Freitag, 27. Februar 2009
Die Erde steht kurz vor ihrem Untergang. Derlei Unkenrufe sind keine Neuigkeit. Allerdings haben die Forschungen von Alyssa Castle, einer ehemaligen Freundin von Reed Richards, ergeben, dass die Welt höchstens noch zehn Jahre Zeit hat. An eine Rettung wird gar nicht erst gedacht. Im Gegenteil, die Menschen sollen in eine neue, eine bessere Welt geführt werden. Eine Welt, die unter Kontrolle ist. Die Einheit der Fantastischen Vier ist unterdessen etwas gefährdet. Johnny weiß nicht so recht, was er will. Neuerdings steht eine Karriere als Rockstar auf dem Programm. Sue plant eine Superheldinnengruppe. Reed ist sowieso mit dem Kopf in den Wolken – oder einer anderen Dimension. Einzig Ben scheint auf dem Boden der Tatsachen geblieben zu sein.
Da das Familienleben und die Ehe von Reed und Sue momentan auf wackeligen Füßen stehen, kommt der Besuch von einer Ex von Reed im falschesten Augenblick. Aber die Probleme, die nun auftauchen, schmieden die Superheldenfamilie schlechthin auch wieder zusammen, denn Erde 2, so der Name der Zuflucht der Menschheit, ist alles andere als perfekt. Cap, der als Überpolizist geplant war, schafft den Übergang zur echten Erde. Und er beginnt sofort mit der Erfüllung seiner Aufgabe: Abschaffung aller Waffen – und ihrer Träger.
Mark Millar und Bryan Hitch, das Traumduo der Ultimativen, hat eine weitere Reihe unter seine Fittiche genommen, die königliche Familie der Superhelden: die Fantastischen Vier. Na, gut, sie nennen sich jetzt auch auf dem deutschen Markt die Fantastic Four. Es mag als Logo besser aussehen, der Klang hingegen ist nicht besser. Sei’s drum, Hauptsache Millar und Hitch sind dabei. Damit ist das Ultimative auch im Normalen angekommen. Oder sollte man sagen das Superlative?
Superlativ waren die Fantastischen Vier schon immer. Sie haben neues Terrain erschlossen und sich mit Gegnern angelegt, die ziemlich viele andere Superhelden in einen Sack gesteckt hätten. Galactus ist ein gutes Stichwort in dieser Hinsicht. Mark Millar nimmt den Leser mit auf die Reise auf eine nachgebaute Erde im Maßstab 1:1 – samt Mond. Wer bisher glaubte, der Todesstern sei in Sachen Größe das Maß aller Dinge, sieht sich ziemlich getäuscht. Bryan Hitch, der im Ultimativen Universum schon viele herausfordernde Aufgaben hatte, erhält hier eine Spielwiese der besonderen Art. Denn die Nachbauten orientieren sich nicht nur an den natürlichen Oberflächen, sie bauen und bilden schlichtweg alles nach. Und das schließt sämtliche Gebäude mit ein.
Die wissenschaftliche Komponente der Fantastischen Vier ist eine Seite der Medaille. Hier wurde schon immer gerne mit besonders großen Bauklötzen hantiert. Die Action ist die andere Seite. Jetzt geht’s rund, der Kampfruf von Ben Grimm ist keine Übertreibung, ganz im Gegenteil. So bildet denn die Unterschiedlichkeit der Charaktere der Fantastischen Vier eine Voraussetzung für haarsträubende Bilder, bei denen selbst einem in Sachen Action verwöhnten Leser das Wasser im sprichwörtlichen Munde zusammenläuft.
Johnny Storm, immer mit dem Herzen bei den Frauen, schlägt sich zuerst mit einer Diebin, dann liebt er sie. Ersteres geht im großen Stil vonstatten. Der erste Auftritt der F4 auf der Brücke im ersten Kinofilm war vergleichsweise lahm choreographiert. Nun gut, Mark Millar muss in Sachen Kosten auch keinerlei Rücksichten nehmen. Hitch muss es nur zeichnen können. Diese Aufgabe löst der Künstler bravourös. Und noch mehr, denn mit Cap, einem überdimensionalen Roboter mit Captain America-Design, hat er einen Koloss zu animieren, der einen zeitgleichen Angriff von 40 ausgesuchten Helden locker wegsteckt. Da hilft – wie könnte es anders sein – schließlich eine Erfindung von Reed Richards.
Auf Humor können die Fantastischen Vier nie ganz verzichten. Dieses Element gehört einfach dazu, wird von Millar aber sparsam eingesetzt. Reeds Vortrag vor einer Schulklasse ist eines dieser Beispiele. Andererseits ist es aber auch Vorbereitung zum Auftritt eines neuen Giganten, des Anti-Galactus. Optimus Prime und Megatron, zieht euch warm an, denn dieser Anti-Galactus kann euch bequem über die Köpfe streicheln. Am Design dieses Kampfroboters konnte sich Hitch richtig austoben und es ist zweifelsfrei eine Augenweide geworden.
Ein schöner, in sich abgeschlossener Neustart in einer Top grafischen Gestaltung, die der Leser bei diesen Superhelden auch erwarten darf. Millar und Hitch könnten aus den Fantastic Four etwas besonderes machen. Der Anfang dafür ist gemacht.
Kommentare deaktiviert für Fantastic Four 1 – Einzigartig
Donnerstag, 26. Februar 2009
Astraban hat es nicht leicht. Aber er ist es auch selbst schuld. In der Gesellschaft halbseidener Gestalten und Gesindel sind Schwierigkeiten geradezu vorhersagbar. Er erfüllt seine Aufgabe im Stadion nicht zur Zufriedenheit seines Herrn Braezel und schon ist dieser um über 17.000 Goldstücke ärmer – und Astraban ist seine Anstellung los. Allein und auf sich gestellt, ist Astraban bald ganz unten. Er bettelt und ernährt sich von Abfällen. Jedermann scheint ganz genau zu wissen, welche Feinde er sich gemacht hat und will nichts mit ihm zu tun haben.
