Der Pass ist schmal. Die Stelle für den Widerstand ist bewusst gewählt. Aber die Zeit läuft den Verteidigern davon. Von der Verstärkung ist noch niemand in Sicht, während die Angreifer mit ungebrochener Kraft in die Verteidigungslinien einbrechen.
Der Orden der Drachenritter von Messara ist der größte und älteste seiner Art. Seit alters her werden hier die angehenden Ritter ausgebildet. Die Frauen haben sich nicht nur dem Kampf verschrieben. Pflichtgetreu helfen sie, wo sie können. Die Drachenritter dienen, sie mischen sich nicht in die Politik ein. Der Kaiser benötigt nun ihre Hilfe, und er hat keinerlei Zweifel daran, dass die Drachenritter ihm gehorchen werden.
Jenseits der Fjorde unweit von Messara wurde vor kurzer Zeit ein Drache gesichtet. Obwohl Ritter zur Bekämpfung des Untiers ausgesandt wurden, scheint das Monster nicht vernichtet worden zu sein. Das Übel, das im Umkreis eines Drachen auftritt, hat inzwischen sehr weit um sich gegriffen. Mehr noch: Die einzigen Krieger, die zwischen den verseuchten Menschen des Übels und den Einwohnern von Messara stehen, sind die Drachenritter. Ein Drachenritter nimmt stets seine Pflicht wahr. Bald schon machen sich 400 Krieger auf den Weg zum Brisken-Pass, um die angreifenden Horden abzufangen.
Zu den führenden Rittern des Trupps gehören Alia und Tora. Beide sind gestandene Kriegerinnen, doch die Aufgabe, die ihrer harrt, ist selbst für sie ungewöhnlich. Nicht als Einzelkämpfer sollen sie sich dem Übel stellen, sondern als Armee. Die Hoffnung auf zeitigen Entsatz ist sehr klein. Jeder Kämpfer zieht mit dem inneren Wissen in die Schlacht, dass sie niemals lebend zurückkehren wird.
Nicht 300, sondern 400 Kriegerinnen sind es, die den Pass in der 4. Folge von Die Legende der Drachenritter halten. Brisken wird zu einem Symbol des Mutes und der Pflichterfüllung in der Geschichte der Drachenritter, die weiterhin von AnGe geschrieben und diesmal von Philippe Briones gezeichnet wird. Farbführend war ebenfalls wieder Stéphane Paitreau.
In den vorangehenden Episoden ging es vordergründig stets um die Bekämpfung des Drachen. Der Leser wurde Zeuge, wie Drachenritter vorgingen. Er konnte miterleben, wie die Auswirkungen des Übels eines Drachen auf die Menschen sind. Drastische Schilderungen dessen erlebte der Leser jüngst in der letzten Folge, in der eine Familie auseinanderbrach. Meistens sah der Leser einzelne Kämpfer oder ein Duo im Kampf oder während eines Auftrags. Dramatischer und aufwendiger, vergleichbar einem Monumentalfilm, ist der 4. Teil geworden.
Wie auch seine Vorgänger kann die Geschichte für sich alleine stehen. Eine Vorkenntnis, der nur locker miteinander verbundenen Episoden ist nicht erforderlich.
Noch nie haben die Drachenritter in einem solchen Verbund gekämpft. Die Aufgabe ist vermutlich riskanter, als alles andere, was die Krieger bisher leisten mussten.
AnGe, das Autoren-Duo, schildert eine Geschichte über eine aussichtslose Schlacht, wie es sie in Sage und Geschichte schon häufig gab. Hier machen sich die weiblichen Krieger einen naturgegebenen Engpass im Gebirge zunutze, um einer brutalen Übermacht zu begegnen. Da der Orden nicht über genügend Kämpfer verfügt, müssen auch Knappen mit in die Schlacht ziehen. Den Jüngeren gilt nicht nur eine besonderes Augenmerk, sondern auch die Sorge der älteren Ritter. Alia steht hier stellvertretend für andere kampferprobte Recken.
Die Kampfszenen sind schrecklich, aber die Drachenritter halten stand. Tag um Tag geht ins Land. Die Reihen der Ritter schrumpfen.
AnGe schildern die Verzweiflung, die Hoffnungsschimmer der Kriegerinnen, wie auch ihr Aufbäumen im Kampf ganz ausgezeichnet mit einigen ausgewählten Szenen. So wird auf unnötige Gewalt verzichtet. Was der Leser hier zu sehen bekommt, unterstreicht die Dramatik. Vieles spielt sich auch am Bildrand oder im Anschnitt ab, was die Vermutung dieser stützt, dass man kein einfaches Schlachtengemälde abliefern wollte, sondern ein vielschichtiges Bild der Kriegerinnen und ihres Ethos’.
Alia, durchtrainiert, schlank, ist das Pendant zu Tora, die eine muskulöse und riesige Frau ist. Wo Alia auch zurücksteht, aus Sorge um ihre Schutzbefohlenen, fasst sich Tora bald ein Herz und wagt einen Ausfall. Diese Verzweiflungstat ist es denn auch, die die Angreifer kurzfristig verzagen lässt. Angst macht sich selbst unter den Verseuchten breit.
Aber Kampf und Charakterstudien sind nicht die einzigen Elemente dieses Epos. Im Hintergrund werden in Zwischensequenzen die Beweggründe für diese mehrtägige Schlacht deutlich. Intrigen und Politik sind verantwortlich für den Verrat, der Schuld an diesem Massaker ist. Die Enthüllungen werden von den Drachenrittern sehr ruhig aufgenommen. Während die Lösung immer weiter ins Licht rückt, naht das Ende der immer kleiner werdenden Truppe.
Mit Philippe Briones ist ein neuer Zeichner im Team der Reihe, der mit den Massenszenen der Schlacht außerordentlich gut zurecht kommt. Möglich, dass hier Studien an Schlachtenszenarien vergangener Leinwandepen vorgenommen wurden. Die Bildausschnitte sind jedenfalls sehr ähnlich geworden. Einen Lieblingszeichner mag jeder Leser für sich ausmachen, denn im Anhang finden sich Skizzen von jedem der beteiligten Künstler.
In der 4. Folge der Legende der Drachenritter wird es monumental. In einer gut konstruierten Handlung erzählt AnGe einen spannenden Kampf und vertieft den Einblick in die politischen Wirren des Landes und den Orden selbst. Klassische Schwert-Fantasy mit Kriegerinnen im Mittelpunkt, die ihren männlichen Kollegen in Nichts nachstehen. 😀
Die Legende der Drachenritter 4 – Brisken: Bei Amazon bestellen