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Comic Blog


Samstag, 31. Januar 2009

The Spirit – Die besten Geschichten

Filed under: Thriller — Michael um 19:17

The Spirit - Die besten GeschichtenEin Mann steht im Schatten. Obwohl er dazu aufgefordert wird, tritt er nicht ins Licht. Seine Abschiedsworte: Nennen Sie mich doch einfach … Spirit.

In 22 Episoden wurde wichtige Abschnitte aus dem fiktiven Leben des Spirit zusammengestellt. Das Phänomen Spirit, seit 1940 erschienen und von Will Eisner geschrieben und gezeichnet, zieht nach der Zeitspanne eines ganzen Menschenlebens immer noch Leser in seinen Bann. Wenn sich dann noch Hollywood an diesem Stoff bedient und eine weitere Comic-Größe wie Frank Miller dieses Projekt in die Hand nimmt, ist dies für den sowieso hoch gelobten Eisner wie ein posthumer Ritterschlag.

Wie wurde aus Denny Colt der Spirit? Diese Ursprungsgeschichte, die dem Leser hier präsentiert wird, zeigt sehr gut, dass auch Will Eisner klein angefangen hat, bevor die Welt und die Figuren um den Spirit herum zu Hochtouren aufliefen.
Die Zeichnungen sind in der ersten Episode noch sehr auf Realismus bedacht. Die Auseinandersetzung zwischen Denny und dem gefährlichen Dr. Cobra (ich liebe diese Namen) erinnert ein wenig an die Entstehung des Jokers. Hier wie dort gibt es eine Figur, die für tot gehalten wird und zurückkehrt. In diesem Fall ist es allerdings der Gute. Aus Denny Colt wird der Spirit.

Bereits 1939 machte eine Comic-Figur auf sich aufmerksam: Batman. In den Detective Comics trat der maskierte Detektiv, später als dunkler Ritter namentlich in den Köpfen der Leser verankert, erstmalig auf. Es gibt Parallelen zum Spirit, aber auch deutliche Unterschiede. Wichtigstes Merkmal zur Unterscheidung dürfte ein viel höherer humoristischer wie sezierender Blick auf Menschen und die damalige Gesellschaft sein.

Dennys Ansprechpartner Commisioner Dolan hat zu Beginn schon leicht karikierte Züge, diese werden im Verlauf der Geschichten aber immer comic-hafter. Bald schon erinnert sein Äußeres an den 1929 erstmals aufgetretenen Popeye. Sie teilen sich den schiefen Mund, den verkniffenen Zug im Gesicht, sie tragen sogar beide eine Pfeife im Mund. Und beiden ist eine etwas knötterige Mentalität zueigen. Doch Commisioner Dolan ist bei weitem nicht eine derart wichtige Figur für den Spirit, wie es ein Commisioner Gordon für Batman ist. Weit aus wichtiger sind die Frauen. – Ein Umstand, den wieder beide Figuren gemeinsam haben, aber die Frauen um den Spirit sind eindeutig mit einer größeren kriminellen Energie ausgestattet.

Silk Satin, eine toughe, äußerst zwielichtige Frau, mit einer für heutige Verhältnisse modernen Kurzhaarfrisur, steckt schon mal eine Kugel weg – und holt sie sich selber aus dem Arm – während ihre Kumpanen beim bloßen Anblick der Verletzung bereits der kalte Schweiß auf der Stirn steht. Dulcet Tone gehört zu der Sorte Frauen, die sich ohne mit der Wimper zu zucken mit der Axt zur Wehr setzen, wenn es sein muss. P’Gell ist ein die Männer mordender Vamp. Wild Rice wird leider nicht alt genug, um größere kriminelle Energie zu entwickeln. Lorelei Rox verzaubert die Männer mit ihrem goldenen Haar. Und Sand Saref erschüttert unseren maskierten Helden ganz besonders. Das Mädchen, mit dem Denny Colt aufwuchs, hat sich zu einer raffinierten Verbrecherin entwickelt. Dennoch hat er es sich zur Aufgabe gemacht, die Frau, für die er immer noch so viel empfindet, zu fassen und dem Gesetz zu überstellen.

Für diese Sammlung hat sich der US-amerikanische Comic-Verlag DC die Mühe gemacht, die Bilder farblich zu überarbeiten, allerdings angepasst an die Originale. Darüber hinaus lässt sich grafisch nicht eine Entwicklung, sondern auch die Bandbreite der Bilder von Will Eisner ablesen.
Unterschiedliche Geschichten erfordern eine unterschiedliche Umsetzung. Zwischen ernsthaft melodramatisch, gruselig und komödiantisch ist alles vertreten. Eisner versucht bereits auf der ersten Seite einer Geschichte durch eine stimmungsvolle Einleitung mit einem jeweils anderen Seitenaufbau Rechnung zu tragen. Dabei sind über die Jahre hinweg viele Kleinode entstanden, die in ihrer Art richtungsweisend auch für andere Künstler wurden.

Über die Machart der Bilder – bei aller Entwicklung, die in ihnen steckt – kann man sich als Leser streiten. Aus heutiger Sicht lässt sich nicht einfach sagen, dass sie altbacken wären, da es mittlerweile ein Gewirr an Stilen und Richtungen in der Comic-Kunst gibt, in denen auch grafische Eigenarten, wie Eisner sie pflegte, wiedergekehrt sind. Manchmal findet sich eine Bilderbuchoptik, die der Leser und Comic-Fan vielleicht aus ganz alten grafischen Geschichten wie Vater und Sohn her kennt. Manchmal sind die Bilder dergestalt, wie sie sich verbreitet in Comics der 80er Jahre noch finden lassen. Die Geschichten, denen immer etwas einer Boulevardkomödie anhaftet, ganz gleich mit welchem Thema sie sich befassen, wirken frisch und jung.

Würde Will Eisner noch leben, oder hätte er die Möglichkeit besessen, noch viele Jahre weiter seine Techniken zu entwickeln, so würde er heute auf seinem Weg regelmäßig Vorgaben gemacht haben, die richtungsweisend sind. So hat sich besonders der Spirit in das Kulturgut eingegraben – zeitlos gut und unterhaltend. 🙂

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Freitag, 30. Januar 2009

Storm 5 – Der Kampf um die Erde

Filed under: SciFi — Michael um 18:55

Storm 5 - Der Kampf um die ErdeDie Azurier sind übermächtig. Als sie erstmals erschienen, wehrten sich die Menschen gegen sie, doch der Feind ließ ihnen keine Chance. Die einstmals großartige Zivilisation fiel in beinahe steinzeitliche Strukturen zurück. Nicht mehr lange und die Menschen hatten vergessen, wie es einmal gewesen war. Eine strikte Kontrolle des Feindes, der sich verborgen hielt, verhinderte neue Errungenschaften. Alles hätte ewig so weitergehen können, wäre nicht eines Tages ein Astronaut zur Erde zurückgekehrt, den man seit vielen Epochen tot glaubte. Sein Name ist Storm.

Der Kampf um die Erde ist entbrannt. Menschen stehen Azuriern in einem gnadenlosen Aufstand gegenüber. Nachdem es sich herausgestellt hat, warum so vieles auf der Erde vollkommen verkehrt läuft, gehört der ehemalige Astronaut Storm zu den Anführern des Widerstands. Seinen Kenntnissen verdanken die Menschen die Nutzung von Technologien, die entweder der Erdvergangenheit entstammen und den Azuriern geraubt wurden.