Bis auf … Es gibt auch jene, die sich Astrabans Schulden zunutze machen wollen. Und sein Talent, denn Astraban versteht sich auf Alchemie. Die Saison des Fightballs (einer Form von Rugby) nähert sich dem Ende. So manch einer möchte noch ein paar Wetten gewinnen, am liebsten solche, deren Ausgang gewiss ist. Was läge da näher, wenn Astraban den einen oder anderen Spieler mit einem kleinen Stärkungsmittelchen versorgt und so der richtigen Mannschaft zum Sieg verhilft.
Disney ohne Disney funktioniert auch. In einer Zeit, in der ein abendfüllender Zeichentrickfilm der klassischen Art wohl nie wieder auf die Leinwand kommen wird, nehmen zwei Künstler den Ball auf und erzählen von der Gilde. Wie einst im Disney-Trickfilm Robin Hood oder im Filmausschnitt des verrückten Fußballspiels der Tiere, das manchmal bei Weltmeisterschaften gerne übertragen wurde, bilden auch hier die Tiergestalten in bester klassischer Manier das zentrale Gestaltungsmittel.
Kernfigur ist Astraban, wölfisch, vielleicht auch hündisch entworfen. In seinem Gesicht mit den großen Augen und der großen Nase blitzt das sympathische Phantom eines Balu aus dem Dschungelbuch durch. Miroslav Dragan beschreibt einen Helden, der sich auf das Beste bemüht und das Schlechteste erntet. Vom Regen in die Traufe, dieses Sprichwort wäre in diesem Zusammenhang eine starke Untertreibung. Aber eine Frau hat ihn gewissermaßen mit in dieses Schlamassel befördert, eine andere Frau hilft ihm zunächst … und dann wird das Schlamassel nur noch größer. Dragan spielt mit dem Leser, indem er ihn noch glauben lässt, es könne nicht schlimmer kommen.
Die Ausgestaltung der Kleidung, der Umgebung und der Lebensart ist mittelalterlich, mit einer Prise Renaissance. Die Stadt, in der Astraban lebt, hat die Atmosphäre einer Hafenstadt, in der die Docks die verrufene Gegend schlechthin ist. Viel Holz wurde verbaut, Fachwerkhäuser mit spitzen Giebeln sorgen für viel Flair. Tageszeiten und Wetterumbrüche werden von den Machern sorgfältig zur Inszenierung eingesetzt. Gerade noch erlebt der Leser einen unangenehmen Wolkenbruch, da schwenkt die Geschichte in die feinen Gemächer eines ebenso unangenehmen Schurkens.
Fightball, die Rugby-Variante, reiht sich in die großen Spiele des Comics und Trickfilms, wie sie im erwähnten Fußballspiel der Tiere zu finden sind, in Asterix bei den Briten, aber auch – vergleicht man den Gewaltfaktor – in Blood Bowl. Leider wird das Spiel viel zu sehr am Rande gezeigt und erwähnt. Es hätte für die Geschichte durchaus noch tragfähiger werden können.
Apropos Trickfilm: Wohin Die Gilde optisch tendiert, daran lässt sie keinerlei Zweifel. Wie in Kameraeinstellungen arbeitet Oscar Martin, der als Zeichner und Kolorist zuständig ist, mit weichfarbigen oder auch weichgezeichneten Hintergründen. Das Geschehen im Vordergrund setzt sich so noch schärfer ab und der Blick wird noch genauer gelenkt, als es in den hier normal aufgebauten Bildern ohnehin schon der Fall ist. Rein schwarze Außenlinien sind selten und auch nie sklavisch durchgezogen. Mehr wirken sie wie Pinselstriche, mit gewischten Unterbrechungen. Zur besseren Verschmelzung von Vorder- und Hintergrund wählt Martin dunkelbraune Linien. Das schwächt optische Brüche ab und schafft ein gleichmäßiger wirkendes Gesamtbild.
Wer Tiercharaktere in vernunftbegabten Rollen mag – wie im Disney-Klassiker Robin Hood – und einen ordentlichen Schuss Mittelalter und Fantasy vertragen kann, all das fein erzählt und in wirklich bester Disney-Qualität gezeichnet (ohne aus dem bekannten Hause zu sein) und koloriert, der findet mit den ersten beiden Bänden der Reihe ein verdammt schwungvolles Abenteuer vor. 🙂
Die Gilde 2 – Lucius: Bei Amazon bestellen
Kommentare deaktiviert für Die Gilde 2 – Lucius
Die Verhandlung ist vorüber. Im Eilverfahren wurde Yasmine zu 30 Jahren Haft im Gefängnis von Catalina verurteilt. Die Serienmörderin, für die sie alle halten, wird auf schnellstem Weg in das Gefängnis eingeliefert. Dort herrschen ganz eigene Gesetze. Die Aufseherin hat ihre Schäfchen fest im Griff. Wer ihr nicht zu Willen ist, muss mit dem Schlimmsten rechnen – wie Yasmine sehr bald schon feststellen muss, als sie sich in einer schmierigen Einzelzelle wiederfindet, nackt und gefesselt. Doch das ist erst der Anfang.
Ihre wenigen Freunde draußen in der richtigen Welt machen sich weiterhin Sorgen um sie und suchen nach einer Lösung. Die dämonischen Kräfte haben Yasmine auch noch nicht aufgegeben. Ebenso wenig wollen Yasmines Eltern von ihrer Tochter lassen. Yasmines Vater verwildert zusehends auf der Suche nach seiner Tochter und Yasmines Mutter … hat so ihre eigene Art entwickelt, der Tochter zu helfen.
Der Teufel ist los! So ließe sich noch ein Untertitel einfügen. Die Geschichte, von Thierry Robberecht textlich betreut, geht mit dem Band Dämon in ihre dritte und abschließende Runde. Der Teufel, die Dämonen, die Geister treten in vielerlei Gestalt auf, häufig menschlich und manchmal sind sie auch nur einfache Menschen, allerdings mit einem teuflischen und rachesüchtigen Gemüt.
Der Leser trifft die Heldin im Gefängnis wieder. Mitunter finden sich Geschichten, in denen verdächtige oder auch verurteilte Mörder noch eine Lösung zu ihren Gunsten finden und so dem Gefängnis entgehen. Robberecht hat seiner Heldin Ärger versprochen und hält dieses Versprechen auch ein. Das Gefängnis – leider etwas klischeehaft, privatfernsehensoftpornomäßig geschildert – ist da nur der Anfang.
