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Comic Blog


Mittwoch, 12. April 2006

HUSH

Filed under: Superhelden,Thriller — Michael um 15:30

Batman - HUSHEine ganz normale Nacht in Gotham City. Ein Kind wurde entführt. Das ruft den dunklen Ritter auf den Plan. Wie ein Gespenst dringt er in das Versteck der Kidnapper ein. Aber er hat die Rechnung ohne Croc gemacht. Der Krokodilmensch will den Fledermaus-Detektiv nicht entkommen lassen.

Der Verbrecherhatz folgt die Jagd auf eine seiner Verflossenen, mit der Batman vieles verbindet, nicht nur der nächtliche Tatendrang: Catwoman. Doch in dieser Nacht, in der er bereits einen harten Kampf hinter sich hat, schlüpft ihm die Katze durch die Finger. Stattdessen kommt es noch viel schlimmer für den maskierten Rächer: Er muss sich rächen lassen. Die Kavallerie erscheint in Form von Huntress, die beweist, dass sie in Sachen Handgreiflichkeit ihrem männlichen Pendant in nichts nachsteht.

Doch Batman ist auch ein Einzelgänger, der sich lieber auf sich selbst verlässt – nicht zuletzt weil er wie jeder andere den Verlust fürchtet.

Die Jagd auf Poison Ivy führt den Mitternachtsdetektiv und Catwoman nach Metropolis, in die Stadt der Lichter, in das genaue Gegenteil des so düsteren Gotham City. Hier erwartet Bruce ein starker Gegner. Die Herrin über die Pflanzen hat den Stählernen in ihren Bann gezogen. Batman muss gegen Superman antreten und greift zu schmutzigen Tricks.

Batman – Die neuen Abenteuer: HUSH fasst Frauen, Freunde und Feinde Batmans in einem Handlungsstrang zusammen und schafft damit ein wahres Actionfeuerwerk mit einer ordentlichen Portion Dramatik, sorgfältig abgeschmeckt mit einigen geheimnisvollen Vorkommnissen.
Autor Jeph Loeb hat hier wirklich alles (na, fast) aufgefahren, was in Batmans Welt Rang und Namen hat. Croc, Catwoman, Poison Ivy, Huntress, Lois Lane, Superman, Harley Quinn, Joker, Riddler, Scare Crow, Robin, um nur einige zu nennen. Loeb schickt Batman hier in seine ganz persönliche Geisterbahn.
Diese in düsteren Kapiteln angelegte Geschichte verlangt Batman alles ab, zeigt in auch in nicht sehr sympathischen Momenten. – Ich möchte behaupten, HUSH machte den neuen Allstar Batman erst möglich.
HUSH hält Batman den Spiegel vor. Und ich finde in diesem Band kaum eine Stelle, von der ich zweifelsfrei sagen könnte, dass Batman gefällt, was er sieht. Er hat vieles verloren durch seinen Rachefeldzug, seine Geliebte ist ausgerechnet eine Verbrecherin und fast kommt es so weit, dass er den Joker mit eigenen Händen tötet. Es zeigt Batman, der sich für Eventualitäten rüstet, die andere nie in Betracht ziehen würden. So erklärt sich der Kryptonit-Ring, den er besitzt, um ihn im Fall der Fälle gegen Superman einsetzen zu können.
Wie Batman sein Vertrauen verteilt, ist nicht ganz durchsichtig. Einerseits wappnet er sich gegen den stählernen Pfadfinder, andererseits holt er Selina Kyle der Liebe wegen in die Bat-Höhle.

Sei’s drum: Jeph Loeb weiß nicht nur spannend zu erzählen, sondern er kennt auch sämtliche Tricks und Kniffe des guten alten Cliffhangers, der den Leser zwingt, nach jedem Kapitel sogleich zum nächsten übergehen zu wollen.