Dick Matena schreibt in dieser alten Episode, die für den Leser wie eine Reise in eine vergangene Epoche der Unterhaltung ist, relativ nüchtern über den Befreiungskampf. Manchmal ist sein Blick auf die Begebenheiten fast ein wenig kühl, mitunter sogar sezierend. In anderen, eher wenigen Augenblicken, schaut er mit Mitleid zu, mitfühlend lässt er seine Charaktere vorüberhasten und entkommen. Geschenkt bekommen Storm, Rothaar und seine neu gewonnenen Freunde rein gar nichts.
Matena schreitet mit großen Schritten den Handlungsstrang entlang. Ein Rückblick gibt eine kurze Einführung zum Geschehen. In dieser Kürze betrachtet erscheinen Storms bisherige Abenteuer relativ unwichtig und ereignislos. – Was sie definitiv nicht sind.

Für den Leser startet der Freiheitskampf im übertragenen Sinne, wie er es auch aus der Geschichte her kennen mag. Technologisch sind die Menschen eigentlich unterlegen, würden sich nicht dank Storm einige Spielereien finden, die den Azuriern das Leben gehörig schwer machen.
Es ist ein guter Kniff von Dick Matena, das Gut-Böse-Schema an dieser Stelle zu verlassen. Bei einem neuen Angriff der Azurier findet Storm einen unerwarteten Verbündeten in dem Piloten Solon. Rache ist zuerst das Motiv für den Sinneswandel des Azuriers. Später wird daraus Verachtung für ein korrumpiertes Regime werden.

Mit Solon tritt eine Wendepunkt ein. Storm begibt sich fern des Schlachtfelds auf eigene Abenteuer. Alleine muss er zunächst mit ansehen, wie seine Soldaten den Kampf ohne ihn schlagen. Ein Sieg ist nicht mehr fern, legt Matena seinem Helden den größten Stolperstein überhaupt in den Weg – einen, der auch in späteren Abenteuern immer wieder funktionieren wird: Rothaar wird entführt.

Entführt oder bedroht, Hauptsache in Gefahr. Wenn Storm sich für jemanden – bei einer großen Liebe nicht anders zu erwarten und vom Leser auch nicht anders gewollt – in Gefahr stürzt, dann für jene Frau, die er nach seiner Rückkehr zur Erde ausgerechnet in Gefangenschaft kennenlernte. Für die dramatische Rettungsaktion wurden verschneite Berge als Hintergrund gewählt. Mehr noch, als der Leser sich an die Lebensfeindlichkeit der Situation gewöhnt hat, schweift Matena mit dem Auftauchen eines sehr merkwürdigen Raumschiffs wieder ins Phantastische ab, dem Kern, der diese Serie ausmacht.

Was wäre Storm ohne Don Lawrence?
Wie der Leser dank der Fortführung der Reihe weiß (Nr. 23, Der Nabel des doppelten Gottes), geht es, aber die Vorgaben eines Lawrence bleiben erhalten. So sind die Bilder dieses Künstlers, der nicht einfach nur ein Comiczeichner war, eine hohe Messlatte für jene, die auch diesen Beruf ergreifen wollen. Nicht viele konnten bisher diese Qualität erreichen. In dieser relativ frühen Phase von Storm – es ist sein 5. Abenteuer, rechnet man das Entwurfsabenteuer von Commander Grek nicht mit – zeigt sich ein hervorragender Querschnitt von Schauplätzen und Szenen, die einen Künstler alle samt fordern.

Auch Don Lawrence kriegt nicht jede Kurve, aber er strengt zu jeder Zeit ein. Dazu wendet er viele Pinseltechniken an. Oft lässt es sich für einen aufmerksamen Beobachter erkennen, dass manche Künstler an einer Strich- oder Farbtechnik festhalten, ob diese nun zum gewünschten Ergebnis führt oder nicht.
Lawrence widersetzt sich irgendwelchen eigens gestellten Grenzen. Er strichelt die Farbe zweifellos gerne auf und erreicht damit sehr realistisch wirkende Ansichten. Aber er arbeitet anstelle von durchscheinenden Farben, die sich selbst auf dem Papier für das Auge mischen auch mit deckenden Flächen. Lichter werden entweder im Vorfeld freigelassen oder nachträglich per Deckweiß aufgetragen. Das Ergebnis zählt, nicht der Weg.

Wenn Lawrence eine Figur, eine Bilddetail strichelt, ist es bezeichnend, wie sehr diese Strichkonstruktion der Form folgt und auf diese Art noch mehr Plastizität verleiht. Der vorliegende Band wird mit einigen weiteren Bildern – so auch einem neuen Cover – bereichert, auf denen sich diese Techniken noch besser ablesen, und wer es versuchen möchte, oder auch nachahmen lassen. Einige Fotos – leider zu wenige – bieten einen Einblick in die Werkstatt des Meisters und zeigen auch seine Arbeitsutensilien.

Perfekt gemalt und gezeichnet, gelungene Science Fiction Unterhaltung, selbst heute noch, die aber erst so richtig Spaß macht, wenn man als Leser auch die Vorgänger genossen hat. 🙂

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Freitag, 23. Januar 2009

Andrax 4 – Im Sog des Verderbens

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:40

Andrax 4 - Im Sog des VerderbensAndrax und sein königlicher Freund Holernes irren durch die glühende Hitze. Nicht nur ihre Geduld neigt sich dem Ende zu. Auch ihre Kräfte halten unter einer sengenden Sonne nicht mehr lange durch. Nach der Überquerung eines Gebirgsgrads sehen sie sich im folgenden Tal plötzlich einem riesigen fruchtbaren Gebiet gegenüber: die Rettung ist nahe. So glauben sie jedenfalls. In Wahrheit kommen die beiden Freunde vom Regen in die Traufe. Eine geheimnisvolle Herrscherin hat das Gebiet über ihre stummen grobschlächtigen Diener unter Kontrolle. Alle fürchten sie – und noch mehr ihre Experimente.

Sein oder Nichtsein – das ist hier die Frage. Dieses Zitat von William Shakespeare, entnommen seinem Drama Hamlet, steht der nächsten Andrax-Episode mit dem Titel Mörderische Hände voran. Der Sportler aus der Vergangenheit sieht sich plötzlich mit Mönchen konfrontiert, die eine Form der Kampfkunst über die Jahrhunderte bewahrt haben. Alleine haben Andrax und Holernes gegen diese versierten und waffenlosen Kämpfer keine Chance. Der letzte Spross einer Königsfamilie kann die beiden Freunde im letzten Augenblick retten.

Die Irrwege des Schreckens führen die Freunde noch in zwei weitere Abenteuer. Wie relativ Schönheit sein kann, erfahren die beiden Kämpfer am eigenen Leib. Weder Andrax noch Holernes hätten sich für schreckliche Kreaturen gehalten. Doch der Blick auf etwas ist immer höchst individuell und so treffen sie auf ein Volk, das die beiden Menschen für das Schrecklichste hält, was jemals in ihr Land eingefallen ist. Andrax und Holernes ihrerseits erschrecken selbst beim Anblick dieser Wesen. Aber im hässlichsten Körper kann ein goldenes Herz wohnen.

Mit Herzen ist das aber so eine Sache. So manches Sinnen und Trachten kann ihnen einen Fluch aufladen. Andrax und Holernes, die nichts anderes wollten, als den Hafen von Agemnos zu erreichen, finden sich ohne Vorwarnung in einem neuen Abenteuer wieder. Die Schiffe der lebenden Toten bekämpfen sich jeden Tag aufs Neue. Können Andrax und Holernes den Fluch brechen?