Auf den Nebenschauplätzen weiß Robberecht eher zu überraschen. Die kleine Deborah, 5 Jahre alt, niedlich anzusehen und stets mit einem Stofftier unterwegs, mit blutverschmiertem Nachthemd gefunden. Das Mädchen hält sich für die inhaftierte Yasmine Giggs. Der Exorzismus, der nun folgt, bleibt textlich unkommentiert. Es ist diese Form des Erzählens, die den meisten Eindruck hinterlässt. Robberecht kann so sehr pointiert und sogar beklemmend erzählen.
Alberto Pagliaro ist als Zeichner ein Minimalist. Die Formen sind immer etwas eckig, kantig gezeichnet, beinahe ruppig auf das Papier geworfen. Nach der Skizzenphase setzt er konsequent auf einfache Außenlinien, gerade einmal so viel wie nötig ist, um eine Figur zu komplettieren. Bei Erwachsenen setzt er gerne auf Realismus mit einer Spur Karikatur, wenn diese älter sind. Bei Kindern – wie im Fall der kleinen Deborah – spielt Pagliaro und lässt eine Mischung aus Japan-Horror und Chucky durchblitzen.
Dank des Koloristen Cosimo Lorenzo Pancini gewinnen die Bilder sehr an Volumen. Dabei werden die verschiedensten Techniken im Sinne eines zu erreichenden Ergebnisses zusammengeworfen. Buntstift, Kreidestrukutren, Airbrush, Verläufe, Texturen und Lichteffekte bilden schließlich ein Ganzes, in dem die einzelnen Techniken sehr gut verschmelzen. Manchmal entsteht der Eindruck eines Bilderbuches, dann wieder der eines Trickfilms, sogar der Manga-Stil wird zitiert. Der Trickfilm wird bei der Flucht aus dem Gefängnis nachgeahmt. Der Manga findet sich bei den Auftritten der kleinen Deborah.
Die Figuren agieren durch die Optik ein wenig wie auf einer Theaterbühne. Diese Ähnlichkeit wird besonders bei Innenräumen deutlich. Insgesamt hält Pancini die Bühne eher düster. Einen Lichtblick im wahrsten Sinne des Wortes bietet allein die Ansicht eines Kinderzimmers – ein Lichtblick, der durch die Handlung wieder ausgehebelt wird.
Ein dunkler, unheimlicher wie auch mysteriöser Abschluss. Hier ist die Kenntnis der beiden Vorgängerbände ein Muss. Erfreulich ist aber, dass die Horror-Geschichte innerhalb einer Trilogie abgeschlossen wurde. Wer Gefallen an jüngeren Horror-Filmen im Stile von Die Prophezeiung hatte oder Romane wie Unheiliges Feuer von Whitley Strieber mag, der wird sich bei Der Feind sicher auch gut unterhalten fühlen. 🙂
Der Feind 3 – Dämon: Bei Amazon bestellen
Dienstag, 24. Februar 2009
Aufpassen sollen sie, die beiden Männer. Sie haben keine Angst in der Dunkelheit. Warum auch? Sie sind bewaffnet. Sie haben einen gefährlichen Hund dabei. Ungeheuer sind doch nur Ammenmärchen. Oder Indianermärchen. In jedem Fall sind sie nichts, was einem gestandenen Mann, der im Westen aufgewachsen ist, Angst einjagen sollte. Alles läuft gut auf der Wache. Wenn nur dieser blöde Hund nicht so ziehen würde … Das treue Tier ist allerdings vollkommen unschuldig, denn es befindet sich in den Pranken eines riesenhaften Wesens mit gigantischen Hauern im aufgerissenen Maul. Trotzdem lassen sich die Männer nicht beirren und schießen.
Monster! Ein gutes Monster … Nein, nein, ein gutes Monster ist in diesem Fall kein totes Monster, sondern ein beeindruckendes Monster. Monster sind im Comic wie auch im Zeichentrick zu einer Art Königsdisziplin geworden. Ein gutes Monster muss gut gestaltet sein. Es muss dem Thema gut angepasst sein. Es muss gruselig, unheimlich sein, mysteriös vielleicht auch. Es muss aus dem Rahmen fallen, überraschen. Eric Herenguel war gezwungen, mit seinen Monstern eine Besonderheit zu schaffen. Monster und Western vertragen sich gewöhnlich schlecht, jedenfalls sind die Beispiele in dieser Hinsicht eher spärlich gesät.
Im zweiten und abschließenden Band der Geschehnisse während der Zeit des Silbermonds über Providence steigt der Leser bereits mit der Kenntnis um die seltsamen und furchtbaren Monster in den Wäldern rund um die kleine Westernstadt ein. Der Werwolf lässt sich gleich zu Beginn wieder blicken. Bei dieser Figur von einem Werwolf zu sprechen, ist nicht einfach, denn er ist sehr überproportioniert und stellt selbst solche Kreaturen aus einem Action-Kracher wie Van Helsing in den sprichwörtlichen Schatten. Herenguel zeichnet seinen Werwolf mit solchen Ausmaßen, dass die von ihm gezeichneten erwachsenen Männer gerade einmal die Höhe eines Beins dieser Kreatur erreichen. Mit den behaarten Muskelpaketen könnte das Monster gegen einen Hulk antreten.
Interessanterweise ist das rein gar nichts gegen die andere Kreatur, die sich Herenguel ausgedacht hat. Noch größer und wuchtiger wirkt sie, wie aus einem Alptraum entsprungen. Hat der Werwolf einen Schädel, der mehr einem mutierten Wildschweinschädel gleicht, so wartet das führende Monster mit einer Art Elchkopf auf, der allerdings im Vergleich zum Körper recht klein gerät, sieht man einmal von dem ausladenden Geweih ab – das nimmt jedoch nichts von seiner beängstigenden Wirkung. Außerdem wird es von einer Rotte rattenähnlicher Wesen umgeben, die eine verkleinerte Version der zombiefizierten Dobermänner aus Resident Evil sein könnten.
