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Comic Blog


Dienstag, 10. Juni 2008

Max Friedman – Sin Ilusion

Filed under: Thriller — Michael um 13:06

Max Friedman - Sin IlusiónEndlich hat Max Friedman seinen Freund gefunden. Aber er kommt zu spät, denn soeben wird der Sarg mit den sterblichen Überresten des Gesuchten vernagelt. Schweißgebadet erwacht Friedman in seinem Hotelzimmer. Er atmet noch schwer wegen der Eindrücke des Traums, da klopft die Seguridad an seine Tür. Zimmerdurchsuchung!
Lopez, ein alter Bekannter und inzwischen hochrangiger Offizier der Seguridad, sondiert die Lage. Was will Max Friedman hier? Die Antwort, die Suche nach Guido Treves, scheint Lopez nicht zu behagen.

Ich hab die Nase voll! Ja, es reicht mir! Morgen reise ich ab!

Friedmans Empörung über diese neuerlichen Schikanen hält nicht lange vor. Überwachungen, Verfolgungen und weitere Mordanschläge spornen Friedman wider alle Vernunft an, seine Suche zu einem Ende mit Ergebnis zu bringen, ganz gleich, wie dieses Ergebnis auch ausfallen mag.

Aus der Sicht eines Außenstehenden war es ein seltsamer Konflikt, damals im Spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis 1939. Halb Europa schien sich einmischen zu müssen in das ideologische Wirrwarr, in dem es letztlich doch nur um die Macht ging. Dieser Krieg oder einzelne Begebenheiten erlangten in mancherlei Hinsicht auch traurige Berühmtheit. Beispiele hierfür sind das monumentale Bild Guernica von Pablo Picasso oder auch Wem die Stunde schlägt von Ernest Hemingway.
Es mag an Spanien liegen, aber stets scheint dieser Krieg auch etwas Romantisches auszuströmen, was aber auch an der Romantisierung der ideologischen Auseinandersetzung liegen mag – die in der Realität freilich ganz anders aussah.

In der letzten Episode von Vittorio Giardinos Figur Max Friedman aus dieser Zeit, hat eben dieser Friedman das Interesse an dieser Auseinandersetzung vollkommen verloren. Es gilt nur noch, den verlorenen Freund zu finden. Je mehr Steine ihm dabei in den Weg gelegt werden – oder im Klartext, je öfter man ihn umzubringen versucht – desto unnachgiebiger verfolgt er dieses Ziel.
Dabei ist Friedman alles andere als ein Held. Er ist ein Vater, ein Beobachter mit Scharfblick, ein aufrechter Mann, der das Glück hat, dass ihm von vielerlei Seiten Respekt entgegengebracht wird, nicht zuletzt wegen seines berechnenden Mutes.

Dem Leser bleibt keine Zeit, um sich mit Max Friedman anzufreunden. Die Geschichte beginnt mit einem Alptraum, der einem Sprung ins kalte Wasser gleicht. Nach eigener Aussage von Vittorio Giardiono ist Sin Ilusión der Abschluss einer Trilogie, die zehn Jahre zu ihrer Vollendung gebraucht hat. Selbst Leser der ersten Ausgaben werden schon vergessen haben, was zuletzt geschah. – Und man muss es auch nicht wissen.
Ein Mann sucht seinen Freund in den Kriegswirren des Spanischen Bürgerkriegs. – Mehr muss man zum Einstieg nicht wissen.

Doch es bleibt schwer, sich mit Max Friedman anzufreunden, denn ebenso wie die Geschichte kühl und sezierend erzählt wird, ist auch Friedman eher distanziert, sachlich, leidenschaftslos. Nur in wenigen Augenblicken, wenn er sich ganz offensichtlich um seine Mitmenschen sorgt, bröckelt diese inszenierte Fassade ab und ein ganz normaler Mensch kommt zu Vorschein. Das sind die Momente, die genügen, um eine gewisse Faszination im Leser zu wecken. Am Ende, wenn er seine Tochter wieder sieht, versteht man ihn schließlich und weiß, dass diese Kühle der beste Schutz in einem Krieg voller Widersprüche ist.

Mit dem gleichen Blick, mit dem Max Friedman seiner Umwelt begegnet, zeichnet Giardino auch diese Episode. Vor der Kulisse eines alten Barcelona – das man leider nicht allzu häufig mit markanten Punkten zu Gesicht bekommt – entwickelt sich eine Optik und eine Atmosphäre, die sehr dem Dritten Mann ähnelt. Manchmal entsteht das Flair eines Kammerspiels, dann wieder wirkt es in den Straßen und auf der Anhöhe über der Stadt sehr weit, während sich kurz darauf die Lage – optisch – in Kaffeehausatmosphäre entspannt.
Textlich jedoch hebt Giardino diese Entspanntheit mit einer Nachricht über die Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 in Deutschland wieder auf. So hängt nicht nur mit den Geschehnissen in Spanien ein Damoklesschwert über Friedman, sondern mit dem bald hereinbrechenden Zweiten Weltkrieg ganz besonders.

Obwohl die Bilder auch eine gewisse Ruhe, eine Objektivität ausstrahlen, ist die Bedrohung immer spürbar. Mal sind es der Schutt von zerstörten Gebäuden, gekenterte Schiffe im Hafen oder Uniformen an der Straßenecke, die die Normalität des Alltags stören. So wird der Leser unmerklich mitgezogen, wird er zu einem stillen Beobachter, der sich der Situation bis zum bitteren Ende nicht mehr entziehen kann.

Eine Zeitgemälde aus Spaniens dunklen Tagen, eine Geschichte von Krieg und Intrigen, von einer Suche, einer im Keim erstickten Liebe, mit einem Ende, das mit nur einer Seite erklärt, wofür das Leben – insbesondere das von Max Friedman – dann doch lohnt. Für Freunde realistischer Geschichten in Comics besonders empfehlenswert. 🙂

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