Eine dumme Frage eigentlich. Natürlich können sie. Nur wie? Der Vielfalt der Abenteuer ist in der Welt von Andrax keine Grenze gesetzt. So darf sich der Leser im vierten Band der Reihe auf eine größenwahnsinnige und wunderschöne Frau freuen, die in allerbester mad scientist Manier ihre ganz eigene Vorstellung von einem Leben mit Andrax hat. Körpertausch, falsch verstandene Monster, Kannibalen, verfluchte Geister oder außerirdische Eiskreaturen. Der Erfindungsreichtum schafft stets neue Spannung, bringt die guten alten Serienkonzepte, die schon bei Flash Gordon oder Buck Rogers Anwendung fanden zu Papier. Es gibt das Abenteuer im Abenteuer und eine Fülle von Wesen, denen sich Serien-Miterfinder Peter Wiechmann und Zeichner Jordi Bernet mit einer wahren Gestaltungs- und Erzählungswonne widmen.

Zur Hölle und zurück ist die erste Geschichte des vorliegenden Bandes und ein hervorragendes Beispiel für die kleinen Einfälle am Rande, die aus den einzelnen Handlungen einen besonderen Spaß machen. Andrax findet einen lebenden Kopf, der ihn über die Hintergründe der geheimnisvollen Herrscherin aufklärt. Aus heutiger Sicht mag es fast wie eine Mischung aus Satire auf den Jugendwahn und einem Schreckenskabinett ohne Professor Bondi wirken. So manche Kreatur verfehlt auch heute ihre Wirkung nicht. Die augen- und nasenlosen Vampire, die, frei gelassen aus ihrem Gefängnis, in den finsteren Gewölben über ihre Peiniger und Wärter herfallen, würden sich auch gut in aktuellen Horrorgeschichten ausmachen.

Es Jordi Bernet zu verdanken, dass die unterschiedlich langen Geschichten so gut gelingen. Mit dem gleichen Schwung, mit dem er seine schönen Figuren angeht, bedient er auch die hässlichen wie auch furchtbaren Gestalten. Die erwähnten Vampire betrifft das ebenso wie Fischmenschen, Piraten oder Kraken. Bernet ist ein Künstler, der sich keiner Erzählrichtung in der Andrax-Reihe verschließt. Die Serie ist dem phantastischen Genre zuzuordnen, aber dank Bernets Bilder findet sich hier Fantasy Seite an Seite mit Science Fiction, Horror, aber auch feinem Humor. Ein Ergebnis dieses Humors sind krötengleichen Wesen mit drei Augen, ohne Nasen und Lippen, dafür ausgestattet mit einem kräftigen Gebiss.

Ausgerechnet für jene Wesen sind Andrax und Holernes Ausgeburten der Hölle, glatt wie Schlangen und nur mit zwei Augen versehen. Es ist köstlich, wenn die Königin dieser Wesen bei Andrax’ Anblick in Ohnmacht fällt. Und noch besser ist es, wenn Bernet selbst mit diesen Figuren die Sympathie des Lesers zu wecken vermag.

Die Bilder, rein schwarzweiß gezeichnet, lassen keine Farbe vermissen. Sie entwickeln eine filmische Eigendynamik, die an Trash Klassiker erinnert. Leser, die sich an den erwähnten Serien wie Flash Gordon erfreuen konnten, die ihren Spaß an Barbarella hatten oder auch eine größere Bandbreite in Barbaren-Comics brauchen, als es eine Reihe wie Conan zu bieten vermag, finden sich optisch genau am richtigen Platz, da Bernet auf Augenhöhe mit einem Zeichner wie John Buscema rangiert.

Eine große Ideen- und Bildervielfalt mit vielen Höhepunkten. Bei einigen fast schon beiläufig eingestreuten Ideen ist man als Leser traurig, dass diese nicht noch weiter ausgebaut wurden. Aber Andrax wird schnell erzählt, Langeweile soll es nicht geben und gibt es auch nicht. Fantasy, Horror und Humor finden hier ein tolles und stimmiges Arrangement, erzählerisch wie auch grafisch.

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Mittwoch, 21. Januar 2009

Marlysa 8 – Der Waltras

Filed under: Abenteuer — Michael um 21:32

Marlysa 8 - Der WaltrasDie Beschwörung des Waltras muss mit allen Mitteln verhindert werden. Nur aus diesem Grund haben Marlysa, Dormunt und die schwarzen Amazonen die beschwerliche Reise auf sich genommen. Doch die Vorzeichen stehen schlecht. Ein Hindernis um das nächste droht ihre Mission scheitern zu lassen. Endlich scheint es geschafft. Sie erreichen ihr Ziel, bevor die Zeremonie begonnen hat. Aber – mit Marlysas Glück ist es nicht zum Besten bestimmt – sie tappen geradewegs in eine Falle.

Die Anführerin der roten Amazonen will den Waltras unbedingt zum Leben erwecken. Jede gute Beschwörung hat ihre Regeln. Hier sind drei Dolche nötig, um das Ritual zu vollziehen. Wer diese in das Herz des Wesens stößt, erweckt es nicht nur, der Waltras muss ihm auch zu Diensten sein und gehorchen. Ein unvorhergesehener Zwischenfall macht die Pläne beider Seiten zunichte. Eine dritte Partei mischt sich ein. Das Ritual wird vollzogen, doch die Königin der roten Amazonen wird schwer verletzt und ist bewusstlos. Wer soll dem Waltras, der mehr und mehr wächst, jetzt noch Einhalt gebieten?

Die zweite und abschließende Episode um die Erweckung des Waltras könnte für Marlysa das Ende bedeuten. Denn ein Gift breitet sich in ihrem Organismus aus. Nur das Gegengift könnte sie retten, aber um es zu bekommen, muss die Mission erfüllt werden. Ob Dormunt, ihr Auftraggeber wider Willen, ihr danach das Gegengift geben wird, ist allerdings fraglich.

Jean-Charles Gaudin, der Autor, macht es seiner Heldin nicht leicht. Sicherlich ist sie gewitzt wie immer, sie besticht durch Charme und Aussehen, ihre kämpferischen Eigenschaften stehen außer Frage, trotzdem hat es den Anschein, als habe Marlysa ihre bisherigen Abenteuer zu leicht bewältigen können. Gaudin rollt ihr in dieser Geschichte – sinnbildlich gesprochen – einen immer größeren Stein in den Weg, der unter größten Mühen bewältigt werden will.

Der größte dieser Steine ist natürlich der namensgebende Waltras. Für dieses Wesen, dessen äußere Erscheinung sich in diesem Band enthüllt, mussten sich Gaudin und der Zeichner Jean-Pierre Danard etwas Besonderes einfallen lassen. Bei seiner Geburt entsteht aus dem Herzen des Waltras zunächst eine Art Übergangsform, wie sie der Leser vielleicht aus Schockern wie Das Ding aus einer anderen Welt (die John Carpenter-Variante) her kennt. Im weiteren Verlauf, dem sehr schnellen Wachstum, wird aus dieser blutigen Monströsität ein schwarzes muskulöses Wesen auf vier Beinen. Auf den ersten Blick erinnert er an einen Werpanther. Auf den zweiten Blick fallen die zusätzlichen Extremitäten auf dem Rücken des Wesens auf, den Fangarmen eines Kraken ähnelnd.