Monster sind Monster und sie tragen ihren Teil zur Atmosphäre der Geschichte bei. Geister können das Tüpfelchen auf dem I sein. Der Geist des kleinen Mädchens in dieser Geschichte erinnert an die Darstellungen in japanischen Gruselfilmen, wie überhaupt die gesamte Optik thematisch eine Art Grusel-Eastern trifft Action-Western sein könnte. Mit einer begrenzten, aber nichtsdestoweniger effektvollen Farbpalette schafft Herenguel ein wunderbar stimmiges und auch stilvolles Ambiente – sofern sich dieser Ausdruck auf einer sorgfältig inszenierte Optik anwenden lässt. Hinzu kommt, dass er mit den Farben täuscht. Die Dunkelheit verspricht nicht automatisch das Grauen und helles Licht bringt nicht gleichzeitig Trost und Hoffnung mit sich. Das Titelbild ist die regelrechte Überschrift für Herenguels Gestaltungstrick. Eine schöne Vegetation wirkt paradiesisch, doch der Blick der jungen Frau mit den Revolvern erzählt das genaue Gegenteil.
Eric Herenguel versteht sich ebenso gut auf die Gestaltung der Beziehung zwischen Sheriff Stuart und Cathy, der jungen zugereisten Frau, deren Motive einige Zeit schleierhaft waren. Die beiden bilden ein außergewöhnliches Ermittlungsduo, in dem die Frau die etwas gewitztere, vielleicht sogar diejenige mit dem besseren Durchblick ist. Daneben besteht die tragische Beziehung zweier Brüder und am Ende ein nicht unerhebliches Geheimnis, das auch einem Dan Brown zu Gesicht gestanden hätte – jedenfalls hätte er die Lösung sicherlich ähnlich aufgebaut.
Ein Genre-Mix, sehr wohltuend gemischt, hochgradig spannend erzählt und vom Autor in Personalunion auf sehr eigenständige wie auch sanfte Weise in Szene gesetzt. Ebenfalls ein großes Plus: Die Geschichte ist in diesen zwei Bänden abgeschlossen. 🙂
Silbermond über Providence 2 – Wiedergeburt: Bei Amazon bestellen
Montag, 23. Februar 2009
Paris im Jahre 1680. Der König stolziert mit der ihm eigenen von Standes wegen angeborenen Arroganz durch den Palast unter die versammelten Gäste. Der Attentäter, der in seinem Versteck nur auf diesen Moment gewartet hat, entgeht den angetretenen Sicherheitskräften. Allen? Nein, nicht allen! Ausgerechnet eine Nonne rettet dem erstaunten Monarchen das Leben. Mehr noch: Sie macht sich an die Verfolgung des gedungenen Mörders. Da die schwarze Ordenskleidung dabei nur hinderlich ist, wirft die junge Frau diese bei ihrer Verfolgung ab. Kurz darauf hat sie den Attentäter eingeholt und gestellt. Der Feind hat seine Gefährlichkeit bewiesen, doch er weiß bisher nicht, über welch außerordentlichen Talente die junge Frau verfügt, die mit blank gezogenem Degen vor ihm steht.
Gibt es jemanden, der dem guten alten Mantel- und Degen-Genre hinterher trauert? Bis zum nächsten guten Roman oder auch Film mag es noch eine Weile hin sein, aber der vorliegende erste Band der Reihe Belladonna könnte für den Fan von zünftigen Fechtszenen und abenteuerlichen Verwicklungen genau die richtige Überbrückung darstellen – wenn es nicht sogar ein echtes Zuckerstückchen ist, das es nicht nötig hat zu etwas anderem überzuleiten.
Wenn man wie ich zu denjenigen gehört, die nach Filmen wie Die drei Musketiere mit Gene Kelly oder Scaramouche mit Stewart Granger keinen anderen neuzeitlichen Mantel- und Degen-Film mehr wahrgenommen haben, wird mit Belladonna positiv überrascht werden. Ich bin mir nicht sicher, ob es als Film funktionieren würde, als Comic funktioniert es hervorragend. Geheimdienste haben in Geschichten seit längerem wieder Hochkonjunktur. Darin eingeschlossen sind natürlich auch Geheimbünde jedweder Art, Hauptsache geheim. In Van Helsing durfte der Fan phantastischer Abenteuer einen Geheimdienst des Vatikans kennen lernen, hier ist es Verbund zum Schutze des französischen Königshauses.
Aber nicht ein Mann ist die Hauptperson, sondern eine Frau. Das Autorenduo AnGE legt in Marie, deren Codename Belladonna alles hinein, was Sympathien wecken kann. Sie kommt in ihrer Selbstständigkeit einer modernen jungen Frau sehr nahe. Darüber hinaus verfügt sie über kämpferische und artistische Fähigkeiten, die wiederum bei männlichen Lesern für glänzende Augen sorgen. Frauen, die sich schlagen können wie Kerle – ein Phänomen, das in den letzten Jahren immer beliebter geworden ist: Aber es funktioniert.
Bei diesen Zutaten belassen es AnGe jedoch nicht. Hinzu kommt die Kostümpracht jener Zeit. Musketiere, Adelige, Perücken, ausgefallene Kleider und eine Farbenpracht, die heutzutage ihresgleichen sucht. Daneben brilliert Paris als ausgezeichnete Nebendarstellerin, ein wenig dreckig sicherlich, doch selbst im Morast der Seitenstraßen und Gassen immer noch faszinierend. Und auch das ist ein Thema: Die Schattenseiten jener Zeit werden nicht außer Acht gelassen. Im Untergrund der Stadt regieren andere, unerkannt und mächtig, sehr zum Leidwesen der Ordnungshüter. So erwecken AnGe den Geist von Klassikern wie Cartouche, der Bandit mit Jean-Paul Belmondo. Es funktioniert, weil sich Belladonna an derlei Vorbilder anlehnt, aber sehr viel Eigenständigkeit produziert, was schlichtweg auf die moderne Konzeption seiner Hauptfigur zurückzuführen ist.
Es gibt allerdings noch einen Grund, warum die Geschichte funktioniert. Dieser lässt sich in einem Namen zusammenfassen: Pierre Alary. Alary konnte bereits mit seiner SinBad-Version überzeugen. Das Skizzenhafte, das Karikierende, der scheinbar schnelle Strich ergeben einen sehr eigenen grafischen Stil mit einem hohen Wiedererkennungswert. Das Schöne an diesem Stil, der auch recht cartoony ausschaut, ist die Vielseitigkeit.
