Eigentlich führen Damian und Alexander ein recht gutes Leben. Damian ist der etwas ausgeflipptere, chaotischere der beiden, während Alexander manchmal etwas peinlich berührt ist, wenn Damian neuerlich seine (schlechten) Sangeskünste unter Beweis stellt. Eines Tages verändert ein Gang zum Briefkasten ihr Leben. Damian hat eine Nachricht von seinem verschollenen Großonkel erhalten. Dieser Großonkel sollte mit einem Schiff untergegangen sein, doch Tagebuchaufzeichnungen, die nach dem Untergang vorgenommen wurden, widerlegen dies.
Im Besitz des Großonkels befand sich eine Jadestatuette eines Jaguars. Diese soll nun geborgen werden. Die Figur, aus dem ehemaligen Besitz des Schwarzmagiers Motzcatl, könnte sich in der Kabine des Großonkels an Bord des gesunkenen Passagierschiffs Victoria Luise befinden. Wo das Wrack liegt, ist bekannt. Eine Expedition wird ausgerüstet. Als letzter Nachkomme des Großonkels Johann Lind ist Damian nebst Freund dazu eingeladen, an der Tauchmission teilzunehmen.
Können Schwule auch Abenteuer erleben? (Vorsicht: Provokante Frage.) Spätestens seit den vielen Geschichten von Ralf König weiß der Leser, sie können genauso viel wie andere, wenn nicht mehr und das ist gut so. So machen sich Damian & Alexander auf zu einem großen Abenteuer, erotische Verwicklungen inklusive.
Thilo Krapp hat ein schwules Pärchen geschaffen, das gemäß aller abenteuerlichen Regeln, die sich heutzutage in diversen Geschichten finden, eine Berg- und Talfahrt von Anfang bis Ende mitmacht. Das Thema schwul wäre kaum weiter erwähnenswert, würde die Geschichte selbst nicht derart mit dem Thema kokettieren und eine Besonderheit daraus machen.
Eine Seefahrt ist hier nicht nur lustig, sondern macht deutlich, warum Frauen in der Seefahrt so lange ein solch schlechtes Ansehen hatten und als Unglücksbringer galten: Matrosen brauchten einfach keine Frauen. Klingt hart, doch dieser Eindruck stellt sich ein, wenn man sich manche etwas kindlich naiv erzählte Szene betrachtet. – Derlei Szenen tauchen in so gut wie jeder Liebesschnulze im Fernsehen auf, dann jedoch eher hetero- als homoorientiert. Ganz gleich, welche sexuelle Orientierung in der Erzählung vorherrscht, es sind meist bekannte Szenerien.
Komisch sind so manche Augenblicke in der Geschichte, in der Krapp seine Figuren los lässt und sie sich eher eigenständig verhalten. Krapp etabliert mit dem kleinen schüchternen Matrosen einen Running Gag. Der Matrose, fast noch ein Schiffsjunge, platzt immer im ungeeigneten Moment hinein, so lange, bis Krapp dieses Spiel auflöst und diese Momente nicht mehr heiß, sondern extrem frostig sind.
Komisch sind auch die verdutzt aufgerissenen großen Augen der beiden Hauptfiguren, die es teilweise kaum glauben können, dass sie angebaggert werden – besonders Alexander, dessen Schwarm sich plötzlich für ihn interessiert.
Abenteuerlich im besten Sinne eines Indiana Jones-Abenteuers wird es, sobald der grüne Jaguar ins Spiel kommt. Dieses Kleinod ist nicht nur alt und selten, sondern es besitzt in der Tat magische Fähigkeiten, mit denen sich Damian in höchster Lebensgefahr auseinandersetzen muss.
Die Tauchgänge lassen Bilder alter Abenteuerfilme wie Die Tiefe vor dem geistigen Auge auferstehen. Hier ist es jedoch bunter, nicht so düster und deshalb weniger bedrohlich.
Kindlich naiv erzählt bedeutet hier nicht zwangsläufig unsympathisch. Ganz im Gegenteil kann der Leser die beiden Helden Damian und Alexander immer mehr mögen lernen. Denn sie erinnern fast an eine schwule Variante von Peter und Alexander – nur der Papagei fehlt. So ist auch die grafische Umsetzung locker leicht, eher einfach zu nennen, cartoony eben. Krapp beherrscht den Umgang mit Details, wie es sich in diversen Szenen und Bildern zeigt, aber er arbeitet lieber großflächig und raumgreifend. Er bricht oft und gerne aus dem Satzspiegel aus, zuweilen wirkt es, als wolle er mit den Bildern regelrecht aus dem Blatt explodieren. Die Zeichnungen mögen einfach wirken, in ihrer Komposition zueinander – anders lässt es sich nicht beschreiben – strahlen sie Kraft aus.
Eine spaßige Geschichte, sehr unterhaltsam, schnell und kurzweilig erzählt. Wer abseits von Ralf König Geschichten mit schwulen und sehr sympathischen Helden sucht, sollte einen Blick riskieren.
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