Das ist erst der Anfang. Denn der Waltras wächst. Die Proportionen verschieben sich. Hatte er zu Beginn noch die Ausmaße einer zu groß geratenen Raubkatze, erreicht er bald die Dimensionen eines Sauriers. Danard kann mit dieser Figur spielen – die Konstruktion bietet sich geradezu an. Die Erweckung einer solchen Kreatur ist nicht neu. Fantasy-Fans konnten dies auf der Leinwand in Conan, der Zerstörer verfolgen oder auch in der Comic-Version des Themas (Im Bann des goldenen Horns), basierend auf dem Originaldrehbuch. Auch andere Autoren spielten schon mit der durchdrehenden göttergleichen Bestie. Hier kann der Leser sogar Handlungsanleihen an Predator finden.

Die Jagd durch den Dschungel ist grafisch sehr aufwändig. Jean-Pierre Danard ist ohnehin ein Zeichner, der das Verspielte, Verschnörkelte liebt. Aufwand gehört für ihn einfach dazu. Für Danard ist Mehr einfach Mehr und das muss so sein. So ergeben sich nicht immer dem Thema angemessen ernsthafte Bilder, aber ungeheuer liebevoll gestaltete Seiten. Ob es die Tiere sind, beladen mit Figuren und Ausrüstungsgegenständen, die Dörfer im Wald, die Kleidung der verschiedenen Völker, die Qualität der Grafiken bewegt sich mit ihrer Detailtiefe auf Titelbildniveau.

Farblich ist es popart-bunt. Yoann Guillo schert sich nicht um Außenbeleuchtungen. Die Farben sollen knallen. Besonders deutlich wird dieses Konzept im Dorf der roten Amazonen. Selsya, ihre Königin, könnte direkt aus einer südamerikanischen Indiokultur entsprungen sein. Pompös, keine Farbkombinationen scheuend, mit roten Haaren und bekleidet mit einem eng anliegenden Dress aus Leopardenfellimitat ist sie ein drastisches Beispiel für die grafische Explosion, die sich die Macher hier leisten und so etwas ganz eigenes schaffen.

Bunt, bunter, Marlysa! Hier ist Fantasy gleichbedeutend mit ausufernder Gestaltung und einem Höchstmaß an Phantasie. Die Erzählung ist ebenso farbig, sympathisch, mit fortschreitender Geschichte immer spannender. Ein guter Abschluss des Doppelabenteuers, der schließlich zu einem richtigen Action-Kracher wird. 🙂

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Montag, 19. Januar 2009

Warcraft Legends 1

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:31

Warcraft Legends - Band 1Kleiner Mann ganz groß: Der Gnom Lazlo Widget hat ein Problem. Das Dorf, in dem er eine neue Heimstatt fand, ist bevölkert von Zwergen, die nicht allzu viel von ihm halten. Seine Versuche, freundschaftliche Kontakte zu pflegen, gelingen nicht einmal mit den beiden anderen Gnomen im Dorf. Was also tun? Eine Art Rollenspiel, von Lazlo ausgedacht, wollen die Besucher der Taverne jedenfalls nicht mitmachen. Sehr bald schon haben die Leute auch eine weitaus wichtigere Angelegenheit im Kopf: Ein Troll ist auf dem Weg zum Dorf und niemand scheint ihn aufhalten zu können? Was soll da ein Gnom ausrichten, dessen Beruf in der Anfertigung von Zündschnüren besteht?

Trag, Sohn des Gorn, hat ebenfalls ein Problem. Als aufrechter Taure hat er seine Würde bewahrt, leider ändert das nichts an der Tatsache, dass er untot ist. Trag würde diesen Zustand gerne ändern und sucht zu diesem Zweck einen Schamanen seines Volkes auf. Dieser erkennt den Gefallenen wieder. Es scheint eine Lösung zu geben, den furchtbaren Fluch aufzuheben, aber kann Trag dem Schamanen trauen?

Die Reise führt in ein Gebiet namens Andorhal, in dem die Seuche längst die Oberhand gewonnen hat. Ein kleiner Trupp will es trotzdem wagen und versuchen, die Ländereien zurückzuerobern. Angeführt von einem jungen Adeligen, der vor seinem Vater endlich bestehen möchte, erreichen die Krieger den Hof des armen Bauern Halsand und seiner Familie. Für Halsand bietet sich nun eine willkommene Gelegenheit. Wenn er die ortsunkundigen Krieger zu ihrem Sammellager führt, kann er einen Lohn ernten, der ihn einige Sorgen vergessen lassen wird. – Sofern er lebend zurückkehrt.

Der erste Band der Warcaft Legends nimmt den Leser mit vier vollkommen verschiedene Geschichten auf die Reise nach Azeroth. Hier geht es nicht um die großen Krieger und Könige, nicht um namhafte Helden, sondern um den Zwerg, den Menschen, den Gnom von nebenan.

In der Auftaktgeschichte Der Gefallene beschwört Autor Richard A. Knaak Grusel und Dramatik. Ein jeder sollte bei seinem Volk Hilfe finden können. Die Tauren sehen das anders. Für sie ist Trag Highmountain, die Hauptfigur, jemand, von dem Gefahr ausgeht, dem in seinem untoten Zustand nicht zu trauen ist. Die wuchtigen Zeichnungen von Jae-Hwan Kim unterstreichen das Schicksal des Tauren hervorragend. Tauren strahlen große Kraft aus, mehr noch als Orcs. In feinen Grauabstufungen und großen Kontrasten kommt hier die Urgewalt der Tauren ans Licht, wie auch die Naturverbundenheit durch das urwüchsige Element eine Rolle spielt.

Da der Leser hier bereits mit dem Tod im Warcraft-Universum in Verbindung kam – wie eigentlich in jeder Geschichte – wiegen die Schicksale in der folgenden Geschichte Die Reise noch einmal schwerer. Das Zeichenduo, bestehend aus Mi-Young No und Mi-Jung Kan, verfolgt einen Stil, der eindeutig am Manga (bzw. hier Manhwa gemäß der europäischen Leserichtung) angelehnt ist und so einen Kontrast zu den Grafiken von Jae-Hwan Kim bildet. No und Kan teilen sich die Arbeit. No bestreitet die Figuren, den Vordergrund, während Kan die Hintergründe anfertigt. Durch diese Arbeitsteilung werden die Bilder nicht nur aufwändiger, sondern auch deutlich feiner, zerbrechlicher. Die Zeichner stellen den Unterschied der fein gemalten Krieger und der scheußlich dargestellten Verseuchten besonders heraus. Eine gelungene Geschichte, wenn auch das Ende etwas zu plötzlich kommt und zu schnell abgehandelt wird.

Viel mehr Komik bietet die Geschichte Wie man beliebt und einflussreich wird um den Gnom Lazlo. Nach zwei sehr tragischen Handlungen kann sich der Leser bei der Geschichte von Dan Jolley schmunzelnd erholen und sich mit Lazlo freuen. Deutlich amerikanischer gezeichnet hat die Gnomfigur von Carlos Olivares einen richtigen Knuffelcharakter. Olivares hat außerdem ein Händchen für leicht durchgeknallte Fantasy-Figuren, wie er mit dem Auftritt des Trolls beweist.

In der abschließenden Geschichte Ein ehrliches Geschäft von Troy Lewter ist wieder Schluss mit lustig. Eine Rache will endlich erfüllt werden. Ein Zwerg hat mit einem ganz bestimmten Orc noch ein Hühnchen zu rupfen. Ein düsterer Abschluss der vorliegenden Erzählungen, ähnlich traurig wie Die Reise.

