Marc kann sich an das Leben im Gefängnis nicht gewöhnen. Seit dreieinhalb Jahren sitzt er nun in dieser Zelle, ohne Verurteilung, ohne zu wissen, wie lange dieses Martyrium noch dauern wird. Und die Verzweiflung wächst von Tag zu Tag.
Eines Tages wird Marc zu einer Arbeitsgruppe abbestellt. Der freie Himmel macht die Plackerei erduldbar. Als er mit einigen anderen Gefangenen an einer kleinen Brücke arbeitet, kommt ein Mann des Weges – der alte Herr Pad!
Marc kann seinen Mund nicht halten, ist er doch zu erfreut, ein bekanntes Gesicht zu sehen. Allerdings ist ein Mann, der von einem Gefangenen erkannt wird, immer auch in der Gefahr kontrolliert zu werden. So kommt auch Herr Pad bald keinen Schritt weiter. Die kleine Kiste, die er dabei hat, muss von den Aufsehern näher in Augenschein genommen werden.
Herr Pad kennt die menschliche Psyche, die beinahe krankhafte Neugier. Kaum ist die Kiste geöffnet, erwartet die Wärter eine gefährliche Überraschung. Wenig später befindet sich Marc in Freiheit.
Die große Stadt, die Marc in den letzten Jahren nur von fern durch die Gitter sehen konnte, wird jetzt zum Unterschlupf. In der lichten Metropole Anatolia nahe der Küste wollen Pad und Marc untertauchen. Wie es sich bald zeigt, hat Herr Pad nicht uneigennützig gehandelt. Marc soll ihm einen Gefallen tun.
Nicht nur Marc hat sich eine Unterkunft in Anatolia gesucht. Auch Gwendoline lebt hier, die Reporterin, die seinerzeit miterlebte, wie Marcs Dorf vernichtet wurde. Und die Vergangenheit holt ihn ein, jedoch anders als er es sich gedacht hat.
Nellie sein einstiger Jugendschwarm ist verheiratet und Mutter. Nellies kleine Schwester hingegen ist erwachsen geworden. Kaum sehen die beiden sich wieder, erwacht auch das einstige Band zwischen ihnen wieder.
Herr Pad wirbelt ihrer beider Leben bald gehörig durcheinander.
In der dritten Folge des Science Fiction Comic-Romans Aldebaran mit dem Titel Das Foto wird der Leser zunächst von Autor und Zeichner Leo auf sehr leichte Weise in die Geschichte zurückgebracht. Nichts deutet auf die neuen Erkenntnisse hin, die sich bald abzeichnen werden und entsprechend aufrüttelnd sind.
Das Leben in Anatolia, das Leo schildert, ist halbwegs normal und einer Hafenstadt angepasst. Es ist eine sonnige Küste. Die Liebe zwischen Marc und Kim erblüht langsam, es gibt amouröse Abenteuer und Herr Pad ist sehr undurchsichtig. Über allem gibt es immer wieder Einblicke in die fremde Welt, durch die Vegetation und Tierwelt einerseits und die politische Ordnung andererseits. Wie in einem Überwachungsstadt schwebt ständig ein imaginäres Damoklesschwert über den Akteuren.
Mit dem Einschub um die Forscher Alexa und Driss gelingt Leo eine ganz tolle Passage, die nicht unbedingt Licht in das Dunkel des Geheimnisses um die Mantrisse bringt, sondern das Geheimnis noch vertieft. Als die beiden frustriert warten, sehen sie plötzlich im Meer eine Herde Gregoren, die einem ganz bestimmten Ziel zu folgen scheint.
Wenn Alexa betont, wie schön diese Lebewesen seien, kann man als Leser nur zustimmen. Die einfachen Formen und Farben der Gregoren könnten tatsächlich einer Natur (wenn nicht sogar unserer) entsprungen sein. Die Szene um die schwimmenden, sehr großen Tiere gehört wohl zu einer der schönsten in der fünfteiligen Aldebaran-Reihe.
Nach all dieser Schönheit ist das, was sich in der darauf folgenden Nacht abspielt, wahrhaft schockierend erzählt. Es gehört zu Leos tollem Geschick, auch nur soviel zu zeigen, wie es braucht, um die Phantasie des Lesers anzuheizen.
Mit zwei weiteren einfachen Bildern setzt Leo punktgenaue Akzente und vertieft das Geheimnis um die Mantrisse wie auch um Alexa und Driss.
Dabei ist die Leichtigkeit, wie sehr Leo seinen Lesern die Hauptfiguren ans Herz wachsen lässt, bewundernswert. Hier sind Geschichte und Charaktere sehr gut miteinander verflochten.
Science Fiction muss nicht an allen Ecken und Ende knallen. Leo zeigt, wie ruhig und doch ungeheuer spannend eine Geschichte aufgebaut werden kann, indem sie einem großen Geheimnis folgt. Erste Klasse! 😀
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