2020. London. Es sieht nach einem ganz normalen Beschattungsjob aus. Nichts lässt darauf schließen, dass die junge Frau wenig später in einem alten Lagerhaus eine Begegnung haben wird, die ihr Leben vollkommen verändert. – Die Dämonen sind da!
Lyra rettet ein kleines Mädchen, bevor ein Wesen, dessen Fratze nur aus Zähnen zu bestehen scheint, über die Kleine herfallen kann. Die Krieger, die kurz danach eintreffen, sind unter ihren massigen Rüstungen nicht zu erkennen. Nur ihr Anführer, dessen bärtiges Gesicht zwischen den Schulterpanzern zu sehen, wird freudestrahlend von dem Mädchen erkannt. Ihr Großvater ist da!
Die Templer haben die Jahrhunderte überdauert, ebenso wie die unheilige Macht, die nur darauf gewartet hat, aus den Tiefen der Hölle hervorzubrechen. Nun stehen sich die beiden Parteien auf dem Schlachtfeld der ehemaligen Millionenstadt gegenüber. Für die Menschen sieht es in dieser lebensfeindlichen Umgebung nach dem endgültigen Untergang aus. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als einen Guerilla-Krieg zu führen.
Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück!
Die Jahre vergehen. Der Kampf ist zum Normalzustand in den Ruinen dieser einstmals prächtigen Umgebung geworden. Jetzt marodieren gepanzerte vierbeinige Dämonen und geflügelte Monster durch die Strassen. Jessica wächst er heran, das Vorbild ihres kämpferischen Großvaters vor Augen. Sie übernimmt sein Erbe und übernimmt mit der gleichen Energie die Führung der Templer. Aber die Selbstverständlichkeit des Kampfes hat die Menschen auch abstumpfen lassen. Es ist ein Kampf ohne Hoffnung. – Bis zu jenem Tag, als Aufzeichnungen auftauchen, die einen Ausweg aus dieser Hölle auf Erden aufzeigen.
Drei Zeichen, drei Menschen. Den Gezeichneten könnte es gelingen, das Blatt zu wenden. Doch der Weg ist dennoch gefährlich. Es ist keine Prophezeiung, die sich selbst erfüllt. Jessica, ein Kämpfer namens Petrus und die Kabalistin Crowe werden zu einem unfreiwilligen Trio. Gemeinsam brechen sie auf. Obwohl Monster und Untote sich ihnen in den Weg stellen, lassen sie nicht nach und begegnen schließlich ihrem Schicksal.
Hellgate London ist eine weitere Umsetzung eines Computerspiels, wie es sie in den letzten Jahren häufiger gegeben hat. Auf den Spuren von Resident Evil, Aliens vs. Predator, Devil May Cry oder auch Warcraft reiht sich nun ein Höllenszenario ein, dass gemäß des Erfolgs der Vorlage durch Autor Ian Edginton und Zeichner Steve Pugh eine ausgefeilte Comic-Veröffentlichung erfährt, die hier in einer Zusammenfassung aller Folgen auf den Markt kommt.
Zuerst fällt der Blick natürlich auf das Cover des vorliegenden Bandes. Aleksi Briclot hat sich nicht anscheinend nicht nur mit diesem Bild selber übertroffen, sondern kann auch noch mit den übrigen gesammelten Covern im Anhang auftrumpfen. Die Bilder reizen alles aus, was in Sachen computer-unterstütztem Malen inzwischen möglich ist. Die Abbildungen, die leider nur auf Seitengröße abgedruckt sind, strotzen vor Details. Licht und Schatten sind perfekt eingesetzt, so dass eine sehr plastische Ansicht entsteht. Für Liebhaber des gepflegten Horrors wie auch des Spiels würden diese Bilder perfekte Postermotive abgeben.
Die Umsetzung des Comics selber kann natürlich nicht so aufwendig gestaltet werden. Der Aufwand wäre viel zu hoch. Dafür wählt der Kolorist Dan Jackson den direkten Weg von Skizze zu Farbe, ohne den Umweg über die Tusche zu gehen. Dabei legt er eine ähnliche Professionalität an den Tag, wie es Dave Stewart in den neuen Conan-Folgen geschafft hat. Allerdings überlässt Dan Jackson nichts dem Zufall und arbeitet jede Grafik gründlich aus. Abstraktionen, die dem Leser ein wenig Freiraum zur eigenen Phantasie lassen, gibt es nicht.
Steve Pugh, der Zeichner (www.stevepugh.com), gehört zu der Sorte Künstler, die einer Art CrossGen-Generation entstammen. Einerseits zeichnen sie sehr gut und exakt, andererseits geht auch stets ein wenig Kühle mit den Bildern einher, eine gewisse Unnahbarkeit, die z.B. Zeichnern wie John Romita Jr. fehlt.
Es ist eine straff durcherzählte Geschichte. Überraschungen gibt es nicht, dafür jede Menge Action mit Monstern der ungewöhnlichsten Art. Gesichter sind nur den ranghöheren Dämonen vorbehalten. Die unteren Chargen bestechen durch ein einziges großes Maul, aus dem ihr Kopf zu bestehen scheint. Ein Höhepunkt der Geschichte ist die Begegnung in der weltbekannten St. Paul’s Cathedral, die zu einem Hort des Bösen geworden ist. Mehr Apokalypse geht nicht.
Ritterlicher Krieg unter der Führung der Templer, dämonische Monster, Hellgate London hat alles, was das Rollenspieler- und Egoshooter-Herz begehrt. Wer schon ähnliche Comic-Publikationen mochte, die auch gute Hauptfiguren hervorbrachten, wird diese Ausgabe bestimmt mögen. 🙂
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