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Comic Blog


Freitag, 16. März 2007

Der Dieb der Zeit

Filed under: Mystery — Michael um 19:19

Clive Barker - Der Dieb der ZeitEs ist ein grauer Februar. Harvey langweilt sich. Er ist ein Junge, der gerne etwas unternehmen möchte. Er glaubt mit zehn Jahren kein Kind mehr zu sein. Er trödelt herum, was ihm seine Mutter vorwirft. Harvey ist einfach nicht zufrieden. – Da taucht ein gewisser Rictus auf.
Der unheimliche Mann mit dem Zylinder und dem breiten Grinsen macht dem Jungen einen unglaublichen Vorschlag. Ein kleiner Ausflug zu einem Ferienhaus, als Gast eines gewissen Mr. Hood, wird ihm die Langeweile schnell vertreiben. Zunächst ist Harvey skeptisch, lässt sich aber doch überreden. Aus einem kurzen Ausflug wir eine sehr lange Zeit.

Harvey ist nicht alleine im Ferienhaus. Für das Wohl der kleinen Gäste ist die alte Mrs. Griffin verantwortlich, die den Kindern alles auftischt, was sie gerne hätten. Das Haus selbst ist riesig. Hier gibt es alles, was ein Kinderherz nur begehren kann. Jede Menge Verstecke, alle möglichen Sachen, mit denen es sich spielen lässt. Es gibt keine Verbote. Frühling, Sommer, Herbst und Winter spielen sich an einem einzigen Tag ab. Jedweden Feiertag wie Halloween oder Weihnachten feiern die Kinder jeden Tag.
Harveys Freund Wendell, der bereits länger da ist, zeigt ihm alles. In Wendells Zimmer türmen sich schon die Geschenke von vielen Weihnachtsabenden, mehr als ein Kind jemals erleben kann.

Am Anfang macht sich Harvey noch keine Sorgen, schließlich darf er auch mit seinen Eltern telefonieren, die ihm versichern, dass alles seine Ordnung hat. Doch spätestens mit dem Auftritt von Mr. Jive und der sehr merkwürdigen Marr ändert sich Harveys Einstellung zu diesem Kinderparadies.
Gemeinsam mit Wendell plant er die Flucht. Was sollte leichter sein, als einfach den Weg zurückzugehen, den sie gekommen sind? Es wird schwieriger, als sie sich vorstellen können, denn Mr. Hood denkt gar nicht daran, sie gehen zu lassen.

Mit Der Dieb der Zeit legt einer der Großmeister des Horrors und des Gruselns, Clive Barker, dem Leser eine ungewöhnliche Märchengeschichte ans Herz. Genre-Fans kennen Barker als Autor von Szenarien wie Hellraiser oder Cabal – Die Brut der Nacht. Seine Bücher des Blutes lehrten das Gruseln und sein Privatdetektiv Harry D’Amour dürfte wohl zu den ungewöhnlichsten Ermittlern gehören (der auch einen Leinwandauftritt mit der Verfilmung Lord of Illusions hatte). Kurzum, Clive Barker dürfte mit vielen Geschichten das Genre in den letzten Jahren mitgeprägt haben.

Nach eigener Aussage war die Geschichte um Harvey auf einmal da. Eine Geschichte, die niemand so recht wollte und die er seinem Verlag für einen Dollar zur Veröffentlichung anbot. Der Verlag nahm an. Barker illustrierte die Geschichte außerdem noch. Inzwischen hat sich das Buch, nach Barkers Aussage, alleine in Amerika 1,5 Millionen mal verkauft.

Wer Clive Barker kennt, wird seine Handschrift zweifelsfrei wieder erkennen. Er ist ein Autor, der das Erfinden von sehr ausgefallenen Kreaturen und Charakteren liebt. Harvey ist der Charakter, der stellvertretend für den Leser über diese Monster staunt und sie fürchten lernt. Kris Oprisko adaptierte die Geschichte für den Comic.
Rictus, der erste Unheimliche, dem Harvey begegnet (siehe auch Cover), besticht durch einen riesigen breiten Mund, dessen Zähne bereits Furcht einflößend sind. Abgesehen von Mrs. Griffin sind alle Bewohner dieses Ferienhauses etwas anders. Durch die Kinderaugen ist ihr Aussehen nicht einmal besonders ungewöhnlich. Mr. Jive ist ein langer Schlaks, ein wenig wie ein zu groß geratener Joker, der mit ähnlichen Einflüsterungen arbeitet wie Rictus.
Diesen unheimlichen Gestalten gegenüber steht das Haus. Bereits häufig erhielt ein Haus einen gruseligen Charakter, man denke nur an die Verfilmung Monster House, in der sich auch Kinder mit dem Eigenleben eines Hauses auseinandersetzen müssen. (Erwachsenere Zuschauer mögen auch an die House-Filme denken.)

Obwohl ein unheimliches Haus bereits oft thematisiert wurde, handelt es sich hier nicht um einen Abklatsch. Ganz im Gegenteil. In einem solchen Haus ist alles möglich und Barker reizt das Thema vollkommen aus. Viele neue Effekte und Ideen fließen ein, so dass bis kurz vor Schluss offen ist, wie es ausgehen wird.
Das ist perfekt erzählt, schlägt, wie man es von Barker gewohnt ist, unerwartete Haken und wartet mit sehr sympathischen Helden auf.

Die Gestaltung des Comics, vorgenommen von Gabriel Hernandez erinnert an den grafischen Stil von Tim Burton, wie er in seinen animierten Märchen praktizierte. Lange dünge, oder aufgepumpte Gestalten, in jedem Fall aber sehr fragil anzuschauen, so präsentieren sich die Figuren, die Harvey und Wendell das Leben schwer machen. Das ist im Rahmen der Handlung nicht nur sehr gelungen, sondern ist auch ziemlich modern und besitzt auch einen sehr künstlerischen Anstrich.
Kleine Details bereichern das Szenario eher beiläufig – man wundert sich plötzlich über eine Prozession von Gartenzwergen, die durch das Bild läuft. Aber in dieser Welt ist alles möglich. Die Kinder müssen es sich nur wünschen.
Erzählung und Grafik harmonieren auf bestmögliche Weise.

Wer eine phantastische Geschichte mag, eine richtig geballte Ladung Fantasy und Märchen, der wird mit dieser schaurigen Handlung von Horror-Altmeister Clive Barker bestens bedient. 😀

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