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Comic Blog


Samstag, 30. August 2008

Die Blueberry Chroniken 10 – Am Ende des Weges

Filed under: Abenteuer — Michael um 18:06

Die Blueberry Chroniken 10 - Leutnant Blueberry - Am Ende des WegesBlueberry und seine Freunde, Red Neck und Mac Clure reiten am späten Abend in die Stadt ein. Allen ist nicht so recht wohl, aber in diesem Gewühl werden sie, so glaubt Blueberry, nicht weiter auffallen. Während er ein Bad im Sinn hat, da er schon nicht mehr weiß, wie sich so etwas anfühlt, wollen Red Neck und Mac Clure lieber ihre Kehlen befeuchten. – Blueberry lässt sie gehen, wider besseres Wissen. Und tatsächlich, Red und Jimmy werden erkannt, der Alkohol tut sein Übriges, um die Häscher auf die Spur von Blueberry zu bringen. So war das nicht gedacht!

Vom Bad führt der Weg direkt ins Gefängnis. Jimmy schwört wieder einmal, dass er nie wieder einen Tropfen Alkohol anrühren werde. – Der Leser weiß, dass dieser Schwur nicht gehalten werden wird, denn das wurde er noch nie. – Der Schreiner kommt und nimmt bei den Gefangenen die Maße für die Särge. Am nächsten Tag sollen die Hinrichtungen sein. Es sieht so aus, als habe Blueberrys letztes Stündlein geschlagen, doch da …

Am Ende des Weges beschreibt einen Abschluss, eine Abrechnung und eine fehlgeschlagene Zusammenführung. Vor langer Zeit wurde Blueberry auf eine Mission geschickt, die sein Leben radikal veränderte. Als Dieb und Verräter, später sogar als Attentäter gebrandmarkt stand er lange Zeit auf der falschen Seite des Gesetzes. Nur seine engsten Freunde – Red Neck und Jimmy Mac Clure – halten während des gesamten Zeitraums zu ihm.

Nun wird abgerechnet. Endlich bekommt Blueberry die Chance dazu. Allerdings ist auch dieses Unterfangen halsbrecherisch und risikoreich wie jedes andere Unternehmen, das der Leser in einer langen Reihe begleiten durfte.
1983 begab sich Blueberry in Die letzte Karte auf die Suche nach dem Mann, der ihn entlasten konnte – nur um eine Gefangenenbefreiung in Gang zu setzen. Denn ausgerechnet der Mann, der ihn außerdem abgrundtief hasst, wird bei einem Regimewechsel in Mexiko festgesetzt und soll am nächsten Tag erschossen werden.

Jean Giraud begegnet dem Leser mit sehr glatten, moebius-artigen Linien, stark vereinfacht im Vergleich zu älteren Bluberry-Zeichnungen, aber immer noch zu komplex im Vergleich zu echten Moebius-Arbeiten. In Bonbon-Farben entsteht ein leicht entrückter Eindruck des Wilden Westens. Diese Trickfilm-Eleganz – und elegant sind die Zeichnungen zweifellos – stört ein wenig die Spannung, die ansonsten durch den erhöhten Realismus der Bilder aufkam. Mit einem Spaghetti-Western hat das optisch nicht mehr sehr viel zu tun. – Und mehr auf der letzten Seite genau hinschaut, mag in dem halb ertrinkenden Blueberry ein wenig von John Difool entdecken. Darüber hinaus sollte man aber auch als Leser nicht zu streng richten, denn ein Giraud, der sich selbst nicht so recht treu ist, ist immer noch ein begnadeter Künstler.

1986, als die Fortsetzung Der Weg in die Freiheit erschien, machte Giraud wieder einen Schritt zurück, gönnte seinem Blueberry wieder dicke kraftvolle Striche, weg von der architektonisch sterilen Art der vorherigen Bilder. Hier ist Blueberry wieder so, wie man(n) ihn kennt. Die Details sind wieder zahlreicher, die Tiefe der Bilder gerät wieder größer. Die Farben sind viel erdiger gestaltet als zuvor.
Die Schurken sind in diesem Band noch schurkischer, denn endlich enthüllt sich der Macher hinter den Anschlagsversuchen auf den Präsidenten. Blueberry hätte vieles vermutet, aber das nicht – und der Leser hätte es auch nicht vermutet. Die Auflösung ist jedoch nicht übel, denn es macht Sinn. Wesentlich interessanter ist das Auftauchen eines Handlangers, der Blueberry seine fürchterliche Entstellung anlastet. Hier findet sich alles. Das große Finale, die Rache aus niederen Motiven, eine lückenlose Aufklärung der Ereignisse.

1991 gibt es in Arizona Love noch ein weiteres Hühnchen zu rupfen. Mike Blueberry hat Chihuahua Pearl nicht vergessen. Wie einst in der Reifeprüfung platzt Blueberry in eine Hochzeit und entführt die Braut, bevor sie verheiratet werden kann. Die Optik ist wieder etwas exakter, gestriegelter, aber auch der Humor ist stärker vertreten. Mit dem Titelbild der Geschichte hält auch eine Mischung aus Postkartenkitsch, Jugendstil und Westernromantik in Blueberry Einzug – etwas, was sich immer auf einschlägigen Romanen findet, in denen ein Pirat oder Highlander eine wilde Braut entführt.

Ein langer Abschluss einer langen Handlungslinie, die einen großen Teil von Blueberrys Leben bestimmt hat. Am Ende ist unser Held wieder bereit für neue Abenteuer, nachdem alle Fäden zusammengeführt wurden. Jene, die mit den Vorgängerabenteuern vertraut sind, werden ihre Freude haben. Jene, die darüber nicht so viel wissen, werden zumindest – ein grundsätzliches Geheimnis der gesamten Reihe – spannend unterhalten. 🙂

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Criminal 2 – Blutsbande

Filed under: Thriller — Michael um 13:03

Criminal 2 - BlutsbandeTracy Lawless ist zurück. Sein Leben bei der Armee ist vorüber. Zurück in der Stadt will er nur noch eines wissen. Wer hat seinen Bruder Ricky umgelegt? Seine Rückkehr weckt keine guten Erinnerungen. Nach und nach wird immer deutlicher, warum er dieses Kaff hinter sich gelassen hat. Andererseits hatte Tracy auch beim Militär kein besonders tolles Leben. Nur die Erfüllung seiner Aufgabe hat er dort gelernt und die nötige Disziplin. Tracy ist gelassen, kühl, sichert sich ab. Er kann die Menschen einschätzen, weil er Disziplin hat und sie nicht – so glaubt er jedenfalls.