Jim Lee ist auf seinem Gebiet ein herausragender Künstler und sicherlich ein Meister in der Anlage von düsteren Szenarien (von ihm würde ich gerne einmal eine Dracula-Interpretation sehen).
Sinnbilder zum Thema Düster sind hier sicherlich die Stadtansichten, die Hinterhöfe und Gassen und natürlich: die Bat-Höhle. Das Bild der Wagensammlung ist nicht nur eindrucksvoll in seinem Detailreichtum, sondern auch technisch perfekt. – Was nicht zuletzt auch Scott Williams (Tusche) und Alex Sinclair (Farben) zu verdanken ist.

Lees weitere Begabung findet sich in Actionszenen. Wer die Bewegungsabläufe verfolgt, der könnte zu der Ansicht gelangen, er habe es mit einem Storyboard zu einem nie gedrehten Film zu tun. Hier sei exemplarisch die Szenerie während der Opernaufführung erwähnt, in der Harley Quinn besonders hersticht.
In diesem Zusammenhang kann Lee sich als einzigen Vorwurf nur gefallen lassen, dass seine Figuren zu perfekt sind, aber diesen Vorwurf müssen sich viele Zeichner gefallen lassen. Deshalb geraten die einzelnen Charaktere einander oft zu ähnlich. Sei’s drum: Die Grafik bleibt trotzdem top!

Wer ein echtes Comic-Event sucht, in der sich Superhelden und Superbösewichter die Klinke in die Hand geben, ist mit HUSH gut beraten. 😀

Mittwoch, 05. April 2006

Vampire Boy – Die Auferstehung

Filed under: Mystery — Michael um 19:26

Vampire Boy 1 - Die AuferstehungBauarbeiten. Sonnenlicht fällt durch ein Loch im Asphalt, das seit 50 Jahren verschlossen war. Tief unten setzt sich eine Reaktion in Gang. Gewebe erneuert sich auf einem uralten Skelett. Wenig später flüchtet ein Junge aus dem Loch.

Ein Junge ohne Namen inmitten einer nordamerikanischen Großstadt, allein, aber nicht schwach. Nichts kann ihm etwas anhaben, die Sonne ist seine Verbündete und heilt jede Wunde, die ihm zugefügt wird. Sein langer Schlaf hat ihm einen riesengroßen Hunger beschert, einen Hunger, der so groß ist, dass er anderen auffällt. Obwohl äußerlich ein Kind, ist der Junge alt, sehr alt und sein endloser Hunger auf menschliche Nahrung ist nicht die einzige Besonderheit, die ihn auszeichnet.
Die Welt hat sich sehr verändert, aber sie ist so gefährlich wie eh und je. Auch diese Erfahrung macht er alsbald wieder. Doch die Welt ist auch nicht so schlecht, wie sie ihm zu Beginn erscheint.
Ein alter Indianer namens Gentle Bear hilft dem Jungen, nicht ganz uneigennützig, wie sich später herausstellt.

Vampire Boy – Die Auferstehung packt das Vampir-Genre auf erfrischende Weise an. Es entzaubert es einerseits, gibt ihr ungewöhnliche Hauptfiguren, andererseits bringt es neue Aspekte ein, die auf den ersten Blick ungewöhnlich sind, aber auch sehr ernsthaft und mit der nötigen Geduld erzählt werden.