Alary gelingt es, sehr viel Ausdruck in Gesichter hineinzulegen. Gerade durch die leichte Karikatur, die seinen Zeichnungen zugrunde liegt, gelingt dies leichter und vielfältiger, man könnte auch sagen, eindeutiger. Ruhige Szenen laden zum Verweilen, zum Begutachten ein, schnelle Action-Szenen lassen das Auge springen, zwingen zum filmischen Lesen.
Eine Wiedergeburt des Mantel- und Degen-Films – allerdings nur im Comic. Aber man soll nicht undankbar sein. Mit dem Besten des Klassischen und des Modernen ausgestattet trifft das künstlerische Team ins Schwarze und beschert den Lesern eine schwungvolle erzählte und inszenierte Abenteuergeschichte. 🙂
Belladonna 1 – Marie: Bei Amazon bestellen
Kommentare deaktiviert für Belladonna 1 – Marie
Sonntag, 22. Februar 2009
Im Wald hat etwas überlebt, das es nicht mehr geben sollte. – Und wenn es nach den offiziellen Behörden geht, hat auch nichts überlebt. Deshalb hat das Massaker an der kleinen Familie auch nie stattgefunden. Der Vater ist tot, die Mutter entführt. Was der überlebende Junge auch gesehen haben mag, er ist ein Junge, wer wird einem kleinen Kind schon seine Alpträume glauben? Die Jahre vergehen. Der Junge wird erwachsen. Die Zeit bedeckt seine Erinnerungen, aber sie vergräbt sie nicht. Billy kann die immer neu hervorbrechenden Bilder nicht unterdrücken. Letztlich gibt es für ihn nur einen Ausweg, um dieses Drama ein für alle Mal zu beenden. Er muss dahin zurück, wo alles geschah.
Und Billy muss sich außerdem beeilen. Die Mordtaten mehren sich. Der Mörder geht mit äußerster Brutalität vor und scheint auch vor den seltsamsten Untaten nicht zurückzuschrecken. Als ein Autofahrer auf der Landstraße mit dem Kadaver eines Bären beworfen wird, nimmt das Unheil mit erhöhter Geschwindigkeit seinen Lauf.
Gleich drei namhafte, mit dem Grauen äußerst vertraute Künstler haben sich hier zur Erzählung eines der amerikanischen Mythen überhaupt zusammengetan: Steve Niles, Rob Zombie und Richard Corben. Steve Niles konnte dem Vampirgenre mit seinem 30 Days of Night einen neuen Schub geben. Rob Zombie liebt die Freakshow auf der Leinwand, wie er mit Haus der 1000 Leichen, The Devil’s Rejects und natürlich der Neuverfilmung von Halloween. Richard Corben liebt das Horror-Genre ebenso, aber seine Welt sind die Comics. Dort bewegt er sich allerdings gerne in verschiedenen Genres, wie mit Beiträgen zu Aliens oder Edgar Allan Poe zeigen konnte.
Nun also haben die Herren sich den Bigfoot vorgenommen. Gleich auf dem ersten Titelbild der US-Ausgabe hat Richard Corben ein Standbild eines so genannten Beweisfilms umgesetzt. Der Bigfoot, ein affenähnliches Wesen aus den kanadischen Wäldern, rennt darauf vor seinem Betrachter davon – noch einmal Glück gehabt, kann man da nur sagen. Corben entwirft einen bösen King Kong, etwas kleiner, aber durch und durch blutrünstig. Diese Kreatur, so behaart sie sein mag und so gorillaähnlich sie auch ausschauen mag, ist doch eher eine Art Urzeitmensch. Mehr noch: Er tötet, um zu fressen. Meistens jedenfalls. Nichts dürfte die Phantasie eines Lesers oder eines Zuschauers mehr anregen, als der Umstand, dass die Opfer einer Geschichte in Gefahr geraten können gefressen zu werden.
Der Trick ist nicht neu, doch er wirkt immer wieder. Die Bilder strahlen eine sehr dichte Atmosphäre aus, nicht zuletzt, weil einige Szenen bombastisch gut geworden sind. Es ist Richard Corben zu verdanken, dass man regelrecht auf das Monster wartet. Aber es ist kein Monster geworden, mit dem zu irgendeinem Zeitpunkt Mitleid zu empfinden ist. Zu groß ist die Bösartigkeit, mit der das Vieh zu Werke geht. Dieser Bigfoot ist nicht einfach nur auf der Jagd, denn er scheint sich auf Menschenfleisch spezialisiert zu werden. Andernfalls wäre es nicht zu verstehen, warum er einen 400 kg schweren Bären verschmäht.
Die Bilder, die Corben schafft, sind eindeutig nichts für zartbesaitete oder gar feinsinnige Gemüter – das sollte man von einer Geschichte, an der Rob Zombie beteiligt ist, auch nicht erwarten. Ein ganz klein wenig fühlt man sich als Leser im Kern an Der Geist und die Dunkelheit erinnert. Die Stimmung ist zuweilen ähnlich, was auch damit zusammenhängt, dass das Land eine wichtige Rolle in diesem Horrordrama spielt. Die Wälder sind unergründlich, unerschlossen und düster. Das Grauen nähert sich lautlos und es wird, wie das Titelbild des vorliegenden Bandes zeigt, von Corben unnachahmlich auf Papier gebannt.
Aber Corben leistet sich auch Ausrutscher. Manchmal verrutschen seine Figuren ins Lächerliche, erinnern sie an die allseits beliebten Wackelköpfe, wenn die Proportionen nicht mehr so stimmen, wie sie sollten. Das sind die Momente, in die Atmosphäre kurz zerstört wird und verfliegt. Vielleicht ist das ein Trick von Corben, denn in den folgenden Szenen kehrt das Grauen mit noch größerer zur Schau gestellter Macht zurück.