Die alte Gang seines Bruders hat nicht die äußerliche Professionalität, die er von der Army her gewöhnt ist. Ohne ihr Gehirn, Simon, sind sie nur die Hälfte wert. Sie sind gut in der Ausführung, das Planen und Ausbaldowern liegt ihnen keineswegs. Simon sitzt leider im Gefängnis und sogar der Plan für seine Befreiung stammt von ihm selbst. Und bevor es an den eigentlichen Job gehen kann, muss Simon erst einmal aus dem Kittchen geholt werden.

Ed Brubaker schickt seine Leser zurück in diese verkommene Stadt. Dort begegnet man nicht nur Tracy als neuem Gesicht, sondern auch alten Bekannten in Nebenrollen wie auch als Auslöser für die gesamte Geschichte. Wer gut aufgepasst hat – oder den ersten Band noch einmal hervorholt – wird feststellen, dass Tracys Bruder Ricky, der hier die Wurzel der Geschichte ist, einst mit Leo zusammenarbeitete, dem Hauptcharakter der ersten Handlungslinie. Aus diesem Grund begegnen wir Leo auch kurz im Gefängnis wieder, genau an jenem Ort, wo Leo niemals hinwollte. Diese Art des Verwebens bringt Criminal natürlich in die Nähe eines Thriller-Werkes wie Sin City – kein Wunder also, dass Frank Miller, Autor von besagtem Thriller-Werk, hier das Vorwort geschrieben hat.

Manchmal muss ein Mann eben tun, was ein Mann tun muss.

Wie in ersten Handlungslinie stimmt auch hier dieses allseits bekannte Zitat, mit dem sich schon Woody Harrelson in Doc Hollywood zum Narren machte. Tracy hat sich selbst eine Aufgabe gestellt, ohne alle Fakten zu kennen. Er wusste rein gar nichts über die Gang, mit der sein Bruder auf Tour war. Außerdem wusste er so gut wie nichts darüber, was in den letzten 20 Jahren aus seinem Bruder geworden war. Letzteres ist der Knochen, den Ed Brubaker seiner Hauptfigur hinwirft und an dem Tracy am meisten zu knabbern hat.

Der Knacks, den Tracy durch seinen Vater erhielt und der durch die Armee auch nicht geheilt werden konnte, steht ihm immer noch im Weg. Freunde hat er so gut wie keine. Eine Beziehung zu einer Frau scheint eine Sache der Unmöglichkeit zu sein. So steuert denn auch die Beziehung zur einzigen Frau in der Gang geradewegs in eine Katastrophe hinein. Brubaker bringt auf sehr geschickte Weise Charaktere zueinander, die zusammengehören, ohne es zu wissen. Da ist ein Gespür, eine Ahnung, wie bei Geschwistern, die einander bislang nicht kannten und sich dann ineinander verlieben – nein, hier sind es keine Geschwister, aber der Drang ist ähnlich.

Nach und nach werden zwei Coups und ein paar Nebenhandlung miteinander verwoben. Tracy, eine vollkommen anders gelagerte Figur als Leo in der vorherigen Handlungslinie, wird dabei Stück für Stück von seinem hohen Ross geholt. Schließlich steht auch eine Begegnung mit dem heimlichen König der Stadt an, Sebastian Hyde. Schlussendlich bestätigt Brubaker, den Leitfaden, den er für seine Geschichte vorangestellt hat: Familie ist eine Falle. – Wenigstens für amerikanische Gangster mag das zutreffen.

Sean Phillips wirft die Bilder in diesem Band viel stärker hin als in der ersten Ausgabe. Insgesamt ist die Umsetzung düsterer – obwohl es in der Handlung auf Weihnachten zugeht und der Weihnachtsmann eine wichtige Rolle spielt. Schatten sind fette schwarze Pinselstriche, leicht ausgefranst. Wie es sich für eine Gangstergeschichte gehört, in der einer den Fluchtfahrer mimt, nimmt auch ein entsprechendes Fahrzeug, ein Dodge Charger teil.
Rasanz auf der Straße, Action in dunklen Ecken, ein wenig Liebe und nur ein einziges Mal kann sich Tracy ein Lächeln – kein besonders echtes – abringen.

Darüber hinaus gibt Val Staples den Bildern ein derart düsteres und dunkles Farbspiel mit, dass die Vorgängerausgabe wie der reinste Sonnenaufgang im Vergleich wirkt. Dunkles und kaltes Grau, Blau, verwaschenes Lila, es schneit einen Schnee, der an Ascheflocken erinnert und wenn ein knalliges Rot ins Spiel kommt, handelt es sich nicht um Blut, sondern um die Signallichter der Cops.

Realistisch, besser noch als die Vorgänger-Geschichte. Rache und Familie sind das zentrale Thema. No way out – eine klassische Konstellation vieler amerikanischer Krimikracher wird hier von Brubaker auf das Feinste neu arrangiert. Phillips-Fans werden diesen Knaller mögen, Thriller-Fans sollten einen Blick riskieren. 🙂

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Freitag, 29. August 2008

Criminal 1 – Feigling

Filed under: Thriller — Michael um 17:18

Criminal 1 - FeiglingIst man(n) ein Feigling, wenn man(n) weiß, wann es Zeit ist, die Kurve zu kratzen? Wenn Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden? Ganz besonders dann, wenn die Partner aus kleinen Gaunern und Schwerverbrechern bestehen. Leo kennt sich aus. Es würde ihm im Traum nicht einfallen, sich auf seine Partner zu verlassen. Leo ist ein Profi. Als solcher macht man seine Arbeit aus einem einfachen Grund gut: Man will nicht im Knast landen. Diejenigen, die sich auf der Flucht unbedingt wild ballernd mit den Cops anlegen müssen, sind Idioten – und meist auch schnell tot.

Lange führt Leo ein gutes Leben. Er arbeitet allein, macht kleine Fischzüge und kommt klar, bis zu dem Tag, als ein alter Bekannter namens Seymor und ein neuer Bekannter, ein Cop, bei ihm vorstellig werden. Es soll eine leichte Beute sein. Aber, wie Leo so treffend bemerkt: Gab es je Diamanten, die leichte Beute waren?

Leo denkt darüber nach. Der Plan, die Aussicht auf viel Geld, vor allem auf einen Schlag, klingt verlockend. Zu Hause wartet Ivan auf ihn, ein alter Mann, senil, drogensüchtig. Ohne persönliche Krankenschwester geht nichts mehr. Das kostet Geld – und die Krankenschwester Nerven. Es macht einer Pflegerin keinen Spaß, wenn der Patient einem die Unterwäsche klaut. Und Seymor ist nicht dumm. Er bringt eine weitere Karte ins Spiel: Greta Watson, die Frau eines Mannes, der bei einem Geschäft mit Leo sein Leben verlor. Die Kehrseite der Karte heißt: Schlechtes Gewissen. Es wirkt. Leo macht mit.
Doch nicht einfach so. Leo trifft Vorkehrungen. Für alle Fälle.