Das Warcraft-Universum ist ein lebensfeindliches Gebiet für jene, die darin leben. Düster, dramatisch, voller Action geben sich die einzelnen Geschichten, die von unterschiedlichen Autoren und Zeichnern vorgelegt werden. Nur eine etwas humorvollere Variante bringt Licht ins Dunkel von Azeroth. Fantasy-Fans können diese Geschichten ohne jegliche Kenntnis über Warcraft genießen. 🙂

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Samstag, 17. Januar 2009

World Of Warcraft 5

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:46

World Of Warcraft 5Lo’Gosh, der ehemalige Gladiator, weiß endlich, wer er in Wirklichkeit ist. Der Krieger, der in der Blutelfe Valeera, dem Elfendruiden Broll und dem Zwerg Thargas neue Freunde gefunden hat, ist in Wahrheit König Varian. Die Angelegenheit hat nur einen gewichtigen Haken: Es gibt noch einen König Varian, der Lo’Gosh aufs Haar gleicht. Lo’Gosh hatte bisher wenig Zeit sich über seinen Doppelgänger am heimatlichen Hof Gedanken zu machen. Der Weg ist voller Gefahren. Einfachen Raubtieren wie Raptoren gegenüber zu treten, ist da noch die leichteste Übung.

Valeera Sanguinar, die sich – als es besonders Broll nicht glaubten wollte – für ihre Freunde eingesetzt hat, kämpft nun mit einer Sucht, wie sie kaum schlimmer für eine Blutelfe sein könnte. Teufelsmagie hat ihr sehr zugesetzt. Nun dürstet sie danach. Broll will ihr helfen. Er kennt diese Sucht aus eigener Erfahrung und weiß, wie schwer die Entzugserscheinungen werden können.
Im Hintergrund wollen geheimnisvolle Kräfte immer noch, dass Lo’Gosh sein Ziel nicht erreicht. Ein weiterer Attentäter, stärker und furchtbarer, macht sich an die Verfolgung der Freunde.

Aber die Gefahren drohen noch an anderer Stelle, denn die Dunkeleisenzwerge wollen die letzte verbliebene Brücke des Thandolübergangs sprengen.

Walter Simonson kann in der 5. Ausgabe der World Of Warcraft Reihe mit einer eingeschworenen Gruppe arbeiten. Eine sehr ausgewogene Mischung dieser Helden mit sehr unterschiedlichen Charakteren dürfte das Herz eines jeden Rollenspielers, besonders jener von WoW, höher schlagen lassen. Es gab eine Zeit, da war es für den Fantasy-begeisterten Fan einfach: Elfen waren gut, Zwerge meistens auch, Menschen waren ganz in Ordnung, irgendwelche Mischungen daraus auch. Orks waren hingegen böse, alles, was irgendwie dunkel und matschig angehaucht war, sowieso.

Das hat sich gehörig geändert. Jedes neue Fantasy-Universum hat sich seine eigenen Varianten der erwähnten Spezies zusammengebastelt. Die World Of Warcraft setzt sogar noch eines (oder auch ein paar mehr) drauf. Doch genau das macht den Reiz aus und bringt immer neue Überraschungen hervor. Allein die Art und Weise, wie sich hier verschiedenste Gruppierungen gegenüber stehen, normale Zwerge und Dunkeleisenzwerge, bringt Szenen hervor, die in diesem Genre schlichtweg faszinierend sind.

Für einen Zeichner wie Jon Buran muss diese erzählerische Grundlage ein wahres Fest sein. Er hat von seinem Vorgänger Ludo Lullabi den Staffelstab übernommen. Lullabi gab durch sein Design die Figuren vor. Im Gegensatz zu man anderen Zeichnerwechseln, unabhängig von Serie oder Thema, funktioniert der Wechsel hier erstaunlich gut. Buran hat zweifellos seinen eigenen Strich, ernsthafter, weniger manga-artig, aber er orientiert sich in einem hohen Maß an der bisherigen Gestaltung, so dass der Wechsel auf den ersten Blick kaum auffällt.

Für eine Heftproduktion wird hier insgesamt große Sorgfalt auf Details verwendet. Jede einzelne Seite wird für ein Höchstmaß an Erzählung, Entwicklung, Auseinandersetzung oder Veranschauung von Land und Lebewesen genutzt. Die Action wird natürlich mehr als groß geschrieben – niemand, der die World Of Warcraft kennt, würde weniger erwarten. Da fliegen auch die Fetzen, auch mal ein wenig Blut, da rasen auch die Kamerawechsel zwischen Nah- und Fernaufnahme, aus den verschiedensten Perspektiven. Besonders bedrohlich wirkt es, wenn sich die Protagonisten direkt auf den Betrachter zubewegen.

Die sehr sauber ausgeführten Zeichnungen, die nichts dem Zufall überlassen, erfahren durch die Inker Jerome K. Moore und Sandra Hope die rechte Bearbeitung, fett ausgeführt in den Außenlinien, auch mit prallen Schattenflächen versehen, aber auch fein gestrichelt und liniert. Zusammen mit einer besonders in der zweiten Hälfte aufwändigeren Kolorierung von Randy Mayor ergibt sich so eine tolle Fantasy-Atmosphäre, die aus der Masse der Heftproduktionen sehr positiv herausragt.

Eine gelungene Fortsetzung mit feinen Rätseln im Hintergrund und saftiger Action im Vordergrund. Fans von handfesten Auseinandersetzungen mit dem Schwert wie auch von knalligen Magieduellen werden hier auf das Beste bedient. 🙂

Freitag, 16. Januar 2009

Die Blueberry Chroniken 11

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:32

Die Blueberry Chroniken 11 – Mister Blueberry – TombstoneMike Blueberry hat es endlich geschafft. Er hat die Armee hinter sich gelassen und kann sich ganz dem widmen, was ihm besonderen Spaß macht und ein gewisses Einkommen ermöglicht: Poker. Blueberry genießt das ruhige Leben in Tombstone, denn für Ordnung sorgen andere: Die Gebrüder Earp. Diese lebenden Legenden des Wilden Westens haben es meistens leicht mit den ganz alltäglichen Streitereien und Prügeleien. Einzig die Clantons machen ihnen etwas Sorgen. Aber das sind doch eigentlich nur dumme Bauernburschen? Mehr als ein paar Raufereien können die doch nicht anstellen?

Viel größere Sorgen machen die Indianer in dieser Gegend. Die Apachen unter ihrem Anführer Geronimo machen die Gegend unsicher, überfallen Reisende und Postkutschen. Angelockt von der lebenden Legende Mike Blueberry – der sich seiner Bekanntheit gar nicht einmal so sehr bewusst ist – ist der Schriftsteller John Meredith Campbell mit seinem Gehilfen Billy in der Gegend angekommen. Campbell möchte gerne über Blueberrys Abenteuer schreiben, aber die Gegend ist ja so furchtbar! Die kleine Zwischenstation gleicht einem Rattenloch und Tombstone ist auch nicht besser! Billy hingegen ärgert sich nicht über den Schmutz, der allerorten durch die Ritzen dringt. Es muss mit Schaudern feststellen, dass die Indianer von den Weißen für fünf Dollar pro Skalp gejagt werden – auch vor Frauen und Kindern wird dabei nicht Halt gemacht.

Tombstone, so die zusammenfassende Überschrift des vorliegenden 11. Bandes der Blueberry Chroniken, nimmt den Leser mit in einen jener legendären Abschnitte der Geschichte des Wilden Westens. Namen wie Buffalo Bill, Billy The Kid, Annie Oakley oder Sitting Bull sind untrennbar mit diesen modernen Mythos verbunden, zum dem es nichts Vergleichbares in der alten Welt gibt. Jean Giraud, der nach dem Tod von Jean-Michel Charlier die Serie um Blueberry auch als Autor fortsetzte, nimmt sich in dieser Ausgabe Wildwest-Ikonen wie Geronimo und Wyatt Earp an.

