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Comic Blog


Dienstag, 02. Oktober 2007

Torpedo 3

Filed under: Thriller — Michael um 18:51

Torpedo 3Es war einmal ein kleiner Junge namens Luca Torelli. Er und sein Bruder Mario hatten eine schwere Kindheit in Italien. Der Vater war ein Säufer, die Mutter eine Heilige. Es kam, wie es kommen musste. Als Mario eines Tages seine Mutter gegen den prügelnden Vater verteidigen will, wird er von diesem tot geschlagen.
Luca ist noch kleiner als sein Bruder Mario. Er weiß, dass jegliches Aufbegehren auch ihn das Leben kosten würde. Also lässt er sich etwas anderes einfallen. Er lauert dem Sohn von Don Francesco auf, denn er weiß genau: Wenn dem Sohn Übles widerfährt, wird sich Don Franceso rächen. Vorzugsweise an Lucas Vater.

Warum behandelt Vittorio Torelli seine Söhne so? Enrique Sánchez Abuli geht mit der Kurzgeschichte Mit geballter Faust auf die Herkunft Lucas ein. Auf Sizilien im Jahre 1903 ist es auf dem Lande nicht eitel Sonnenschein. Carlo Torelli ist in Luciana verliebt, ein Gefühl, das auf Gegenseitigkeit beruht. Leider hat Lucianas Vater Cesare etwas dagegen. In einem krankhaften Besitzdenken will er seine Tochter für sich allein. Es kommt zum erzwungenen Inzest. Und nicht nur das. Cesare lauert mit einem Kumpanen dem jungen Carlo auf.

Das Rad der Blutrache beginnt sich zu drehen. Der örtliche Don hat andere Pläne!

1936 ist aus Luca Torelli ein skrupelloser Killer geworden.
Inzwischen hat er den großen Teich überquert. Zu seinen Aufträgen und auch eigenen Plänen gehören Mord, Entführung, Schutzgeldeintreibung und Lösegeldforderungen – und eigentlich alles, was einem Kriminellen, der sein Gewissen vollends verloren hat, Spaß machen kann.
Wenn man seiner Herkunftsgeschichte glauben darf, konnte aus Luca nur der legendäre Killer Torpedo werden. Allerdings ist Luca mit seinem Charakter in bester Gesellschaft im kriminellen Untergrund.

Torpedo (und ganz besonders diese Ausgabe) wurde von Abuli mit pechschwarzem Humor geschrieben. Politisch korrekt sucht der Leser hier vergebens. Sexuelle Vorlieben und Perversionen, Gewalt in allen Formen, gegen Mensch und Tier, Vorurteile gegen Volksgruppen, gegen Frauen, gegen Kinder – Lucas Leben in Sizilien und später in New York ist eine einzige Freakshow. In seiner Welt gibt es (so gut wie) keine normalen Menschen.

Wer zu zart besaitet ist und eine überspitzte Form von Hollywoods alter schwarzer Serie nicht vertragen kann, sollte einen Bogen um Torpedo machen. Anfänglich mag ein herkömmlicher Comic-Leser noch lachen, spätestens wenn auf die übelste Weise gemordet und vergewaltigt wird, bleibt das Lachen im Halse stecken – wenn man zart besaitet ist.
Ansonsten kann man über diesen Humor, der nicht aus dem Land des schwarzen Lächelns, England, stammt, nur herzhaft, wenn nicht sogar aus vollem Halse lachen. Allerdings gibt es auch Lacher, die erst auf den zweiten Blick zünden (nachdem man einmal geschluckt hat, weil damit nicht zu rechnen war). Das beste Beispiel dürfte Lucas Herkunft sein. Dieses letzte Bild setzt dem gesamten Band das wohl verdiente Krönchen auf.

Voll integriert ist Harry, Torpedos Sidekick. Der etwas zurückgebliebene kleine Gangster darf ein eigenes Abenteuer bestehen und versieht auch in anderen Kurzgeschichten wichtige Rollen – so auch als Geisel.
Interessanterweise hat Torpedo, was Harry anbelangt, ein wenig Herz entwickelt. Harry erhält zwar hin und wieder noch den einen oder anderen Schwinger, doch ist seine Position neben Torpedo deutlich gestärkt. Zeitweilig unterhalten sie sich wenigstens auf Augenhöhe.
Eine schöne Episode mit den beiden (in deren Verlauf natürlich ein Mordauftrag ausgeführt wird) findet in einem Kino statt. Während sie sich auf ihre Tat vorbereiten, sofern das nötig ist, läuft ein Tarzan-Film über die Leinwand. Ihre Schlüsse sind nicht hochtrabend. Ganz im Gegenteil, geht es hauptsächlich darum, ob Tarzan Jane nehmen wird oder nicht. Zwischendurch bekommt ihr Opfer immer wieder einen Ellenbogenstoß ab, denn ganz gleich was er sagt oder nicht sagt, es ist grundsätzlich falsch.

Torpedo wäre vielleicht niemals so gut, gäbe es nicht einen Zeichner wie Jordi Bernet, der den Figuren eine unglaublich gute Figur in reinem Schwarzweiß verleiht. Hager wie einst Clint Eastwood ist Luca Torelli eine Mensch gewordene Mischung aus Frettchen und Hyäne. Da es eine Figur ist, die bereits seit frühester Jugend die Verbrechen um sich herum kennt, ist sein Mienenspiel stark eingeschränkt. Erstaunen ist selten, selbst echte Wut gibt es kaum. Lucas Gesicht ist immer etwas mürrisch. Ausnahmen bestätigen die Regel, so in Augenblicken, wenn es ihm nichts ausmacht, einem Säugling die Muttermilch zu stehlen.
Die vorliegende Ausgabe könnte nicht bestehen, wenn Bernet nicht auch einen gewissen Spaß an seiner Arbeit gehabt hätte.

Ein herrlich düsterer Humor, abgrundtief gemein und meilenweit unter jeder Gürtellinie, brutal, perfekt gezeichnet und mit jeder Geschichte pointiert erzählt, so präsentieren Abuli und Bernet ein Gangsterszenario, in dem nichts fehlt: Entführung, Mord, Bandenkrieg, Rache, Pferderennen und einiges andere, um die sich ein handfester Gangster nicht schert. Wer es nicht pechschwarz mag, Finger weg, für alle anderen: Schlapplachen. 😀

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