Freitag, 30. November 2007
Jenny ist tot. Jackie, der so oft schon mit dem Tod zu tun hatte, kann es immer noch kaum fassen, dass der einzige Mensch, der ihm etwas bedeutete, nun tot ist. Butcher bestätigt ihm, was Jackie schon lange weiß: Im Krieg zwischen Gangstern sind Zivilisten tabu.
Dieses merkwürdige Ethos hat leider den Tod von Jenny nicht verhindern können, denn Onkel Paulie war kein Gangster der alten Schule. Der Gangsterboss wiegt sich in Sicherheit, weil er glaubt, dass Jackie Selbstmord begangen hat – in gewissem Sinne mag das sogar stimmen, sieht man einmal davon ab, dass Jackie aus dem Totenreich zurückgekehrt ist. Wer eine Einheit mit der Darkness bildet, stirbt nicht so leicht einen normalen Tod.
Als sich Paulie in einem Bordell zu entspannen versucht, schlägt Jackie zu. Aus der Dunkelheit heraus, seinem Lebenselixier, verschafft er sich Zugang und räumt unter den Lakaien seines Onkels auf. Doch Paulie hat schon wieder Glück. Zum Ausgleich nimmt Jackie die Drogenküche in den Hinterräumen hoch und fügt dem Gangsterboss so eine üble Schlappe zu.
Wenig später wird Jackie eine neue Falle gestellt, in die er ohne zu zögern hineintappt. Er wähnt sich unbesiegbar, dank der Darkness, aber der Feind hat dazu gelernt.
Der Krieg zwischen Mafiosi und der Macht der Darkness geht weiter. Der Rachefeldzug von Jackie Estacado geht in die dritte neue Runde. Die Neuerzählung um den Killer mit den höllischen Fähigkeiten, einem Teil einer Dreifaltigkeit aus Licht und Schatten, macht es Jackie Estacado nicht einfach. Zwar hat der Killer seine Fähigkeiten erkannt, aber er benutzt sie auch leichtfertig und verlässt sich inzwischen sehr auf sie. Nachdem er festgestellt hat, dass auch der Tod ihm nichts anhaben kann, ist aus ihm ein regelrechtes Einmann-Kamikaze-Kommando geworden.
Zeichner Eric Basaldua zelebriert diese Einsätze geradezu. All die winzigen Krallen, die dünnen Stacheln und Dornen, die wie lebendig gewordener Stacheldraht wirken, sind nur ein Teil des Panzers der Darkness und ihrer Bewaffnung. Die Darklings, ähnlich bestückt wie ihr Herr und Meister, haben ebenfalls ihre 15 Minuten – den haben sie eigentlich immer auf die eine oder andere Weise. Hier stellt sich einer der Darklings in den Vordergrund, weil er auf eine der Tänzerinnen scharf ist. Was sich dahinter genau verbirgt, wird dank Jackies Einschreiten niemals enthüllt werden – zum Glück für die Tänzerin. Die Brutalität hingegen, mit der die Darklings gegen die Gangster vorgehen, lässt keinerlei optischen Zweifel. Dies, wie auch die Vorgehensweise der Gangster ist nichts für zarte Gemüter. Wer im Kino schon entsprechende Filme meidet, sollte auch hier die Finger davon lassen.
Ansonsten kann man immer noch voll des Lobes über den zeichnerischen Aufwand dieser Mini-Serie sein. Zwischen der Cover-Gestaltung und den Innenseiten gibt es keinerlei Unterschied. Das Team mit den Inkern Rick Basaldua und Sal Regla sowie dem Koloristen Rob Schwager macht aus dieser Ausgabe einen mörderisch guten Hit – im wahrsten Sinne des Wortes.
Wie es sich gehört, haben die Autoren Paul Jenkins und David Wohl Gangster geschaffen, die in jeder Situation cool bleiben. (Sieht man einmal von Onkel Paulie ab.) Eine Bluttat wird mit einem Lächeln abgetan, eigene Schmerzen werden mit einem lockeren Spruch gemildert. Das sind ganze Männer, die sich keine Schwächen erlauben. Die Coolness mildert die Brutalität ab, die dadurch den schwarzen Humor eines Tarantino-Films bekommt und so erträglich wird. – Sicherlich nicht für jedermann, wie bereits erwähnt. Wer mit Tarantino nichts anfangen kann, ist auch hier falsch.
Fans von Gangster/Slasher-Geschichten mit einer ordentlichen Portion Horror hingegen liegen mit der Darkness-Level-Serie genau richtig.
Donnerstag, 29. November 2007
Der Mann ist tot, ganz eindeutig. Der Körper liegt festgefroren auf dem Boden. Seine Haltung verrät nichts über die Todesursache. Allerdings ist die Möglichkeit eines normalen Todes unwahrscheinlich, denn der Tote hat kein Gesicht mehr.
US-Marshal Carrie Stetko übernimmt die Ermittlungen des Falls. Ein Mord ist in der Antarktis etwas Besonderes. In einer solch lebensfeindlichen Umgebung haben die Menschen genug mit dem eigenen Überleben zu tun, als sich umzubringen. Die Zeit zur Aufklärung des Mordes ist darüber hinaus sehr ungünstig, denn der Winter steht bevor und viele Bewohner der Forschungsstationen werden für die Dauer dieser Periode nach Hause zurückkehren.
Nicht nur die unkenntlich gemachte Leiche ist ungewöhnlich. Gleich bei dem Toten finden sich merkwürdige Bohrlöcher im Eis. Weder Carrie noch Furry, der Stationsarzt, können sich einen Reim darauf machen. Die Polizistin, die sowieso dem Druck ihrer Vorgesetzten ausgesetzt ist, macht sich an ihre ohnehin sehr schwierige Ermittlungsarbeit.
Jeder Weg ist vom Wetter abhängig. Das Flugzeug ist das wichtigste Fortbewegungsmittel in dieser Region.
Die für ihre nähere Umgebung unbequeme junge Frau macht sich unbeeindruckt von den widrigen Umständen an ihre Arbeit. Trotz der lebensfeindlichen Umgebung ist eher Routine. Als sie die Tür zu einem Wohncontainer öffnet und einem Mörder gegenübersteht, der die Tatwaffe, einen Eispickel, noch in der Hand hält, ist ihr Leben plötzlich in größter Gefahr.
Whiteout entführt den Leser in lebensfeindlichste Landschaft dieser Erde: der Antarktis.