Ein kleiner Junge, der mit der Erfahrung von 5000 Jahren ausgestattet ist, ist ein Vampir der außergewöhnlichen Art. Er besitzt ein wenig von der Schwermut, die bei Vampiren in den letzten Jahren nach dem Willen ihrer Autoren umgeht. Aber er ist auch nach wie vor ein Kind, das sich nach menschlicher Nähe sehnt, nachdem er seine eigene Familie viel zu früh verlor.
Einem Kind eine, nennen wir es beim Namen, eine bösartige Hure entgegen zu stellen, halte ich für eine beinahe geniale Idee. Ahmasi hat außer ihrer Sucht nach Lust (und Macht über die Männer) nichts Menschliches an sich, nicht einmal zu Lebzeiten.
Beide sind unsterblich, aber sie machen nichts daraus. Das ist, zusammen mit dem abgrundtiefen Hass aufeinander, die einzige Gemeinsamkeit, die die beiden haben. Der eine ist zu klein, die andere zu selbstsüchtig. Da die Handlung sich die erforderliche Zeit nimmt, werden die Charaktere sehr schön vorgestellt. Rückblicke zeigen kurze Momentaufnahmen aus dem Leben der beiden in vielen Jahrhunderten.

Die Handlung selbst ist ungewöhnlich spannend. Sie zeigt nicht nur das Leben eines Vampirs, sondern auch das eines kleinen Jungen in einer heutigen Großstadt. Hat ersterer eigentlich nichts zu fürchten, so sieht sich letzterer in dieser Welt einer riesigen Ansammlung von Gefahren gegenüber. Autor Carlos Trillo leistet hier mit seinen Beschreibungen ganze Arbeit, wenngleich es auch ein wenig trostlos ist. Die Rückblicke sollten ruhig etwas häufiger eingestreut sein – vielleicht auch, im Hinblick auf die ägyptische Herkunft des Jungen, weil ägyptische Szenarien immer schon etwas Geheimnisvolles in sich haben.
Trillo spricht im anschließenden Interview zum Ende des Bandes die Ironie an, mit der er die Realität beschreibt. Ich möchte behaupten, dass die Ironie nicht so überspitzt ist, wie sie sein könnte. Ein überaus genauer Blick auf das, was ist, ist es allemal.

Zeichner Eduardo Risso, der nicht zum ersten Mal mit Trillo zusammenarbeitet, beherrscht einen hervorragenden Minimalismus. Anders kann ich seinen Bildaufbau nicht beschreiben. Er entzieht sich der Details nicht, die ein Gegenstand oder eine Stadt haben kann, aber er beherrscht es geradezu perfekt, gerade so viel zu zeigen, dass das Auge des Lesers den nötigen Rest hinzu sieht. Einige Ansichten, wie etwa vom Stammesgebiet der Oglala aus, sind beeindruckend fein ausgearbeitet. Manchmal zeigt Risso kleine Nebenszenen wie einen Autounfall, der die Handlung zwar nicht vorantreibt, aber für Atmosphäre sorgt.
Rissos Darstellung der Charaktere ist sehr, sehr schön. Die Einfachheit ist einfach toll. Gentle Bear, der alte Indianer, Fever, die blinde Ladenbesitzerin, beides Nebenfiguren sind feine Beispiele für eine bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Geschichte.
Insgesamt würde Vampire Boy in Farbe nicht mehr so schön sein. Ich behaupte, Rissos feine Art zu zeichnen würde hierbei zu sehr in den Hintergrund treten. (Natürlich eine reine Spekulation, letztlich müsste das jeder Leser für sich selbst entscheiden.)

Der Auftakt der Geschichte lässt noch viele offene Fragen übrig. So ist die Entstehungsgeschichte des kleinen Vampirjungen immer noch rätselhaft. Die kurzen Ausblicke in die Vergangenheit bieten viele Möglichkeiten. Ich würde mich freuen, mehr darüber zu lesen, was der Junge über die Jahrhunderte hinweg noch alles erlebt hat. Am Ende lässt Carlos Trillo Gnade vor Recht ergehen und legt damit den Grundstein für eine wirklich gern erwartete Fortsetzung. Genre-Freunde werden an dieser schönen Variante des Vampirthemas ihre Freude haben. 😀

Samstag, 01. April 2006

Gefangener im Todeslager

Filed under: Superhelden — Michael um 13:15

Wolverine 27Polen 1942. Ein Konzentrationslager. Ein kleiner sehr behaarter Gefangener wird ein ums andere Mal getötet, stirbt aber nicht. Langsam aber sicher treibt dieser Mann den Leiter des Lagers in den Wahnsinn.