Da ist ein Held, der alles andere als tough ist. Leo spielt nicht Butch und Sundance. Er weiß, wann ein Abflug, kein Abgang, angesagt ist. Ed Brubaker, Autor der Serie Criminal, präsentiert einen vernünftigen Gangster. Stets vorausgesetzt, dass es so etwas wie einen vernünftigen Gangster überhaupt gibt.

Manchmal muss ein Mann eben tun, was ein Mann tun muss.

Oder wenigstens das, was sinnvoll und nötig erscheint. Leo wird in die Ecke gedrängt. Sein gutes Herz steht ihm gehörig im Wege. Nicht nur der alte Ivan ist einer dieser Fallstricke, auch Greta mit ihrer kranken Tochter verursacht bei ihm dieses Magengrimmen, das jemanden antreiben kann, etwas Schlechtes zu tun, um etwas Gutes zu bewirken. Ed Brubaker flechtet diesen Konflikt, den Leo mit sich austragen muss, sehr schön und stimmig in die spannende Geschichte ein. Der Coup, den Leo durchziehen soll, ist weniger das Thema, er ist höchstens das Alibi für die Geschichte, die eine Charakterentwicklung beschreiben soll.

Ist es zuviel gesagt, wenn verraten wird, dass das Geschäft mies läuft? Nein, denn Brubaker inszeniert es als eine Art self-fulfilling prophecy, eine gelebtes Gesetz von Murphy: Wenn du dich darauf vorbereitest, dass es schief geht, geht’s auch schief.
Da ein Tiefschlag nicht ausreicht, hagelt es gleich mehrere auf Leo hernieder, womit Brubaker zeigt, dass er die handwerklichen Grundregeln gut einzusetzen weiß. Stück für Stück wird Leo im Laufe der Geschichte demontiert, bis es nur noch einen Ausweg gibt. Irgendwann läuft auch ein Feigling nicht mehr weg.

Sean Phillips zeichnet Leos Welt und Val Staples gibt ihr die Farbe. Leos Welt ist düster. Die Stadt ist düster. Sie glimmt ein wenig, aber meist strahlt sie nur schmutzig und ist von vielen Schatten durchzogen. Nur einmal hellt die Szenerie auf, als Leo ein klein wenig Glück verspürt – das natürlich auch sogleich wieder von Brubakers Erzählung torpediert wird. Keine Gnade mit den Charakteren.
Phillips zeichnet hier knallhart, beinahe dokumentarisch, hält die Figuren auf Abstand zum Leser und doch sieht man ihre Zerbrechlichkeit, was nicht nur am Zeichenstil von Phillips liegt.

Ein Krimi, von dem man denkt, man wüsste, was auf einen zukommt – falsch gedacht. Schon nach wenigen Seiten hat Brubaker die Nase vorn und bleibt stets um eine Nasenlänge voraus. Der Retro-Stil im Sinne der 70er Jahre Krimis ist inzwischen wieder hochmodern, eckig, kantig, hart. Cool! 🙂

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Sleeper 1 – Das Schaf im Wolfspelz

Filed under: Thriller — Michael um 12:50

Sleeper 1 - Das Schaf im WolfspelzEs ist nicht leicht, Undercover in einer Organisation zu arbeiten, an deren Spitze ein psychopathischer Intellektueller mit außergewöhnlichen analytischen Fähigkeiten steht. Es ist nicht leicht, unentdeckt zu bleiben. Und während der meisten Zeit ist es am schwierigsten, überhaupt zu überleben. Es sei denn, man verfügt über gewisse Fähigkeiten, die einen selbst zu etwas besonderem machen. Holden Carver ist solch ein Mann. Menschen mit besonderen Fähigkeiten sind in einer Welt mit Superhelden und Supergaunern gar nicht einmal so selten. Menschen, die diese Fähigkeiten nicht an die große Glocke hängen, schon.

Carver kann Schmerz kanalisieren und weitergeben. Aus Schmerz wird eine Art Strom. Diese Fähigkeit führt zu allerlei Überraschungen – zumeist bei jenen, die Carver gerne unter die Erde schicken würden. Carver nutzt diese Fähigkeit nicht häufig, nur wenn er dazu gezwungen wird. Obwohl er in einer Organisation arbeitet, die Kaltblütigkeit und Professionalität erwartet, sind eben diese Fähigkeiten nicht sehr dicht gesät.
Viele sind Freaks, deren Schwächen sich der Mann an der Spitze, Tao, mit Erfolg zunutze macht.

Die straffe Organisation seines Gangster-Imperiums steht im totalen Gegensatz zu Taos Zielen: Chaos. – Oder ist es einfach nur so, dass außer ihm niemand die weitreichende Planung versteht?

Ed Brubaker ist nicht nur back in town, er bleibt auch seinem ureigenen Genre treu, dessen Wiederbelebung er im Comic stark beeinflusst hat. Erst jüngst erschien eine vorbereitende Geschichte aus dem Wildstorm-Universum, in dem der Leser Bekanntschaft mit den Gangstern in einer Superhelden-Welt machen konnte (Point Blank). Brubaker hatte dieses Konzept auch schon beim guten alten Batman angewendet (Gotham Central). Hierzulande zündete dieser Ansatz aber nicht so sehr.
Hier nun ein neuer Versuch, ein neuer Anlauf, mehr Realismus in die Superhelden-Ecke zu bringen, dorthin, wo das Fußvolk nur mit großen Augen zu den fliegenden Gestalten am Himmel blicken kann.

Allerdings – und das mag zunächst für den Leser verwunderlich sein – schaut so gut wie niemand mit Bewunderung oder Staunen auf die fliegenden Gestalten. Im Gegenteil, bei den meisten meldet sich beim Anblick dieser Figuren Abscheu, Desinteresse, Langeweile. Unten am Boden kochen die Gangster vielfach unbe(ob)achtet ihr Süppchen, so wie Tao seine weltweiten Spielchen treibt.

Brubaker entwirft hier nicht nur das Szenario eines Undercover-Agenten, dessen Grenzen langsam verschwimmen, sondern er baut einen Hintergrund, der einen Verschwörungsautoren wie Dan Brown begeistern sollte. Die Insel, auf der sich die wahren Herrscher dieses Planeten treffen und über die Zukunft der Welt entscheiden, ist zwar nicht neu, aber wie die selbst ernannte Crème de la Crème der Menschheit von Tao hinters Licht geführt wird, ist lesenswert und gehört neben vielen anderen ausgefeilten Bausteinchen zu den Bestandteilen, die den ersten Teil von Sleeper besonders dicht erscheinen lassen.
In diesem Zusammenhang ist die Erscheinungsweise, die Zusammenfassung mehrerer Ausgaben, sehr sinnvoll, da die Fülle der Informationen auch dazu angetan ist, das eine oder andere Detail in Vergessenheit geraten zu lassen, wenn zu viel Zeit zwischen den Erscheinungen liegt.
Brubaker zwingt seine Leser zum Aufpassen.

