Ethan Ringler, erst vor kurzer Zeit in der neuen Welt angekommen, hat sich schnell, viel schneller als erwartet, in seine neue Rolle eingefügt. Ethan, auf der Suche nach seiner indianischen Abstammung, arbeitet Undercover bei dem zwielichtigen Van Rhinelander, einem Mann mit vielen dubiosen Verbindungen. Vordergründig als Leibwächter angestellt – seine Fertigkeiten mit zwei außergewöhnlichen Pistolen prädestinieren ihn dazu – arbeitet er in Wirklichkeit für die Bundespolizei. Doch irgendwie ist es für Ethan – aller Ernsthaftigkeit der Ereignisse zum Trotz – eine Art unwirkliches Spiel.
Sind seine Aufgaben bisher schon sehr aufregend gewesen, ist sein Umfeld ganz anders als jenes, in dem er aufgewachsen ist, so bringen die neuesten Verwicklungen erst das richtige Abenteuer – und auch einen Schritt näher an seine Herkunft heran. Es ist die Zeit der Umbrüche. Eine Forschung der Vettern Benz wird zum Zankapfel zwischen dubiosen Elementen der New Yorker Gesellschaft. Ethan ist in diese Auseinandersetzungen verstrickt und hat Glück. Ein Auftrag macht es erforderlich, dass er die Bekanntschaft mit Lautlose Feder macht. Der Indianer, der in den Armenvierteln außerhalb New Yorks lebt, ist bekannt für seine lautlose Art des Stehlens und Tötens. In ihm findet Ethan zum ersten Mal jemanden, der ihm etwas über sein Volk erzählen kann: die Nebelmänner.
In der zweiten Episode aus dem Leben von Ethan Ringler, oder auch Tecumska, wie er später heißen wird, finden sich erste Spuren zu seiner wahren Identität und Zugehörigkeit. Autor Denis-Pierre Filippi beschreitet mit seiner Erzählung verschiedene Wege, man könnte auch sagen, er bedient verschiedene Themen.
Die Kriminalität im vergangenen New York ist nur einer dieser Handlungsstränge. Neben der gesellschaftlichen Struktur, die hier sehr gut verwoben wurde, kreuzen sich natürlich Kriminalität und Wirtschaft. Wichtige Pläne, von einem Erfinder erstellt, wurden gestohlen. Obwohl hier eine eindeutige Straftat vorliegt, denkt der Geschädigte, Van Rhinelander, nicht daran, die Polizei einzuschalten. Die Verstrickungen im alten New York reichen bis in die Verwaltungsetagen der Stadt. Einen ehrlichen Cop zu finden, ist alles andere als leicht.
Ethan Ringler muss die Erfahrung machen, dass seine Nabelschnur nach Europa noch nicht so ganz abgeschnitten ist und sein Name, den er verwendet, Assoziationen weckt, die ihm ganz und gar nicht gefallen. Hier kann er sich noch herausreden, aber es ist spannend, ob ihm das auch weiterhin gelingt. Immerhin – und hier kommen die Exotik, das Fremde, das Andere ins Spiel – lenken ihn neue Informationen ab. Ethan, der ein Magnet für die Frauen ist, ohne es zu wollen, hat noch lange nicht seinen indianischen Scharfblick entdeckt. Von Lautlose Feder kann er noch viel lernen. Ethans neuer Bekannter dürfte darüber hinaus die coolste Figur dieser Geschichte sein.
Ist der Leser zu Beginn vielleicht geneigt, Mitleid mit Lautlose Feder zu empfinden, da dieser in einem Slum zu Hause ist, ändert sich diese Einstellung während des ersten Auftrags. Der Indianer mag kein Gentleman-Einbrecher sein (obwohl er einen Zylinder trägt), aber er versteht sein Handwerk. Außerdem weiß er sich zu wehren. Von Gilles Mezzomo wird die Szenerie in sehr schnörkellosen Bildern umgesetzt. Wie viel Arbeit und handwerkliches Geschick in den Bildern liegen, mag der Leser an den Skizzen im Vorfeld der Handlung ablesen. Auf mehreren Seiten finden sich Charakter-, Haltungs- und Umgebungsstudien, die einen schönen Einblick in Mezzomos Talent geben. Darüber hinaus wird erkennbar, wie wenig notwendig ist, um den Eindruck eines Gegenstands, eines Kleidungsstücks oder auch einer veränderten Mimik zu erzielen.
Ähnliche Zeichnungen lassen sich auch in Anleitungen zum Zeichnen finden. Doch dort ist gemeinhin auch Schluss. Entwürfe und Skizzen werden hier weiterverfolgt und farblich umgesetzt. Die Tuscheüberzeichnung vereinfacht die Bilder zusätzlich, reduziert die benötigten Striche weiter. Der Farbauftrag von Nadine Thomas imitiert einen natürlichen Farbauftrag, ähnlich schnörkellos.
Die Bilder treiben die Handlung voran, sie laden nicht (immer) zum Verweilen ein. Filippi erzählt filmischer als im ersten Teil, die Szenen sind stark auf den Punkt konzentriert. Mezzomo stützt durch seinen grafischen Ausdruck diese Erzählweise, so dass ein sehr flüssig zu lesendes und in vielen Abschnitten hochspannendes Abenteuer entsteht. 🙂
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