Die Azurier sind übermächtig. Als sie erstmals erschienen, wehrten sich die Menschen gegen sie, doch der Feind ließ ihnen keine Chance. Die einstmals großartige Zivilisation fiel in beinahe steinzeitliche Strukturen zurück. Nicht mehr lange und die Menschen hatten vergessen, wie es einmal gewesen war. Eine strikte Kontrolle des Feindes, der sich verborgen hielt, verhinderte neue Errungenschaften. Alles hätte ewig so weitergehen können, wäre nicht eines Tages ein Astronaut zur Erde zurückgekehrt, den man seit vielen Epochen tot glaubte. Sein Name ist Storm.
Der Kampf um die Erde ist entbrannt. Menschen stehen Azuriern in einem gnadenlosen Aufstand gegenüber. Nachdem es sich herausgestellt hat, warum so vieles auf der Erde vollkommen verkehrt läuft, gehört der ehemalige Astronaut Storm zu den Anführern des Widerstands. Seinen Kenntnissen verdanken die Menschen die Nutzung von Technologien, die entweder der Erdvergangenheit entstammen und den Azuriern geraubt wurden.
Dick Matena schreibt in dieser alten Episode, die für den Leser wie eine Reise in eine vergangene Epoche der Unterhaltung ist, relativ nüchtern über den Befreiungskampf. Manchmal ist sein Blick auf die Begebenheiten fast ein wenig kühl, mitunter sogar sezierend. In anderen, eher wenigen Augenblicken, schaut er mit Mitleid zu, mitfühlend lässt er seine Charaktere vorüberhasten und entkommen. Geschenkt bekommen Storm, Rothaar und seine neu gewonnenen Freunde rein gar nichts.
Matena schreitet mit großen Schritten den Handlungsstrang entlang. Ein Rückblick gibt eine kurze Einführung zum Geschehen. In dieser Kürze betrachtet erscheinen Storms bisherige Abenteuer relativ unwichtig und ereignislos. – Was sie definitiv nicht sind.
Für den Leser startet der Freiheitskampf im übertragenen Sinne, wie er es auch aus der Geschichte her kennen mag. Technologisch sind die Menschen eigentlich unterlegen, würden sich nicht dank Storm einige Spielereien finden, die den Azuriern das Leben gehörig schwer machen.
Es ist ein guter Kniff von Dick Matena, das Gut-Böse-Schema an dieser Stelle zu verlassen. Bei einem neuen Angriff der Azurier findet Storm einen unerwarteten Verbündeten in dem Piloten Solon. Rache ist zuerst das Motiv für den Sinneswandel des Azuriers. Später wird daraus Verachtung für ein korrumpiertes Regime werden.
Mit Solon tritt eine Wendepunkt ein. Storm begibt sich fern des Schlachtfelds auf eigene Abenteuer. Alleine muss er zunächst mit ansehen, wie seine Soldaten den Kampf ohne ihn schlagen. Ein Sieg ist nicht mehr fern, legt Matena seinem Helden den größten Stolperstein überhaupt in den Weg – einen, der auch in späteren Abenteuern immer wieder funktionieren wird: Rothaar wird entführt.
Entführt oder bedroht, Hauptsache in Gefahr. Wenn Storm sich für jemanden – bei einer großen Liebe nicht anders zu erwarten und vom Leser auch nicht anders gewollt – in Gefahr stürzt, dann für jene Frau, die er nach seiner Rückkehr zur Erde ausgerechnet in Gefangenschaft kennenlernte. Für die dramatische Rettungsaktion wurden verschneite Berge als Hintergrund gewählt. Mehr noch, als der Leser sich an die Lebensfeindlichkeit der Situation gewöhnt hat, schweift Matena mit dem Auftauchen eines sehr merkwürdigen Raumschiffs wieder ins Phantastische ab, dem Kern, der diese Serie ausmacht.
Was wäre Storm ohne Don Lawrence?
Wie der Leser dank der Fortführung der Reihe weiß (Nr. 23, Der Nabel des doppelten Gottes), geht es, aber die Vorgaben eines Lawrence bleiben erhalten. So sind die Bilder dieses Künstlers, der nicht einfach nur ein Comiczeichner war, eine hohe Messlatte für jene, die auch diesen Beruf ergreifen wollen. Nicht viele konnten bisher diese Qualität erreichen. In dieser relativ frühen Phase von Storm – es ist sein 5. Abenteuer, rechnet man das Entwurfsabenteuer von Commander Grek nicht mit – zeigt sich ein hervorragender Querschnitt von Schauplätzen und Szenen, die einen Künstler alle samt fordern.
Auch Don Lawrence kriegt nicht jede Kurve, aber er strengt zu jeder Zeit ein. Dazu wendet er viele Pinseltechniken an. Oft lässt es sich für einen aufmerksamen Beobachter erkennen, dass manche Künstler an einer Strich- oder Farbtechnik festhalten, ob diese nun zum gewünschten Ergebnis führt oder nicht.
Lawrence widersetzt sich irgendwelchen eigens gestellten Grenzen. Er strichelt die Farbe zweifellos gerne auf und erreicht damit sehr realistisch wirkende Ansichten. Aber er arbeitet anstelle von durchscheinenden Farben, die sich selbst auf dem Papier für das Auge mischen auch mit deckenden Flächen. Lichter werden entweder im Vorfeld freigelassen oder nachträglich per Deckweiß aufgetragen. Das Ergebnis zählt, nicht der Weg.
Wenn Lawrence eine Figur, eine Bilddetail strichelt, ist es bezeichnend, wie sehr diese Strichkonstruktion der Form folgt und auf diese Art noch mehr Plastizität verleiht. Der vorliegende Band wird mit einigen weiteren Bildern – so auch einem neuen Cover – bereichert, auf denen sich diese Techniken noch besser ablesen, und wer es versuchen möchte, oder auch nachahmen lassen. Einige Fotos – leider zu wenige – bieten einen Einblick in die Werkstatt des Meisters und zeigen auch seine Arbeitsutensilien.
Perfekt gemalt und gezeichnet, gelungene Science Fiction Unterhaltung, selbst heute noch, die aber erst so richtig Spaß macht, wenn man als Leser auch die Vorgänger genossen hat. 🙂
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