Ein sehr gelungenes Horrorvergnügen in stimmungsvollen Bildern. Wer schon etwas von Steve Niles las oder von Rob Zombie sah, weiß, was ihn erwartet. Alle anderen, die eher einen sanften Grusel bevorzugen, sollten erst einmal einen Blick in die Leseprobe riskieren. 🙂
Bigfoot: Bei Amazon bestellen
Kommentare deaktiviert für BIGFOOT
Freitag, 20. Februar 2009
Cubitus ist nicht der faulste Hund im Universum, aber sicherlich einer derjenigen, die furchtbar schwer zu wecken sind. Wie gut, dass sich sein Herrchen darauf eingestellt hat. Ein leichter Donner aus einer überdimensionierten HiFi-Anlage hat noch jeden Hund geweckt. Herrchen hat es aber auch nicht leicht mit Cubitus. Da kidnappt der Hund doch tatsächlich die Zervelatwurst aus dem Kühlschrank und fordert zwei weitere als Lösegeld. Gar keine Frage, dass Herrchen schnell weiß, wo der Hase – Verzeihung – natürlich, wo der Hund lang läuft. Essen ist ein zentrales Thema im Leben von Cubitus. Eines, das ihm Freude macht, aber auch ständig in Schwierigkeiten bringt.
Keine Frage, Cubitus weiß auch, dass Essen nicht nur Leib und Seele zusammenhält, sondern auch als Köder dient. So wird ein Angelausflug nicht lustig, er ist auch von unterschiedlichem Erfolg gekrönt. Ein Kaviartoast mag die Fische anlocken, ein überdimensionierter Räucherschinken macht da schon mehr Probleme. Aber zu jeder Zeit bleibt er bei all seinen Bemühungen liebenswert.
Debakel ohne Makel lautet die Überschrift des 19. Bandes mit den Abenteuern des kugeligen weißen Kuschelhundes. Cubitus will – und das muss hier einmal mit allem Nachdruck angeführt werden – stets das Beste, nur er hat nicht immer das beste Händchen dafür. Anders gesagt: Cubitus ist ein Tolpatsch. Dupa hat sich für seinen Wunderhund einige haarsträubende Situationen ausgedacht. Korpulent mit Talent bringt es ans Tageslicht. Cubitus ist ein Zauberer, wenn auch ein mäßig begabter, wie es sich bald zeigt. Das Bild, auf dem ein Cubitus zu sehen ist, der sich abmüht, alle seine Zauberkaninchen einzufangen, hat einen hohen Knuffig-Faktor.
Ich ködere mit in Milch getunktem Brot und ich nehme, was hier so vorbeischwimmt.
Ich ködere mit in Bordeaux (Jahrgang 1961) getunktem Kaviartoast und ich kriege alles, was ich will.
Worthumor steht hier wunderbar gleichbedeutend neben Humor ohne Worte. Sicherlich ist hier nicht alles mit Weisheit getränkt, wie diese kleine Wortspielerei der Angler, aber ein wenig Lebensklugheit findet sich immer wieder einmal in den Einseitern, die abschnittsweise aus Cubitus’ Leben erzählen. Welche Wirkung ein feiner Anzug und das Wort Liebe haben kann, zeigt sich in dem Sketch Kurze Rede mit einer wundervollen kleinen Pointe.
Sketch? Ja, nicht alles ist gleich humoristisch, nicht jede Seite ist von Dupa als Brüller ausgelegt. Der Leser sollte nicht dieser Annahme verfallen und so einen Fehler begehen. Dupa verlässt sich bei seinen Erzählungen auch auf die kleinen Momente. Er sucht das Schmunzeln bei seinen Lesern, vielleicht auch ein glückliches Lächeln, das neben einem schadenfrohen Grinsen natürlich auch seine Berechtigung hat. – Schade nur, dass es diesmal nur einen kleinen Ausflug in den Wilden Westen gibt. Der Maulwurf, der hier als Indianer auftritt, könnte ein heimlicher Star werden. Ganz besonders, da die Schnecke in diesem Band eindeutig zu kurz kommt.
Keine Vorkenntnisse vonnöten: Einfach loslesen, laut lachen, leise schmunzeln, Spaß haben. Hier ist einfach für jeden etwas dabei, von der albernen Slapstick bis zur kleinen Lebensweisheit in humorvoller Verpackung. Cubitus ist jung und bleibt jung: Zeitloser Humor. 🙂
Cubitus 19 – Debakel ohne Makel: Bei Amazon bestellen
Alix Yin Fus Schicksal entscheidet sich. Wie wird sie dem Großen Steuermann dienen? Als Stechfliege? Oder als Honigfliege? Rein optisch sind ihre Fähigkeiten klar definiert, doch Alix hat gar nichts mit einem erotischen Dienst für den Großen Steuermann im Sinn. Ihr Vorgesetzter lässt sich durch ein paar Schläge gern überzeugen. Alix wird eine Stechfliege, eine Mörderin im Dienste des Großen Steuermanns. Ihr erster Einsatzort ist San Francisco. Alix’ Vorgesetzter Hsu Hsieh bringt sie höchstpersönlich über den großen Teich und übergibt sie in die Obhut des Dreifarbigen Drachen.
Alix ist erstaunt, es mit einer Langnase zu tun zu haben, die für den Kommunismus einsteht. Doch Rousseau, ein gebürtiger Franzose, hat sich an das Geschäft gewöhnt. Widrigkeiten gehören dazu. Wenn Alix diejenige sein soll, die auszubilden ist, wird er seine Aufgabe erfüllen. Kaum hat Alix an seinem Tisch Platz genommen, hat sie auch schon ihre erste Bewährungsprobe zu erfüllen: Einen Mord auf offener Straße.
Didier Conrad nimmt den Ball alleine auf und schickt seine Alix ins Land der Kapitalisten. In San Francisco herrschen noch nicht jene Tage, in denen man die Stadt besser mit einigen Blumen im Haar betritt. Es ist Feindesland. Alix darf niemandem trauen, erst recht keinen Chinesen, denn diese sind die schlimmsten Kapitalisten von allen. Ihr Auslandseinsatz gestaltet sich sehr bald schon gefährlicher als ihre vorherigen Aufgaben. Rousseau, der Franzose, ist ein strenger Lehrer, aber Alix muss feststellen, dass sie nicht die eiskalte Mörderin ist, wie es der Große Steuermann von ihr verlangt.
