Rio flieht zu ihrem Vater. Aber selbst auf dem Weg dorthin wird sie von unheimlichen Mächten attackiert. Ihr Vater ist über ihr Auftauchen überrascht, aber auch erfreut. Endlich kann er seine Erkenntnisse mit jemandem teilen: Engel sind nicht unsterblich! Er selbst hat einen ihrer Leichname gefunden, der vor Jahrhunderten ermordet wurde. Nahel ist ganz in der Nähe von Rio. Er ist einer der Engel, die es gewagt haben, sich mit den Menschen einzulassen. Und mehr noch: Nahel hat sich in Rio, eine Menschin, verliebt.
Eigentlich hätte Rio in der Nähe ihres Vaters in Sicherheit sein müssen, doch die Schakale aus der Hölle sind ihr weiterhin auf der Spur, selbst hier, weit von Frankreich entfernt. Nahel sieht nur eine Möglichkeit, die wirkliche Sicherheit für Rio bereithält. Er muss sie mit an einen Ort nehmen, an sich die Dämonen und Ausgeburten der Hölle nicht trauen: das Paradies.
Die Unsterblichen lassen sich auf verschiedene Weise mit den Menschen ein und die wenigsten davon sind wirklich selbstlos. Es scheint Der Wille des Bösen zu sein, dass die Menschen mittels ihrer seelischen Kraft tatsächlich nichts weiter als Kraftfutter für jene Wesen in den höheren Sphären sind. Himmel und Hölle eingeschlossen.
Das Schöne an der Erzählung von Stephen Desberg ist die Gegenüberstellung menschlicher Wunschträume und Vorstellungen im Gegensatz zur Realität. Der Engel sei edel und gut, so die Forderung, die der Mensch an die jenseitigen Kräfte stellt. Desberg entwickelt eine Engelschar, die auch genau das von sich annimmt, allerdings weitet sich dieser Edelmut nicht auf die Menschen aus.
Engel sind durchweg schön – so stellt sie Zeichner Henri Reculé jedenfalls dar. Sie bilden das optische Gegenstück zu den Dämonen, in denen alle Schönheits- und Häßlichkeitsideale zu finden sind. So vielgestaltig ihre Fähigkeiten sind, so unterschiedlich sind auch ihre Erscheinungsformen. Betrachtet man die Dämonen, die mit den einzelnen kleinen Episoden der Geschichte verknüpft sind, so sind offenkundig die von innen brennenden dämonischen Schakale interessant. Ihre Konzeption, der brennende Schädel, der eher an einen Pferde- oder Kuhschädel erinnert und viel gruseliger und ausdrucksvoller ist, als es ein Schakalschädel sein könnte, wird nur von den Gestalten beiseite gedrängt, die nicht sofort alles zeigen.
Jener unheimliche Verfolger, der den Vogelschwarm aufscheucht, um damit das kleine Sportflugzeug zum Absturz zu bringen, ist ein gutes Beispiel dafür. Ungewöhnliche Hörner zieren seinen Kopf, hakenförmige Auswüchse, die verkümmerte und verknöcherte Flügelimitationen aussehen, ragen aus seinen Schulterblättern. Eine grünlich schimmernde, fast delfinartig wirkende Oberfläche bedeckt seinen Körper.
Die himmlichen Lebewesen sind grafisch weniger aufregend, weil sie stärker an die Realität angelehnt sind. Dafür sind sie vom erzählerischen Standpunkt interessanter. Die Seevögel, die Nahel bei seinen Ankunft begrüßen, sind Quasselköppe vor dem Herrn und bringen durch den aufkeimenden Humor etwas Ausgleich in das ansonsten sehr dramatische und klassisch wirkende Szenario. Besonders letzteres wird durch die Engelsfiguren gestärkt, deren gefällige Erscheinung sehr stark an Darstellungen in der Renaissance erinnern. Muskulös, aber auch grazil, mit länglichen ovalen Gesichtern und rockigen Haarprachten.
Der Wendepunkt der Geschichte: Rio kommt in den Himmel. Gegen ihren Willen wird die junge Frau zu ihrer eigenen Sicherheit in das Paradies entführt, wo sie ein wohl bedachten Plan anstößt – auch den der Macher Stephen Desberg und Henri Reculé – der das bestehende Gefüge einreißen soll. Ein spannender und wichtiger Teil der Saga um die Unsterblichen. 🙂
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