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Comic Blog


Donnerstag, 26. Februar 2009

Die Gilde 2 – Lucius

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:28

Die Gilde 2 - LuciusAstraban hat es nicht leicht. Aber er ist es auch selbst schuld. In der Gesellschaft halbseidener Gestalten und Gesindel sind Schwierigkeiten geradezu vorhersagbar. Er erfüllt seine Aufgabe im Stadion nicht zur Zufriedenheit seines Herrn Braezel und schon ist dieser um über 17.000 Goldstücke ärmer – und Astraban ist seine Anstellung los. Allein und auf sich gestellt, ist Astraban bald ganz unten. Er bettelt und ernährt sich von Abfällen. Jedermann scheint ganz genau zu wissen, welche Feinde er sich gemacht hat und will nichts mit ihm zu tun haben.

Bis auf … Es gibt auch jene, die sich Astrabans Schulden zunutze machen wollen. Und sein Talent, denn Astraban versteht sich auf Alchemie. Die Saison des Fightballs (einer Form von Rugby) nähert sich dem Ende. So manch einer möchte noch ein paar Wetten gewinnen, am liebsten solche, deren Ausgang gewiss ist. Was läge da näher, wenn Astraban den einen oder anderen Spieler mit einem kleinen Stärkungsmittelchen versorgt und so der richtigen Mannschaft zum Sieg verhilft.

Disney ohne Disney funktioniert auch. In einer Zeit, in der ein abendfüllender Zeichentrickfilm der klassischen Art wohl nie wieder auf die Leinwand kommen wird, nehmen zwei Künstler den Ball auf und erzählen von der Gilde. Wie einst im Disney-Trickfilm Robin Hood oder im Filmausschnitt des verrückten Fußballspiels der Tiere, das manchmal bei Weltmeisterschaften gerne übertragen wurde, bilden auch hier die Tiergestalten in bester klassischer Manier das zentrale Gestaltungsmittel.

Kernfigur ist Astraban, wölfisch, vielleicht auch hündisch entworfen. In seinem Gesicht mit den großen Augen und der großen Nase blitzt das sympathische Phantom eines Balu aus dem Dschungelbuch durch. Miroslav Dragan beschreibt einen Helden, der sich auf das Beste bemüht und das Schlechteste erntet. Vom Regen in die Traufe, dieses Sprichwort wäre in diesem Zusammenhang eine starke Untertreibung. Aber eine Frau hat ihn gewissermaßen mit in dieses Schlamassel befördert, eine andere Frau hilft ihm zunächst … und dann wird das Schlamassel nur noch größer. Dragan spielt mit dem Leser, indem er ihn noch glauben lässt, es könne nicht schlimmer kommen.

Die Ausgestaltung der Kleidung, der Umgebung und der Lebensart ist mittelalterlich, mit einer Prise Renaissance. Die Stadt, in der Astraban lebt, hat die Atmosphäre einer Hafenstadt, in der die Docks die verrufene Gegend schlechthin ist. Viel Holz wurde verbaut, Fachwerkhäuser mit spitzen Giebeln sorgen für viel Flair. Tageszeiten und Wetterumbrüche werden von den Machern sorgfältig zur Inszenierung eingesetzt. Gerade noch erlebt der Leser einen unangenehmen Wolkenbruch, da schwenkt die Geschichte in die feinen Gemächer eines ebenso unangenehmen Schurkens.

Fightball, die Rugby-Variante, reiht sich in die großen Spiele des Comics und Trickfilms, wie sie im erwähnten Fußballspiel der Tiere zu finden sind, in Asterix bei den Briten, aber auch – vergleicht man den Gewaltfaktor – in Blood Bowl. Leider wird das Spiel viel zu sehr am Rande gezeigt und erwähnt. Es hätte für die Geschichte durchaus noch tragfähiger werden können.

Apropos Trickfilm: Wohin Die Gilde optisch tendiert, daran lässt sie keinerlei Zweifel. Wie in Kameraeinstellungen arbeitet Oscar Martin, der als Zeichner und Kolorist zuständig ist, mit weichfarbigen oder auch weichgezeichneten Hintergründen. Das Geschehen im Vordergrund setzt sich so noch schärfer ab und der Blick wird noch genauer gelenkt, als es in den hier normal aufgebauten Bildern ohnehin schon der Fall ist. Rein schwarze Außenlinien sind selten und auch nie sklavisch durchgezogen. Mehr wirken sie wie Pinselstriche, mit gewischten Unterbrechungen. Zur besseren Verschmelzung von Vorder- und Hintergrund wählt Martin dunkelbraune Linien. Das schwächt optische Brüche ab und schafft ein gleichmäßiger wirkendes Gesamtbild.

Wer Tiercharaktere in vernunftbegabten Rollen mag – wie im Disney-Klassiker Robin Hood – und einen ordentlichen Schuss Mittelalter und Fantasy vertragen kann, all das fein erzählt und in wirklich bester Disney-Qualität gezeichnet (ohne aus dem bekannten Hause zu sein) und koloriert, der findet mit den ersten beiden Bänden der Reihe ein verdammt schwungvolles Abenteuer vor. 🙂

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