Eigentlich wollte Lara Croft nur ihrer gewohnten Arbeit nachgehen: Archäologie. Aber wie so oft kommt es ganz anders im Leben der Schatzjägerin. Die Arbeit im Mittleren Osten ist bereits schwierig genug, doch wenn man zusätzlich von riesigen Käfern angegriffen wird, die einen in eine märchenhafte Welt verschleppen, die nur aus Mythen bekannt ist, dann kann das Abenteuer beginnen.
Scheherazade, eine Name aus tausend und einer Nacht, eine Frau, die Nacht für Nacht Geschichten erzählt, nur damit sie am Leben bleibt. Nur ein Mythos ist ein Mythos, die Realität sieht noch etwas anders aus. Scheherazade befindet sich in der Gewalt eines Dämons, der sie zwingt, sie auf ewig zu unterhalten – oder besser, solange ihr ständig etwas Neues einfällt. Scheherazade ist dieser Aufgabe ein wenig überdrüssig geworden. Als Lara Croft durch einen magischen Zufall bei ihr erscheint, hat sie eine Idee. Lara kann ihre Stelle einnehmen. Aber Lara wäre nicht jene legendäre Abenteurergestalt würde sie sich so leicht in ihr Schicksal fügen.
Sie zieht Scheherazade auf ihre Seite, findet neue Freunde in einer von einem Dämon geschaffenen Welt. Das einzige Ziel lautet: Entkommen.
Tomb Raider: Arabian Nights wurde von Zeichner Billy Tan toll in Szene gesetzt. In altbewährter Aquarelltechnik, die sich wunderbar von den inzwischen üblichen Computerkolorierungen abhebt, begibt sich Lara Croft auf eine Reise und in ein Abenteuer, das selbst für sie ungewöhnlich ist. Tan ist ein begehrter Künstler, bewegte sich stilsicher auf dem Parkett von Marvel, der Fantasy (Red Sonja) und wie im vorliegenden Fall im Universum von Top Cow, der amerikanischen Verlagsschmiede von Lara Croft, die hierzulande bei Inifinty erscheint. Neben Lara setzte er auch die Witchblade, Darkness sowie Aspen (Fathom) in Szene.
Häufig hat Tan auf inzwischen übliche Weise gearbeitet, vom Zeichenbrett in den Rechner, hier geht er auf erfrischende und überraschende Weise einen sehr künstlerischen Weg. So wird in der Tat jedes Bild zu einem kleinen Kunstwerk. Tans Bilder werden so greifbarer, durch den Farbauftrag wird der Comic organischer, zurück zu den Wurzeln könnte man sagen – wenn Tan nicht mit einem Programm gearbeitet hat, dass diese Technik simuliert, war diese Arbeit eine Herausforderung, da Fehler hier nicht so leicht korrigiert werden können.
Er spielt sehr schön mit den Farben und Lichtern. Die künstlerische Technik harmoniert mit der märchenhaften Geschichte. Das dürfte dem Leser spätestens dann bewusst werden, wenn die Jagd über Gebirgshöhen geht – auf dem Rücken von fliegenden Teppichen.
Autorin Fiona Avery ist eine versierte Comic-Autorin. Sie hat für Witchblade geschrieben – in dem tollen Dreiteiler Witchblade Obakemono, ebenfalls eine Zusammenarbeit mit Billy Tan. Auch für Tomb Raider hat sie schon vorher Szenarien verfasst.
Im erwähnten Witchblade Dreiteiler hat sie bewiesen, dass sie sich in ein Thema, eine Mythologie einarbeiten kann. Sicherlich kann sie stets nur einen Ausschnitt für ihren Text wählen, aber wer die Geschichte liest, kann das größere Hintergrundwissen in vielen Details erkennen. Avery stellt auch gerne bestehende Fakten und Mythen auf den Kopf. So ist der Leser von Öllampen gewohnt, dass ein Geist aus der Öffnung schießt – ob nun gut oder böse, das sei dahin gestellt. Für Lara geht es genau in die andere Richtung – geradewegs in die Lampe hinein.
Lara Croft hat viele Abenteuer erlebt. Sie sah die wahnsinnigsten Artefakte, kämpfte an der Seite der Witchblade, begegnete lebendigen Göttern und sogar Sagengestalten wie Morgan Le Fey. Doch mit der Geschichte aus Tausendundeiner Nacht hat Fiona Avery der Tomb Raider-Reihe eine wirklich außergewöhnliche und schöne Episode hinzugefügt.
Fazit: Fein gestaltet, schön erzählt, ein kleines Highlight im Tomb Raider-Universum.
😀
Links: Billy Tan, Fiona Avery