Haben Verfilmungen Wyatt Earp eher glorifiziert (insbesondere das berühmte Duell am O.K. Corral) und Geronimo zuweilen verteufelt, gestattet sich Giraud hier einen vielschichtigeren Blick auf das Geschehen. Es gibt hier nicht sehr viele Beteiligte, die keine Gauner sind. Die Earps nutzen die Gesetzeshüterei, um sich als Herren der Stadt aufzuspielen und eine gewisse Vornehmheit an den Tag zu legen. Die McLaurys und die Clantons treiben ihr Gaunerspiel in der Verkleidung von Indianern und schieben die Überfälle Geronimo und seinen Gefolgsleuten in die Schuhe. Und Geronimo selbst möchte nur sein Volk schützen und zuweilen Rache üben.

Keine Seite steht hier mit weißer Weste da. Blueberry muss zum Teil hinter den Ereignissen zurücktreten, wird sogar zum Zuschauen verdammt, als ihm in den Rücken geschossen wird und er nur knapp dem Tod entgeht. Damit er nicht tatenlos nur zusehen muss, erinnert er sich – und diese Erinnerungen haben es in sich, wie auch der Schriftsteller Campbell anerkennen muss.
Jean Giraud nimmt sich viel vor. Für den Leser gibt es sehr viele Figuren, viele Haupthandlungslinien und Nebenhandlungen. Man hat zeitweilig den Eindruck, als habe Giraud sich nicht lumpen lassen wollen und so läuft hier zwar eine überschaubare Anzahl von Erzählsträngen nebeneinander her und aufeinander zu, aber diese sind jeweils so komplex, dass Giraud auch ruhig auf das eine oder andere hätte verzichten können. Es ist spannend, zweifellos, aber es hätte auch nicht geschadet aus einem Album vielleicht zwei zu machen.

Wo sich seine erzählerischen Schwächen zeigen, weil er sich zuviel vornimmt, zeigen sich gleichermaßen seine zeichnerischen Qualitäten, die seit den Anfangstagen von Blueberry deutlich gereift sind. Die vorliegenden Geschichten Mister Blueberry, Schatten über Tombstone und Geronimo, der Apache, entstanden zwischen 1995 und 1999, kommen viel zerbrechlicher daher als in jenen Tagen, da Giraud noch nicht Moebius war. In den frühen Tagen hatte Giraud einen beinahe brachial zu nennenden Tuschestrich. Diese Ausführung wurde später viel exakter, weniger künstlerisch expressiv, als vielmehr künstlerisch architektonisch. Eine sehr konstruierte Art wie im Jugendstil lässt sich nicht leugnen.

Giraud ist ein Zeichner, der sich auf unterschiedlichsten Gebieten bewähren kann. Landschaften, Gebäude, Fuhrwerke, Tiere (insbesondere Pferde) und natürlich Menschen bewältigt er gleichermaßen mühelos. Man mag ihm nur vorwerfen, dass die Gesichter, die er auf das Papier zaubert, leicht einer charakterlichen Linie zuzuordnen sind. Der Gangster, der Killer, der Gentleman-Gauner, der dumme Halsabschneider, die bezaubernde Saloon-Sängerin, der leicht trottelige und ewig verfressende Schriftsteller, die Räuber-Mutter (nicht Rabenmutter), die Ma Clanton heißt, aber an Ma Dalton erinnert … Jedem zeichnet Giraud Herz und Verstand ins Gesicht. Und Blueberry? Gemäß seiner realen Vorlage Belmondo und dessen Filmrollen ist der Wildwestheld ein Hans Dampf in allen Gassen mit einer gehörigen Portion Glück im Gepäck.

Interessant ist, welchen Wandel Blueberrys Aussehen in diesem Band durchläuft. Zuerst ist er der smarte Spieler, gepflegter als gewöhnlich. In Rückblicken ist er ein verwahrloster Landstreicher. Als angeschossener Spieler ist er zunächst der arme unrasierte Junge, bis er durch die Pflege einer Frau fast schon so etwas wie ein Paradekranker wird, ein Blueberry, wie er optisch nie besser und herrschaftlicher aussah.

Eine sehr verstrickte Handlung, die hier den Vorteil hat, dass sie am Stück gelesen werden kann. Wer in den 90er Jahren auf die Fortsetzungen warten musste, hatte nur die Wahl des ständigen Neueinstiegs in die Geschichte. Einmal aber in der Geschichte angekommen, wird der Leser festgehalten und auch von der grafischen Schönheit und der Perfektion der Bilder gefangen genommen. Ein klassisch überhöhter Western mit allem, was sich der Leser vom Wilden Westen nur wünschen kann. 🙂

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Dienstag, 13. Januar 2009

Trent – Sammelband

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:09

Trent - SammelbandPhilippe Trent hat keine einfache Aufgabe. Als Sergeant bei der Königlichen Berittenen Polizei (Royal Canadian Mounted Police), von vielen auch schlicht Mounties genannt, ist er häufig auf sich allein gestellt. Nicht nur die kanadische Wildnis ist ein Gegner bei der Erfüllung seiner Pflichten, auch ganz gewöhnliche Gauner machen ihm das Leben schwer. Trents neuer Auftrag führt ihn in Das Tal der Angst. Die Arbeiter dort werden von einer geheimnisvollen Kreatur bedroht. Während sich einige der Männer halsstarrig zeigen und meinen, das Ungeheuer jagen zu können, sind die indianischen Arbeiter klüger: Sie verlassen das Tal und retten so ihr Leben. Als Trent das Lager erreicht, trifft er niemanden mehr an. Was ist hier geschehen?

Weniger gruselig, dafür alltäglicher ist die Überführung eines Gefangenen. Trent hat sich an die Eintönigkeit solcher Aufträge gewönnt, bei denen er trotzdem Vorsicht walten lassen muss. Auf seinem Weg erhält er unerwartete Gesellschaft durch Wild Bill Turkey. Der alte Revolverheld möchte endlich mit seinem früheren, seinem wilden Leben abschließen und sesshaft werden. Was könnte besser geeignet sein als eine Hochzeit mit einer geliebten Frau und dazu noch eine Farm auf die alten Tage zu bewirtschaften? Doch da sind noch diese Träume von dem schwarzen Mann, der sich immer auf die gleiche Art vorstellt: Ich bin der Mann, der Wild Bill tötete.

Nördlich des Polarkreises können die Nächte lang werden, sogar zwei Monate lang. In der lichtlosen Kälte der Polarnacht muss ein Mann sich zusammenreißen, um bei Verstand zu bleiben. Trent, der im Augenblick alleine seinen Dienst versieht in diesem abgelegenen Außenposten im Land ohne Sonne, hört plötzlich seinen Hund anschlagen. Von dem Gebell aus seiner Blockhütte gelockt, hört der Sergeant wenig später einen Schuss. Fernab jeglicher Zivilisation findet er zwei tote Indianer. Und mehr noch: Bei ihnen befindet sich ein kleiner weißer Säugling.