An Brubakers Seite arbeitet Zeichner Sean Phillips. Die beiden Comic-Macher sind bereits mit Criminal ein eingespieltes Team, eine Reihe, über die sich sogar der Meister persönlich, Frank Miller, löblich und ein wenig neidig äußerte.
Das Wesentliche ist der Kern von Phillips’ Bildern. Kein langes Drumherum, keine aufwändige Inszenierung. Stimmungsvoll ist sie, aber sie setzt nichts ein, das den Lesern vom Lesen und Umblättern ablenken könnte. So ist es kein Wunder, dass ein Miller hier auch ein wenig seine Handschrift wieder erkennt, wie er sie in Sin City zu Papier brachte.

Aber Phillips gönnt sich dann noch etwas mehr Aufwand und Seitenaufteilung. Er lässt das Auge des Lesers gerne tanzen. Nichts ist auf einer Seite so aufgeteilt, wie es auf der nächsten oder irgendeiner anderen aufgeteilt ist. Manchmal, für schockierende Momente, gönnt Phillips der Szene auch eine komplette Seite. Insgesamt aber ist einer Befürworter einer Art Mosaik-Technik, die er wie eine unregelmäßige Leiter anlegt, an der sich der Leser herunterhangeln kann. Auch hier muss der Leser erhöhte Aufmerksamkeit mitbringen, um jede Sprosse zu treffen.

Ohne Schnörkel, Superhelden Nebensache – Ed Brubaker und Sean Phillipps lassen knallharte Typen, Männer wie Frauen, auf die Comics los. Man gewöhnt sich langsam an die Hauptfigur Holden Carver, aber wenn man einmal mit ihm sympathisiert, dann heißt es nur noch: Mitfiebern! 🙂

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Donnerstag, 28. August 2008

Storm 3 – Das Wüstenvolk

Filed under: SciFi — Michael um 19:08

Storm 3 - Das WüstenvolkStorm und Rothaar wanken ziellos durch die Wüste. Ein Ende scheint nicht in Sicht. Sie kennen sich nicht aus, sind am Ende ihrer Kräfte. Ein Aufenthalt zwischen Felsen lässt sie auf einen Fremden treffen. Und damit beginnen auch schon die Schwierigkeiten. Der Fremde ist auf der Flucht und seine Häscher sind über die ungebetenen Widersacher nicht begeistert. Wenig später sind Storm und Rothaar zwar besser aufgehoben, aber dafür in Gefangenschaft.

Die hageren Aborigines aus Australien mögen äußerlich – abgesehen von der kalkweißen oder auch grauen Hautfarbe – Pate gestanden haben für das Wüstenvolk, das Dick Matena und Don Lawrence hier in den Mittelpunkt ihrer Erzählung von Storms neuen Abenteuern stellen. (Natürlich sind sie nur in dieser Auflage neu.) Ihr gesamtes Aussehen generiert sofort Mitleid. Hager, unterernährt und, wie es sich nach wenigen Seiten herausstellt, versklavt. Ein Volk harrt der Befreiung.

Storm und Rothaar geraten hier auf ihrer langen Wanderung durch diese veränderte in ein Abenteuer, das in einen Aufstand mündet. Nicht zum ersten – und nicht zum letzten – Mal betätigt sich Storm als Befreier. Ähnlich wie bereits im Serienauftakt hat ein Bösewicht seine ganz eigenen Methoden gefunden, um sich zu bereichern und seine Pfründe zu sichern. Helfershelfer sind schnell gefunden, folgen hündisch ergeben und verstecken sich hinter Helmen mit Visieren – die allerdings im gleißenden Licht der Wüste einen Sinn ergeben.

Denn hier ist selbst die Natur der Feind, wie gleich das Cover des vorliegenden Bandes Das Wüstenvolk zeigt. Ohne besonderen, oder wenigstens notdürftigen Schutz, findet binnen Sekunden eine Erblindung statt.
Storm ist kein strahlender Held, dem alles sofort und ohne jedes Problem gelingt. Zwar setzt er sich beherzt zur Wehr, doch auch er tappt in eine Falle oder muss sich den Umständen – vorerst – geschlagen geben. Die Verwundbarkeit Storms, seine Normalität macht den Reiz der Figur wie auch der Serie aus.
Mit einer guten alten Geiselnahme des Bösewichts namens Banjo will sich Storm zusammen mit Rothaar aus der misslichen Lage befreien. Leider unterschätzt er seine Gegner.

Dick Matena, nach Philip Dunn und Martin Lodewijk der neue Autor im Bunde, entwirft eine endzeitliche Stimmung, ein Szenario einer untergegangenen Zivilisation, wie sie mit ihren Wüsten, Ruinen und aus der Not geborenen Lebensweise sich häufiger in SF-Geschichten findet.
Anders als ich solchen Szenarien, die sich auch in Rollenspielen finden, übertreibt Matena es nicht. Die Gründe für die Transformation des Wüstenvolks sind sehr rational, die ursprünglichen Motive eigentlich sinn voll und ehrenhaft. Leider – und hier findet sich eine bekannte Komponente – haben die Handlanger eines ehrenhaften Mannes eher niedere Motive, die natürlich in Machtgier und der Verlockung von Reichtum zu finden sind.

Die Technisierung, von Don Lawrence optisch möglichst realistisch umgesetzt, ist schlicht und effektiv. In den unterirdischen Gefilden erinnert die Steinformationen an das verschwundene Meer, aber auch an andere unterirdisch stattfindende Fantasy-Erzählungen, womit Matena und Lawrence hier angesichts des Alters der Geschichte einiges von Abenteuern neueren Datums vorweg nehmen.
Richtig schön strahlende Farben, beinahe pompös zu nennende harte Kontraste aus Rot, Gelb, Blau, Grün und dem Grau des Wüstenvolkes schaffen eine tolle Plastizität der Bilder.
Besonders mit Mustern kann Lawrence seinem Hang und auch seinem Talent zur Farbgebung frönen, ganz besonders bei der Gestaltung von Kleidung fällt dies immer wieder auf.

Wer als Don Lawrence Fan einmal eine andere Seite von ihm entdecken möchte – eine erotische – wird sich über die kleine Episode von Carrie – Im Spielzeugland freuen. Sicherlich mit einem etwas pubertären, aber nicht uncharmanten Humor hat eine junge Frau ihr ganz spezielles Abenteuer in einem Kaufhaus.

