Harrison Banks erreicht sein neues Zuhause, ein Hochsicherheitsgefängnis in der Polarregion. Niemand entkommt aus dem steinernen Würfel. Sollte es doch jemandem gelingen, erwarten ihn draußen die tödliche Kälte und gewaltige Jäger in Form von Eisbären. Banks fügt sich in sein Schicksal, eine andere Wahl bleibt ihm nicht. Entrechtet und namenlos, mit einer Nummer versehen, auf die er zu hören hat und wie alle anderen mit einem Sprechverbot belegt, übernimmt er die Aufgaben, die ihm zugeteilt werden, ohne zu murren.
Banks erträgt sein Schicksal mit einer stoischen Gelassenheit. – Sein Verhalten wäre anders, wüsste er, wie sein Doppelgänger in der Zwischenzeit sein Leben auf Golden City genießt. Allerdings weiß er auch nicht, dass seine ihm unbekannten Widersacher ihn immer noch umbringen wollen. Bald findet der erste Anschlag auf sein Leben statt, den er noch als Unfall interpretiert.
Banks hat eigentlich keine Chance. Das weiß er auch, und er steht kurz davor diese Tatsache zu akzeptieren und folgenschwer zu resignieren. Da erhält das Gefängnis keinen ungewohnten, so doch ungewöhnlichen Besuch: Schwester Lea. Die Frau ist stets im Einsatz für die Benachteiligten, die Armen und Kranken. Sie ist die Frau, die Banks möglicherweise glauben könnte, da sie und er gemeinsame Erinnerungen haben, die Banks’ Doppelgänger unmöglich wissen kann. Banks setzt alles auf eine Karte, die letzte, die er noch hat. – Aber, wird das ausreichen?
Golden City 3 – Polarnacht bietet dem Leser einen neuen geografischen Schwerpunkt. Diesmal geht die erzählerische Reise in die Arktis. Alle Beteiligten geben die Unwirtlichkeit dieses Fleckens Erde mit stimmungsvoller Handlung und entsprechend atmosphärischen Bildern wieder.
Autor Daniel Pecqueur treibt die Spannung auf verschiedenen Ebenen voran. Im Vordergrund steht das Gefängnis, welches es mit seiner Tristesse mit ähnlichen Schilderungen der jüngeren Vergangenheit aufnehmen kann (z. B. Fortress – Die Festung, Homero). Pecqueurs Gefängnis ist ein sauberer und doch grausam unmenschlicher Ort. Häftlinge werden zu Nummern, zu Arbeitssklaven ohne das Recht zu sprechen. Ihr Arbeitsumfeld, die Tiefen der arktischen See, könnte gefährlicher und lebensfeindlicher kaum sein.
Für die Fortsetzung von Golden City haben sich Pecqueur und Zeichner Nicolas Malfin ein außerirdisches Ambiente gewählt. Anders lässt sich diese Region der Erde nicht beschreiben, denn dieser Ort bietet dem Menschen keine Gelegenheit, ohne Hilfsmittel zu überleben. Das Besondere sind die Aussichten für den Leser. Malfin fängt die Weite und Leere der Arktis, die erdrückende Schwere der Tiefsee mit scheinbar leichter Hand ein. Selten war eine Science Fiction Episode allein durch ihr Umfeld so düster.
Die Technik, die einen Menschen an diesem Ort am Leben erhält, muss sehr ausgereift sein. Malfin stellt diese Maschinen und Anzüge sehr anschaulich und realistisch dar. Neben den technischen Aspekten legt diese Comic-Produktion auch sehr viel wert auf eine aussagekräftige Architektur. Diese Sammlung von Einzelheiten schafft so unter dem Strich ein vielschichtiges Bild einer nicht unmöglichen Zukunft der Erde.
In diesem Band setzen sich zwei kleine Ausflüge in die Vergangenheit deutlich von der normalen Erzählweise ab. Malfin und seine Kollegen Pierre Schelle und Stéphane Rosa, die für die Farbgebung zuständig sind, haben dafür eine rotgoldene Grundstimmung gewählt. Während die erste geschilderte Erinnerung tatsächlich ein goldenes Zeitalter einleitete (nämlich den Bau von Golden City selbst), entführt die zweite Erinnerung in die Kindheit von Banks. Die gezeigten, geradezu verträumten, Landschaften stehen in starkem Kontrast zu jeglichem sonstigen Szenario in Golden City. Hier findet sich der erste Moment, dem keine Künstlichkeit anhaftet – und in dem Banks in Kindertagen eine Bekanntschaft machte, der es später auch tatsächlich an jedweder Habsucht fehlt.
Der vorliegende Band endet mit einem wirklich gemein spannenden Cliffhanger. Insgesamt hält der dritte Band von Golden City seinen Spannungsbogen aufrecht und das Schicksal von Harrison Banks ist so ungewiss wie nie zuvor. Auch dank ihrer Atmosphäre ist die Reihe für mich eine der besten Science Fiction Serien der letzten Zeit. 😀