Im vorliegenden Sammelband von Trent sind die Folgen 4, 5 und 6 vereint. Autor Rodolphe und Zeichner Leo haben sich hier als Duo scheinbar gesucht und gefunden. Rodolphe ist ein ruhiger Erzähler, der seiner Geschichte Zeit gibt, sich zu entwickeln. Er versteht sich auf dramatische Elemente, aber er scheut die Effekthascherei. Leo, auch bekannt durch Reihen wie Kenya oder die verschiedenen Zyklen aus einem Zukunftsszenario wie Aldebaran, Betelgeuze oder jüngst Antares, versteht sich auf entsprechend ruhige Zeichnungen. Übertriebene Action wird man bei ihm nie finden. Bei ihm agieren die Figuren wie auf einer Bühne. Ihre Gesichtausdrücke werden wie auf einer zusätzlichen Leinwand in Szene gesetzt.

Trent, ihre namensgebende Hauptfigur, hat vor den Handlungen dieses Sammelbandes drei Abenteuer absolviert. Die Geschichten stehen einzeln für sich, dennoch gibt es einen roten Faden. Trent entwickelt sich, nicht zuletzt durch die Liebe zu einer Frau, die er nach der dritten Episode eigentlich an einen anderen verloren glaubte. Trent ist ein sehr disziplinierter Charakter. Er ist selten (so richtig) aus der Ruhe zu bringen. Er hat Gefühle, dass steht außer Frage, aber Rodolphe hat ihn als Menschen konstruiert, der diese Gefühle herunterschluckt und allenfalls in einer gedankenvollen Melancholie versinkt. Doch sobald die Pflicht ruft – und bei einem Mountie passiert das sehr schnell – hat er wieder alle seine Sinne beisammen.

Rodolphe versucht diesen von ihm eigens geschaffenen Charakter immer wieder aus der Reserve zu locken. Die Liebe ist nur ein Mittel zu diesem Zweck. Beim nächsten Mal ist es eine Art Rachegeist, dann eine neue Freundschaft, die durch ein tragisches Ereignis erschüttert wird. Erst langsam wird für den Leser ersichtlich, wohin die Reise geht. Doch bei aller Unnahbarkeit – und der zum Teil leidenschaftlichen Disziplin – die Trent an den Tag legt, wird einem die Figur von Mal zu Mal immer sympathischer. Sie ist kein strahlender smarter Held, wie es ein John Wayne zuweilen war. Sie ist auch nicht tragisch, wie es ein alkoholkranker Dean Martin war. Sie ist ein wenig wie Mein großer Freund Shane, ohne die Tragik. Die Atmosphäre, die den Mountie umgibt, findet sich auch in Veröffentlichungen von Jack London.

Das Szenario kommt Leo sehr entgegen. Er arbeitet gerne mit Weiten und davon hat ein großes Kanada sehr viel zu bieten. Es ist auch Wilder Westen, aber es ist auch zivilisierter, man könnte sagen höflicher, weshalb die scheinbar leichten, manchmal etwas puppenhaft wirkenden Bilder von Leo hervorragend dazu passen. Leo agiert wie ein Kameramann, der ein Bild wirken lassen will. Jeder ist an seinem richtigen Platz, in der Ruhe, ebenso wie in der Action, wenn eine Kugel Splitter aus einem Holzrahmen reißt. Einfache Farbtönungen von Marie-Paul Alluard stützen die fast schon dokumentarisch zu nennende Zeichentechnik Leos.

Rodolphe hängt sich nicht an einem bewährten Muster auf: Mit Trent versucht er eine möglichst große Bandbreite an Themen und Atmosphäre zu erreichen. Klassischer Western, Indianer als Freunde wie auch als Feinde, Drama, Tragödie wie auch Westernromantik werden in ruhiger Erzählung vorgetragen und reißen dennoch mit. Leos Bilder liefern beinahe vornehm zu nennende Figuren vor einer tollen kanadischen Kulisse. 🙂

Montag, 12. Januar 2009

Ethan Ringler 2 – Die Nebelmänner

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:49

Ethan Ringler 2 - Die NebelmännerEthan Ringler, erst vor kurzer Zeit in der neuen Welt angekommen, hat sich schnell, viel schneller als erwartet, in seine neue Rolle eingefügt. Ethan, auf der Suche nach seiner indianischen Abstammung, arbeitet Undercover bei dem zwielichtigen Van Rhinelander, einem Mann mit vielen dubiosen Verbindungen. Vordergründig als Leibwächter angestellt – seine Fertigkeiten mit zwei außergewöhnlichen Pistolen prädestinieren ihn dazu – arbeitet er in Wirklichkeit für die Bundespolizei. Doch irgendwie ist es für Ethan – aller Ernsthaftigkeit der Ereignisse zum Trotz – eine Art unwirkliches Spiel.

Sind seine Aufgaben bisher schon sehr aufregend gewesen, ist sein Umfeld ganz anders als jenes, in dem er aufgewachsen ist, so bringen die neuesten Verwicklungen erst das richtige Abenteuer – und auch einen Schritt näher an seine Herkunft heran. Es ist die Zeit der Umbrüche. Eine Forschung der Vettern Benz wird zum Zankapfel zwischen dubiosen Elementen der New Yorker Gesellschaft. Ethan ist in diese Auseinandersetzungen verstrickt und hat Glück. Ein Auftrag macht es erforderlich, dass er die Bekanntschaft mit Lautlose Feder macht. Der Indianer, der in den Armenvierteln außerhalb New Yorks lebt, ist bekannt für seine lautlose Art des Stehlens und Tötens. In ihm findet Ethan zum ersten Mal jemanden, der ihm etwas über sein Volk erzählen kann: die Nebelmänner.

In der zweiten Episode aus dem Leben von Ethan Ringler, oder auch Tecumska, wie er später heißen wird, finden sich erste Spuren zu seiner wahren Identität und Zugehörigkeit. Autor Denis-Pierre Filippi beschreitet mit seiner Erzählung verschiedene Wege, man könnte auch sagen, er bedient verschiedene Themen.

Die Kriminalität im vergangenen New York ist nur einer dieser Handlungsstränge. Neben der gesellschaftlichen Struktur, die hier sehr gut verwoben wurde, kreuzen sich natürlich Kriminalität und Wirtschaft. Wichtige Pläne, von einem Erfinder erstellt, wurden gestohlen. Obwohl hier eine eindeutige Straftat vorliegt, denkt der Geschädigte, Van Rhinelander, nicht daran, die Polizei einzuschalten. Die Verstrickungen im alten New York reichen bis in die Verwaltungsetagen der Stadt. Einen ehrlichen Cop zu finden, ist alles andere als leicht.

Ethan Ringler muss die Erfahrung machen, dass seine Nabelschnur nach Europa noch nicht so ganz abgeschnitten ist und sein Name, den er verwendet, Assoziationen weckt, die ihm ganz und gar nicht gefallen. Hier kann er sich noch herausreden, aber es ist spannend, ob ihm das auch weiterhin gelingt. Immerhin – und hier kommen die Exotik, das Fremde, das Andere ins Spiel – lenken ihn neue Informationen ab. Ethan, der ein Magnet für die Frauen ist, ohne es zu wollen, hat noch lange nicht seinen indianischen Scharfblick entdeckt. Von Lautlose Feder kann er noch viel lernen. Ethans neuer Bekannter dürfte darüber hinaus die coolste Figur dieser Geschichte sein.

