Ganz in weiß, angetan mit einem Schutzhelm und einer kleinen Kompanie Superman-Roboter hinterdrein, rückt der Stählerne zu einem seiner finalen Kämpfe aus. Im All wartet der Feind mit tödlichen roten Sonnenstrahlen. Der Kampf ist hart, die Verluste unter den Robotern hoch. Aber Superman gibt nicht auf, obwohl sogar ein liebgewonnener Freund die Gegenwehr mit Leben bezahlen muss. Es bleibt keine zeit zur Trauer, denn am Boden wartet schon der nächste Feind: Lex Luthor.
Superman ist tot. Es lebe Superman. Nach all den verschiedenen alternativen Erzählungen zu bestehenden Superhelden oder zu ganzen Comic-Universen dürfte die sechsteilige All Star Superman-Saga zu den eigenständigsten gehören. In sich geschlossen bietet die kleine Reihe viel Neues und kreiert den Stählernen auf eine vielschichtige Art neu. Bereits sehr früh wurde das Schicksal Supermans festgelegt: Tod. Unabwendbar, unheilbar. Aber es blieb genügend Zeit, um den Nachlass zu regeln und Abschied zu nehmen.
Grant Morrison beschritt dazu sehr eigenwillige Wege. Einerseits griff er alte Bestandteile auf und krempelte sie auf eine beinahe wahnwitzige Weise um – mit der Betonung auf witzig – andererseits setzte er neue Akzente, so dass sich unumwunden behaupten lässt, dieser Superman ist Morrisons Superman.
Unverzichtbar in allen Superman-Alternativen ist Lex Luthor. Auch Morrison kommt nicht ohne ihn aus, entwirft ihn aber deutlich psychopathischer als in manch anderer Episode. Beziehen wir uns nur auf den Luthor in dieser letzten Folge, dürfte der Einsteiger sich an einen Horror-Thriller erinnert fühlen. Lex Luthor landet auf dem elektrischen Stuhl, hat die Wahl eines letzten Drinks, verwünscht den Priester, wird hingerichtet, stirbt aber nicht, sondern lacht die Anwesenden aus, bevor er sich befreit und sie eigenhändig tötet.
Als würde ein menschlicher Psychopath nicht ausreichen, muss Superman auch noch gegen Solaris antreten, eine hochentwickelte Maschine in Form einer roten Sonne. Dieser Kampf wie auch jener gegen Lex Luthor werden von Morrison als präzise geführte Schläge beschrieben, die letztlich doch in eine emotionale Endphase münden. Superman erfüllt seinen Job, aber Begeisterung ist nicht mehr dabei. Supermans Körper läuft sozusagen nur noch auf Reserve, sein Leben befindet sich in der Verlängerung. Für Morrison gibt es auch im letzten Akt des Comic-Dramas kein Umdenken mehr. Superman sollte sterben – und er stirbt.
Sicherlich könnte jeder halbwegs versierte Comic-Autor das Schiff auch wieder aus dem Hafen bringen. Ein entsprechender Mut machender Epilog existiert, doch eine Fortsetzung wäre mit Superman nicht denkbar. – Ohne Superman schon. Man darf sich überraschen lassen, ob ein solches Experiment einmal gewagt werden wird. Denn schließlich traf Superman zukünftige Varianten seiner selbst.
Mit dem Ende dieser kleinen Reihe muss sich der Leser auch von Frank Quitely verabschieden. Einfach, einfacher, Quitely, auch eine Spur Moebius, ganz wie man will. Quitely frönt regelrecht einer Vereinfachung. Dazu haben seine Bilder weiterhin einen wahnsinnig zerbrechlichen Charakter. Es gibt den einen oder anderen Schattierungsstrich und die Knitterfalte, doch in der Hauptsache kommt Quitely ohne umständliches Drumherumgekrackel aus.
Jamie Grant, der dritte Künstler im Bunde, hat einen maßgeblichen Anteil am Erfolg der Optik. Getuscht wurde hier von ihm rein digital. Obendrein ist er für die Kolorierung verantwortlich. Er nutzt einen Quitely-Trick, denn Quitely besitzt den Mut zur Lücke, indem er auf überflüssige Ausstattung verzichtet und seinen Figuren viel Platz lässt. Grant greift diese Lücken auf, gibt ihnen eine samtweiche, aber auch stets leicht körnige Farbgebung, so dass selbst auf der einfarbigsten Großfläche Unregelmäßigkeiten zu finden sind. So wird der erste Eindruck von Schlichtheit durchbrochen und weicht einer schönen Plastizität der Bilder.
Grafisch gnadenlos toll, fast schon zu schön für eine Heft-Comic-Reihe. Ein würdiger, fein strukturierter, aber auch trauriger Abschluss des Sechsteilers (in den USA 12 Ausgaben). Perfekte Superhelden-Unterhaltung. 🙂