Ein Klassiker in neuem Gewand, der durch seine drucktechnische Umsetzung zeigt, was der Meister alles konnte und wie er mit der Farbe zu spielen verstand. Ein feiner Anhang mit zusätzlichen Informationen und Grafiken rundet diese Sammlerausgabe mehr als nur wohltuend ab. 🙂

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Samstag, 23. August 2008

Die Unsterblichen 2 – Der Wille des Bösen

Filed under: Mystery — Michael um 16:56

Die Unsterblichen 2 - Der Wille des BösenRio flieht zu ihrem Vater. Aber selbst auf dem Weg dorthin wird sie von unheimlichen Mächten attackiert. Ihr Vater ist über ihr Auftauchen überrascht, aber auch erfreut. Endlich kann er seine Erkenntnisse mit jemandem teilen: Engel sind nicht unsterblich! Er selbst hat einen ihrer Leichname gefunden, der vor Jahrhunderten ermordet wurde. Nahel ist ganz in der Nähe von Rio. Er ist einer der Engel, die es gewagt haben, sich mit den Menschen einzulassen. Und mehr noch: Nahel hat sich in Rio, eine Menschin, verliebt.

Eigentlich hätte Rio in der Nähe ihres Vaters in Sicherheit sein müssen, doch die Schakale aus der Hölle sind ihr weiterhin auf der Spur, selbst hier, weit von Frankreich entfernt. Nahel sieht nur eine Möglichkeit, die wirkliche Sicherheit für Rio bereithält. Er muss sie mit an einen Ort nehmen, an sich die Dämonen und Ausgeburten der Hölle nicht trauen: das Paradies.

Die Unsterblichen lassen sich auf verschiedene Weise mit den Menschen ein und die wenigsten davon sind wirklich selbstlos. Es scheint Der Wille des Bösen zu sein, dass die Menschen mittels ihrer seelischen Kraft tatsächlich nichts weiter als Kraftfutter für jene Wesen in den höheren Sphären sind. Himmel und Hölle eingeschlossen.

Das Schöne an der Erzählung von Stephen Desberg ist die Gegenüberstellung menschlicher Wunschträume und Vorstellungen im Gegensatz zur Realität. Der Engel sei edel und gut, so die Forderung, die der Mensch an die jenseitigen Kräfte stellt. Desberg entwickelt eine Engelschar, die auch genau das von sich annimmt, allerdings weitet sich dieser Edelmut nicht auf die Menschen aus.

Engel sind durchweg schön – so stellt sie Zeichner Henri Reculé jedenfalls dar. Sie bilden das optische Gegenstück zu den Dämonen, in denen alle Schönheits- und Häßlichkeitsideale zu finden sind. So vielgestaltig ihre Fähigkeiten sind, so unterschiedlich sind auch ihre Erscheinungsformen. Betrachtet man die Dämonen, die mit den einzelnen kleinen Episoden der Geschichte verknüpft sind, so sind offenkundig die von innen brennenden dämonischen Schakale interessant. Ihre Konzeption, der brennende Schädel, der eher an einen Pferde- oder Kuhschädel erinnert und viel gruseliger und ausdrucksvoller ist, als es ein Schakalschädel sein könnte, wird nur von den Gestalten beiseite gedrängt, die nicht sofort alles zeigen.

Jener unheimliche Verfolger, der den Vogelschwarm aufscheucht, um damit das kleine Sportflugzeug zum Absturz zu bringen, ist ein gutes Beispiel dafür. Ungewöhnliche Hörner zieren seinen Kopf, hakenförmige Auswüchse, die verkümmerte und verknöcherte Flügelimitationen aussehen, ragen aus seinen Schulterblättern. Eine grünlich schimmernde, fast delfinartig wirkende Oberfläche bedeckt seinen Körper.

Die himmlichen Lebewesen sind grafisch weniger aufregend, weil sie stärker an die Realität angelehnt sind. Dafür sind sie vom erzählerischen Standpunkt interessanter. Die Seevögel, die Nahel bei seinen Ankunft begrüßen, sind Quasselköppe vor dem Herrn und bringen durch den aufkeimenden Humor etwas Ausgleich in das ansonsten sehr dramatische und klassisch wirkende Szenario. Besonders letzteres wird durch die Engelsfiguren gestärkt, deren gefällige Erscheinung sehr stark an Darstellungen in der Renaissance erinnern. Muskulös, aber auch grazil, mit länglichen ovalen Gesichtern und rockigen Haarprachten.

Der Wendepunkt der Geschichte: Rio kommt in den Himmel. Gegen ihren Willen wird die junge Frau zu ihrer eigenen Sicherheit in das Paradies entführt, wo sie ein wohl bedachten Plan anstößt – auch den der Macher Stephen Desberg und Henri Reculé – der das bestehende Gefüge einreißen soll. Ein spannender und wichtiger Teil der Saga um die Unsterblichen. 🙂

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Freitag, 22. August 2008

Simpsons Comics – Dollars für Donuts

Filed under: Cartoon — Michael um 17:52

Simpsons Comics - Dollars für DonutsIst das da Abraham Lincoln auf der Fünfdollarnote? Vor langer Zeit stand der amerikanische Präsident für das neue Zahlungsmittel Modell. Erleben wir zusammen mit den Simpsons den Weg eines ganz speziellen Geldscheins, wie er nach und nach seinen Besitzer wechselt, bis er schließlich … Ursprünglich als Anreiz für die Mitarbeiter des Kernkraftwerks gedacht, sich neue Einsparmodelle einfallen zu lassen, wird der Schein zum Stein des Anstoßes für allerlei Katastrophen – von denen natürlich ausnahmslos alle hausgemacht sind.

Homer ist daran nicht unbeteiligt – natürlich nicht! Würde das irgendjemanden wundern? Aber was wäre, wenn Homer sich grundlegend ändern würde? Wenn er plötzlich ordentlich würde? Geradezu furchtbar freundlich? Wenn Homer und Flanders ihre Leben tauschen würden? Ganz so schlimm wird es selbstverständlich nicht, aber für eine Fernsehshow ändern die beiden Nachbarn jeder beim anderen die Wohnungseinrichtung. Das Ergebnis ist erschütternd für beide. Doch langsam schleichen sich durch die neue Umgebung Verhaltensweisen des anderen ein – zwangsweise. Während Flanders immer mehr verkommt, ist Homer auf wundersame Weise ein Musterbeispiel an Redlich- und Arbeitsamkeit. Das ist sogar ein Schock für seine Familie.

Dollars für Donuts bietet einen großen Stapel Geschichten aus dem Simpsons-Universum. Die Vielfalt macht’s, wie man so schön sagt. Neben völlig albernem Humor – der natürlich in den Geschichten mit Homer zu finden ist – stehen Geschichten mit Lisa, die ernsthafter sind. Darüber hinaus wird alles aufs Korn genommen, was das amerikanische Leben hergibt.