Die scheinbare Unendlichkeit eisiger Flächen, die Andersartigkeit einer Schneelandschaft bietet eine gute Grundlage für einen Thriller. Denn zusätzlich zum Duell der unterschiedlichen Kontrahenten kommt als unberechenbarer Dritter die Natur ins Spiel. Wie gut dieses Konzept funktioniert, konnten Leser wie auch Zuschauer in Antarktika, Fargo, Das Ding aus einer anderen Welt oder auch in den Geschichten Jack Londons bisher sehen. Die Unwirklich- wie auch Unwirtlichkeit des Kontinents mag einem Außenstehenden wie ein Blick auf einen fremden Planeten vorkommen. Minusgrade von angenehmen 5 bis unangenehmen 89 können dem Menschen den Garaus machen. Ein Fehlgriff im eisigen Wind, ein Weg in die falsche Richtung und man begegnet dem Tod sehr schnell.
Greg Rucka nutzt diese Grundbedingungen und schafft einen Thriller, der seinen Hauptdarstellern nichts schenkt und mit den Begebenheiten dieses eisigen Kontinents virtuos spielt. Der Titel ist nicht willkürlich gewählt, sondern benennt ein Phänomen, dem ein Mensch in Eis- und Polarregionen begegnen kann. Eisflächen und Horizont verschmelzen zu einer einzigen grauweißen Fläche, in der es keinerlei Orientierungspunkte mehr. Es bleibt ein riesiger, scheinbar leerer Raum. Wenn in dieser Situation ein Schneesturm die Sicht zusätzlich verschlechtert, so dass die eigene Hand kaum mehr zu erkennen ist.
Ein beeindruckendes Beispiel für dieses Whiteout wird der Hauptfigur Carrie Stetko beinahe zum Verhängnis. Es ist Zeichner Steve Lieber zu verdanken, dass diese Szene auch für den Leser ein haarsträubendes Erlebnis wird. Nach eigener Aussage hat Lieber mit verschiedenen Techniken für die Umsetzung des Thrillers experimentiert. Lässt man diese Aussage einmal außen vor, ist es doch ersichtlich, dass die Darstellung einer unendlichen Schneelandschaft einerseits im Kontrast zu Schuhschachtel-Innenräumen andererseits für einen Zeichner eine Herausforderung ist.
Lieber schraffiert, tuscht, radiert, arbeitet mit Rasterfolien und Kohle, Sandpapier, Deckweiß und vielem mehr. Endlich konnte er sich von eigens gestellten Konventionen lösen und ein vollkommen eigenes Werk schaffen. Bisher war er nie so recht mit seiner Arbeit zufrieden gewesen.
Das Auge des Lesers kann sich so nicht auf einen Moment einstellen, sondern begegnet immer neuen Elementen. Das mag auf den ersten Blick nicht ersichtlich sein, aber auf den zweiten Blick wird deutlich, wie Lieber verschiedene Techniken für unterschiedliche Situationen nutzt. So sind die Erinnerungen Carries ganz anders aufbereitet als die Gegenwart. Innen ist anders als außen. Und obwohl die Weite der Eisfelder einen unendlichen Eindruck hinterlässt, ist jede Szene Ausdruck eines Kammerspiels. Das Leben dort unten spielt sich in aller Enge ab.
Der Thriller baut sich langsam auf. Rucka baut Täuschungen ein und schickt den Leser in die Irre. Er belässt es nicht bei einer Hauptfigur, sondern stellt Carrie mit der britischen Spionin Sharpe einen völlig gegensätzlichen Charakter zur Seite. Sharpe ist beherrscht, kühl, während Carrie ein Heißsporn ist. Die kleinen Szenen, in denen sich die unterschiedlichen Frauen gegenüberstehen und Carrie ihre Kollegin Widerwillen doch nicht mit Blicken niederringen kann, bringen die Spitze Humor in die Geschichte ein.
Ein ungewöhnlicher Thriller, hoch spannend durch die Platzierung am Südpol, da die Natur zum dritten Mitspieler in der Hatz nach dem Mörder wird. Mit der widerborstigen Carrie findet der Leser einen Charakter, deren Kampf gegen den Killer und die Situation einfach mitreißt. Freunde von ungewöhnlichen Kriminalgeschichten sollten sich mit Whiteout eine ruhige Ecke suchen und ein Nicht-Stören-Schild aufhängen. Thriller mit Kult-Potential. 😀
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Mittwoch, 28. November 2007
Die Gravuren im Stein, die Statuen verstorbener Helden in der großen Halle gemahnen an glorreiche Zeiten des Volkes. Aber es sind auch Opfer, Freunde, Familie, die vor der Zeit gingen. Zurück bleiben jene, die sich voller Wehmut erinnern – so wie Kiani.
Ihre Jugend hat nicht verhindern können, dass Kiani schon viel gesehen hat, zu viel Schlechtes und Furchtbares für ein solch kurzes Leben. Aber es gab auch Freundschaft während ihrer Ausbildung. Ehrliche Kameradschaft und herzliche Rivalität, die nur noch eine schöne Erinnerung sind.
An ein Ereignis erinnert sich Kiani in diesem Zusammenhang ganz besonders: die Explosion der blauen Sonne und ihrer todbringenden blauen Strahlen!
Die Folgen dieses Ereignisses finden sich immer noch in der Gegenwart. Ähnlich wie Aspens Bruder ist noch ein anderer Mann darum bemüht, sein ehemaliges Aussehen zu generieren. Doch der Kraftaufwand ist noch viel zu groß. Enttäuscht und verbittert gibt er auf – zunächst.
Killian ist wieder da! Der Seperatist, der für seine Überzeugungen und Bemühungen einen hohen Preis zahlen musste, schmiedet bereits neue Pläne. Allerdings hat er nicht mit dem erfolgreichen Widerstand einer uralten Rasse in den finsteren Tiefen des Meeres gerechnet.
Die Geschichte um Kiani wird fortgesetzt. Und somit entsteht auch ein viel größerer Einblick in die Kultur der Unterwasservölker und ihrer politischen Ansichten. Kiani selbst steht in diesem Abschnitt der Geschichte gar nicht einmal so sehr im Vordergrund. An ihrem Beispiel erleben wir einen Teil der Ausbildung, und wir lernen die Hall mit den riesenhaften Statuen kennen. Bei genauerer Betrachtung kann man als Leser nur sagen, dass ruhig sehr viel mehr dieser atmosphärischen Bilder gezeigt werden könnten. Aber dazu bleibt in der Kürze der Episode leider keine Zeit – ein gesammeltes Hintergrundwerk zu Technik, Architektur, Geschichte, Kultur und Mode des Fathom-Universums könnte ein sehr umfangreicher Band werden.