Oder besser, wie es seine ihm dienenden Untergebenen verlangen. Wie überall sonst werden Gunst und Missgunst verteilt, sind persönliche Vorteilsnahmen im Kommunismus ebenso präsent wie anderswo auch. Ausgerechnet Rousseau, der als Langnase eigentlich jegliches chinesische Klischee erfüllen sollte, stellt sich als würdige Stechfliege heraus, die ihrem Auftrag ohne Wenn und Aber nachkommt.
Die Zeichnungen mögen täuschen, aber die Geschichte um Die weiße Tigerin nimmt sich ziemlich ernst. Nicht nur Mord und Totschlag, die berühmten Geheimdienstaktivitäten der 50er Jahre bzw. des Kalten Krieges, auch alte Gräueltaten kommen ans Licht und erschüttern insbesondere Alix, die sich hier verstärkt mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen muss, als es für zu wählen heißt. Entweder nimmt sie Rache am Mörder ihrer Mutter oder sie dient dem Großen Steuermann wortgetreu.
Conrad bleibt natürlich nicht vollständig ernst. Eine Figur wie Rousseau karikiert einen Schauspieler wie Jean Reno. Chinesische Weisheiten lassen allerhand Spielraum zur Interpretation (um die Wahrheit zu sagen, habe ich kaum eine davon verstanden) aber gerade das macht den humoristischen Reiz aus. Hier stehen kleine Albernheiten, leicht erotische Verspieltheiten neben vielerlei knallharten Agentenszenen, die auch in einem ganz normalen Action-Film denkbar wären. Conrad gestaltet eine sehr liebenswerte Hauptfigur, die sich lange weigern kann, die Fünfte Glückseligkeit anzuwenden.
Grafisch wird der klassische frankobelgische Cartoon-Weg weiterbeschritten. Stark angedeutete und reduzierte Figuren stehen neben einer sehr schön ausgearbeiteten Kulisse nebst Fahrzeugen und Ausstattung. Die prachtvollen Farben auf dem in Posterqualität gestalteten Titelbild geben ein leicht falsches Bild. So düster die Geschichte überwiegend ist, so sind es auch die farblichen Stimmungen. Seitengassen, Spelunken, Hinterzimmer, eine gefährliche Nacht am Strand bilden einen starken Gegensatz zu den lichten Momenten. Aber jegliche Farbstimmung ist stets kräftig und mitreißend.
Weitaus weniger Komödie als knallharter Agententhriller mit einer sehr sympathischen Hauptfigur. Zeichner Didier Conrad hat die alleinige Umsetzung der weißen Tigerin übernommen und führt die Geschichte auch ohne Yann sogar sehr spannend fort. 🙂
Die weiße Tigerin 3 – Die fünfte Glückseligkeit: Bei Amazon bestellen
Oder bei Schreiber & Leser.
Kommentare deaktiviert für Die weiße Tigerin 3
Dienstag, 17. Februar 2009
Graustreif hat seine Heimat verloren. Er konnte die Entführung einiger seiner Artgenossen verhindern, dabei geriet er selber in Gefangenschaft. Der Katzenkrieger, die Freiheit gewöhnt, findet sich plötzlich in einem fremden Haus wieder, inmitten einer menschlichen Ortschaft und alles ist so anders, als er es von Geburt an her kennt: Sogar die Katzen. Die Welt mag anders sein, aber ganz so schlecht ist es nicht. Gut, das Essen, das sie ihm vorsetzen ist grauenhaft, doch es ist warm und kuschelig, während es draußen bitterböse regnet. Die Zweibeiner um ihn herum, zwei ältere und zwei jüngere, scheinen ihn zu mögen. Sie kraulen ihn und er lässt es genießerisch zu. Schließlich wird der Freiheitsdrang zu gewaltig.
Bei der nächsten Gelegenheit ist Graustreif durch die offene Tür entkommen. Und wie es auf einmal riecht! Und all die fremden Geräusche! Graustreif kann nicht anders. Ein wenig beschämend ist es zwar für einen Katzenkrieger, aber er flüchtet sich lieber in die Umarmung eines Zweibeiners. Am nächsten Tag versucht er es erneut.
Erin Hunter: Nicht eine, nicht zwei, nein, gleich drei Autorinnen teilen sich dieses Pseudonym. Cherith Baldry, Kate Cary und Victoria Holmes haben das Universum erfunden, in dem sich verschiedene Katzenclans ein Gebiet in einem Wäldchen teilen. Auf dem englischen Buchmarkt gibt es bislang 17 Romane, aufgeteilt auf drei verschiedene Zyklen.
Der Einstieg erfolgt in aller Kürze. Graustreif wird seiner Heimat entrissen und so erwacht er zunächst in einer für den Leser vertrauten Welt, einem beschaulichen Vorort der Menschen – oder der Zweibeiner, wie Graustreif, ein gestandener Kater, sie nennt.
Die Zweibeiner haben nichts zu sagen in dieser Geschichte und falls doch, werden sie nicht verstanden. Durch die Augen von Graustreif erfährt der (junge) Leser die Fremdartigkeit dieser Umgebung. Die Umzäunungen, die fein gepflanzten Beete, die künstliche Bewässerung und kurz geschnittene Rasen laden nicht den freiheitsliebenden Graustreif nicht gerade zur Entdeckertour ein. Zu allem Überfluss erheben andere Kater – gewöhnliche und verwöhnte Hauskater – auch noch Anspruch auf verschiedene Reviere. Das ist mit leichter Hand von David Jolley geschildert, der die Manga-Adaption von Erin Hunter übernommen hat.
Katzengeschichten sind keine Neuigkeit auf dem Buchmarkt, spätestens Felidae von Akif Pirincci machte diese Hauptdarsteller auch in Deutschland populär. Sein Katzenkrimi schaffte es sogar auf die Leinwand und in den Comic. Weitaus weniger brutal und sehr schön für Kinder, sogar zu Herzen gehend ist der vorliegende erste Band der Warrior Cats mit dem Titel Der verlorene Krieger. Einfach und unterhaltsam erzählt erlebt der Leser die schlichte Sicht der Katzen ohne besondere Fantasy-Elemente, wie sie manchmal in die Vermenschlichung von Tiergeschichten Einzug halten. Hier wird Wert auf eine möglichst unverfälschte Katzenwelt gelegt – sofern das machbar ist, versteht sich.