Die Währung und seine Herkunft ist nur ein kleiner Teil. Arbeitslosigkeit und ihre Bekämpfung, das Schulsystem, der gesellschaftliche Wert von Uniformen, Bible Belt (wer wollte nicht die Zehn Gebote, sogar als Steintafeln, auf seinem Sofa stehen haben), Pop-Kultur, der American Way, Umweltschutz und Energieeinsparung, die Entstehung von Superhelden und vieles mehr bilden die roten Fäden.

Die Entstehung von Superhelden nimmt mehr oder minder eine Klamotte wie die aktuelle Verfilmung Superhero Movie vorweg. Wenn Bart und Milhouse mittels eigens dafür radioaktiv verseuchter Ameisen versuchen, selber zu einem Superhelden zu werden und sich unentwegt zu beißen lassen versuchen, dann ist das ein Bild für die Götter. Leider werden die meisten Ameisen, geradewegs aus einer radioaktiven Tunke kommend schneller tot gequetscht, als dass sie überhaupt noch zubeißen können. Und die, die schließlich die Kraft aufbringt, hat bei Bart und Milhouse keinerlei Wirkung.
Aber bei Homer.
So darf der Leser erleben – wie einst bei John Travolta in Phenomenon – wie Homer zu einer Intelligenzbestie mutiert. Sein kleiner Besuch beim Hausarzt mit der Vorführung seiner erwachenden telekinetischen Kräfte ist eine direkte Homage an den genannten Film.

Nun, ich bin sicher, dass ist für einen Mann Ihres Alters ganz normal.

Normal ist bei den Simpsons noch lange nichts und das ist hier wirklich gut so, denn einem ein neues Weltwunder dank der Kraft der Donuts erspart. Homer nimmt sich nicht nur auf sehr ungewöhnliche Weise der Energiegewinnung an, er wird außerdem noch Schuldirektor. Er mag beruflich nicht die besten Ideen haben, aber in Sachen Schülermotivation wird hier etwas vorgeführt, das wirklich seinesgleichen sucht.

Simpson? Warum steckt eine Banane in meinem Ohr?
Moment! Den Witz kenne ich! Weil die Wassermelone nicht reingepasst hat?

Eine geballte Ladung Wahnsinn mit Methode, mitunter auch mal hart an der Realität – so furchtbar das auch ist – hier wird nichts ausgelassen. Selbst ein James Bond bekommt hier sein Fett weg. Wer mag, kann sich nur an dem Ulk erfreuen. Wer tiefer blicken will, kann die kabarettistische Seite der Simpsons in Augenschein nehmen – ja, es gibt sie. 🙂

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Dienstag, 19. August 2008

Star Wars – The Force Unleashed

Filed under: SciFi — Michael um 20:26

Star Wars Sonderband 45 - The Force UnleashedDas Imperium hat gesiegt. Jeglicher Widerstand wurde im Keim erstickt. Order 66 hat den gewünschten Erfolg erzielt. Die Jedi wurden allesamt vernichtet. – Alle? Nein, nicht alle. Abseits der bekannten Klongefechte hat ein unbeugsamer Jedi überlebt. Rahm Kota, militärischer Befehlshaber, verließ sich lieber auf echte Menschen und führte eine Miliz, keine Klonkrieger. So entging er der Order 66 und führt seither einen Guerilla-Krieg.

Starkiller, ein Schüler von Lord Vader wird auf eine ungewisse Mission geschickt. Sollte Starkiller im Kampf gegen den Jedi-Meister bestehen, hat er eine weitere Prüfung bestanden und ist dem Schülerstatus wieder ein Stück entwachsen.
Doch dies ist im Vergleich zu den künftigen Aufgaben von Starkiller nur eine ganz kleine Stufe. Sehr bald schon ist es nicht mehr eindeutig, auf welcher Seite er eigentlich steht. Welchen Plan verfolgt sein Meister, Darth Vader, wirklich?

The Force Unleashed nimmt sich der Frage an, wann und wie die Rebellion entstand? Was war der zündende Funke des Widerstands? Die Frage nach dem Warum erübrigt sich. – Nicht ganz. Der vorliegende Comic zum gleichnamigen Computerspiel füllt eine Lücke und beantwortet Fragen, deren Antworten nach all den Jahren im Star Wars-Universum ungewöhnlich wirken.

Haden Blackman hat sich des vorliegenden Kunststücks angenommen, das eine ähnliche Lücke schließt, wie es vor Jahren schon einmal mit Shadows Of The Empire praktiziert worden ist. Der Name des auftretenden Helden lautet Starkiller.
Als George Lucas vor Jahrzehnten eine Geschichte über ein Weltraumepos ins Auge fasste, ließ er noch einen Annikin Starkiller an der Seite eines gewissen Luke Skywalker auftreten. Überhaupt tauchten in der Geschichte von Mace Windu, dem ergebenen Jedi-Bendu von Opichu, der mit Usby C.J. Thape verwandt war, Papawaan-Schüler des berühmten Jedi, viele bekannte Namen auf. Wie immer ist aus heutiger Sicht noch vieles von Lucas’ einstigen Ideen erkennbar, aber inzwischen umgeschrieben und konsequent in die Zeitlinie eingearbeitet.

Doch wie fügt man einen derart wichtigen Teil in eine Reihe ein, ohne die bestehenden Erzählstränge zu verletzen?

Der Trick ist ganz einfach. Es darf kaum ein bekannter Charakter der Geschichte von dieser nun immens wichtigen Figur wissen. – Und die, die es wissen, werden schweigen. Einerseits müssen sie ihr eigenes Versagen verbergen, andererseits wissen sie auch nicht genug, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. So entsteht ein Bindeglied, wie es auch Marvel mit dem Sentry gelungen ist.

Starkiller hat einen ähnlichen Weg wie Anakin genommen. Leider wurde kein Jedi auf ihn aufmerksam, sondern ein Sith. Vader persönlich bildet den Jungen aus und unterlässt keine Gelegenheit, um diesen in der Macht begabten Knaben, das Leben schwer zu machen. Mit Proxy steht Starkiller außerdem ein Droide zur Seite, der ihm bei seinen Übungen helfen soll, indem er durch einen eingebauten Holoprojektor die verschiedensten und gefährlichsten Feinde des Imperiums nachbilden kann. Darunter befindet sich auch Obi-Wan Kenobi. In der Folge stellen sich ihm immer weitere Gegner, Jedi wie Shaak Ti, Tiere wie die fürchterlichen Rancore, aber es sind auch Aufgaben zu erfüllen, die der Macht eines Yoda würdig wären.