Marcus To, zeichnerisch in diesem Universum zu Hause, schafft eine schönere Kiani als in der Originalserie, in der sie zur Zeit von Koi Turnbull gezeichnet wird. Turnbulls Variante fällt deutlich härter aus, aggressiver. Die Angriffsfertigkeiten der Kiani von Tunrbull sind keine Überraschung. Tos Kiani, sehr viel mädchenhafter, weicher, ist eine optische Überraschung, wenn sie ihrem Kampfeswert unter Beweis stellt. Auch aus erzählerischer Sicht ist dieser Wandel der Figur sehr reizvoll. Warmherzig, agil, leidenschaftlich, geschickt und melancholisch – Autor Vince Hernandez beschreibt seine Heldin mit sehr viel Nähe. Als Leser kann man mit Kiani fühlen – so wird das Grundgesetz einer guten Geschichte erfüllt.
Auch in dieser Episode schüren neue Rätsel die Neugier des Lesers. Die geheimnisvolle Macht aus den Tiefen des Meeres ist so etwas wie der Kapitän Nemo dieser Geschichte. Mit einem Blitzangriff zeigen die Wesen ihre Macht und die Aussichtslosigkeit weiterer Bemühungen durch Killians Helfer.
Der Abschluss wird von Hernandez als dramatischer Cliffhanger inszeniert – eine weitere Enthüllung, die so nicht zu erwarten war.
Eine schöne Scifi-Episode für Freunde des Fathom-Universums, in der gleich drei Koloristen (Peter Steigerwald, David Moran, Beth Sotelo) für eine feine Atmosphäre sorgen. 🙂
Und Gott sagte: „Es werde Licht.“ Mit ganz einfachen Worten und Sätzen beginnt das Buch der Bücher, wie es auch manchmal genannt wird. Fest steht, dass dieses Buch einen gigantischen Einfluss auf die Geschichte der Menschheit gehabt hat. Aber dieses Buch ist mit Altem und Neuem Testament auch sehr dick. Der Zugang ist dank einer zuweilen rätselhaften Sprache ist nicht unbedingt leicht. Wenigstens Jugendliche werden eher mit Desinteresse auf diese Texte reagieren. Diese Comic-Adaption soll einen leichteren Zugang bieten.
In verkürzten und aussagekräftigen Szenen findet der Leser alles vor, was in der Bibel Rang und Namen hat. Zu jeder Szene gibt es Verweise zur entsprechenden Bibelstelle, wo der Inhalt anschließend vertieft werden kann.
Lassen wir einmal den religiösen Aspekt beiseite und konzentrieren uns nur auf die Handlung. So gesehen, kann sich jeder Genre-Fan nur die Hände reiben, denn die Bibel ist Fantasy pur.
Die Welt wird von einer göttlichen Macht erschaffen. So erzählt Moses seinen jungen Zuhörern. Doch das erste Paar der Menschheitsgeschichte, ebenfalls von Gott geschaffen, fällt auf die Einflüsterungen einer Schlange herein, die fortan ohne Gliedmaßen ihre Zukunft fristen muss. Adam und Eva verlassen den Garten Eden, und damit erwartet den Menschen auch viel Unheil.
Das Alte Testament schlüsselt die Menschheitsgeschichte auf seine ganz eigene Art auf. Die Stammbäume lesen sich manchmal abenteuerlich, die Altersgrenzen der auserwählten Menschen, auf die Gott immer noch ein Auge hat, haben heestersche Dimensionen. Kain und Abel, der Auszug der Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft, die Zehn Gebote, die Geschichte von Josua und in vielen Beispielen mehr – Gott hat es den Menschen nicht leicht gemacht. Hier und da zeigt er sich, belohnt, aber er bestraft auch. Der Gott des Alten Testaments ist ein knurriger alter Mann, der seine Kinder mit fester Hand führen will – man kann schwerlich behaupten, dass es ihm immer gelingt.
Auch ist er ein exklusiver Gott, der Gott eines Volkes, einiger Auserwählter. Den Redlichen steht er zur Seite, belohnt sie manchmal, wenngleich diese Belohnung auch auf sich warten lassen kann und der Weg zum Ziel steinig und voller Entbehrungen bleibt.
Wer die entsprechenden Passagen in der vorliegenden bearbeiteten Ausgabe liest, entdeckt diesen Umstand sehr schnell.
Aber es ist auch eine Geschichte der Hoffnung.
Ebenso deutlich bei der Auswahl der Geschichten um Simson und David und vieler anderer ist die Lebendigkeit. Künstler Siku, in seiner Form als Zeichner und Konzepter, setzt diese Lebendigkeit in Rasanz um. Fluchten und Kämpfe, Schlachten und einstürzende Tempel wechseln sich ab mit der Ruhe glücklicher Zeiten, in denen die Stammbäume fortgeschrieben werden. Der adaptierende Erzähler Akinsiku würzt diese Erzählung hier und da mit dem einen oder anderen sehr fortschrittlichen Satz.
Der Geschichte des Volkes von Israel mit all seinen Höhen und Tiefen folgt eine wirkliche Hoffnungsgeschichte, abgebildet im Evangelium. Entgegen der langen Herkunftsgeschichte geht es hier nur um einen besonderen Menschen und sein Schicksal.
Der Beginn allerdings hält schon ähnlichen Horror bereit, dem sich schon die Israeliten gegenüber sahen. Jedes Kind unter zwei Jahren soll wegen einer Weissagung getötet werden. Aber Josef und Maria, die Eltern eines kleinen Jungen, fliehen. Viele Jahre später begegnet ein junger Mann an einer Wasserstelle Johannes dem Täufer. Der Täufer ist schockiert. Er hat den Sohn Gottes gesehen, jenen Mann, auf den er sein Leben lang gewartet hat.
Die Umsetzung von Jesu Leben ist mangaesk gelöst. Schön ist die räumliche Enge so mancher Informationen, die man als Leser so auf einen Blick präsentiert bekommt. So finden sich die Apostel alle beieinander, aber auch die Gleichnisse werden einfacher gezeichnet, kindlich, denn sie sollen auch in aller Einfachheit eine Wahrheit vermitteln. – Das gelingt auch wunderbar.
Nach der Apostel-Geschichte folgt die Offenbarung des Johannes, die Apokalypse. Letztere wird in aller Kurzform abgehandelt, obwohl sie einen wichtigen Teil der Bibel darstellt. Man kann hier auch von einer dramaturgischen Überarbeitung sprechen, denn nach dem Heil, was Jesus brachte, ist die Düsternis der Offenbarung eigentlich ein Rückschritt in die Düsternis des Alten Testaments.
