahtig, hat Muskeln, große Augen (wie eine Zeichentrickfigur aus den guten alten Tagen) und läuft meistens in einem Unterhemd durch die Gegend (wie die Gangster in den guten alten Tagen). Und viele Haare hat er auch nicht mehr. Aber er hat eine verdammt große Klappe und ist bis in die Haarwurzeln ein kleiner gemeiner Fiesling, wenn es darum geht Monster und anderes Geschmeiß zu vermöbeln (oder schlimmeres zu tun). Während der Goon eine Mischung aus Bud Spencer, dem Seewolf und Sylvester Stallone ist (dem hier die Gesichtszüge vollkommen entglitten sind), ist Franky eher eine Mischung aus Donald Duck, Kater Karlo und einem der kleinen Strolche (klingt merkwürdig, ist aber so).
Optisch hat sich Eric Powell seine Eigenständigkeit erarbeitet, er lässt sich aber dennoch vergleichen. Er hat stilistische Anteile eines Bernie Wrightson und Guy Davis, aber auch ein wenig Mike Mignola. In seinen rein farbigen Bildern, bei denen er auf Außenlinien verzichtet, kommt er durch seine Mischtechnik einem Simon Bisley nahe. Allgemein ist Powells grafische Arbeit recht schwermetallig.
Werwölfe als Reittiere, durchgedrehte Geister, natürlich Zombies, ein Wesen, das den Monty Pythons eingefallen sein könnte und ein autoritärer Weihnachtsmann: Das ist nur ein Ausschnitt aus Eric Powells anarchischem Humor. Powell kann mit dem zweiten Band auftrumpfen. Wer von pechschwarzem bis schwarzeslochschwarzem Spaß begeistert ist, der wird hier genau den richtigen Lesestoff finden. 🙂
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Dienstag, 17. März 2009
Los Angeles ist zur Hölle gefahren. Gut, werden einige sagen, denn da gehörte es schon seit langem hin. Leider ist es für die Bewohner der Stadt, die sich den Boden nun mit Dämonen aller Art teilen müssen, alles andere als gut. Inzwischen haben verschiedene Dämonen-Lords die Stadt unter sich aufgeteilt. Sie dachten, sie könnten nun schalten und walten, wie es ihnen beliebt. Aber sie haben sich getäuscht. Angel, sein Drache und einige seiner Freunde haben den Dimensionssprung ebenfalls geschafft. Und Angel macht, was er immer macht: Aufräumen! Er vernichtet die Bösen (und davon gibt es nun noch mehr als früher) und sammelt die Guten (die normalen Menschen) und schickt sie zu einer Stelle, wo sie in Sicherheit sind: Zu seinem Sohn.
Angel schaffte leider keine sieben Staffeln wie Buffy. An Dramatik brauchte sich die Ablegerserie um den Vampir mit Seele nicht hinter dem Original Buffy zu verstecken, dennoch war nach Ablauf der fünften Staffel Schluss. Joss Whedon konnte nach dem Erfolg der Fortsetzung von Buffy im Medium Comic auch eine Plattform für Angel finden. Gemeinsam mit Co-Autor Brian Lynch setzt Angel seine Serie im Comic mit der sechsten Staffel fort. Jegliche Grenzen können, wie auch bei Buffy, nun gesprengt werden. Ob Großaufnahmen von Gesichtern oder hammerharte Spezialeffekte mit Drachen, es ändert nichts an den Produktionskosten.
Es hat sich einiges geändert. Nach der ersten Fernsehstaffel ließ Whedon schon ein bekanntes Gesicht über die Klinge springen. Hier lernt der Leser seine bekannten Helden in neuen Rollen kennen, die, einfach gesagt, recht ungewöhnlich sind. Gunn, lange Zeit ein wichtiger Mitstreiter von Angel, hat nun seine eigene Vampir-Gang. Spike offenbart eine neue Seite, die man ihm nicht zugetraut hätte. Und Angel … Nun, mit ihm ist auch etwas besonderes geschehen. Der Auftakt der Comic-Staffel besticht durch den gewohnten Humor.
Hey, Mann, tolle Seele!
Manche Dämonen, die auf weiß gestrichenen Gartenzäunen hocken, können sehr tief blicken. In der Umgebung von Lorne ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. (fast möchte man behaupten, im wahrsten Sinne des Wortes). Die Konstellation von Angel und Spike, ein Verhältnis, das stets unter einer gewissen Spannung stand, hat sich nicht sonderlich gebessert. Manche Scherze passieren in bester Klamaukmanier eher nebenbei (man beachte einen außerordentlichen Kampf des Drachen). Das Design einiger Dämonen ist auch einen Schmunzler wert.
Eigentlich ist der Untergang von Los Angeles bereits ein Wendepunkt im roten Faden der Serie. Whedon und Lynch schlagen einen neuerlichen Haken. Die Herrschaft der einzelnen Dämonen-Lords soll gebrochen werden. Angel will über Los Angeles herrschen. Das geht nicht ohne Kampf ab, versteht sich. Es lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass Lynch den Zeichner Franco Urru mit sehr vielen Szenen versorgt hat, in denen es schlichtweg rund geht. Stilistisch erinnern Urrus Bilder, obwohl farbig gehalten, an Ryoichi Ikegami, der mit seinen Bildern zu Crying Freeman bekannt wurde.
Urru zeichnet mit einem harten, beinahe rabiaten Strich. Der Zeichner legt Wert auf möglichst realistische Figuren, auch grausige Figuren, von denen er in Form von Dämonen und Vampiren reichlich zu bewältigen hat. Manchmal wirken die Linien, wie mit dem Filzstift gezogen, ein anderes Mal sehen sie wie gemeißelt aus. In letzterem Fall könnte es sich auch um einen Holzschnitt handeln. Nebenbei werden kleine Anspielungen eingeflochten. Wer sich das Buch betrachtet, aus dem Angel magische Sprüche liest, um seine Heilung zu fördern, könnte ein anderes bekanntes magisches Buch fallen, das nur nach Nennung von drei Namen aufgehoben werden darf (es ist noch nicht lange her, da hatte dieses Buch einen weiteren Gastauftritt bei den Marvel Zombies).
Gleich drei Koloristen teilen sich die Arbeit. Jason Jensen, Art Lyon und Ilaria Traversi arbeiten bei größeren Flächen wie Hintergründen, Böden und Wänden gerne mit Mustern und hellen diese nach Bedarf auf oder dunkeln sie ab. Grundsätzlich wird mit einer Grundfarbe gearbeitet. Schattierungen werden mit Verläufen, Lichter mit häufig mit der Airbrush-Funktion des jeweiligen Grafik-Programms aufgesetzt.
Angel kann auch anders, nämlich noch aufwendiger. Die sechste Staffel wäre so im Fernsehen nur schwer zu realisieren gewesen (mit einem Drachen!). Whedon und Lynch können hier ohne Rücksichten auf Budgets erzählen und sich steigern. Aus dem Universum von Angel ist eine apokalyptische Fantasy-Welt geworden. Heftig und gut. 🙂
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