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Comic Blog


Montag, 01. September 2008

Juan Solo 2 – Heiliger Schweinehund

Filed under: Thriller — Michael um 19:10

Juan Solo 2 - Heiliger SchweinehundJuan führt ein gutes Leben. Draußen auf dem Landsitz soll er die Herrin beschützen und so nebenher besorgt er es ihr. Ihr Sohn schaut voller Respekt zu ihm auf. Juan bringt ihm sogar das Schießen bei. Laura, so der Name der Herrin, wird sogar süchtig nach Juan, begehrt ihn so oft es geht, an den unmöglichsten und möglichen Orten, immer und wahrhaft überall. Juan führt ein gutes Leben – so glaubt er eine Weile. Eines Tages geschieht das, was ein aufmerksamer Juan viel früher bemerkt hätte. Aber Juan befindet sich im Rausch und so entgeht ihm, dass sein wahrer Chef plötzlich mit seinen Leibwächtern am Schwimmbecken steht.

Plötzlich zählt für Juan wieder einmal mehr, ob er leben wird oder diesmal stirbt.

Heiliger Schweinehund – diese Überschrift des zweiten Teils der Thriller-Saga um Juan Solo trifft den Kern der Handlung. Ob der Leser das Heiliger unterschreibt ist nicht gewiss, der Schweinehund hingegen dürfte jedem einleuchten.

Alexandro Jodorowsky hat seinem Helden im ersten Teil viel zugemutet. Bei aller Gewalt, die von Juan Solo ausgeht, bei allem, was er anstellt, hat er doch auch viel erlitten, ist seine Natur erklärbar. Das, was Jodorowsky seiner Hauptfigur im zweiten Teil zumutet, ist noch eine Spur ausgefallener, schlimmer, aber auch sehr konstruiert – es ist unwahrscheinlich, wie man so schön sagt, aber nicht unmöglich. Zunächst jedenfalls.

Es folgt eine systematische Demontage von Juan Solo. Der Gangster, der sich schon im Begriff sah, ein – für seine Begriffe – wunderbares Leben zu führen, erfährt eine selbst für ihn erschreckende Wahrheit. Eines führt zum anderen, es folgt der totale Niedergang. Letztlich landet er in einer gesellschaftlichen Position, die sein Ziehvater innehatte. Zwar gibt es noch eine Grenze dessen hin zu dem, was er bereit ist zu tun, doch diese verschwimmt auch durch den Alkohol beständig.

Schließlich ist Juan wieder solo und auf der Flucht, ohne Sinn und Verstand. Die Möglichkeit zu einem neuen Leben befindet sich in seinem Besitz, aber die Flucht ist kopflos. Endlich – und der Weg ist noch nicht beendet – hat Juan eine Begegnung, die sein ganzes bisheriges Leben untergräbt. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich in seiner derzeitigen Situation nichts von Wert in seinem Besitz. Die letzte Kugel ist verschossen, er hat kein Fortbewegungsmittel mehr, Wasser hat er keines und letzteres bedeutet in einer Wüstenei den sicheren Tod.

Ausgerechnet ein indianischer Bauer auf einem Maultier luchst Juan sämtliche Habseligkeiten ab. Und Juan ist an einem Punkt angelangt, an dem ihm alles egal ist. Er nutzt diese letzte Chance nicht, reitet sich im wahrsten Sinne des Wortes immer tiefer in das Schlamassel. An dieser Stelle begeht Jodorowsky einen Stilbruch, indem er aus dem Gangster – jeder Leser hätte ihn wohl relativ mitleidlos in der Wüste sterben sehen – eine Art Paulus macht. Das, was ihn zeitlebens verfolgte, gereicht ihm nun zum Vorteil. Juan wird zum Heiligen, zuerst aus der Notwendigkeit, seines Charakters wegen, dann aus Frustration. Juan erfindet sein ganz persönliches Golgatha, aus freien Stücken.

Das letzte Drittel könnte man fast eine Art Autorenkino nennen. Es ist schwer verdaulich, ungewöhnlich, aber auch nie unmöglich. Es passt zum Wahnsinn, den der Leser an der Seite von Juan Solo miterleben durfte, setzt ihm aber auch die (Dornen)krone auf. – Und geht auch über den ganz normalen Wahnsinn eines Tarantino hinaus, der sich als Paradepferd des Wahnsinns mit Methode etabliert hat.

Grafisch ist die Geschichte sehr gut umgesetzt. Der Realismus, mit dem er zu Werke geht, macht es manchmal sehr gruselig, zuweilen auch unerträglich. Die Stimmung wird, filmisch gesprochen, stark über die Beleuchtung angeregt. Rot, Orange und Gelb herrschen vor, signalisieren Hitze, brütende Hitze, die die Gemüter verwirrt und das Leben sogar bedroht. Die Hölle des ersten Teils setzt sich hier unvermindert fort.
Georges Bess’ Arbeit ist alte Schule. Beste Technik mit geringen Mitteln, ganz so, wie es in der Zeit vor dem Einsatz von Computern war. Vergleiche zur Technik früher Geschichten von Giraud oder Hermann sind treffend. Ganz bestimmt befindet sich Bess technisch mit ihnen auf dem gleichen Level.

Eine furchtbar düstere Geschichte. Kein Mitleid mit Juan Solo! Trotz aller Enthüllungen. Spannend, hoch spannend sogar, aber mit keinerlei Identifikationsmöglichkeiten. Jodorowsky und Bess servieren Schwerverdauliches, aber als Achtgängemenü. Wer ein grafisches Topalbum lesen möchte, mit einem Thriller, der fernab jeglicher heilen Welt angesiedelt ist, ist hier genau richtig. 🙂

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