Die Umsetzung findet in Schwarzweiß statt, skizzenhaften Außenlinien und hellen bis dunklen Rasterflächen. Die Figuren sind sehr schlank, drahtig zu nennen. Fast fühlt man sich an eine Mischung aus der berühmten Es war einmal …-Zeichentrickserie und einer handelsüblichen Animeserie erinnert. Auf eine übermäßige Charakterisierung wird verzichtet. Die Figuren und ihre Gesichter bleiben eher gleichförmig.
Es geht hier um einen Abriss, eine Zusammenfassung eines umfangreichen Buches, der alleine stehen kann, aber nicht sollte. Diese Intention der Macher ist eindeutig und sehr lobenswert. Teile der Bibel wurden auf die unterschiedlichste Weise erzählt, gerade, um die jüngeren Leser an diese Geschichte heranzuführen. Dieser neue Ansatz ist gelungen und überaus modern, vergisst aber auch nie, wo die Wurzeln dieser Geschichte liegen, denn der Respekt vor der Materie ist immer spürbar. 🙂
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Dienstag, 27. November 2007
In den frühen 70er Jahren des letzten Jahrhunderts entstand Andrax. In der Comic-Zeitschrift Primo ist er ein Vorreiter vieler anderen Serien und Ideen. In diesen Tagen sind seine Abenteuer neu belebt worden – und sie sind ebenso gut wie vor über 30 Jahren.
In den 70er Jahren herrschte ein wenig Weltuntergangsstimmung, um es vorsichtig auszudrücken. Ölkrise, Terrorismus, Vietnam und vieles mehr prägten dieses ansonsten sehr bunte Jahrzehnt äußerst negativ. In den Kinos herrschte Endzeitstimmung mit Jahr 2022 – die überleben wollen, Der Omega-Mann oder Zardoz. Barbarisch wurde es auch in den Comics wie Conan, Kronan oder auch Rahan. Eine Verbindung von Fantasy und Science Fiction fand sich mit Andrax, einer Endzeitgeschichte, die ihre Erben noch heute in Serien wie Maddrax oder Axa findet.
Michael Rush hat das Pech einem wahnsinnigen Experiment, dem Experiment des Grauens, zum Opfer zu fallen. Einem Wissenschaftler gelingt es, den professionellen Zehnkämpfer einzufrieren und nach 2000 Jahren wieder zum Leben zu erwecken. Das ungewollte Testobjekt findet jedoch keine ideale Menschheit vor, sondern die Trümmer einer zerstörten Zivilisation. An unterschiedlichen Orten hat es Rück- und Fortschritte, aber auch ein hohes Maß der Degeneration gegeben. Rush, der nun den Namen Andrax trägt, schlägt sich in dieser Welt mühevoll durch, erntet aber auch Respekt dank seines ungeheuren Mutes. Holernes, ein König, ihm zunächst feindlich gesinnt, begleitet ihn später auf seinen Reisen.
Zusammen erkunden sie eine Welt, in der nicht nur neue und verschüttete Techniken auf ihre Entdeckung warten. Auch der Horror von fremden und außerirdischen Kreaturen, Monstren, aber auch von Untoten ist allgegenwärtig.
In den Abenteuern von Andrax finden sich die unterschiedlichsten Genres, die so gerne in Endzeitgeschichten zusammengebracht werden. Die Barbarengeschichte ist vertreten, eine Art historische Schlacht findet sich auch. Die merkwürdige Zukunftsstadt ist ganz eindeutig degeneriert und lässt einen Stil, wie er von Vertretern des Genres wie Barbarella her bekannt scheint, erkennen, allerdings ohne Erotik. Zu den Verrücktheiten, zu denen die seltsamen Bewohner in der Lage sind, reicht es aber allemal. Darüber hinaus mag der aufmerksame Leser, der sich in den Genres ein wenig auskennt, immer Ähnlichkeiten entdecken. Angesichts des Alters mag eine Produktion wie Andrax Themen und Szenen vorweg nehmen, die sich sogar in Serien wie Star Trek wieder finden. Man kann nicht von Vorlagen sprechen, als vielmehr von einer weit reichenden Phantasie der Macher, die ihrer Zeit um Jahre voraus war.
Dennoch finden sich auch Anleihen, die mit der Geschichte rund um die Horror-Hölle ihren Ausdruck findet. Die Paradefigur des Horrors, Dracula, hat es ebenfalls in die Zukunft geschafft und hat sich auch mit den Gegebenheiten arrangiert. Eine kleine Armee seiner untoten Ghoule terrorisiert die Umgegend mit Feuer und Schwert. Jeder Angriff scheint sinnlos, da die Feinde schon sehr bald wieder auferstehen. Wie es sich bald herausstellt, wirken Kreuz und Pflock in dieser Zeitperiode immer noch.
Diese Episode ist eher ein Ausreißer, da sich Andrax darüber hinaus klassisch an sein Genre hält.
Wie es sich gehört, ist die Erforschung von Geheimnissen ein zentrales Merkmal. Sehr schön sind die unterschiedlichen außerirdischen Einflüsse. Einmal taugen die Menschen nur als Vorrat und müssen sich gegen die Knute von unbarmherzigen Robotern anstemmen. In der Superstadt ist es ebenfalls ein außerirdisches Raumschiff, das zur Erschaffung einer perfekten Gesellschaft dient. Hier wird weitaus undurchsichtiger zu Werke gegangen. Mit der Aufdeckung des Geheimnisses geht auch der Untergang und Wahnsinn einher.
All diese Geschichten sind überaus unterhaltsam und spannend in bester Pulp-Tradition. Die Monster sind grausig, die Frauen wunderschön. Die Männer sind stark, muskulös, aber auch alt und weise, manchmal verkrüppelt, durchtrieben, brutal. Bleiben die Frauen eher eindimensional, sind die Männer in allen Bandbreiten vorhanden.
Andrax, die Titelfigur, ist dabei kein Übermensch. Als solcher würde er auch nicht zum Mitfiebern taugen. Andrax, der ehemalige Wettkampfsportler, kann es nicht alleine schaffen. Deshalb wird ihm schnell ein Freund zur Seite gestellt. Anfänglich ist Holernes ein Barbar, aber Holernes lernt schnell und wird dank seines intuitiven Verhaltens ein wichtiger Begleiter – und jemand, der den Hochmut von Andrax manchesmal bremsen kann.
Andrax nimmt es für sich Anspruch, eine realistisch anmutende Comic-Serie zu sein. Dafür wurde mit dem Zeichner Jordi Bernet der perfekte Zeichner gesucht und gefunden. Die Führung des Tuschestrichs ist exzellent. Mit Licht und Schatten, feinen und groben Strichen vermittelt Bernet eine gute Sicht auf Vorder- und Hintergründe und schafft eine plastische Ansicht, einen filmischen Effekt. Fast entsteht eine Sicht wie auf eine alte Fernsehserie – die damals wie heute immer noch fesselt.