Ist der Leser zu Beginn vielleicht geneigt, Mitleid mit Lautlose Feder zu empfinden, da dieser in einem Slum zu Hause ist, ändert sich diese Einstellung während des ersten Auftrags. Der Indianer mag kein Gentleman-Einbrecher sein (obwohl er einen Zylinder trägt), aber er versteht sein Handwerk. Außerdem weiß er sich zu wehren. Von Gilles Mezzomo wird die Szenerie in sehr schnörkellosen Bildern umgesetzt. Wie viel Arbeit und handwerkliches Geschick in den Bildern liegen, mag der Leser an den Skizzen im Vorfeld der Handlung ablesen. Auf mehreren Seiten finden sich Charakter-, Haltungs- und Umgebungsstudien, die einen schönen Einblick in Mezzomos Talent geben. Darüber hinaus wird erkennbar, wie wenig notwendig ist, um den Eindruck eines Gegenstands, eines Kleidungsstücks oder auch einer veränderten Mimik zu erzielen.

Ähnliche Zeichnungen lassen sich auch in Anleitungen zum Zeichnen finden. Doch dort ist gemeinhin auch Schluss. Entwürfe und Skizzen werden hier weiterverfolgt und farblich umgesetzt. Die Tuscheüberzeichnung vereinfacht die Bilder zusätzlich, reduziert die benötigten Striche weiter. Der Farbauftrag von Nadine Thomas imitiert einen natürlichen Farbauftrag, ähnlich schnörkellos.

Die Bilder treiben die Handlung voran, sie laden nicht (immer) zum Verweilen ein. Filippi erzählt filmischer als im ersten Teil, die Szenen sind stark auf den Punkt konzentriert. Mezzomo stützt durch seinen grafischen Ausdruck diese Erzählweise, so dass ein sehr flüssig zu lesendes und in vielen Abschnitten hochspannendes Abenteuer entsteht. 🙂

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Freitag, 09. Januar 2009

Hard Boiled

Filed under: SciFi — Michael um 18:10

Hard BoiledEin ganz normaler Tag für einen Mann, der nur seinen Job macht. Die Straßen sind voller Autos, die Bürgersteige voller Menschen und so mancher Mensch ist auch schon voll. Oder voll zu Gange. In dieser Stadt ist alles möglich. Nixon, ein Steuereintreiber, weiß das. Er macht seinen Job, nötigenfalls mit Waffengewalt – eigentlich immer mit Waffengewalt. Aber Nixon hat ein Geheimnis, eines, das selbst er nicht kennt. Und für kurze Zeit gerät eine Lawine ins Rollen, die selbst die Verantwortlichen im Hintergrund zu Überrollen droht.

Gewalt. Gewaltsamer. Am gewaltsamsten. So ungefähr könnte es sich Frank Miller gedacht haben, als er die Geschichte um Mr. Nixon in Angriff nahm. Obwohl das nicht so ganz stimmen kann. Wer sich andere Werke von Miller betrachtet, findet bei ihm immer Gewalt als Stilmittel, meist völlig überzogen, aber nicht gleichzusetzen mit ästhetisch. Miller-Fans werden den Dark Knight kennen, 300 oder auch Sin City. Die eheste Verwandtschaft zum vorliegenden Hard Boiled findet sich wohl in der Comic-Umsetzung von Robocop – Dark Side, der sich Steven Grant annahm und so aus der Geschichte von Frank Miller (Co-Autor des Drehbuchs von Robocop 2) etwas sehr eigenständiges schuf.

Interessanter ist die grafische Verwandtschaft der beiden Geschichten. Geof Darrow hat in dem 1990 geschaffenen Comic eine über die Maßen hohe Detailverliebtheit, wie sie der Leser sicherlich nur selten findet – oder eben in der erwähnten Robocop-Geschichte, gezeichnet von Juan José Ryp. Wenn in beiden Szenarien die Autos aufeinanderkrachen, Kugeln zerfetzen und zersplittern, was so alles zu zerfetzen und zersplittern ist, könnten die beiden Zeichner Brüder im Geiste sein.

Darrow geht allerdings noch einen Schritt weiter. In Szenen, in denen sich Sex und Gewalt Hand in Hand mitunter zeigen, kreiert er regelrechte Suchbilder auf Doppelseiten. Innerhalb der eigentlichen Geschichten kann der Leser nun Mini-Szenarien entdecken, einen tiefschwarzen Humor oder auch eine überspitzte, satirische Voraussicht. Der Welt, wie sie Darrow und Miller zeigen ist nichts heilig. Zurückhaltung ist out, Privatsphäre ist ein Fremdwort. Jeder macht alles, wo er will. Nebenbei ist alles größer, schneller sowieso, bulliger, gewaltiger, voller, nur nicht unbedingt schöner.

Geof Darrow erweckt einen Steuerfahnder zum Leben, der eigentlich ein Roboter mit einer fleischlichen Hülle ist. Die zeitliche Entstehung der Geschichte passt in jene Zeit, als der Terminator durch die Verfilmungen von 1984 und 1991 in aller Munde war. So passt es auch jetzt wieder thematisch, parallel zu einer erfolgreichen Fernsehserie und einer neuen Kinoverfilmung des Terminators. Vieles fließt in diese Geschichte Nixons ein, der Figur, die sich weigert, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Nach einem furchtbaren Kampf der Hülle beraubt, auf das Metallskelett hin entblößt, will er die Tatsache seines Daseins immer noch nicht wahrhaben. Sein Unglauben gipfelt in einer drastischen Verweigerung eines metallenen Stelldicheins unter Robotern auf einem Schrottplatz.

So beharrt Nixon auf seine Menschlichkeit, ist jedoch meilenweit davon entfernt, sich auch so zu verhalten. Wie sehr er auch die Körperteile anderer während seines Arbeitstages verteilt, so kommt ihm zu keinem Zeitpunkt in den Sinn, dass daran irgendetwas falsch sein könnte. Was Darrow alles zu zeichnen hat, um Nixon vom Gegenteil zu überzeugen, ist Wahnsinn mit Methode und optisch nichts für zartbesaitete Gemüter. Wer sich allerdings in Themen wie Blade Runner, Cyber Punk, dem erwähnten Terminator oder anderen futuristischen Action-Krachern zuhause fühlt, den kann auch hier nichts aus der Ruhe bringen – allenfalls zum Lachen.

Die Bilder mögen auf eine sehr einfache Weise von Claude legirs koloriert sein, aber das genügt auch angesichts der übrigen Bildgewalt und des beständig durchblitzenden schwarzen Humors. Die Abarten und Spielformen menschlicher Verhaltensweisen, die Darrow ganz genüsslich und in penibler Klein(st)arbeit zu Papier gebracht hat, ist mittlerweile nicht nur ein Angriff auf den American Way of Life. Beispielhaft ist die Gigantomanie, die in einem Supermarkt zu sehen ist. Wenn Bierdosen in Regentonnengröße oder Paprikaschoten in der Größe eines Outdoor-Rucksacks verkauft werden, dann ist das nur die Spitze des Eisbergs. Da nicht nur die Bilder für Überraschungen sorgen, sondern auch Millers Geschichte, ist es kein Wunder, dass in dieser Rebellion der Maschinen jene, die zu viel Fragen stellen, auch schon mal die Toilette heruntergespült werden – im wahrsten Sinne des Wortes.

Bitterböser Humor, Gewalt im Quadrat, ein SciFi-Totentanz, eine Abrechnung mit dem System – nicht jedem wird eine Gewaltorgie wie diese gefallen, nicht jeder wird sie so auffassen, wie sie (vermutlich) aufgefasst werden soll. Wer Miller noch nie mochte: Finger weg. Wer Miller nur mag: Vorsicht. Wer ihn verehrt: Zugreifen! – Und wer Gewalt in Comics verkraften kann und einmal grafische Kleinstarbeit in Perfektion sehen möchte: Unbedingt reinschauen. 🙂

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