Kurt aus München schreibt in primo Nr. 26 im Jahre 1972:
Jo-Jo und ähnliche Comics sollten in primo mehr in den Vordergrund treten. Brutlitäten jeder Art sollten vermieden werden!
Die primo-Redaktion antwortete:
Schönen Dank für Deinen Brief, lieber Kurt.
…
Zum anderen, primo ist eine Comic-Zeitschrift. Wir bemühen uns, Brutalitäten nicht zu verherrlichen. Aber bei realistischen Abenteuerserien, wie beispielsweise Eisenherz oder dem Sheriff, lassen sich harte Szenen nicht immer vermeiden. Sie gehören zum Ablauf mancher Geschichten, die ohne Auseinandersetzung langatmig wären. Auch in lustigen Stories, wie bei Jo-Jo, geht’s machmal recht stürmisch zu. Mit einer allzu großen Verniedlichung wäre Euch, unseren Lesern, nicht gedient. Wir glauben, dass Ihr alt genug seid, um zwischen einer Story, einem Comic-Strip und dem Alltag zu unterscheiden!
So der kurze Leserbrief-Dialog in primo vor 35 Jahren.
1973, also ein Jahr nach diesem Brief, wurde Schweinchen Dick im ZDF wegen seiner Gewalt abgesetzt. Inzwischen haben sich derart viele Einflüsse in Sachen Gewaltdarstellung etabliert, die man sich in jenen Tagen nicht einmal vorzustellen gedachte. Vergleicht man Serien, die damals in primo und anderswo erschienen, solche, in denen Gewalt echt wirkte, mit heutigen Serien, ist der Level nicht sonderlich gestiegen – mein persönlicher Eindruck.
Prinz Eisenherz, Kuma, Rahan, El Cid, Der Sheriff, Andrax, Luc Orient, Tarzan und Co zeigen auch viele Kämpfe. Was sich geändert hat, sind wohl die Auswüchse. Zombies im Marvel-Universum? Wer hätte das jemals gedacht? Der Fun-Splatter hat inzwischen auch in den Comics Einzug gehalten. Diese sollten eigentlich, wie auch ähnlich gelagerte Filme oder Spiele, nur einer entsprechenden Altersstufe vorbehalten sein.
Klar, dass das nicht funktioniert!
Früher versuchten die Kids in Kinofilme zu gehen, die weit jenseits ihrer Altersstufe lagen. Ausweiskontrollen waren damals ebenso wie heute Mangelware. Klar, es war auch ein Spiel, aufregend, weil es verboten war. Heute ist der Zugang zu Filmen jenseits der 16- oder 18-Grenze noch viel einfacher, eigentlich nichts Besonderes mehr.
Die Diskussion über die Gewalt in Medien wie auch in Comic und Trickfilm reicht recht lange zurück. Darstellungen von Einschüssen in Körpern werden schon lange nicht mehr nur eindringend, sondern auch mit schönster Detailfreude auch austretend gezeigt.
Gibt es im Comic nun eine Übergewaltätisierung oder alles noch im grünen Bereich?
Keine Ahnung.
Übrigens: Der erwähnte Jo-Jo ist Gaston. Damals glaubte man wohl, ein französisch klingender Name würde auf dem deutschen Comic-Markt nicht weit kommen.