Fans des Endzeit-Genres aufgepasst: Andrax ist wieder da! In guter Aufmachung, aufregend erzählt, mit tollen Zeichnungen, die immer noch modern zu nennen sind, so präsentiert sich Andrax im neuen Jahrtausend nach jahrzehntelanger Abwesenheit und ist noch so gut, als sei er nie weg gewesen. 😀
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Montag, 26. November 2007
Das Böse ist unter uns. Besser kann es der Klappentext nicht beschreiben. Die neue Gruppierung die zum Fang von nicht registrierten Helden benutzt wird hat einige Schurken des übelsten Abschaums versammelt, den es im Marvel-Universum gibt.
Norman Osborn, besser bekannt als Grüner Kobold, Venom, Radioactive Man, Swordsman, Moonstone, Songbird, Pennance und Bullseye bilden die neuen Thunderbolts, jenes Team, das schon immer eine Berg- und Talfahrt mitmachte.
Jetzt sind sie die offizielle Eingreiftruppe. Wer da draußen auf eigene Faust Verbrecher dingfest machen will, verhält sich gesetzeswidrig und kann verhaftet werden.
Doch Warren Ellis, Comic-Autor für die eher düsteren und härteren Themen, führt dem Leser vor Augen, was geschehen kann, wenn eine Horde von Irren eine Art Polizeigewalt erhält.
Der ganze Einsatz dieser Wahnsinnigen ist äußerst unlogisch und widerspricht vollkommen den Grundgedanken, die Iron Man zu seiner Kampagne getrieben haben. Auch die Rolle des überaus intelligenten Reed Richards alias Mr Fantastic erscheint merkwürdig, da er einer der Mitinitiatoren dieses seltsamen Programms ist. Wie jemand wie Norman Osborn ausgerechnet zum Anführer dieses Teams auserkoren werden konnte, erscheint ebenso schleierhaft.
Natürlich ist diese Gruppe durch vielfältige Überwachungsmaßnahmen gesichert. Auf mikroskopischer Basis wurden die Verbrecher mit Naniten versehen. Diese Miniroboter treten in Aktion, wenn sich eines dieser Monstren gegen die Befehle verhält. Weitere Maßnahmen runden das Sicherheitspaket ab.
Man muss es Warren Ellis’ Phantasie zugute halten, dass er diese unwirkliche Szenario auf hervorragende Weise angeht. Die Vorstellung der einzelnen Charaktere in Form von Verhören, allen voran Norman Osborn, und durch diverse Einsätze ist über alle Maßen spannend.
Einen guten Teil des Lobes für diese vortreffliche (Anti-)Superheldengeschichte kann der Zeichner Mike Deodato Jr. für sich verbuchen. Die Zeichnungen sind sehr realistisch angelegt und zu jedem Zeitpunkt brillant. Selbst die kleinsten Momente werden noch mit dem notwendigen Aufwand bearbeitet und sei es das kleine Versteck von American Eagle.
An der Darstellung des Auftritts von Stan Lee scheint Deodato seine helle Freude gehabt zu haben. Die angebotenen Verkleidungen potentieller Heldenfiguren sind ein ziemlicher Jux. Darüber hinaus ist die Namensgebung und die Verkleidung von Helden wie von Schurken ein Thema in dieser Ausgabe. Wie American Eagle sich über eine alte Verkleidung beklagt, in der er aussah wie einer der Village People oder die Erläuterung des kleinen Helden Steel Spider, der wie eine Mischung aus Doc Ock und Spider-Man erscheint, das rüttelt, wie die gesamte Handlung, an den Grundfesten des Marvel-Universums – wie letztlich die gesamten Ereignisse der letzten Zeit. So gesehen ist diese Fortführung die logische Konsequenz (und trotzdem nicht unbedingt logisch, aber im Sinne der Unterhaltung hinnehmbar).
Deodato bedient sich auch wieder eines Schauspielers (wie es so mancher Zeichner schon getan hat, man denke nur an Samuel L. Jackson als Nick Fury bei den Ultimativen). Hier dürfen wir Tommy Lee Jones als Norman Osborn bewundern. Optisch wie auch vom beeindruckenden schauspielerischen Naturell wäre Jones eine sehr gute Wahl auch für die Kino-Fassung von Spider-Man gewesen. Wie schon in den ganz alten Geschichten, als Osborn sein Gedächtnis verloren hatte, darf der Leser beobachten, wie sich langsam der alte Wahn um Spider-Man wieder in seine Gedanken einschleicht und ihn als Anführer der Thunderbolts untragbar macht – nicht zuletzt dank der nicht weniger psychotischen Moonstone, die Osborns Medikamente manipuliert.
Bei all den Schurken dürfen auch die Helden nicht vergessen werden. Nicht alle sind registriert. Viele kleinere haben sich dem Gesetzt entzogen, einige auch deshalb, weil sie seit Jahren nicht mehr aktiv waren.
An den Beispielen von Jack Flag, Steel Spider und American Eagle oder Jillian Woods alias Shadowwoman wird der verzweifelte Kampf gegen die Unholde gezeigt. Ellis ist gnädig. Zwar leiden die Helden Höllenqualen, aber zumindest dürfen seine Helden auch austeilen. Am Ende ist nichts mehr so, wie es war – nachdem die Thunderbolts in der Öffentlichkeit mehrmals ihr wahres Gesicht offenbart haben. Die Hülle bröckelt, denn eine einhundertprozentige Kontrolle dieser Kreaturen ist nicht möglich. Wie auch, wenn sie sich nicht einmal selber unter Kontrolle haben?
Wenn ein Wahnsinn in Superhelden-Comics Methode hatte, dann hier! Wenn Schurken als Waffe für das Gute eingesetzt werden, kann das nur schief gehen. Wie sehr, dass zeigen Warren Ellis und Mike Deodato Jr. beinahe genüsslich und mit allen Konsequenzen mit dieser Geschichte innerhalb des normalen Marvel-Universums, die ihren ganz eigenen Weg beschreitet. 😀
Sonntag, 25. November 2007
Als die US-amerikanischen Truppen den Irak, genauer, das Herz des Landes, die Hauptstadt Bagdad angreifen, kommt auch der örtliche Zoo zu Schaden. Bomben schlagen nahe der Gehege ein. Vielen Tieren gelingt die unerwartete Flucht, darunter auch vier Löwen. Plötzlich sind sie wieder in Freiheit.
Aber ist diese Freiheit auch gut für sie?
Inmitten der zerstörten Stadt gibt es keinen Menschen mehr, der für sie sorgt. Nahrung findet sich auch in anderer Form nicht. So bleibt den Vieren keine andere Wahl, als ihr Heil auf ihrer Wanderschaft hinaus aus den Schuttbergen zu finden.