Denn so ganz kann natürlich nicht auf eine Vermenschlichung verzichtet werden. Die Katzen verständigen sich mit ihren eigenen Worten und so ganz weit weg ist diese Kommunikation von jener der Zweibeiner dann doch nicht.
Die grafische Gestaltung von James L. Barry folgt dem Manga, genauer dem Manhwa, da hier eine europäische Leserichtung eingehalten wird. Schwarzweiß, mit nur wenigen Graustufen ausgeführt, ist die Optik geradlinig, schnörkellos und ohne Überraschungen. Hier ist eindeutig ein jüngeres Publikum die Zielgruppe, die sich von überbordenden Bildern nicht beeindrucken lassen würde. Die Geschichte soll schnell und zügig erzählt werden, ohne Ablenkungen mit unnützen Details. Die Katzen sind liebenswürdig gezeichnet, kindlich, aber ohne Disney-Charme, der einem zu Katzen nach den berühmten Aristocats zwangsläufig auch einfällt. Das gelingt trefflich und entwickelt sich für Graustreif versöhnlich, da er eine neue Freundin findet.
Eine leichte Kinderlektüre, ein wenig geheimnisvoll, ordentlich spannend, leichtfüßig gezeichnet und erfolgreich, wie die sechs englischen original Manga-Bände zeigen.
Warrior Cats 1 – Der verlorene Krieger: Bei Amazon bestellen
Sonntag, 15. Februar 2009
Ganz in weiß, angetan mit einem Schutzhelm und einer kleinen Kompanie Superman-Roboter hinterdrein, rückt der Stählerne zu einem seiner finalen Kämpfe aus. Im All wartet der Feind mit tödlichen roten Sonnenstrahlen. Der Kampf ist hart, die Verluste unter den Robotern hoch. Aber Superman gibt nicht auf, obwohl sogar ein liebgewonnener Freund die Gegenwehr mit Leben bezahlen muss. Es bleibt keine zeit zur Trauer, denn am Boden wartet schon der nächste Feind: Lex Luthor.
Superman ist tot. Es lebe Superman. Nach all den verschiedenen alternativen Erzählungen zu bestehenden Superhelden oder zu ganzen Comic-Universen dürfte die sechsteilige All Star Superman-Saga zu den eigenständigsten gehören. In sich geschlossen bietet die kleine Reihe viel Neues und kreiert den Stählernen auf eine vielschichtige Art neu. Bereits sehr früh wurde das Schicksal Supermans festgelegt: Tod. Unabwendbar, unheilbar. Aber es blieb genügend Zeit, um den Nachlass zu regeln und Abschied zu nehmen.
Grant Morrison beschritt dazu sehr eigenwillige Wege. Einerseits griff er alte Bestandteile auf und krempelte sie auf eine beinahe wahnwitzige Weise um – mit der Betonung auf witzig – andererseits setzte er neue Akzente, so dass sich unumwunden behaupten lässt, dieser Superman ist Morrisons Superman.
Unverzichtbar in allen Superman-Alternativen ist Lex Luthor. Auch Morrison kommt nicht ohne ihn aus, entwirft ihn aber deutlich psychopathischer als in manch anderer Episode. Beziehen wir uns nur auf den Luthor in dieser letzten Folge, dürfte der Einsteiger sich an einen Horror-Thriller erinnert fühlen. Lex Luthor landet auf dem elektrischen Stuhl, hat die Wahl eines letzten Drinks, verwünscht den Priester, wird hingerichtet, stirbt aber nicht, sondern lacht die Anwesenden aus, bevor er sich befreit und sie eigenhändig tötet.
Als würde ein menschlicher Psychopath nicht ausreichen, muss Superman auch noch gegen Solaris antreten, eine hochentwickelte Maschine in Form einer roten Sonne. Dieser Kampf wie auch jener gegen Lex Luthor werden von Morrison als präzise geführte Schläge beschrieben, die letztlich doch in eine emotionale Endphase münden. Superman erfüllt seinen Job, aber Begeisterung ist nicht mehr dabei. Supermans Körper läuft sozusagen nur noch auf Reserve, sein Leben befindet sich in der Verlängerung. Für Morrison gibt es auch im letzten Akt des Comic-Dramas kein Umdenken mehr. Superman sollte sterben – und er stirbt.
Sicherlich könnte jeder halbwegs versierte Comic-Autor das Schiff auch wieder aus dem Hafen bringen. Ein entsprechender Mut machender Epilog existiert, doch eine Fortsetzung wäre mit Superman nicht denkbar. – Ohne Superman schon. Man darf sich überraschen lassen, ob ein solches Experiment einmal gewagt werden wird. Denn schließlich traf Superman zukünftige Varianten seiner selbst.
Mit dem Ende dieser kleinen Reihe muss sich der Leser auch von Frank Quitely verabschieden. Einfach, einfacher, Quitely, auch eine Spur Moebius, ganz wie man will. Quitely frönt regelrecht einer Vereinfachung. Dazu haben seine Bilder weiterhin einen wahnsinnig zerbrechlichen Charakter. Es gibt den einen oder anderen Schattierungsstrich und die Knitterfalte, doch in der Hauptsache kommt Quitely ohne umständliches Drumherumgekrackel aus.
Jamie Grant, der dritte Künstler im Bunde, hat einen maßgeblichen Anteil am Erfolg der Optik. Getuscht wurde hier von ihm rein digital. Obendrein ist er für die Kolorierung verantwortlich. Er nutzt einen Quitely-Trick, denn Quitely besitzt den Mut zur Lücke, indem er auf überflüssige Ausstattung verzichtet und seinen Figuren viel Platz lässt. Grant greift diese Lücken auf, gibt ihnen eine samtweiche, aber auch stets leicht körnige Farbgebung, so dass selbst auf der einfarbigsten Großfläche Unregelmäßigkeiten zu finden sind. So wird der erste Eindruck von Schlichtheit durchbrochen und weicht einer schönen Plastizität der Bilder.
Grafisch gnadenlos toll, fast schon zu schön für eine Heft-Comic-Reihe. Ein würdiger, fein strukturierter, aber auch trauriger Abschluss des Sechsteilers (in den USA 12 Ausgaben). Perfekte Superhelden-Unterhaltung. 🙂