In tollen Bildern präsentiert sich sogar ein Kampf zwischen Darth Vader und Starkiller. In bewährter Manier können hier Brian Ching, Bongo Diaz und Wayne Nichols ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Sie arbeiten am Zeichentisch ähnlich, doch es gibt Unterschiede. Manchmal sind es nur Nuancen, dann wieder sind die unterschiedlichen Techniken offensichtlich. Brian Ching bietet sicherlich die besten Grafiken. Von seiner Technik kann man sich unter brianching.blogspot.com ein Bild machen. Alleine die Bleistiftzeichnungen wissen zu überzeugen. Die Bilder der anderen Zeichner sind gut – bis auf eine Ausnahme – doch Chings Bilder haben ein wenig mehr Eleganz, man könnte es auch Souveränität in der Ausführung nennen.

Die berühmte Ausnahme zeigt sich in der Darstellung von Darth Vader. Seine Maske, wie auch manchmal jene der Sturmtruppen, haben einige Zeichner augenscheinlich an den Rand des Wahnsinns getrieben, vielleicht auch ihre Grenzen von Hand-/Augenkoordination aufgezeigt. So entsteht auch hier manchmal ein äußerst putziges Helmchen. Doch so knuffig das auch sein mag, es ändert nichts an der stetig zunehmenden Dramatik der Geschichte, die in einem nicht ungewöhnlichen, aber überaus heftigen Finale mündet.

Ein gelungenes Zwischenspiel, sehr gut eingefügt in das bestehende Star Wars-Universum. Haden Blackman schildert eine action-reiche Handlung mit vielen Überraschungen (und Star-Gästen), die toll in Bilder umgesetzt werden von einem grafischen Spitzen-Team. 🙂

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Montag, 18. August 2008

All Star Batman – Gesamtausgabe 1

Filed under: Superhelden — Michael um 20:12

All Star Batman - Gesamtausgabe 1Fassungslos muss der Junge zusehen, wie seine Eltern vor seinen Augen erschossen werden. Batman hatte den Wunderjungen schon lange im Auge. Die artistische Begabung ist außerordentlich. Allerdings hatte Batman nicht damit gerechnet, dass sein Eingreifen so schnell erforderlich werden würde. Eigentlich sollte es ein netter Abend für Bruce Wayne werden. Er hatte Vicky Vale zu einem Rendevous eingeladen. Die Kolumnistin hatte sich extra für ihn in Schale geschmissen. Ihr Ziel, ein Zirkus, bot eine gute Show. Und dann das!

Schluss mit lustig! Batman kann den Killer wenig später identifizieren. Jacko-Boy Vanzetti, ein kleiner Gangster, der für Geld für jeden Job zu haben ist. Doch der Killer ist nicht der einzige, der ein Interesse an den Graysons, den Artisten, hatte. Obwohl sich ihr Sohn in der Obhut der Polizei befindet, ist er nicht in Sicherheit. Batman greift ein. Ein riesiger Fledermausschwarm geht ihm voraus.

Du bist jetzt ein Rekrut. Es ist Krieg.

Batman kann Gangster und anderem Geschmeiß auf vielerlei Arten Angst einjagen. Er kann sie verdreschen und seine dunkle Natur hervorragend auf den finsteren Straßen abreagieren. Aber mit einem Kind vermag er nicht umzugehen. Seiner Meinung nach muss ein Kind so leiden, wie er einst leiden musste. Bei seinem Faktotum Alfred stößt er mit dieser Erziehungsmethode auf taube Ohren. Und so herzlos, wie Alfred ihm unterstellt, ist er schließlich auch nicht. Immerhin organisiert er für die verunglückte Vicky den besten Arzt, der zu haben ist. Der wohnt nur leider in Paris.

Der Kasper aus Metropolis soll ihn holen. Ruf Kent an, beim Daily Planet. Der kümmert sich drum. Und sag ihm, er tut Batman damit einen großen Gefallen.

Frank Miller hat sich den dunklen Ritter erneut vorgenommen. Nach einem gealterten und desillusionierten Exemplar ist dieser Batman ein krankes Individuum, dessen Verbrecherjagd Ausdruck von Mission und Wahnsinn ist. Mit seinen Tricks und technischen Methoden – die vom Feinsten sind, wie man so schön sagt – hat er sich nicht nur Respekt bei den Verbrechern verschafft. Seine Heldenkollegen sehen seine Machenschaften mit äußerstem Argwohn. Er hat es sogar soweit gebracht, Superman erpressen zu können, denn er kennt die Geheimidentität des Stählernen – Superman weiß hingegen nicht, wer Batman in Wahrheit ist.

Batman ist ein wenig freaky, leicht reizbar, leicht eingeschnappt. Der spätere Robin findet den Namen seines Autos – Batmobil – tuntig. Batman ist not amused. Kein Wunder, schließlich handelt es sich bei dem Batmobil um ein Fahrzeug, das fahren, fliegen und tauchen kann. Batmans Grinsen ist diabolisch, sein Vorgehen halsbrecherisch. Alles in allem benimmt er sich wie ein Adrenalin-Junkie, immer auf der Suche nach dem nächsten Kick. Allerdings ist er auch intelligent und nutzt seine vorhandenen Ressourcen präzise. Die Bathöhle ist riesig. Roboter bauen und entwerfen sich selbst, die Höhle ist ein riesiger Spielplatz für einen selbst ernannten Vigilanten.

Frank Miller hält sich aber nicht nur mit einem für normale Leseraugen merkwürdigen Batman auf, sondern er zeigt auch völlig andere Nebenfiguren. Aus Black Canary wurde eine junge Frau, die heimlich trainiert hat, um sich für all die Pöbeleien der Typen, die sie anmachen, während sie hinter dem Tresen steht, zu revanchieren. Irgendwann rastet sie aus, schlägt den halben Laden zusammen, die Typen gleich mit, stiehlt deren Geldbörsen und eine Harley Davidson gleich dazu. Ein neues Nachtwesen ist geboren.
In Metropolis beschäftigen sich Superman, Plastic Man, Green Lantern und Wonder Woman mit dem düsteren Phänomen in Gotham City. Leiden können sie ihn alle nicht. Bislang haben sie ihn als Außenseiter verachtet (seine Methoden sowieso), doch nun erhält ihre Meinung über ihn eine ganz andere Dimension. Batman hat ein Kind entführt – dass Dick Grayson zu einem Lehrling des dunklen Ritters werden soll, ahnen sie nicht. Der Fledermausmensch diskreditiert alle Superhelden und gibt den Verantwortlichen endlich die Handhabe, um gegen alle Superwesen vorzugehen.