Die ersten Schritte sind alles andere als einfach, denn auch die anderen Tiere haben die Vorzüge der Freiheit erkannt. Nicht allen ist das Glück beschieden. Eine Giraffe, die eben noch die Freiheit voller Glück begrüßt, wird im nächsten Augenblick von einer Granate dahingerafft. Eine Affenbande nutzt ihre Freiheit, um den kleinen Ali, den Nachwuchs unter den Vieren, zu entführen. Zill, der Kater, und Noor, seine Gefährtin, haben keine Chance rechtzeitig bei ihrem Sohn zu sein. Aber Safa, die alte einäugige Katze, findet einen Weg. Schnell macht sie den Affen begreiflich, wer in der Nahrungskette immer noch das Sagen hat.
Fremde Tiere sind nicht die einzige Gefahr. Auch der herannahende Feind wie auch die Verteidiger – eine Wasserschildkröte nennt sie ebenfalls eine Art von Löwen, in Wahrheit sind es Panzer – sind eine ständige Bedrohung. Damit nicht genug. Diese Welt ist selbst Safa vollkommen fremd. In ihren frühen Jahren hatte sie noch die Savannen erlebt – mit all ihren Vor- und Nachteilen, denn die Verletzungen von einst trägt sie heute noch als Narben. Beinahe schüchtern und sehr vorsichtig ziehen sie durch die Straßen, durch das Chaos und die Zerstörung, nicht wissend, wo sie auskommen werden.
Die Löwen von Bagdad basiert nach Aussage der Macher auf einer wahren Begebenheit. Während der Angriffe auf die irakische Hauptstadt entkamen tatsächlich vier Löwen dem örtlichen Tierpark. Autor Brian K. Vaughan, durch seine schriftstellerischen Erfolge innerhalb des Mediums inzwischen eine feste Größe, setzt diese vier sehr unterschiedlichen Charaktere in einer zerstörten Stadt in Szene. So schafft er eine Aussage, geradezu grauenhaft verständlich und eindringlich, wie es nur Szenarien mit Tieren vermögen.
Seit den Tagen der Fabel ist der erzählerische Weg über das Tier ein guter Weg, um eine Aussage unaufdringlich zu verpacken. Durch die Augen der Löwen erfährt der Leser eine Welt, welche die unsrige ist und dennoch absolut fremd erscheint. Dazu hat Vaughan vier Charaktere gewählt, die sehr unterschiedliche Lebenserfahrungen aufweisen. Während Safa noch weiß, was Freiheit bedeutet, auch welche Qual damit verbunden sein kann, sieht der kleine Ali die Welt mit den Augen eines neugierigen Kindes. Zill und Noor sind eher skeptisch, aber auch realistisch genug, um zu wissen, dass es nicht genügt, in den Ruinen abzuwarten, ob sich vielleicht neue Pfleger im Zoo einfinden.
Wir sind frei geboren. Hast du das nicht immer gesagt? Es ist die Gefangenschaft, die man lernen muss.
Diese Gefangenschaft haben die Tiere sehr verinnerlicht. Sie ist ein Teil von ihnen geworden, obwohl alte Instinkte immer noch lebendig sind. Aber mit der Gefangenschaft hielt auch eine trügerische Sicherheit Einkehr. Begrenzter Lebensraum wurde gegen ein sicheres Leben getauscht. – Wie falsch sie damit lagen, widerlegt Vaughan auf der kurzen Reise der Löwen. Im Palast, in der sich die herrschende Kaste einer scheinbar unerschöpflichen Dekadenz hingab, treffen sie auf einen der ihren, Rashid. Angekettet, abgemagert und vergessen, stirbt der einst stattliche Löwe vor ihren Augen und straft damit ihre bisherige Ansicht lügen, dass die Menschen sie zwar gefangen hielten, aber wenigstens pflegten.
Und eine weitere Ansicht wird zu Fall gebracht. Mit ihrer Kraft und ihren Fähigkeiten stehen sie auch nicht an der Spitze der Nahrungskette. Aus der ohnehin dramatischen Flucht wird ein schierer Kampf um das Überleben.
Diese Dramatik, die auch dank der grafischen Fähigkeiten und Umsetzungen von Niko Henrichon das Herz des Lesers trifft, spitzt sich von Seite zu Seite immer mehr zu. Gegen nimmt einen die Löwenfamilie richtig mit auf die Reise, die stetig hoffnungsloser und trauriger wird – nicht zu vergessen, dass sich die Tiere in den Ruinen der Menschen bewegen.
Henrichon pflegt einen sehr feinen und lockeren Strich. Durch die Kolorierung entstehen sehr komplexe Bilder mit einem orangefarbenen Grundton, der nur selten vom tröstenden Grün einer Oase durchbrochen wird – hier finden sich auch die friedvollen Momente, wenn Zill und Noor einmal allein miteinander sein können. Das Palastinnere erdrückt mit einem eiskalten Blaugrau und kündigt die nächste Bedrohung an. – Immerhin eine Bedrohung, die eine Gestalt hat und fassbar ist. Es ist ein gelungenes Symbol, dass ausgerechnet blütenweiße Pferde diese Bedrohung aus der Welt schaffen.
Die Wahl der Bilder, der Szenen, der Charaktere, der Ansichten, nichts wird in dieser Geschichte dem Zufall überlassen. Brian K. Vaughan, Autor von Ex machina und Y – The last man unterstreicht mit dieser Geschichte nicht nur seine Vielfältigkeit, sondern auch seine Fähigkeit eine Geschichte mit einer hohen Erzähltiefe zu schreiben. Dank des Zeichners Niko Henrichon ist eine traurig schöne wie auch beeindruckende und für das Comic-Genre außergewöhnliche Geschichte entstanden. 😀
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Samstag, 24. November 2007
Als die Witchblade ihren ersten Auftritt hatte, ahnte wohl noch niemand, welch lange Geschichte diese Waffe bereits hatte, welch langen Weg diese überirdische Krallenhand zurückgelegt hatte, bis sie zu Sara Pezzini fand. Der vorliegende Band ist bemüht, all die Trägerinnen aufzulisten, denen die Witchblade ihre Gunst schenkte.
Mit Bearers of the blade findet sich ein ähnliches Übersichtswerk, wie es das Book of souls seinerzeit für Spawn gewesen ist. Ähnlich, denn hier geht es um die Trägerinnen der Witchblade und nicht um all jene Figuren, die einmal in der Reihe auftraten.
