Eben noch war Leutnant Granit eine junge aufstrebende Navigatorin an Bord des Luxusraumschiffs Kometenstaub, im nächsten Augenblick ist sie auch schon in Ungnade gefallen.
Was bleibt, ist der Dienst an einer Bar, schlicht als Barkeeper für gelangweilte und überkandidelte Reisegäste. Granit ist von ihrem neuen Job nicht begeistert. Die Urlauberin Callista gibt ihr auf unmissverständliche Weise zu verstehen, wie wenig sie davon zu überzeugen ist, eine Navigatorin vor sich zu haben. Als wäre das noch nicht genug, kommt es ausgerechnet in dem Augenblick zur absoluten Katastrophe, als der Bordtechniker Narvath eine Reparatur an der Bar durchführen soll.
Die Kometenstaub stürzt ab.
Während der Rest des Raumschiffs andernorts auf dem fremden Planeten Ythag niedergeht, muss sich der Teil, in dem sich Granit, Narvath und Callista aufhalten, ausgerechnet eine kleine Siedlung einheimischer Banfoo als Absturzstelle aussuchen. Diese empfinden den Absturz denn auch nicht als Versehen sondern als pure Absicht und wollen mit den Eindringlingen nur zu gern kurzen Prozess machen. – Nicht nur aus Rache, denn ein Banfoo ist immer auf der Suche nach einer Möglichkeit, jemandem den Prozess zu machen. Die einen betrinken sich, die anderen unterhalten sich mit Schauprozessen. Andere Welten, andere Sitten.
Ein Prozess endet bei den Banfoo leider allzu häufig mit dem Tod der Angeklagten. Diese Erfahrung machen die drei Schiffbrüchigen auf sehr eindrucksvolle Weise.
Damit nicht genug. Auf dem Planeten Ythag hält man andernorts die Überreste des Raumschiffs für eine große Chance. Ophyde, Herrscherin der Stadt Bridmoth, ist bemüht, durch Söldner jeden Überlebenden des Absturzes aufspüren zu lassen, damit sie einen Zugang zum Hauptteil des Wracks findet.
Granit und ihre Wegbegleiter werden zwar gejagt, doch wenigstens finden sie in dem gelehrten Wanderer Tao einen Gefährten, der sie mit so mancher Besonderheit des Planeten vertraut macht. Aber es bleibt gefährlich.
Der Autor Christophe Arleston ist für Freunde von Fantasy und Science Fiction beileibe kein Unbekannter. Zu seinen besonderen Erfolgen hierzulande zählen zum Beispiel Troll von Troy oder Lanfeust der Sterne. Mit der Saga um Die Schiffbrüchigen von Ythag entwirft er ein neues Universum, erweckt er neue Charaktere zum Leben und schickt sich an, eine Geschichte zu schreiben, die gleich von Beginn an spannend und unterhaltsam ist.
Zusammen mit den Charakteren (liebenswert: Granit, Narvath, sexy aber ein Ekelpaket: Callista) lernt der Leser die Welt Ythag kennen. Humor wird gleich nach dem dramatischen Start großgeschrieben. Mit der Gerichtsprozedur der Banfoo werden die derzeit häufigen Gerichtssendungen aufs trefflichste karikiert und auf die Spitze getrieben. Hier gipfelt das Szenario in einer stationärer Running Man-Variante. Das Urteil wird vom Volk gefällt, weniger nach Fakten, mehr nach Gefallen und Sympathie, beinahe eine weitere Anspielung, die Arleston hier vorlegt.
Doch der versierte Autor vernachlässigt keineswegs den Schwerpunkt Science Fiction. Auf dem Planeten Ythag baut er eine Vielvölkerwelt, auf den ersten Blick etwas komödiantisch, auf den zweiten Blick auch schon realistisch brutal. Und Arleston wäre nicht mit seinen Troy-Geschichten bekannt geworden, würde er nicht noch einen Funken Fantasy beimischen: Zephyre.
Diese Wesen, die unabhängig von Volk oder Geschlecht auf dem Planeten erscheinen und mit besonderen Kräften ausgestattet sind, werden bestimmt zukünftig noch für so manches Geheimnis gut sein.
Zeichner Adrien Floch verfolgt einen modernen Stil. Realistisch, nicht klassisch francobelgisch, eher euromangamäßig, setzt er die Vorlage von Arleston in Szene. Floch nutzt den Platz, den ihm eine Seite bietet, so gut wie möglich aus. Ob Dialog- oder Actionszenen, beides steht bei gleichberechtigt nebeneinander. Manchmal geraten so Landschafts- oder Ortsansichten etwas kleiner. Das schmälert nicht ihren Wert, doch all die Arbeit die darin steckt, gerät so etwas in den Hintergrund. Rein aus Gründen der Optik ist das etwas schade.
Insgesamt jedoch sind die Szenen fein anzuschauen. Aktionen sind mitreißend und rasant aufgebaut. Fremde Lebwesen wirken gut durchdacht und wurden nicht übertrieben dargestellt.
Auffallend sind die Details, mit denen Floch selbstverständlich die Hauptcharaktere ausstattet. Aber er vergisst auch nicht jene Nebenfiguren, sogar nicht jene, die vielleicht nur zweimal auftauchen. Das macht die Geschichte noch einmal mehr anschaulicher – vor allem verweilt das Auge lange auf einer Szene, damit einem auch ja nichts entgeht.
SciFi, Space-Opera, Abenteuer, eine Spur Fantasy und eine ordentliche Portion Humor schmecken diesen Start der Schiffbrüchigen von Ythag ab. Arleston und Floch wissen, wie man die Leser neugierig macht und gespannt auf die Fortsetzung warten lässt. Weiter so! 😀