Zum Inhalt springen


Comic Blog


Montag, 23. Februar 2009

Belladonna 1 – Marie

Filed under: Abenteuer — Michael um 21:15

Belladonna 1 - MarieParis im Jahre 1680. Der König stolziert mit der ihm eigenen von Standes wegen angeborenen Arroganz durch den Palast unter die versammelten Gäste. Der Attentäter, der in seinem Versteck nur auf diesen Moment gewartet hat, entgeht den angetretenen Sicherheitskräften. Allen? Nein, nicht allen! Ausgerechnet eine Nonne rettet dem erstaunten Monarchen das Leben. Mehr noch: Sie macht sich an die Verfolgung des gedungenen Mörders. Da die schwarze Ordenskleidung dabei nur hinderlich ist, wirft die junge Frau diese bei ihrer Verfolgung ab. Kurz darauf hat sie den Attentäter eingeholt und gestellt. Der Feind hat seine Gefährlichkeit bewiesen, doch er weiß bisher nicht, über welch außerordentlichen Talente die junge Frau verfügt, die mit blank gezogenem Degen vor ihm steht.

Gibt es jemanden, der dem guten alten Mantel- und Degen-Genre hinterher trauert? Bis zum nächsten guten Roman oder auch Film mag es noch eine Weile hin sein, aber der vorliegende erste Band der Reihe Belladonna könnte für den Fan von zünftigen Fechtszenen und abenteuerlichen Verwicklungen genau die richtige Überbrückung darstellen – wenn es nicht sogar ein echtes Zuckerstückchen ist, das es nicht nötig hat zu etwas anderem überzuleiten.

Wenn man wie ich zu denjenigen gehört, die nach Filmen wie Die drei Musketiere mit Gene Kelly oder Scaramouche mit Stewart Granger keinen anderen neuzeitlichen Mantel- und Degen-Film mehr wahrgenommen haben, wird mit Belladonna positiv überrascht werden. Ich bin mir nicht sicher, ob es als Film funktionieren würde, als Comic funktioniert es hervorragend. Geheimdienste haben in Geschichten seit längerem wieder Hochkonjunktur. Darin eingeschlossen sind natürlich auch Geheimbünde jedweder Art, Hauptsache geheim. In Van Helsing durfte der Fan phantastischer Abenteuer einen Geheimdienst des Vatikans kennen lernen, hier ist es Verbund zum Schutze des französischen Königshauses.

Aber nicht ein Mann ist die Hauptperson, sondern eine Frau. Das Autorenduo AnGE legt in Marie, deren Codename Belladonna alles hinein, was Sympathien wecken kann. Sie kommt in ihrer Selbstständigkeit einer modernen jungen Frau sehr nahe. Darüber hinaus verfügt sie über kämpferische und artistische Fähigkeiten, die wiederum bei männlichen Lesern für glänzende Augen sorgen. Frauen, die sich schlagen können wie Kerle – ein Phänomen, das in den letzten Jahren immer beliebter geworden ist: Aber es funktioniert.

Bei diesen Zutaten belassen es AnGe jedoch nicht. Hinzu kommt die Kostümpracht jener Zeit. Musketiere, Adelige, Perücken, ausgefallene Kleider und eine Farbenpracht, die heutzutage ihresgleichen sucht. Daneben brilliert Paris als ausgezeichnete Nebendarstellerin, ein wenig dreckig sicherlich, doch selbst im Morast der Seitenstraßen und Gassen immer noch faszinierend. Und auch das ist ein Thema: Die Schattenseiten jener Zeit werden nicht außer Acht gelassen. Im Untergrund der Stadt regieren andere, unerkannt und mächtig, sehr zum Leidwesen der Ordnungshüter. So erwecken AnGe den Geist von Klassikern wie Cartouche, der Bandit mit Jean-Paul Belmondo. Es funktioniert, weil sich Belladonna an derlei Vorbilder anlehnt, aber sehr viel Eigenständigkeit produziert, was schlichtweg auf die moderne Konzeption seiner Hauptfigur zurückzuführen ist.

Es gibt allerdings noch einen Grund, warum die Geschichte funktioniert. Dieser lässt sich in einem Namen zusammenfassen: Pierre Alary. Alary konnte bereits mit seiner SinBad-Version überzeugen. Das Skizzenhafte, das Karikierende, der scheinbar schnelle Strich ergeben einen sehr eigenen grafischen Stil mit einem hohen Wiedererkennungswert. Das Schöne an diesem Stil, der auch recht cartoony ausschaut, ist die Vielseitigkeit.

Alary gelingt es, sehr viel Ausdruck in Gesichter hineinzulegen. Gerade durch die leichte Karikatur, die seinen Zeichnungen zugrunde liegt, gelingt dies leichter und vielfältiger, man könnte auch sagen, eindeutiger. Ruhige Szenen laden zum Verweilen, zum Begutachten ein, schnelle Action-Szenen lassen das Auge springen, zwingen zum filmischen Lesen.

Eine Wiedergeburt des Mantel- und Degen-Films – allerdings nur im Comic. Aber man soll nicht undankbar sein. Mit dem Besten des Klassischen und des Modernen ausgestattet trifft das künstlerische Team ins Schwarze und beschert den Lesern eine schwungvolle erzählte und inszenierte Abenteuergeschichte. 🙂

Belladonna 1 – Marie: Bei Amazon bestellen

Keine Kommentare

No comments yet.

RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.