Die Geschichten um jene archaische und mythische Waffe, einer Mischung aus der Dunkelheit der Darkness und dem Licht der Angelus finden sich nicht nur in der Hauptserie, sondern auch zahlreiche Einzelerscheinungen und Mini-Serien. Erstere fanden ihre Erscheinungsweise in der Reihe Tales of the Witchblade. Unter letzteren sticht sicherlich der Dreiteiler Obakemono heraus, jene Saga um die Witchblade mit einer japanischen Trägerin. Sogar in eine alternative Realität verschlug es die magische Waffe, nachzulesen in Witchblade Infinity.
Außerdem ist die Witchblade eine geeignete Crossover-Figur. Natürlich agierte sie innerhalb des eigenen Universums an der Seite der Darkness. Sara Pezzini musste sich aber auch zusammen mit Jackie Estacado mit Aliens und Predatoren im allseits beliebten Overkill-Mehrteiler auseinandersetzen. Neben der Königin der Schatzjägerinnen Lara Croft alias Tombraider hatte sie eine bedeutsame Begegnung mit der ägyptischen Göttin Bastet, die noch eine Rechnung mit der Witchblade zu begleichen hatte. Die Justice Leaque of America biss sich außerdem an der Witchblade beinahe die Zähne aus. Eine neue Zeichentrick-Variante, im Japan der Zukunft, wird auch nicht vergessen.
Die Waffe wandelte unter Piraten, im alten Ägypten, in der Steinzeit, im Mittelalter – sogar an der Seite eines Spawn, im Wilden Westen oder in der Zukunft. In der alternativen Realität verschlug es sie sogar in die Hände einer Prostituierten.
Faszinierend, natürlich aus einer rein subjektiven Sicht, sind die Ausflüge der Witchblade in einen asiatischen Erzählraum. China ist hier sehr wirkungsvoll, zumal sie hier in Form von Leung Lin Yao auch die Macht über einen Drachen gewinnt. Wie sich das Design der Witchblade auch der jeweiligen Kultur anpasst, lässt sich besonders gut an Shiori-Sama sehen. Zeichner Billy Tan schafft in Obakemono eine der optisch schönsten Varianten der Witchblade.
Die Autoren verarbeiteten die Witchblade sogar in der Historie, indem sie die heilige Johanna von Orleans zu einer ihrer Trägerinnen machten. Die Notwendigkeit der Vermischung von historischen Ereignissen mit der Comic-Gestalt mag nicht bei jedem Gefallen finden, besonders dann nicht, wenn die Witchblade auch in Stalingrad zum Einsatz kommt, da sich bestimmt genügend Szenarien erfinden lassen, in denen die Waffe zum Tragen kommen kann.
In dieser Aufzählung der Träger dürfen natürlich auch Kenneth Irons und Ian Nottingham nicht fehlen, die einzigen männlichen Träger der Waffe, die ansonsten ausschließlich Frauen vorbehalten ist.
Da die Witchblade nach Belieben ihre Trägerinnen wählt – und es immer noch nicht geklärt scheint, wie das geschieht – dürfte sich die Reihe noch lange fortsetzen, denn letztlich kann es eine Begrenzung nur durch die Phantasie der Macher geben.
Eine Raumstation am Rande des Batai-Imperiums. Hier ist nichts los. Aber auch gar nichts. Deshalb heißt das vorherrschende Gefühl auch Langeweile – die mit dem Alarmsignal im nächsten Augenblick schlagartig verfliegt. Aus der Tiefe des Raums befinden sich plötzlich fremde Raumschiffe auf Angriffskurs.
Andernorts weiß man nichts über die riesige Schlacht, de sich im lautlosen Weltraum abspielt. Die drei Frauen, der Rest der Cyberforce, hat eher eine kleine Feier im Sinn und ergeht sich in Erinnerungen an bessere Zeiten. Ein alter Wein, eine gelöste Atmosphäre täuscht nur darüber hinweg, dass es sich bei diesem Treffen um eine Falle handelt.
Und der Feind kommt! Schneller und stärker, als es den drei Freundinnen lieb ist.
Mit Cyberforce ist Pat Lee wieder zurück. Der Mann, der daran beteiligt war, dass Projekte wie Warlands und Neon Cyber entstanden. Oder Crossover wie Wolverine / Punisher. Und lange bevor der Transformers-Film das Kino mit Bombast-Action unsicher machte, machten Dreamwave Comics aus diesem Thema eine gelungene Scifi-Comic-Reihe.
In der Serie Cyberforce für die Gestaltung und Zeichnung der Figuren verantwortlich. Seine leicht verwackelten Gesichter und die überirdisch gestreckten und proportionierten Gestalten sind sein stilistischer Fingerabdruck. Unübersehbar ist der Einfluss von Manga-Techniken – die bei der Gestaltung der eingangs erwähnten Raumschiffe sehr hilfreich sind. Eine Doppelseite zeigt einen Abschnitt der Raumschlacht, vollkommen ohne Worte, und, wie es bei Pat Lee häufig der Film ist, wie in einem Fall arrangiert.
Hat Lee den Part des Vordergrunds übernommen und liefert eine schöne Arbeit ab, hat Alex Milne mit den Hintergrund alle Hände voll zu tun. Reine Hintergrundzeichner finden sich in Heft-Reihen nicht besonders oft, doch das Konzept geht auf und das Ergebnis ist sehr überzeugend.
Im Zusammenspiel mit dem kolorierenden Studio Dream Engine Colors entsteht eine für eine Heft-Serie wirklich aufwendige Gestaltung. Einerseits durch die Hintergründe organisch anmutend und mit einer großen Bildtiefe versehen, entsteht durch die getuschten Außenlinien der Figuren ein zusätzlicher feiner Kontrast.
Jeder krallenbewehrte Held (oder auch Schurke) muss sich mit dem Standard dieser Charaktere messen, der da Wolverine heißt. Ähnlichkeiten zu dieser Heldenfigur hat der hier auftretende Robert Bearclaw nicht. Das Cyberwesen, das durch eine außerirdische DNS umgestaltet wurde, erinnert vielmehr an eine abgewandelte Version des Freaks aller Freaks namens Lobo. Viel lässt sich von Roberts Charakter in diesem Band nicht ablesen, außer, dass er zum Feind seiner ehemaligen Kameradinnen geworden ist und diese wohl lieber als alles andere töten möchte – wie es in einem Crossover der Cyberforce mit der Justice Leaque of America auch deutlich zum Ausdruck kommt.
Fakt ist in jedem Fall, dass die drei Frauen gegen seine mutierten Fähigkeiten keine Chance zu haben scheinen, weshalb der Schluss eine ziemliche Überraschung ist.