Millers Helden – und das haben sie mit seinen Figuren aus anderen Batman-Geschichten gemein – wirken immer etwas unfähig. Nur Batman weiß, wo es lang geht. Immerhin ist er auch derjenige, der weiß, dass Kal-El fliegen kann. Im Gegensatz zu Superman, der von dieser Fähigkeit noch überhaupt nichts weiß und nur schnell läuft. Eine JLA gibt es nicht. Die Helden treffen sich in einer verlassenen Lagerhalle. Und trotzdem eifert so mancher diesem Batman nach. Gerade für junge Frauen scheint dieser Mann ein gewisser Anziehungspunkt zu sein, so auch für ein 15 Jahre altes Mädchen namens Barbara Gordon.

Der besondere Punkt ist die grafische Aufmachung. Jim Lee zeichnet mit der Unterstützung von Scott Williams (Tusche) und Alex Sinclair (Farben) ein bildnerisches Feuerwerk, wie es der Fan bereits aus Batman-Event Hush her kennt. Hätte Miller auch an die Bilder Hand angelegt, wie er es auf alternativen Covern getan hat, hätte die Geschichte recht schnell ins Lächerliche abgleiten können. So aber sind Bilder dank Jim Lee entstanden, die vor lauter Kraft beinahe platzen. Richtig toll wird es, wenn sich Lee ganz- oder doppelseitig austoben kann. Generell gilt bei Lee: Titelbildqualität = Comicqualität. Da gibt es keinerlei Unterschied.

Wer schon andere Batmans von Miller nicht mochte: Finger weg. Wer einen Batman sehen und lesen möchte, der einen vollkommen eigenen Weg geht – der sich um nichts und niemanden schert, sich selber nicht schont und es geil findet Batman zu sein, wie er sich einmal selbst ausdrückt – der hat hier einen alternativen Batman vor sich, bei dem es noch heiß her gehen kann, denn der Joker hat seinen Einstand noch nicht gegeben. Ein Freaky- und Brutalo-Batman in faszinierenden und technisch einwandfreien Bildern von Jim Lee.

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Samstag, 16. August 2008

Albatros 3 – Seelengeflüster

Filed under: Abenteuer — Michael um 15:38

Albatros 3 - SeelengeflüsterRosaline ist tot. Ihre Leiche, zurecht gemacht wie dereinst Ombeline, als sie noch im Kabarett gearbeitet hat, wird von allen Seiten nicht nur bestaunt. Vielmehr ist man allseits daran interessiert, den Mörder zu finden. Nicht zuletzt ist – was Ombeline besonders erschreckt – der Gouverneur nicht ein Onkel, sondern der Vater. Ombeline, verantwortlich für den Tod von Rosaline flieht, nicht ahnend, dass jemand anderes für die Tat zur Verantwortung gezogen werden soll. Louis, einer der Seeleute, der ihr ans Herz gewachsen ist, wird gefasst und soll verhört werden. Ombeline jagt zurück zum havarierten Schiff. Wenigstens das Morphium, weshalb sie ins Kabarett zurückgekommen ist, soll der Kapitänin Linderung verschaffen.

Doch es kommt ganz anders. Das Schiff wird nie wieder fliegen. Die Mannschaft meutert und hat kein Vertrauen mehr in ihre einstige Anführerin. Notgedrungen verlassen Ombeline und ihre letzten noch verbliebenen Freunde das Schiff. Da bäumt sich die Kaptänin noch einmal auf. Sie hebt das kleine Instrument an ihren Mund und bläst hinein. Es vergeht nicht viel Zeit, denn schon kommen die gefiederten Freunde herbei. In Scharen, in Massen fallen sie über die Soldaten her, eine letzte Rache. Doch es ist noch nicht vorbei.

Mit Seelengeflüster endet eine ungewöhnliche Geschichte. In drei Teilen beschert Vincent den Lesern eine spannende, mysteriöse, gruselige und abenteuerliche Handlung, in der er seine von ihm geschaffenen Charaktere durch eine sehr abgründige Zivilisation jagt. Das letzte Kapitel raubt den heranwachsenden Mädchen die letzten Illusionen, die Hoffnungen, ja sogar das Leben.

Regen, Schmutz, Matsch, Schnee, Vögelschwärme, düstere Gassen, graue Weite, alles getaucht in ein diffuses Licht, das irgendwie nichts ist. Kein Sonnenauf- oder –untergang, kein Mittag. Es ist eine Welt, in der jeder seinen Weg in, durch und heraus aus diesem Dreck finden möchte. Aber die meisten – so zeigt sie Vincent dem Leser – sind dort zufrieden, wo sie sind. Jedenfalls haben sie sich mit den Umständen arrangiert. Auch optisch wirken diese Figuren degeneriert, weniger wie Karrikaturen, mehr wie falsch zusammengesetzt. Da andere Menschen – an erster Stelle die Hauptfigur Ombeline selbst – realistischer wirken, kann man Vincent hier Absicht unterstellen. In jedem Fall trägt die Gestaltung diverser Schurken und Soldaten, der Damen im Kabarett viel zur Atmosphäre und Erzählung bei.

Oft trifft man sein Schicksal auf den Wegen, die man nimmt, um es zu meiden.

Die alte Frau, die der verzweifelten Ombeline über den Weg läuft, bringt den Kern der Erzählung auf den Punkt. Diese an eine Hexe aus dem Märchen erinnernde Alte steigert mit ihrem Sarkasmus die Verzweiflung des Mädchens noch. Sie macht ein Angebot, dass Ombeline nicht annehmen kann, da sie nichts hat, um es zu begleichen. Allerdings lässt sich die Alte auch erweichen. Die Lösung ist einfach. Packe die Aufgaben an, die vor dir liegen. Enttäusche nicht das in dich gesetzte Vertrauen. Völlig auf sich allein gestellt, macht sich Ombeline ans Werk.

Der Umschwung macht auch dem Leser Mut, der inzwischen so richtig mit Ombeline mitfiebern kann. Aber Vincent behält auch den Kurs bei, es seinen Figuren so schwer wie möglich zu machen. Am Ende kommt die Rettung aus der Luft, der Ausweg liegt im Flug, den Ombeline zuerst nie machen wollte und nun mit Brauvour erledigt.
Insgesamt – und der vorliegende Band ganz besonders – ist Albatros voller philosophischer kleiner Bilder, kleiner Ver- und Hinweise, die man für sich entdecken kann, aber man muss es nicht.

Grafisch überaus ansprechend – wenn auch in sehr düstere Stimmung getaucht – nimmt Vincent seine Leser mit auf ein Jugendabenteuer in bester klassischer Tradition. Realismus trifft auf ein Quentchen Phantastik mit sehr schönen Szenen und guten Dialogen. An Albatros Band 3 gibt es nichts zu rütteln. Der letzte Teil kann in aller Ruhe – die ist wichtig, denn für mal so nebenbei ist er zu schade – genossen werden. 🙂

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