Freiheit. Alle Macht dem Volke. Demokratie. Der große amerikanische Traum. Belüg dich nicht selbst. Wir haben es schon versucht. Glaub mir, es funktioniert nicht. Du kannst dem Volk nicht trauen.
Diese Einstellung ist maßgeblich in dem Universum, in dem die Judges das Sagen haben. Diese Welt ist geprägt von sehr viel (auch merkwürdiger) Gewalt und sehr viel pechschwarzem Humor.
Manchmal gibt es eine Geschichte, die grafisch herausragend ist. Manchmal gibt es auch eine Geschichte, die aus den eigenen Regeln ausbricht und etwas Eigenes schafft. Die Geschichte um America, der Tochter der Freiheit, handelt zwar in Megastadt Eins, bedient sich dieses Universums, aber von den gewohnten Judge Dredd Geschichten ist sie meilenweit entfernt.
Die Erzählung ist sehr, sehr ernsthaft. Die kleine America wächst mit einem längst vergangenen Traum auf. Die Vereinigten Staaten bestehen nicht mehr. Wo Gerechtigkeit herrscht, kann es nicht auch noch Freiheit geben. Für die heranwachsende America und einige ihrer Freunde sind die Judges die Wurzel allen Übels. Als die Judges ihr das ungeborene Kind nehmen, gibt es für sie kein Zurück mehr. Der Schritt zum Terrorismus ist schnell gemacht.
Auch ihr Freund aus Kindertagen, Bennett Beeny, kann ihr nicht helfen. Seine Loyalität ihr gegenüber kostet dem aufstrebenden Sänger die Kehle.
Die Bilder sind nicht nur eine Pracht, sie zeigen auch sehr großes handwerkliches Geschick. Erfreulich ist, dass Pinselstriche zu erkennen sind, die so fein ausgeführt wurden, dass zusammen mit den Airbrush-Bestandteilen jede einzelne Seite sehr viel Zeit gekostet haben muss.
Zeichner Colin MacNeil hat in dieser 1990 gezeichneten Geschichte von John Wagner aus dem Vollen geschöpft. Sein gestalterischer Schwerpunkt liegt auf den Charakteren. Judge Dredd sah nie besser aus. America und Benny, das Liebespaar, das nicht zueinander finden kann, ist sehr gegensätzlich entworfen und läuft den Standardpärchen, die sich sonst in Comics finden, entgegen.
Die meist kleinen Ausschnitte, die es von Mega City Eins zu sehen gibt, reichen aus, um Atmosphäre zu schaffen. (Ein Judge, der einen kleinen Jungen kontrolliert, weil dieser sein Eis auf den Bürgersteig fallen ließ.) Dem entgegen stehend entfaltet die Freiheitsstatue, die gerade mal so hoch wie der Stiefel der Judge-Statue ist, eine ganz besondere Wirkung.
Gemäß der Welt, in der ein Judge Dredd regiert, ist der Schluss denn auch ungewöhnlich. Benny Beeny kann den Verlust seiner Freundin nicht verkraften. Drei Monate lang lässt er ihren Körper am Leben erhalten. Ihr Gehirn ist bereits tot. Da fasst er einen Entschluss. Er lässt eine Ganzkörpertransplantation durchführen. Am Ende steht Beeny in ihrem Körper auf der Bühne und erzählt allen die Geschichte von America.
Eine verdammt gute Handlung mit spitzenmäßigen Bildern! 😀
(Als Album im Bastei Verlag erschienen: Balladen aus der Mega-Stadt #1 – Tochter der Freiheit, April 1994)