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Comic Blog


Freitag, 04. August 2006

Sin City – Bräute, Bier und blaue Bohnen

Filed under: Thriller — Michael um 18:02

Sin City 6 - Bräute, Bier und blaue BohnenBlue Eyes. Blaue Augen, sie wecken Vertrauen, sie wecken Begehrlichkeiten. Ein Mann begegnet einer alten Liebe. Aufs Neue verfällt er der Frau, die er nie vergessen konnte. Es wird die letzte Begegnung seines Lebens.
Auch Marv ist wieder zurück. Rächend, teilweise sehr schweigsam, immer dem Alkohol zugeneigt, brutal und doch mit einem Herz aus Gold versehen. Wie in der Vergangenheit scheint er weiterhin nahezu schmerzempfindlich zu sein. Er fliegt durch Scheiben und steckt Fleischwunden so einfach weg wie einen Mückenstich.

Dwight ist im Gegensatz zu Marv ein Mann, auf den die Frauen fliegen. Als ein Freund anruft, ist Dwight sofort zur Stelle. Allerdings sind auch Killer zugegen – und eine Frau befindet sich in Not. Dieser Mischung kann Dwight nicht widerstehen. Leider finden sich Gelegenheiten zu einem Stelldichein recht selten, wenn Killer hartnäckig hinter einem her sind.

Sin City 6 – Bräute, Bier und blaue Bohnen ist ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Zu meiner Freude (und hoffentlich auch der anderer Leser) ist Marv wieder dabei, die Figur, die Sin City wohl am besten verkörpert. Er ist ein einsamer Charakter, respektiert von denen, die ihn etwas kennen, ohne wirkliche Freunde, mit Nerven aus Stahl und irgendwie stets auf der Suche nach ein wenig Liebe. Er kann es nicht leiden, wenn Schwächere leiden, solche, die sich wehren können. Als er miterleben muss, wie ein Obdachloser von Jugendlichen zum Spaß gequält wird, gibt Marv ihnen ihre eigene Medizin zu schlucken.
Zwar ist es ein Konzept von Auge um Auge, Zahn um Zahn, aber Miller wendet es wegen des zwielichtigen Charakters von Marv mit großem Geschick an. Herausragend ist eine Geschichte, die beinahe vollkommen ohne Text auskommt: Stille Nacht. Miller nutzt hier (fast nur) ganzseitige Bilder, um diese Kurzgeschichte zu erzählen. Eindrucksvoll schaut es aus, wenn Marv durch das Schneetreiben stapft, sein Gesicht in einer Nahansicht gezeigt wird. Diese Bilder sind kleine, handwerklich sehr gut ausgeführte, Kunstwerke, die durch ihre Schattierungen eine tolle Wirkung erzielen. – Aber Marv gehört wahrscheinlich mit seinen markigen und leicht erkennbaren Gesichtszügen zweifellos zu Millers Lieblingsfiguren. (Reine Spekulation. Sollte es nicht so sein, wäre es schwer begreifbar, warum er der Figur soviel Aufmerksamkeit geschenkt hat.)

Nicht weniger gelungen sind die Geschichten um Blue Eyes. Eine Frau, die tötet (oder auch mordet), kennen die Leser bereits mit den Mädchen, die ihren Stadtteil selber schützen, insbesondere Miho, die dafür ein großes Talent entwickelt hat. Blue Eyes ist anders. Sie mordet für Geld, im Auftrag. Der Leser begegnet der jungen Frau, als sie ihre Abschlussprüfung ablegt.
Im Gegensatz zu Marv, der immer ein bißchen brummelig an solche Angelegenheiten herangeht (und auch ohne Geld derlei Aufgaben erledigt), zieht Blue Eyes ein gewisses sexuelles Verlangen aus ihrer Arbeit. Sex and Crime liegen im Auftritt von Blue Eyes wirklich eng beieinander. Erfreulicherweise hat Miller für einen ihrer Auftritte wieder einmal die gruselige Sammlung von Dinosaurier-Statuen gewählt. Daraus hat Miller für den Betrachter einige sehr schöne stimmungsvolle Bilder gezaubert.

Wer die Bösen mag, kann sich auf den Auftritt von Mr. Klump und Mr. Shlubb freuen. Die in Sin City mit den Spitznamen behafteten Killer namens Fat Man und Little Boy gehen hier einmal mehr auf gewohnt geschwätzige Art ihrer Arbeit nach. Die Episode ist zwar recht kurz – aber Miller zeigt hier mit seinem Talent, dass sie nicht länger sein muss. Hinzu kommt, dass sie die einzige Episode ist, die als Komödie angelegt ist.
Zu einer scherzhaften Pointe ist Miller noch bei anderen Geschichten aufgelegt. Nicht zuletzt, wenn er dem Leser die wahre Liebe von Dwights Unbekannter mit dem roten Lippenstift zeigt.

Der Leser wird mit einer der Geschichten auch eine Mini-Episode aus der ersten Verfilmung entdecken. Der Kunde hat immer Recht hat Dank seines Szenarios etwas von einem Bond-Film. Eine einsame Frau auf einer Terrasse, ein elegant gekleideter Mann, der nicht umhin kann, die Frau im Abendkleid auf direkte und trotzdem charmante Art anzuflirten. Der breitschultrige Mann mit der Zigarette könnte wirklich die Doppelnull zum Vorbild gehabt haben. Leider hat er nicht Art des britischen Agenten, mit Frauen umzugehen: Auch eine Form von Miller, mit Humor umzugehen.

Die Kurzgeschichten schließen Lücken im bisherigen Lebenslauf manches Sin City Charakters, aber sie bieten auch neue Sichtwinkel und nicht weniger Spannung als die langen Erzählungen, die Miller mit den Vorläuferbänden schrieb. Eine Cover-Galerie rundet den Band im Anschluss ab, der den Endspurt von Millers Sin City Saga einleitet: Wer einen Miller mag, der auf hemingwayschen Krimispuren wandelt, wird mit dieser prallen Sammlung von Kurzgeschichten bestens unterhalten. 😀

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