Zwei Handlungsstränge bleiben offen zurück. Ersterer, jener der Raumschlacht, wird hoffentlich seine Auflösung finden (mit noch beeindruckenderen Szenen). Das Rätsel zum guten Schluss verlangt nach mehr.
Ein für eine Heft-Serie richtig guter und sehr aufwendiger Auftakt im Genre Scifi-Action, von dem zu hoffen bleibt, dass die eigene Steilvorlage auch wieder aufgenommen werden kann.
Freitag, 23. November 2007
1890. Ombeline arbeitet in einem zweifelhaften Etablissement von Madame Couradille. Sie ist vierzehn und ein halbes Jahr alt. Obwohl sie noch ein Kind ist, weckt sie die Begierde des örtlichen Kommandanten, der das Mädchen zu sich rufen lässt.
Grayson ist ein ungeschlachter Mann, der sich einen Dreck um die Gefühle anderer Menschen schert. Er zahlt und er bekommt seinen Willen. So glaubt er. Zwar bereitet Madame Couradille das Mädchen auf die Begegnung vor, aber Ombeline ist alles andere als willens, sich mit diesem widerlichen Mann einzulassen – ganz gleich, ob er bereits ihre Mutter kannte oder nicht. Ombeline beschließt die Flucht. Doch das ist leichter beschlossen als getan.
Trotzdem kann sie zwei Freundinnen zur Flucht überreden. Die drei Mädchen haben einen ungünstigen Zeitpunkt für ihren Ausbruchsversuch gewählt. Über der Stadt ballen sich düstere Wolken zusammen. Entgegen der normalen Erwartung einer Hafenstadt bestehen diese Wolken aber aus aggressiven Möwen, die sehr bald schon die Menschen attackieren. Es herrscht eine endzeitliche Stimmung. Die Menschen wehren sich, so gut sie können. Aber gegen Lebewesen, die keinerlei Wert auf ihr eigenes Leben zu legen scheinen, fällt es außerordentlich schwer sich zu wehren. Außerdem greifen die Tiere sogar Gebäude an, bringen Kamine und Dächer zum Einsturz.
Aus den drei Flüchtlingen werden ganz schnell zwei. Die Vögel, zunächst Bedrohung, verhelfen ihnen auch zur weiteren Flucht, wenngleich auch ungewollt. In dem Chaos dringen die Mädchen bis zum Friedhof vor. Es wird ihnen nur eine kurze Zeitspanne zum Ausruhen gewährt. Alsbald geschieht etwas vollkommen Unerwartetes für alle Beteiligten. Die Stimmung in der Stadt schlägt erneut um, denn diesmal gibt es einen Feind, der sich real bekämpfen lässt.
Albatros empfängt den Leser mit einem etwas surrealen Szenario. Vieles ist dem historisch Interessierten bekannt, sei es aus Dokumentationen, Romanen oder Filmen. Und doch wirkt es durch die Bedrohung durch die Möwen wie eine Szenerie aus einer anderen Welt. Die Autorin Daphne du Maurier bescherte uns mit ihrer Kurzgeschichte ein ähnliches Szenario, das später von Alfred Hitchcock unter dem einprägsamen Titel Die Vögel verfilmt wurde. Mittels dieses simplen und doch ungeheuer effektvollen Kniffs wird aus einer gewöhnlichen Welt oder Umgebung wie dieser Hafenstadt eine ganz eigene gruselige und auch furchtbare Welt. Wo die Vögel auftauchen, hinterlassen sie Tod und Zerstörung. Und niemand vermag zu diesem Zeitpunkt zu sagen, wieso.
Autor und Zeichner Vincent, der mit dieser Reihe sein Debüt vorlegt, schickt den Leser gleich zu Beginn in die bedrohliche und unheimliche Atmosphäre hinein. Die Seevögel, von den Einheimischen Seelen genannt, eigentlich durch ihre Herkunft aus den Wolken als himmlich geadelt, verwandeln sich in Monstren, denen innerhalb von drei Tagen sechs Menschen zum Opfer fallen.
Geschickt setzt Vincent dem grausamen Auftakt die Dekadenz der Stadt wie auch der Obrigkeit gegenüber. Andernorts sterben die Menschen, im Etablissement der Madame Couradille wird gefeiert. Mehr noch. Die Feiern sind nur die Spitze einer gesellschaftlichen Verkommenheit. In diesem Sündenpfuhl lehnt sich ein Mädchen gegen sein Schicksal auf, während von oben die Rache über die Stadt hernieder geht.
Nimmt man das fliegende Schiff hinzu, das Ombeline die endgültige Flucht aus der Stadt ermöglicht, fühlt man sich in der Grundkonzeption an die biblische Geschichte von Sodom und Gomorra erinnert.
Aber Vincent belässt es nicht bei der Flucht. Für die kleine Ombeline ist es zu früh, um sich in Sicherheit zu wiegen. Mit der halsbrecherischen Fahrt des Ballonschiffs kommt sogar eine Art Jules Verne-Element mit hinzu. So lässt es sich unter dem Strich behaupten, dass Albatros ein Beispiel für gute, klassische Erzählkunst in bester französischer Tradition ist.
Grafisch führt Vincent einen Charakterstrich. Jede Figur erhält ihr persönliches Aussehen, trägt ihr zwar Herz nicht auf der Zunge, so doch wenigstens im Gesicht.
Kommandant Grayson ist richtig schmierig. Ombeline blickt unschuldig aus ihren großen Kulleraugen. Madame Couradille ist knochig streng, eine knurrige alte Hexe, wie sie mancher Leser vielleicht schon selbst als Kind in Märchen fürchten gelernt hat.
Die Stadt ist trübe und dunkel, durchsetzt mit engen Gassen und Pflastersteinen. In dieser Stadt ist die Kleidung von Ombeline ein bunter Farbklecks und ihr mutiges Verhalten ein Lichtblick. Vincent positioniert sie als ein Wesen, das einfach nicht in diese Stadt gehört – allerdings bleibt es auch fraglich, ob sie an Bord dieses merkwürdigen Schiffes gehört.
Aber irgendwie ist es für die gute Ombeline wie für andere bekannte Flüchtlinge: Etwas Besseres als den Tod wird sie überall finden. Und so lässt Vincent sie auch agieren und empfinden.
Vincent gestaltet mit Ombeline eine mutige kleine Heldin, wie auch einen äußerst sympathischen Charakter, mit dem man als Leser einfach mitfiebern muss. Eine schöne gruselige, klassische wie auch herzliche Erzählung im Stile von Abenteuern, in deren Mittelpunkt ein Kind steht. Märchenhaft, grausam, mit vielen spannenden Situationen und ständig neuen Rätseln, die hoffentlich in den beiden Folgebänden aufgelöst werden. 😀
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