Wolvie ist alt, das wissen die Fans von Logan, Waffe X, oder wie immer man ihn nennen will. Deshalb wird es niemanden verwundern, dass er im Zweiten Weltkrieg bereits Wege gefunden hat, um den Feind zur Weißglut zu treiben. Als Gefangener Nummer Null ist Logan wie ein Geist.
Näher möchte ich gar nicht auf die Geschichte eingehen. Dazu ist sie auch allzu kurz und lebt von sich wiederholenden Szenen, die hier allerdings durchaus Sinn haben. Was mich an der Geschichte stört, ist Mark Millars Einfallslosigkeit: Schon wieder Zweiter Weltkrieg? Amerikanische Autoren geheimnissen ziemlich viel in dieses Zeitalter hinein. Das hat es zwar schon seit vielen Jahren gegeben und Indiana Jones trat in den 80ern eine zweite große Welle dazu los, aber irgendwann sollte es gut sein.

Hätte es nicht ein anderer Krieg sein können? Oder trauen sich die Amerikaner nicht an ihre Kriege heran? Was ist mit Vietnam, Schweinebucht, Panama, Afghanistan, Golfkriege und und und? Was ist mit afrikanischen oder südamerikanischen Terror-Regimen? Was ist mit Kambodscha?
Wann verwenden US-Autoren den Holocaust nicht mehr als Comic-Spielplatz?
Es sollte eigentlich an der Zeit sein. Sehen wir einmal von der Brutalität der Geschichte ab. (Ist die Szenerie auch sehr klein, der Leser sieht, was geschieht.) Was ist so faszinierend am Dritten Reich? Um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich kann es nicht mehr sehen! (Und ich hoffe, dass auch Spielberg in Indy 4 die Finger davon lässt.) Wolverine hat eine besondere Beziehung zu Japan. Wäre es nicht eine Herausforderung gewesen, ihn mit den Greueln der Japaner gegen die Chinesen zu konfrontieren?

Einzig die Zeichnungen von Kaare Andrews zu Gefangener Nummer Null sind eine echte Überraschung und erinnern ein wenig an die Genialität von Mike Mignola.

X-23 wächst heran!
Die Entstehungsgeschichte von X-23 ist wesentlich gelungener geraten. Ein weiblicher Wolvie, eine Art Wolfskind, wird in einer geheimen Anlage herangezüchtet, um die ultimative Waffe zu werden.
Schauen wir einmal nicht zu genau auf die Szenen hinter den Kulissen: die bösen Wissenschaftler, die gemeinen Drahtzieher. All das kennt der Leser (oder auch der TV- wie auch der Kinozuschauer). Darüber hinaus sind die sonstigen Zutaten auch nicht die neuesten. Wer sich in alter Zeit mit Stephen Kings Feuerteufel beschäftigte, vielleicht auch mit Species, der wird die Situation des enorm talentierten Kindes kennen, das in einem Labor aufwächst oder durch ungewöhnliche Umstände auf die Welt kommt.

Man kann X-23 in der zweiten Folge von Verlorene Unschuld durchaus als ungewöhnliches Kind bezeichnen. Obwohl die Thematik nicht die neuste ist (und X-23 bereits eine Einführungsstory hatte – die erste Begegnung von ihr mit Wolvie), sind ihre ersten Lebenserfahrungen gelungen dargestellt. Ihre Übungen, die zaghaften Versuche einiger weniger Erwachsener ihr doch ein bißchen menschliche Wärme nahezu bringen, das wirkt.
Außerdem ist es von Zeichner Billy Tan wirklich schön in Szene gesetzt. Souverän, ohne Überraschungen freilich, aber handwerklich top.

Hier bin ich wirklich auf die Fortsetzung gespannt. 😀